Die wahre Brüderschaft von heute
IN Sachsenhausen, einem Konzentrationslager in der Nähe von Berlin, herrschte Aufregung und Spannung. Es war im April 1945. Die westlichen Alliierten nahten sich vom Westen und die Russen vom Osten.
Trotz allem waren die Naziführer entschlossen, die 26 000 Lagerhäftlinge zu vernichten. Ihr satanischer Plan bestand darin, die Kranken auf der Krankenstation umzubringen und die anderen zu einem Marsch zum Lübecker Hafen zu zwingen, sie in Schiffe zu pferchen und die Schiffe auf See zu versenken.
Als der Marschbefehl gegeben worden war, mußten die Gefangenen gemäß ihrer Nationalität in Gruppen antreten — mit Ausnahme einer Gruppe, die sich aus sechs verschiedenen Nationalitäten zusammensetzte. Diese Gruppe bestand aus Gott hingegebenen Christen und schloß 36 Männer ein, die deren Glauben im Lager angenommen hatten.
Unter Einsatz ihres Lebens befreiten diese Christen ihre geistigen Brüder aus der Krankenstation. Dann setzte sich die lange Kolonne aus Gefangenen und SS-Wachen in Bewegung. Die SS-Leute hatten es eilig, da sie bereits die Geschütze der Russen hören konnten. Die Gefangenen marschierten tagelang und hatten nichts weiter zu essen als Nesseln, Wurzeln und Rinden. Wer vor Erschöpfung umfiel, wurde brutal von den Wachen niedergeschossen. Insgesamt kamen 10 700 Gefangene auf dem Marsch ums Leben. Er wurde als der „Todesmarsch“ bezeichnet.
Doch diejenigen in der Gruppe der Christen halfen sich ständig gegenseitig, indem sie die Schwachen unterstützten. Ein Häftling aus dieser Gruppe schrieb: „Da wir Zeugen aber christliche Liebe bekundeten und zusammenhielten, blieb keiner von uns am Wegesrand liegen, und keiner wurde von den SS-Leuten getötet.“ Nach 12 schrecklichen Tagen ergriffen die Wachen die Flucht.
Wer waren jene Christen? Es waren Zeugen Jehovas. Kann irgend jemand bezweifeln, daß sie die Merkmale einer wahren Brüderschaft offenbarten? Doch welche Beziehung besteht zwischen ihnen und der kleinen Gruppe, die mit Jesus in der Nacht vor seinem Tode zusammen war?
Dem Vorbild folgen
Wer der heutigen wahren Brüderschaft angehört, muß dem Beispiel folgen, das Jesus und seine Jünger gaben. Welche Einstellung hatte diese Brüderschaft des ersten Jahrhunderts beispielsweise gegenüber Krieg?
Origenes, ein christlicher Schriftsteller des dritten Jahrhunderts, schrieb: „Die christliche Kirche kann sich an keinem Krieg gegen irgendein Land beteiligen. Die Christen haben von ihrem Führer gelernt, daß sie Kinder des Friedens sind“ (Jes. 2:2-4). W. W. Hyde schrieb in seinem Buch Paganism to Christianity in the Roman Empire: „In den ersten drei Jahrhunderten ... weigerten sich die Christen, als berufsmäßige Schlächter im römischen Heer zu dienen.“ Aus demselben Grund kamen Zeugen Jehovas während des Zweiten Weltkrieges in die Konzentrationslager. Sie weigerten sich, in Hitlers Heer zu dienen.
Ein anderes Merkmal der Brüderschaft des ersten Jahrhunderts war das Fehlen einer Priesterschaft oder Geistlichkeit. Die älteren Brüder, die die Reife und die geistige Befähigung hatten, kümmerten sich um das Lehren und Organisieren (Tit. 1:5-9).a Doch sie waren Brüder, keine „Väter“. Jesus sagte: „Ihr alle aber seid Brüder. Auch sollt ihr niemand unter euch auf Erden Vater nennen, denn einer ist euer Vater, der im Himmel“ (Mat. 23:8, 9, Jerusalemer Bibel). Petrus ermahnte seine Mitältesten, nicht über die zu „herrschen, die Gottes Erbe sind“ (1. Pet. 5:1-3).
Dementsprechend verwendeten Jesu Jünger in jenen Tagen der ursprünglichen christlichen Brüderschaft keine anmaßenden Titel wie „Hochwürden“, „Monsignore“ (mein Herr) oder „Pater“ (Vater). In dem Buch The Old Roman World von John Lord heißt es: „Sie nannten einander Bruder und Schwester ... Sie kannten keine Unterschiede.“ So gibt es auch unter Jehovas Zeugen heute keine Unterschiede zwischen Geistlichen und Laien, keine anmaßenden Titel. Alle sind „Brüder“ und „Schwestern“, und ältere, geistig reife Männer übernehmen die Führung darin, anderen zu dienen.
Jesus sagte auch seinen Nachfolgern, daß sie erbitterte Verfolgung zu erdulden hätten. Diese Verfolgung käme nicht nur von seiten politischer Führer über sie, sondern auch von seiten religiöser Führer, die ein Teil der Welt geworden wären. Er sagte: „Weil ihr nun kein Teil der Welt seid, sondern ich euch aus der Welt auserwählt habe, deswegen haßt euch die Welt. ... die Stunde kommt, da jeder, der euch tötet, meinen wird, er habe Gott einen heiligen Dienst erwiesen“ (Joh. 15:19; 16:2).
Welche Gruppe muß heute weltweit Verfolgung erdulden, weil sie kein Teil der Welt ist? Es sind Jehovas Zeugen. Zum Beispiel versuchte Hitler im Jahre 1933, sie aus Deutschland auszurotten, weil sie seine Partei und seine Kriege nicht unterstützten. Sie fuhren damit fort, Gottes herannahende Königreichsregierung als einzige Hoffnung für die Menschheit zu verkündigen. Bei einer Gelegenheit schrie Hitler hysterisch: „Ich werde diese Brut aus Deutschland ausrotten!“ Tausende von Zeugen wurden verhaftet, und viele fanden in den Konzentrationslagern den Tod.
Schließlich wurden jedoch Hitler und seine Partei ausgerottet, aber nicht Jehovas Zeugen. Heute gibt es allein in der Bundesrepublik Deutschland etwa 100 000 Zeugen. Die Zahl der aktiven Verkündiger der guten Botschaft vom Königreich in den Versammlungen der Zeugen Jehovas beträgt weltweit über 2 200 000.
Die Brüderschaft von heute erkennen
Natürlich sind es nicht die Zahlen, die die wahre internationale Brüderschaft von heute kennzeichnen. Verglichen mit vielen anderen Religionen, gibt es eigentlich wenig Zeugen Jehovas. Jesus sagte: „Eng ist das Tor und eingeengt der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind es, die es finden“ (Mat. 7:14).
Entsprechen Jehovas Zeugen heute dem Vorbild, das durch die soeben angeführten Beispiele gekennzeichnet ist? Um herausfinden zu können, welche von den Tausenden von Sekten und Religionsorganisationen der ursprünglichen christlichen Brüderschaft entspricht, mag das Kästchen auf dieser Seite eine Hilfe sein. Darin werden einige grundlegende Richtlinien dieser Brüderschaft aufgeführt. Überprüfe selbst, wer der Beschreibung entspricht, die die Bibel gibt.
Was andere sagen
Zwar werden Jehovas Zeugen, wie Jesus voraussagte, von vielen verleumdet, doch nicht von allen. Wir wollen einmal diese Christen vom Standpunkt einiger Leute aus betrachten, die keine Zeugen sind.
In Moçambique haben Jehovas Zeugen aufgrund ihrer politischen Neutralität erbitterte Verfolgung erlitten. Doch eine katholische Nonne schrieb in einer katholischen portugiesischen Veröffentlichung: „Zur Zeit sind 25 000 Zeugen Jehovas aus Malawi und Moçambique in den neuen ,Gulag‘-Lagern [Konzentrationslagern], die in ... [Moçambique] zum Zwecke der Umerziehung eingerichtet worden sind, gemeinsam eingesperrt. ... sie verdienen unsere Bewunderung ... Die Welt sähe anders aus, wenn wir alle eines Morgens erwachen würden und ebenso fest entschlossen wie Jehovas Zeugen wären, nie wieder zu den Waffen zu greifen, ohne Rücksicht auf Kosten und Gründe.“
Über das allgemeine Verhalten der Zeugen in Afrika berichtete der London Daily Telegraph folgendes: „Überall in Afrika erweisen sich Jehovas Zeugen als anständige, gesittete Bürger, die nach einem hohen Sittenmaßstab leben. ... Die sonst in Afrika übliche Promiskuität und Polygamie kommt bei den Zeugen nicht vor. Die Sekte fordert Eigenschaften wie Sparsamkeit, Pünktlichkeit, Ehrlichkeit und Gehorsam.“
Bryan Wilson, Professor an der Universität Oxford, veröffentlichte eine Studie über „das schnelle Wachstum“ der Zeugen in Japan. Er schrieb: „Die Zeugen haben auf vielen Gebieten mit praktischem Rat aufzuwarten, der ... die Frage der ehelichen Beziehungen, der Moral und der Kindererziehung sowie andere praktische Punkte behandelt.“ Wilson fragte die Japaner, was sie zu den Zeugen hingezogen habe. Einige Antworten lauteten: „Die Freundlichkeit der Zeugen.“ „Jeder Anflug von religiösem Formalismus fehlt, und es gibt keinen Pomp.“ „Ich war ganz überrascht, als ich solch sanftmütige Menschen fand.“ „[Ich war] von der Einheit ihrer Organisation beeindruckt.“ „Die Liebe und Herzlichkeit unter Jehovas Zeugen.“
In Spanien berichtete ein Autor der Publikation Hoja del Lunes de Gijón nach einem Kongreß von über 10 000 Zeugen in Gijón: „Jehovas Zeugen haben mich dadurch beeindruckt, daß sie gute Bürger sind. ... Wenn ganz Gijón zum Glauben der Zeugen Jehovas bekehrt würde, wäre Gijón die sauberste und am besten erhaltene Stadt der Welt.“
Als in New Orleans (Louisiana, USA) ein großer Kongreß der Zeugen Jehovas abgehalten wurde, schrieb die Zeitung States-Item: „Ein Geist der Brüderlichkeit herrscht im Louisiana-Superdome unter den jungen und alten, schwarzen und weißen Zeugen Jehovas, die sich dort eingefunden haben, um fünf Tage zu lernen und Erfahrungen auszutauschen. ... Die Rassendiskriminierung ... ist für die Zeugen kein Problem.“
Praktische Hilfe
In Mexiko herrschte vor einigen Jahren zwischen zwei Dörfern Krieg, weil eine Fehde entfacht worden war. Das Leben wurde für nichts geachtet. Die Polizei konnte das Problem nicht lösen. Doch eine Familie begann, mit Jehovas Zeugen die Bibel zu studieren. Andere folgten, und es dauerte nicht lange, bis die meisten Dorfbewohner ihre Waffen verkauft und statt dessen Bibeln gekauft hatten. Es kehrte wieder Frieden ein. Dadurch erfüllte sich in kleinem Rahmen die Prophezeiung aus dem Altertum: „Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden müssen“ — ein Vorgeschmack dessen, was unter Gottes Königreich weltweit geschehen wird (Jes. 2:2-4).
Das ist nur einer von zahllosen Fällen, die man anführen könnte, um zu zeigen, daß Jehovas Zeugen bei allen Arten von Problemen praktische Hilfe bieten — Trunksucht, Drogenabhängigkeit, Ehescheidungen, Depressionen und vieles andere. Das geschieht hauptsächlich durch ein Bibelstudium und durch aufrichtige Hilfe und Ermunterung, ohne daß dem Nutznießer Kosten entstehen.
Nicht „nur ein Traum“
Jesus deutete an, daß man die wahre Brüderschaft „an ihren Früchten“ erkennen werde (Mat. 7:16). Die „Früchte“ beweisen, daß wahre Brüderlichkeit unter Menschen nicht „nur ein Traum“, sondern heute schon Wirklichkeit ist.
In über 200 Ländern in der ganzen Welt können Jehovas Zeugen wahre Brüder und Schwestern finden, die sie liebevoll willkommen heißen — selbst wenn sie sich vorher nicht persönlich gekannt haben. Wenn man berücksichtigt, wie viele Anstrengungen unternommen werden, diese Brüderschaft zu zerschlagen, ist es wirklich ein modernes Wunder, daß sie weltweit gedeiht. Doch das ist Gottes Werk, denn ‘seine Wege sind höher als unsere Wege’ (Jes. 55:9).
Das scheinbar Unmögliche ist also eingetreten. Das Beispiel, das Christus und seine Jünger gegeben haben, wird heute tatsächlich nachgeahmt. Natürlich wird es nicht in vollkommenem Maße nachgeahmt, wie es auch von den ersten Christen nicht vollkommen nachgeahmt wurde. Die Vollkommenheit wird erst unter Gottes Königreich erreicht werden. Doch was heute vor sich geht, betrifft den eigentlichen Kern einer Gesellschaft von Menschen, die eines Tages die ganze Erde füllen wird (Jes. 11:9; 2. Pet. 3:13).
Ja, die geschichtlichen Tatsachen und die Erfüllung der biblischen Erfordernisse und Prophezeiungen zeigen, wie zutreffend die Bemerkung ist, die ein Sozialarbeiter in Kopenhagen machte. Er hatte beobachtet, welch vorzügliche Hilfe Jehovas Zeugen älteren Personen bieten, und bemerkte: „Wenn ich mit Geistlichen zu tun habe, bin ich manchmal sehr enttäuscht. Die Zeugen bilden die einzige internationale Brüderschaft in der Welt. Ich bewundere Ihren Mut zu predigen. Machen Sie nur so weiter!“
Millionen Menschen empfinden heute ebenso. Vereint blicken sie der Zeit entgegen, in der alles Leid vergangen sein wird und Gott in seiner neuen Ordnung hier auf der Erde Segen in Fülle geben wird. Dann werden sich alle, die sich nach wahrer Brüderlichkeit sehnen, eines Friedens, einer Wohlfahrt und eines Glücks von unvorstellbarem Ausmaß erfreuen (Offb. 21:4).
Liebe und Brüderlichkeit gehen Hand in Hand
„Die Liebe ist langmütig und gütig. Die Liebe ist nicht eifersüchtig, sie prahlt nicht, bläht sich nicht auf, benimmt sich nicht unanständig, blickt nicht nach ihren eigenen Interessen aus, läßt sich nicht aufreizen. Sie rechnet das Böse nicht an. Sie freut sich nicht über Ungerechtigkeit, sondern freut sich mit der Wahrheit. Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, erduldet alles. Die Liebe versagt nie“ (1. Kor. 13:4-8).
[Fußnote]
a In der katholischen Jerusalemer Bibel heißt es in der Fußnote zu Titus 1:5, daß in der Anfangszeit den christlichen Gemeinden jeweils „ein Kollegium von ,Presbytern‘, Ältesten (ursprüngliche Wortbedeutung)“, vorstand.
[Kasten auf Seite 13]
GRUNDLEGENDE MERKMALE DER BRÜDERLICHKEIT
Alle sollten ...
... Jehova, den himmlischen Vater, mit ihrem ganzen Herzen, ihrer ganzen Seele, ihrem ganzen Sinn und ihrer ganzen Kraft lieben (Mar. 12:29, 30).
... ihren Nächsten lieben wie sich selbst (Mat. 22:39).
... wahre Brüder und Schwestern sein; keine Aufteilung in Geistliche und Laien (Mat. 23:8, 9; 1. Pet. 5:2, 3).
... frei von Rassismus sein (Apg. 10:34, 35; Offb. 7:9, 10).
... demütig und mild gesinnt, nicht stolz und anmaßend sein (Ps. 37:9-11; Joh. 13:14, 15; Jak. 4:6, 10).
... vereint, nicht so gespalten wie die Christenheit sein (Joh. 17:11, 21; 1. Kor. 1:10; Eph. 4:1-6).
... neutral in bezug auf Politik sein (Joh. 17:14; 18:36).
... nicht nationalistisch und doch dem „Cäsar“ gehorsam sein, es sei denn, es besteht ein Widerspruch zu Gottes Gesetz (Mat. 22:21; Apg. 5:29).
... sich von Gottes Wort, der Bibel, leiten lassen und einen Lebenswandel gemäß dem hohen biblischen Sittenmaßstab führen (Joh. 17:17; 2. Tim. 3:14-17).
... sich Christus, dem neuen Herrscher der Erde, unterordnen (Mat. 7:24-27; Phil. 2:9-11).
... in Treue Zeugnis ablegen für Jehova, Christus und das Königreich (Jes. 43:10-12; Mat. 24:14; Apg. 1:8).
... auf Widerstand, Verfolgung und nötigenfalls auf den Tod vorbereitet sein (Mat. 5:11; 1. Pet. 5:8-10; Offb. 2:10).
TRIFFT DAS AUF DEINE RELIGION ZU?
[Bild auf Seite 12]
Es gibt heute eine wahre Brüderschaft
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Millionen auf der ganzen Erde praktizieren Brüderlichkeit