Mein Anteil an der Förderung der wahren Gottesanbetung
Von Arthur H. Secord erzählt
ALS kleiner Junge dachte ich, ich sei ein Christ. Ich war in einer Kirche der Christenheit getauft worden und ging regelmäßig in die Sonntagsschule. Ich war der Meinung, daß ich dadurch Gott wirklich diene. Ich hatte jedoch stets viele Fragen über die Bibel und ihre vermeintlichen Lehren.
Als ich in das Alter kam, in dem ich mich mit sogenannten Christen und mit Leuten, die angeblich das lehrten und unterstützten, was in der Bibel steht, auseinandersetzen konnte, begann ich festzustellen, daß das, was ich in der Kirche und in der Sonntagsschule hörte, eigentlich nicht das war, was die Bibel über die wahre Gottesanbetung sagt, und zu Weihnachten beschenkte man uns zum Beispiel mit Abenteuerromanen, Kriegs- oder Seefahrergeschichten und anderen Büchern, die unsere Gedanken vom Schöpfer und der wahren Anbetung ablenkten. Mit der Zeit verlor ich das Interesse an religiösen Lehren immer mehr.
DIE BIBEL BEGINNT MICH ZU INTERESSIEREN
Mein Vater war von unserer Familie der erste, der die Bibel gründlich studierte. Obwohl er auf unserer Farm in Ontario (Kanada) sehr streng arbeiten mußte, um unsere große Familie (wir waren unser sieben Kinder) zu erhalten, war er an der wahren Gottesanbetung interessiert.
Als sich sein Bruder für die biblischen Lehren zu interessieren begann, die C. T. Russell kurz vor der Jahrhundertwende predigte, begann er sich noch mehr damit zu beschäftigen. Mein Onkel schickte uns bibelerklärende Broschüren, Traktate und Flugschriften, die außer meinem Vater jedoch niemand von uns las. Der Vater suchte uns das, was er lernte, klarzumachen und ermutigte uns, die Schriften ebenfalls zu lesen. Ich versuchte es, aber die Kirche, mit der ich von meiner Geburt (1890) an verbunden war, hatte mich der Religion gegenüber gleichgültig gemacht.
Einige Zeit später fuhr ich nach Toronto zu meinem Onkel. An einem Sonntagnachmittag lud er mich ein, mit ihm in eine Ausstellungshalle zu gehen, wo die „internationalen Bibelforscher“ (wie Jehovas Zeugen damals hießen) jeweils öffentliche Vorträge hielten. Der Redner sprach über das Buch Der göttliche Plan der Zeitalter. Während seiner Ansprache erinnerte ich mich an manches, was mein Vater uns gesagt, und an das wenige, was ich gelesen hatte. Ich verstand, was gesagt wurde, und war von den Ausführungen des Redners so begeistert, daß ich mir vornahm, nach meiner Heimkehr zu beginnen, die Bibel zu lesen und zu studieren.
Im Jahre 1911 abonnierte ich die Zeitschrift Der Wachtturm. Ich kaufte mir auch ein Bibellexikon und die Broschüre What Say the Scriptures About Hell? (Was sagt die Bibel über die Hölle?). Zu jener Zeit erschienen auch die Predigten C. T. Russells des damaligen Präsidenten der Watch Tower Society, in unserer Lokalzeitung. Sie waren sehr interessant und gaben viel Aufschluß über biblische Lehren. Später sah ich auch das „Photo-Drama der Schöpfung“, als es in Simcoe (Ontario), meiner Heimatstadt, aufgeführt wurde. Ich hatte damals zum erstenmal das Vorrecht, diese wunderschönen Bilder zu sehen und die damit verbundenen Vorträge zu hören, und all das förderte meinen Wunsch, noch mehr über die Bibel und ihre Lehren zu erfahren. Nach einer gewissen Zeit und einem gründlichen Bibelstudium erkannte ich, daß ich mich Jehova hingeben sollte. Im Hochsommer 1915 begab ich mich nach Toronto und ließ mich im Wasser untertauchen, um meine Hingabe zu symbolisieren.
Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges setzte ein Kampf gegen die Predigttätigkeit der Zeugen Jehovas ein. Als zum Beispiel C. T. Russell einmal einen Vortrag in Hamilton halten sollte, den ich auch hatte hören wollen, wurde unter dem Druck der Kriegsverhältnisse erreicht, daß er nicht sprechen durfte und Kanada verlassen mußte. Unsere Schriften wurden verboten, und man schränkte uns in unserer Handlungsfreiheit ein. Dessenungeachtet suchte ich weiterhin die wahre Gottesanbetung zu fördern.
DER WUNSCH, MEHR ZU DIENEN, ERFÜLLT SICH
Nach dem Krieg wünschte ich, einen möglichst großen Anteil an der Förderung der wahren Gottesanbetung zu haben. Ich hatte in meinem Herzen den Wunsch entwickelt, der Zentrale der Watch Tower Bible and Tract Society in Brooklyn (New York) meine Dienste anzubieten. Ich schickte meine Bewerbung ein, wagte aber nicht zu hoffen, angenommen zu werden, da ich damals als Farmer tätig war und, wie ich dachte, nicht die nötige Schulbildung genossen hatte, um den Anforderungen zu entsprechen, die die Mitarbeit in der Zentrale an mich stellen würde.
Zu meiner Überraschung erhielt ich jedoch sehr bald einen Brief von der Gesellschaft, in dem ich eingeladen wurde, unverzüglich in die Zentrale, Bethel genannt, zu kommen. Kurz darauf sagte ich meinen Angehörigen und Freunden auf Wiedersehen. Ich kann mich noch gut an den traurigen Blick meines Vaters beim Abschied erinnern, denn er verlor an mir seinen Gefährten in der Wahrheit. Gleichzeitig aber freute er sich, weil er wußte, daß mein Glaube dadurch gestärkt würde und sich mein Wunsch, einen größeren Anteil an der Förderung der wahren Gottesanbetung zu haben, erfüllte.
Ich begann meinen Vollzeitdienst im Bethel in der Druckerei, die damals in einem kleinen Gebäude in Brooklyn, Concord Street 18, untergebracht war. In der darauffolgenden Woche hörte ich, wie einige Mitarbeiter darüber sprachen, daß die Gesellschaft auf Staten Island (New York) eine Radiostation baue und daß an den Wochenenden Hilfskräfte benötigt würden. Ich freute mich, das zu hören, und bot meine Dienste an. Während meines zweiwöchigen Urlaubs half ich dort ebenfalls bei den Bauarbeiten mit.
Kurz danach wurde ich beauftragt, regulär am Bau der Radiostation mitzuarbeiten. Ich spliß Stahlkabel, sicherte damit die 60 Meter hohen Masten und verrichtete andere Arbeiten. Die Masten wurden aufgerichtet und gestrichen, die Antennen angebracht, die Sendeanlage installiert und die Studios eingerichtet. Man hielt es für ratsam, das Gelände rings um die Radiostation zu kaufen, damit die Ausstrahlung der Wellen nicht durch hohe Gebäude gestört werden könnte. Auf diesem Gelände wurde später Gemüse angebaut. Auch wurde eine Kraftanlage eingerichtet, damit die Sendungen nicht eingestellt werden müßten, wenn bei einem Gewitter die öffentliche Stromversorgung unterbrochen würde. Dann war alles bereit. Am 24. Februar 1924 nahm WBBR seine Sendungen auf, durch die die wahre Gottesanbetung gefördert und die gute Botschaft von Gottes Königreich verkündet wurde.
Von Zeit zu Zeit mußte ich die Sendemasten und die Antennen streichen. Ich saß den ganzen Tag oben, von wo aus ich fast über ganz Staten Island sehen konnte. Ich sah die Bäume, Straßen und Häuser in der ganzen Umgebung aus der Vogelschau. Ich fragte mich aber, was das mit dem Predigen der guten Botschaft vom Königreich zu tun habe. Doch dann fiel mir ein, daß einige Meter von mir entfernt die gute Botschaft über die Ätherwellen hinausgetragen wurde und daß meine Arbeit notwendig war, um die Anlage, die Jehova Gott zur Förderung der wahren Anbetung gebrauchte, instand zu halten.
Wie bereits erwähnt, wurde auf dem Gelände, das in der Nähe der Radiostation gekauft worden war, Gemüse angebaut. Bruder Herman Henschel, der selbst Gemüsegärtner war, erklärte sich bereit, alle von uns, die neben ihrer Beschäftigung beim Radio im Garten arbeiteten, anzulernen. Er kam ein- oder zweimal in der Woche, besonders sonnabends vormittags, und tat, was er konnte, um uns zu helfen und zu raten, was wir noch tun könnten.
Das Gemüse wurde von der am Sender WBBR beschäftigten Watchtower-Familie und der Brooklyner Bethelfamilie verbraucht. Überschüsse wurden für den Verbrauch in den Wintermonaten eingemacht. Das erforderte entsprechende Anlagen und ein für diesen Zweck günstiges Gebäude. Brüder aus der Umgebung, die die liebende Güte Gottes erfahren hatten und zu einer Erkenntnis der Wahrheit gelangt waren, richteten diese Anlage ein. Sie freuten sich, ihre Dienste anzubieten, und waren jederzeit gern bereit, uns beim Einmachen zu helfen. Manchmal fragte ich mich auch, ob diese Arbeit etwas mit dem Predigen der guten Botschaft vom Königreich zu tun habe. Doch dann dachte ich jeweils wieder, daß es richtig sei, daß wir durch den Einsatz unserer Kräfte mithelfen würden, jene, die ihre ganze Zeit der Förderung des Königreichswerkes im Bethel oder bei der Station WBBR widmeten, mit der nötigen Nahrung zu versehen.
DIE WAHRE ANBETUNG MACHT GEWALTIGE FORTSCHRITTE
Durch den Zweiten Weltkrieg wurde die Verkündigung der guten Botschaft über den Rundfunk und von Haus zu Haus erschwert. Die Feinde der wahren Anbetung gebrauchten jedes erdenkliche Mittel, um die Predigttätigkeit zu unterbinden. Doch dadurch, daß sich Jehovas Diener den Kriegshandlungen gegenüber neutral verhielten, sich auf Jehovas Wort verließen und sich von ihm leiten ließen, konnte die wahre Gottesanbetung weiter ausgeübt werden. Anfang 1942 beendete unser lieber Bruder Rutherford, der 25 Jahre Präsident der Watch Tower Bible and Tract Society und ein eifriger Förderer der wahren Gottesanbetung gewesen war, seinen Lauf. Die Hand Jehovas war jedoch nicht zu kurz. Bruder N. H. Knorr wurde zum Präsidenten gewählt, und das Königreichswerk ging weiter, ja es dehnte sich Tag für Tag und Monat für Monat mehr aus. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden auf allen Gebieten der Königreichsverkündigung große Fortschritte erzielt.
Schließlich war die Zeit, da der Sender WBBR ein besonderes Mittel zur Verkündigung der guten Botschaft vom Königreich war, vorbei. Eine intensive Predigttätigkeit von Haus zu Haus erschien als zweckmäßiger. So wurde die Station WBBR im Jahre 1957 verkauft. Der Präsident der Gesellschaft hielt die Abschiedsansprache. Er teilte seinen Rundfunkhörern mit, daß die gute Botschaft weiterhin gepredigt werde, und zwar in einer noch wirksameren Weise. Am darauffolgenden Morgen, nachdem das Programm um 8 Uhr beendet worden war, stellte die Station WBBR ihre Sendungen ein, nachdem sie 33 Jahre die wahre Anbetung Jehovas gefördert hatte.
Darauf wurde ich ins Brooklyner Bethel gerufen, um in der Druckerei mitzuhelfen. Doch welch ein Unterschied zwischen der kleinen Druckerei an der Concord Street (Nr. 18), wo ich zuerst gearbeitet hatte, und den zwei jetzigen großen, modernen Gebäuden, in denen die neusten, besten Druckmaschinen stehen, auf denen jede Woche Millionen von Schriften in Dutzenden von Sprachen zur Förderung der wahren Anbetung gedruckt werden können! Die prophetischen Worte Jesu haben sich tatsächlich erfüllt: „Diese gute Botschaft vom Königreich wird auf der ganzen bewohnten Erde gepredigt werden, allen Nationen zu einem Zeugnis.“ — Matth. 24:14.
Ich habe nun bald drei Viertel eines Jahrhunderts hinter mir, und wenn ich auf die 41 Jahre Vollzeitdienst zurückblicke, die ich im schönsten Werk, an dem sich jemand beteiligen kann, zubrachte, weiß ich, daß Jehova mir seine Gunst erwiesen hat, weil ich stets bemüht war, meinen Anteil zur Förderung der wahren Gottesanbetung beizutragen, und ich bin überzeugt, daß er auch allen anderen, die zu einer genauen Erkenntnis seines Willens und seines Vorhabens gelangen, sich ihm hingeben und dann ihren Teil zur Förderung der wahren Gottesanbetung beitragen, seine Gunst erweisen wird.