Wir beobachten die Welt
„Giftiges“ Blut
Aidsinfiziertes Blut ist ein Giftstoff. So entschied ein Richter vom obersten Gericht in Brooklyn (New York). Diese erstmalige Entscheidung ermöglichte es einer Ärztin, die sich durch eine achtlos weggeworfene Spritze mit dem Aidsvirus infiziert hatte, auf Schadenersatz in Höhe von 175 Millionen Dollar zu klagen. Die 30jährige Ärztin ist zu krank, um ihren Beruf auszuüben, und daher „ist sie auf ein zügiges Verfahren bedacht“, teilte ihr Anwalt der New York Times mit.
● Ein Report mit dem Titel Autologous and Directed Blood Programs, veröffentlicht von der Gesellschaft der amerikanischen Blutbanken, enthielt folgenden Kommentar über aidsinfiziertes Blut: „Daß aus dem kostbaren lebenspendenden Blut ein Werkzeug des Todes werden konnte, war die bitterste Ironie in der Medizin.“
Hat der Vatikan es gewußt?
Die italienische Tageszeitung Corriere della Sera schnitt kürzlich die Frage an, ob der Vatikan damals über den Holocaust der Nationalsozialisten Bescheid gewußt hat. In dem Artikel werden viele glaubhafte Augenzeugen angeführt, die dem Vatikan über den Völkermord an den Juden und über den Mord an anderen direkt Bericht erstatteten. Ein Kaplan, der in einem Lazarettzug gewesen war, „teilte dem Papst unter Tränen mit: ‚Das Hinschlachten der Behinderten und der Juden geht weiter. Die armen Juden haben nicht einmal Lebensmittelkarten und verhungern.‘“ Zu den Personen, die gemäß dem Artikel den Vatikan über den Holocaust unterrichteten, gehören der Apostolische Delegat in Berlin, die Erzbischöfe von Münster und von Wien, der Apostolische Nuntius bei der Reichsregierung und der deutsche Gesandte beim Apostolischen Stuhl. Man kam zu folgendem Schluß: „Der Vatikan hat es gewußt.“
Eine weitere Theorie widerlegt
Eine Theorie, wonach das Leben auf der Erde in hydrothermalen Löchern (im heißen Wasser) am Meeresboden entstanden sein soll, ist durch jüngste Versuche widerlegt worden. „Dies ist wohl der unwahrscheinlichste Ort für den Ursprung des Lebens“, sagte der Chemiker Jeffrey L. Bada von der Staatsuniversität von Kalifornien. Die Theorie war aufgestellt worden, nachdem man entdeckt hatte, daß Bakterien und andere Organismen wie Riesenmuscheln und Würmer in der Nähe hydrothermaler Löcher gedeihen. Im Laborversuch stellten Bada und sein Kollege Stanley L. Miller fest, daß sich Aminosäuren, die Bausteine des Lebens, bei gleichem Druck und gleicher Temperatur wie im Meer rasch zersetzen. „Die Vereinigung von Aminosäuren zu größeren Peptiden — eine sogenannte Polymerisation — erwies sich in Gegenwart von Wasser bei jeder Temperatur als unmöglich“, schrieb die New York Times. „Komplexere Moleküle, die den genetischen Code tragen und ohne die lebende Organismen nicht auskommen, blieben in der extremen Hitze nicht lange erhalten.“ Gemäß der Times kamen die Forscher zu dem Schluß, „daß das heiße Wasser in den Urozeanen organische Verbindungen eher zerstört als geschaffen hätte“.
Wer ist ein Jude?
Diese Frage hat kürzlich zu einer hitzigen Debatte geführt, die Millionen Juden betraf, vor allem Juden in Israel und in den Vereinigten Staaten. Die Führer der 400 000 orthodoxen Juden in Israel versuchen seit langem, das „Heimkehrergesetz“ zu ändern, zufolge dessen alle jüdischen Einwanderer Bürger Israels werden sollen, außer denjenigen, die von nichtorthodoxen Rabbinern, z. B. Rabbinern der konservativen und der reformierten Richtung, zum jüdischen Glauben bekehrt wurden. Über solch strenge Ansichten in der Frage „Wer ist ein Jude?“ ist von den konservativen und den reformierten Juden in den Vereinigten Staaten Entrüstung laut geworden. Wie die Jerusalem Post berichtet, hat der israelische Diplomat Abba Eban „Versuche kritisiert, ‚der Mehrheit der jüdischen Gemeinden, Rabbiner, Tempel und Zeremonien in der Welt den Stolz auf jüdische Identität‘“ vorzuenthalten. In der israelischen Bevölkerung sind die orthodoxen Juden mit weniger als 10 Prozent vertreten.
Erinnerungen geweckt
In Japan hat sich die Gewerkschaft der Lehrer mit dem Erziehungsministerium angelegt. Die Zeitschrift Economist meldet, daß dieser Gewerkschaft „die in ihren Augen wachsende Förderung des Nationalismus im Unterricht mißfällt“, und schreibt, daß bei den Japanern „die Fahne und die Nationalhymne immer noch Erinnerungen an die 30er Jahre wecken“. Die Zeugen Jehovas in Japan, die in den 30er Jahren wegen ihrer christlichen Neutralität eingesperrt waren, erinnern sich noch sehr gut an den Nationalismus jener Tage.
Folgenschwere Stürme
In Südengland sind die Aufräumarbeiten nach den orkanartigen Stürmen vor über einem Jahr immer noch im Gange. Ihre Hinterlassenschaft: 15 Millionen umgeknickte Bäume, von denen viele am Boden verrotten. Der Zeitung Manchester Guardian Weekly zufolge vernichteten die Stürme „fast 10 Millionen Koniferen, 2 Millionen Eichen, 1,75 Millionen Buchen und 1,25 Millionen andere Laubbäume“. In der Zeitung heißt es weiter: „Insgesamt wurden 5 333 alte Wälder schwer in Mitleidenschaft gezogen.“ Nur etwa die Hälfte der umgeknickten Weichhölzer und 20 Prozent der Harthölzer sind ein Jahr nach den Stürmen weggeräumt worden. Wieso nicht mehr? Die Beseitigung des Holzes ist sehr teuer. Man ist zwar dabei, immerhin 5 Millionen neue Bäume zu pflanzen, doch ein Teil der Wälder wird in Ackerland verwandelt werden. Ein Trost bleibt: Die Stürme haben außer vielen guten Bäumen auch eine Menge fauler Bäume vernichtet.
Religionsfreiheit?
In einem Interview mit dem Toronto Star erklärte der Leiter des Moskauer Instituts für wissenschaftlichen Atheismus, daß das sowjetische Volk künftig größere Religionsfreiheit genießen werde. Er sagte, an verschiedenen Orten seien keine Bibeln zu bekommen, aber seit der sowjetische Regierungschef Gorbatschow die Glasnost-Politik verfolge, seien hunderttausend Bibeln ins Land gesandt worden. Die amtliche Nachrichtenagentur TASS berichtete kürzlich, daß die sowjetische Menschenrechtskommission sogar die Begnadigung aller aus religiösen Gründen Inhaftierten empfohlen habe.
Spürhunde
Gut ausgebildete Spürhunde werden heute routinemäßig eingesetzt, um Sprengstoffe und Rauschgift zu suchen. Somit hat die zufällige Entdeckung einer farb- und geruchlosen Chemikalie, die den Spürsinn von Hunden bis zu zwei Jahre lang ausschaltet, große Besorgnis ausgelöst. Die Substanz wirkt so stark, schreibt die Londoner Times, daß „ein oder zwei Tropfen in der Luft die gewünschte Wirkung hervorrufen“. Man befürchtet, daß die Chemikalie in die Hände von Terroristen und Rauschgifthändlern gelangt und Fahnder sich in Sicherheit wiegen könnten, wenn sie übersehen, daß ein Hund seinen Spürsinn verloren hat. Das britische Ministerium für Verteidigung und Grenzschutz fördert an der Universität Warwick ein dringliches Forschungsprojekt mit dem Ziel, ein Mittel gegen die Substanz zu finden, noch bevor davon Gebrauch gemacht werden kann.
Wale im Eis
Im Oktober vergangenen Jahres arbeiteten die beiden Supermächte bei der Rettung zweier kalifornischer Grauwale zusammen, die vor der Küste Alaskas vom arktischen Eis eingeschlossen worden waren. Während sich Einheimische bemühten, für die Säugetiere Atemlöcher ins Eis zu schlagen, brachen zwei sowjetische Eisbrecher „eine Rinne ins Eis, in der Brocken von der Größe eines Hauses Platz gehabt hätten“, berichtet der Toronto Star. Durch die massive sowjetisch-amerikanische 1-Million-Dollar-Rettungsaktion wurden die Wale schließlich befreit. Ein Einheimischer, der die Rettung kritisierte, meinte allerdings, es wäre vernünftiger gewesen, die Wale zu verspeisen. Der amerikanische Präsident Reagan erklärte hingegen: „Das Beharren auf dem Schutz der Tiere ... beweist die Sorge der Menschheit um die Umwelt.“ Ein Kremlsprecher äußerte sich dazu wie folgt: „Es wäre gut, wenn die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion auf eine solche Weise handeln würden, wenn es um die Rettung von Menschenleben geht.“
Gegengewichte gegen Erdbeben
In ein 11geschossiges Gebäude, das zur Zeit in Tokio (Japan) im Bau ist, wird eine neuartige Anlage gegen Erdbebenschäden eingebaut. Diese Anlage, „aktiver Massentreiber“ genannt, wirkt Schwankungen entgegen. Zu diesem Zweck werden auf dem Dach zwei schwere Gewichte in die entgegengesetzte Richtung zur Kraft des Erdbebens bewegt. Die Gewichte — eines ist vier Tonnen schwer und das andere eine Tonne — tragen dazu bei, die vom Beben ausgehende Krafteinwirkung zu dämpfen, indem sie sich auf Schienen mit einer Geschwindigkeit von 40 Metern in der Sekunde bewegen. Wenn einer der in den verschiedenen Etagen angebrachten Sensoren eine Schwingung anzeigt, setzt eine computergesteuerte Anlage die Gewichte in Bewegung. Die Herstellerfirma behauptet, daß durch die Anlage „die Auswirkung eines mäßigen Bebens um etwa 50 Prozent gemindert wird“, meldet die Asahi Evening News. Wie wirksam wird sie wirklich sein? Warten wir das nächste Erdbeben ab.