Der Gesundheitszustand der Weltbevölkerung — Zwei Welten klaffen auseinander
VON UNSEREM KORRESPONDENTEN IN BRASILIEN
DER Somalier Ali Maow Maalin wurde 1977 mit Pocken ins Krankenhaus eingeliefert. Sein Fall machte Schlagzeilen. Als er schließlich mit Erfolg behandelt worden war, verkündete die WHO (Weltgesundheitsorganisation) 1980, die Pocken seien — nachdem sie über Jahrhunderte hinweg Millionen von Menschenleben dahingerafft hatten — weltweit ausgerottet. Ali soll der letzte gewesen sein, der an Pocken erkrankte.
Im Jahr 1992 meldete die WHO weitere Erfolge in der Gesundheitsversorgung: Während der 80er Jahre haben in den Entwicklungsländern mehr Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen erhalten. Außerdem hat ein höherer Prozentsatz der Bevölkerung in den am wenigsten entwickelten Ländern nun Zugang zu regionalen Gesundheitseinrichtungen. Als Folge davon ist die Kindersterblichkeitsrate im letzten Jahrzehnt in manchen Gegenden gesunken.
Erschreckende Fakten
Diese Erfolge werden jedoch von Rückschlägen begleitet und von unheildrohenden Gefahren überschattet. Betrachten wir einige erschreckende Fakten.
HIV/Aids: Über 17 000 000 Menschen weltweit sind mit dem Aidserreger HIV infiziert. In einem der letzten Jahre infizierten sich über 3 000 000 Menschen, das heißt 8 000 täglich. Mehr als eine Million Kinder sind mit HIV infiziert worden. Aidstodesfälle unter Kindern könnten bald alle Erfolge zunichte machen, die man in den vergangenen Jahrzehnten im Kampf um das Überleben von Kindern verbuchen konnte. Und dabei ist die sich explosionsartig ausbreitende Epidemie in vielen Gegenden, wie beispielsweise in Asien, jetzt erst in der Frühphase. Gemäß Aids and Development leben über 80 Prozent aller HIV-Infizierten in Entwicklungsländern.
Tuberkulose (Tbc): Die Tuberkulose blieb in den letzten beiden Jahrzehnten zwar weitestgehend unbeachtet, aber heute ist sie wieder auf dem Vormarsch und jedes Jahr für den Tod von drei Millionen Menschen verantwortlich; damit ist Tbc Todesursache Nummer eins unter den Infektionskrankheiten. Über 98 Prozent der Todesfälle waren in den Entwicklungsländern zu verzeichnen. Zu allem Übel haben sich die Tuberkelbakterien mit dem HI-Virus zusammengeschlossen — eine tödliche Verbindung mit katastrophalen Folgen. Man rechnet damit, daß bis zum Jahr 2000 jedes Jahr eine Million HIV-Infizierte an Tbc sterben wird.
Krebs: Die Zahl der Krebskranken ist in den Entwicklungsländern inzwischen höher als in den Industrieländern.
Herzerkrankungen: „Was Herzerkrankungen angeht, stehen wir kurz vor einer weltweiten Katastrophe“, sagte Dr. Ivan Gyarfas von der WHO warnend. Herzerkrankungen sind längst nicht mehr allein die Plage der Industrienationen. In Lateinamerika sterben beispielsweise zwei- bis dreimal so viele Leute an Herzerkrankungen wie an Infektionskrankheiten. In wenigen Jahren werden Koronarthrombosen und Schlaganfälle in Entwicklungsländern die Haupttodesursache sein.
Tropenkrankheiten: Die WHO warnte: „Tropenkrankheiten scheinen um sich zu greifen; Cholera breitet sich ... in Amerika aus, Gelbfieber- und Denguefieberepidemien suchen immer mehr Menschen heim, und es gibt zunehmend mehr Malariakranke.“ In der Zeitschrift Time hieß es: „In den ärmeren Ländern der Welt ist der Kampf gegen Infektionskrankheiten bereits ein Fiasko.“ Allein Malaria fordert jetzt jährlich ungefähr zwei Millionen Todesopfer — und das, obwohl man vor etwa 40 Jahren dachte, sie sei weitestgehend ausgerottet.
Durchfallerkrankungen: Die Zahl der Todesopfer unter Kindern in den Entwicklungsländern ist schockierend. Nahezu 40 000 Kinder sterben jeden Tag, weil sie sich eine Infektion zugezogen haben oder unterernährt sind; allein infolge von Durchfallerkrankungen stirbt alle acht Sekunden ein Kind.
Ein Zusammenhang zwischen Gesundheit und Armut
Was verrät uns diese Gesundheitsbilanz? „Die Entwicklungsländer trifft es gleich doppelt so hart“, sagte ein Gesundheitsexperte. „Sie werden nicht nur von allen heute auftretenden chronischen Krankheiten geplagt, sondern auch von den nach wie vor grassierenden Tropenkrankheiten.“ Mit welchen Folgen? Eine beunruhigende „geographische Kluft“ habe sich aufgetan, konnte man in dem Buch Achieving Health for All by the Year 2000 lesen. In rund 40 Ländern Afrikas und Asiens hält die medizinische Versorgung mit dem Standard „in den übrigen Ländern der Welt nicht Schritt“. Was die Gesundheit angeht, klaffen zwei Welten auseinander — und die Kluft zwischen ihnen wird immer größer.
Für diese wachsende Kluft gibt es zwar zahlreiche Ursachen, doch wie es in der Zeitschrift Weltgesundheit hieß, ist Armut die Wurzel eines schlechten Gesundheitszustandes. (Vergleiche Sprüche 10:15.) Auf Grund der Armut sind die Menschen oft gezwungen, unter unzumutbaren Wohnbedingungen zu leben, das heißt in überfüllten und beengten Wohnräumen, ohne sanitäre Anlagen und ohne genügend sauberes Trinkwasser. Diese drei Faktoren schaden nicht nur der Gesundheit, sondern fördern zudem Krankheiten. Kommt noch Unterernährung hinzu, durch die die Abwehrkräfte des Körpers geschwächt werden, kann man folgendes Bild gut verstehen: Armut nagt an der Gesundheit, genauso wie Termiten Holz zernagen.
Wenn lebensgefährliche Krankheiten Wohnräume verseuchen, Menschen verstümmeln und Kinder töten, trifft es die Armen am härtesten. Befassen wir uns mit einigen Beispielen: In den armen Teilen Südafrikas tritt Tuberkulose hundertmal häufiger auf als in den gutsituierten Teilen des Landes. In den verarmten Gegenden Brasiliens sterben sechsmal mehr Menschen an Lungenentzündung und an Grippe als in den angrenzenden wohlhabenderen Gegenden. Und in den armen Familien Indiens sterben zehnmal mehr Babys als in den reichen Familien Indiens. Die schmerzliche Tatsache liegt auf der Hand: „Armut gefährdet die Gesundheit.“
Kein Wunder, daß die weltweit über eine Milliarde zählenden Slumbewohner verzweifelt sind! Sie haben keinen Einfluß auf die eigentlichen Ursachen der Armut, und ihr Leben wird von den schmerzhaften Folgen der Armut beherrscht. Wer die Auswirkungen der Armut schmerzlich zu spüren bekommt, hat möglicherweise das Gefühl, auf der Schattenseite des Lebens hoffnungslos festzusitzen. Aber ob arm oder reich, es gibt etliche Möglichkeiten, die eigene Gesundheit und die seiner Kinder zu schützen. Welche Möglichkeiten? Im folgenden Artikel werden einige genannt.