Weichkorallen — Blumentiere des Meeres
WAS kommt dir in den Sinn, wenn jemand das Wort „Korallen“ erwähnt?
Vielleicht denkst du an das Material, aus dem viele tropische Inseln und manche Strände aufgebaut sind. In der Karibik hat man sogar Häuser aus Korallenblöcken gebaut, die aus dem Boden herausgesägt wurden. Möglicherweise denkst du aber auch an ein schönes Schmuckstück aus Edelkoralle. Diese Koralle hatte zweifellos der Spruchdichter im Sinn, als er den Wert beschrieb, den eine tüchtige Ehefrau für ihren Mann hat (Sprüche 31:10).
Das Korallentier, der Polyp, beginnt sein Leben als winziges Zellklümpchen, das vom Elternkörper ausgestoßen und von der Meeresströmung fortgetragen wird, bis es einen geeigneten Ort findet, wo es sich festsetzen kann. Bei den Steinkorallen setzt die Skelettbildung ein, kurz nachdem die Larve eine feste Unterlage gefunden hat. Sie scheidet Kalziumkarbonat ab, so daß ein hartes, starres äußeres Skelett entsteht. Diese Korallen wachsen bis zu 100 mm im Jahr.
Hast du dir aber je die Korallen als weiche, zarte „Blumen“ vorgestellt? Mehrere Weich- oder Lederkorallen sind so unterschiedlich in Form und Farbe, daß sie den Namen „Blumentiere“ mit Recht tragen. Weichkorallen beginnen ihr Leben ebenfalls als schwimmende Larven, doch nur wenige bilden ein festes Skelett aus Kalziumkarbonat. Deshalb können diese fleischigen, bäumchenartigen Korallen schneller wachsen als die Steinkorallen, dafür sind sie aber weit weniger dauerhaft.
Eine der Weichkorallen hat einen großen, fleischigen bäumchenartigen Körper. Sie gleicht einer wunderschönen Blume. Korallen sind jedoch Tiere und keine Pflanzen. Diese bäumchenartige Koralle wird nur von nadelähnlichen Kalkspatkörperchen (die Mandelstiften gleichen) und von dem Wasserdruck in dem fleischigen Körper gestützt. Die Koralle nimmt Meerwasser auf, um ihrem Fleisch Form zu geben, wie ein Ballon, der mit Heißluft gefüllt wird — nur ist bei der Koralle der Wasserdruck nicht groß und das Wasser nicht heiß. Aber der Druck reicht aus, um zusammen mit der Wirkung des sie umgebenden Wassers den Stamm und seine Zweige zu stützen. Diese Art Korallen werden wegen ihrer Struktur selten höher als 1 m, und sie bevorzugen Lagunen und ruhige Meereszonen.
Aufgeblasen zu ihrer baumähnlichen Form, sehen diese Korallen wunderschön aus. Sie erinnern den Beobachter an einen prächtigen bunten Garten voll von zartem Blütenflor. Entzückt betrachtet das Auge ihre durchscheinenden oder durchsichtigen Körper, wenn sie das Licht ihrer Umgebung und die Färbung des Wassers einfangen, während an den Zweigen weiße, gelbe, goldene, rosarote, rote oder violette Polypen „erblühen“.
Eine andere Gattung der Weichkorallen sieht Gänseblümchen ähnlich. Es gibt mehrere Spielarten dieser Koralle, und man unterscheidet sie nach der Zahl der „Blütenblätter“ (Tentakel) um den Mund der Polypen.
Diese zarten weißen oder gelbbraun und weißen Korallen sind nicht so farbenprächtig wie andere Lederkorallen, aber aufgrund ihrer Größe, ihrer langen Stämme und ihrer Form bieten sie auf den Riffen einen entzückenden Anblick. Eine Kolonie mag einen Durchmesser von 4 bis 6 m haben und dem Taucher den Eindruck vermitteln, er habe mit Gänseblümchenfeldern bedeckte Hügel vor sich. Die Strömung bewegt die Polypen, so daß man meint, eine Brise streiche über die „Blumen“ hin, die sich sanft im Rhythmus des Wassers bewegen.
Eine bei Tauchern beliebte Koralle ist der Seefächer. Ein ausgewachsenes Exemplar bildet eine Korallenkolonie von eindrucksvoller Schönheit und Erhabenheit. Der Seefächer ist ein naher Verwandter der Weichkorallen, wird aber wegen seiner Struktur zu den „Hornkorallen“ gezählt. Bei diesen Korallen sind die Polypen in eine weiche Rinde eingebettet, die einen Stab aus hornähnlichem Stoff umgibt, d. h. aus Gorgonin (der Seefächer gehört zu der Ordnung Gorgonaria), einem Protein ähnlich dem Keratin, der Bausubstanz von Fingernägeln, Haaren und Hufen.
Der Stamm der Seefächer ist häufig sehr dick, fest und steif. Die Zweige (vielfach einen Meter lang oder länger) werden nach außen hin biegsamer und bewegen sich leicht in der starken Strömung, die kleine Organismen heranträgt, von denen sich der Seefächer ernährt.
Die Farbe des Seefächers ist braun, gelb, orange, violett oder leuchtend rot. Er ist besonders schön, wenn die zart wirkenden Polypen herauskommen, um zu fressen, und die Zweige vollständig mit ihren anmutigen federähnlichen Tentakeln bedecken.
Spricht man von Korallen, so muß man bedenken, daß nicht alle kostbar sind oder sich als Baumaterial eignen, aber alle sind wunderschön. Sie geben uns die Gelegenheit, erneut über die große Vielfalt des Lebens und die vielen Varianten innerhalb einer jeden Art nachzudenken, die es in der Schöpfung gibt. Wenn wir das tun, erkennen wir ehrfurchtsvoll die Kreativität, den Ideenreichtum und die Genialität des Schöpfers (Psalm 104:24). Wer von den Menschen kann auch nur annähernd Jehovas Weisheit und Erkenntnis erfassen? (Römer 11:33).
Und denkt man über die Lebewesen im Meer nach, das mehr als 70 Prozent der Erdoberfläche bedeckt, muß man sich dem Psalmisten anschließen, der gemäß Psalm 104:25 sagte: „Was dieses Meer betrifft, so groß und weit, dort gibt es sich Regendes ohne Zahl, lebende Geschöpfe, kleine wie auch große.“
[Bilder auf Seite 24, 25]
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[Bilder auf Seite 26]
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