Wie gut kennst du dein Kind?
WER als Vater oder Mutter täglich mit einem Kind lebt, und zwar von der Zeit, da es ein Baby ist, bis es ein Jugendlicher wird, hat gewöhnlich das Gefühl, das Kind zu kennen. Aber viele Eltern haben festgestellt, daß allein das Zusammenleben mit dem Kind nicht bedeutet, daß ein Vater oder eine Mutter weiß, wie das Kind denkt.
Manche Eltern sind so in persönliche Interessen verwickelt, daß ihnen ihr Kind, soweit es sein Denken betrifft, fremd ist. Sie sind bestürzt, wenn es in Schwierigkeiten gerät oder davonläuft, um als Hippie zu leben. Sie können nicht erkennen, worin sie ihm gegenüber versagt haben.
Weißt du, was dein Kind denkt? Bist du je mit ihm allein, so daß es sich frei fühlen kann, sein Herz auszuschütten? Geht ihr zusammen spazieren, ihr beide allein, durch einen Stadtpark, am Strand oder auf dem Lande? Erledigt ihr gemeinsam Arbeiten in oder beim Hause? Hier bieten sich Gelegenheiten, das Kind zum Reden zu bringen und zu erfahren, wie es denkt. Aber du mußt mehr tun, als ihm nur zuzuhören.
Eine Unterhaltung muß zweiseitig sein, wobei ein Vater oder eine Mutter zuhört, was im Sinn des Kindes vorgeht, und dem Kind auch Aufschluß gibt, der ihm hilft, sein Denken so zu formen, wie es am besten für das Kind ist. Es benötigt zum Beispiel ein wirklichkeitsnahes Sittengesetz, auf das es sich wie auf einen zuverlässigen Führer verlassen kann. Ohne ein solches Sittengesetz mag es wie ein Boot werden, das den Wellen überlassen und auf die Felsen getrieben wird. Sehr viele junge Leute haben in ihrem Leben Schiffbruch erlitten und ihre Eltern betrübt, indem sie versucht haben, ohne Sittenmaßstäbe zu leben.
Wenn du deinem Kind hilfst, die hohen Sittenmaßstäbe der Bibel zu achten, gibst du ihm ein wirklichkeitsnahes Sittengesetz. Während ihr beide Gedanken austauscht, kommt ihm deine Reife und Erfahrung zunutze. Diesen Rat gab Gott israelitischen Vätern in den Tagen des Moses, nämlich, mit ihren Söhnen Umgang zu pflegen. Er sagte: „Diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollen auf deinem Herzen sein. Und du sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du ... dich niederlegst, und wenn du aufstehst.“ (5. Mose 6:6, 7) Wenn Eltern diesem Rat nachkommen, verbringen sie Zeit mit dem Kind und pflegen einen auferbauenden Gedankenaustausch mit ihm. Dem Kind werden die Weisheit und die guten Sittenmaßstäbe des Wortes Gottes eingeschärft.
Wenn ihr etwas gemeinsam tut, kannst du viel erfahren, wenn du deinem Kind Fragen stellst. Wenn du zum Beispiel ein Gott hingegebener Christ bist, kannst du durch Fragen feststellen, ob dein Kind wirklich glaubt, daß wir in den „letzten Tagen“ dieses gegenwärtigen Systems der Dinge leben, wie es die biblischen Prophezeiungen zeigen. (Matth. 24:3-14; 2. Tim. 3:1-5) Du kannst erfahren, ob es glaubt, daß Gottes Königreich etwas Wirkliches ist. Du kannst feststellen, ob es ein Verständnis über das Loskaufsopfer Jesu Christi hat und ob es versteht, warum es notwendig ist, die gute Botschaft von Gottes Königreich zu predigen. Du kannst erfahren, wieviel es tatsächlich von Gottes Wort der Wahrheit versteht.
Wenn du ein Gott hingegebener Christ bist, nimmst du dein Kind sehr wahrscheinlich regelmäßig zu den Zusammenkünften der Versammlung mit; versteht es aber, wieso der Besuch dieser Zusammenkünfte so notwendig ist? Bist du sicher, daß es genügend Wertschätzung dafür hat, so daß es sie weiter besuchen wird, wenn es älter wird? Weiß das Kind, wenn es sich daran beteiligt, anderen die gute Botschaft vom Königreich mitzuteilen, wirklich, warum es dies tun sollte? Tut es dies aus Liebe zu Gott und aus dem Wunsch heraus, anderen zu helfen, etwas über das Königreich zu erfahren?
Wenn du mit deinem Kind einen Gedankenaustausch anfängst, kannst du erfahren, wie es über Dinge denkt, die für dich wichtig sind und die wichtig für dein Kind sein sollten. Du kannst es liebevoll ermuntern und ihm Rat geben. Dein Kind wird sich dann frei fühlen, mit seinen persönlichen Problemen zu dir zu kommen, weil es weiß, daß du es anhören wirst.
Wenn das Kind noch jung ist, ist es an der Zeit, gute Beziehungen herzustellen. Wenn es dann älter ist, wird es für das Kind natürlich sein, mit dir über seine Empfindungen und Gedanken zu sprechen. Aber wenn eine Verständigungsschranke entstanden ist, ist es schwierig, sie zu überwinden. Sehr wahrscheinlich spürt das Kind dann, daß eine unüberwindbare Kluft zwischen ihm und seinen Eltern besteht.
Wenn Kinder zu Jugendlichen heranwachsen, treten ausgesprochene Änderungen in ihrem Körper ein, während sie die Kluft zwischen der Kindheit und dem Erwachsenenalter überbrücken. Diese Änderungen wirken sich auf ihr Denken und ihre Gemütsbewegungen aus. Dies ist eine Zeit, in der sie reifen und ausgeglichenen Rat von ihren Eltern benötigen. Es ist eine Zeit, in der sie ein zuverlässiges Sittengesetz benötigen, damit sie einen geraden Kurs steuern können.
Wenn die Eltern bei der Erziehung eines Kindes eine gute Grundlage gelegt haben, wird es einem moralischen Schiffbruch entgehen können. Die Bibel sagt daher mit gutem Grund: „Erziehe den Knaben seinem Wege gemäß; er wird nicht davon weichen, auch wenn er alt wird.“ — Spr. 22:6.
Es wird wahrscheinlich wenig erreicht werden, wenn sich der Vater, der mit einem Kind spricht, hinsetzt und sagt: „So, mein Sohn, ich möchte mich einmal mit dir unterhalten. Ich würde gern wissen, was du denkst.“ Es wäre wirksamer, wenn sich die beiden unterhielten, während sie etwas Angenehmes tun, vielleicht bei einem gemeinsamen Spaziergang auf dem Lande oder bei der Arbeit an einem Hobby. Durch eine gelegentlich gestellte Frage kann der Vater den Jungen allmählich so weit bringen, sich zu äußern. Wenn es so zwanglos und freundlich zugeht, wird er viel eher sein Gedankenbild offenbaren, als würde er mit peinlicher Beharrlichkeit einem strengen Kreuzverhör unterzogen. Eine Mutter kann genauso mit ihrer Tochter verfahren, während sie beide etwas gemeinsam tun, wenn sie vielleicht ein Kleid schneidern oder wenn sie kochen. Eine gelegentliche Suggestivfrage kann die Unterhaltung ändern, so daß die Tochter ihre Denkweise offenbart.
Obwohl Kinder bei ihren Eltern aufwachsen, haben sie doch ihre eigenen Vorstellungen. Sie sind Personen mit einem freien Willen. Ihre Eltern können sie nicht wie Marionetten führen, aber sie können dazu beitragen, das Denken der Kinder so zu formen, daß es in gute Bahnen gelenkt wird. Dies erfordert nicht nur eine frühe Schulung, sondern auch frei und offen geführte Unterhaltungen. Wie sonst können Eltern ihre Kinder wirklich kennenlernen?