HEBRÄER
Studienanmerkungen zu Kapitel 2
Darum müssen wir: Paulus verbindet seinen Rat im vorliegenden Vers mit dem bisherigen Thema, nämlich dass Christus über den Engeln steht (Heb 1:1-14). In der Vergangenheit gebrauchte Gott unvollkommene Menschen als Propheten; manchmal sprach er sogar durch Engel (Heb 2:2). Doch jetzt hat er etwas noch Größeres getan: Er hat durch seinen Sohn gesprochen, der an seiner rechten Seite ist. Wenn also der bedeutendste Sprecher Gottes etwas sagt, ist es umso wichtiger zuzuhören.
umso mehr auf das achten, was wir gehört haben: Paulus will den Christen mit eindringlichen Worten einschärfen, wie wichtig es ist, den Lehren von Gottes Sohn besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Die hebräischen Christen waren dem starken Einfluss des Judentums mit seinen Traditionen, dem prächtigen Tempel und der Priesterschaft ausgesetzt. Sie durften sich davon nicht beeindrucken lassen, sondern mussten das Wichtige im Blick behalten. Das im vorliegenden Vers mit „auf [etwas] achten“ übersetzte griechische Verb wurde auch verwendet, wenn es darum ging, mit einem Schiff auf einen Hafen zuzusteuern oder dort anzulegen. Auch Christen durften ihr Ziel nicht aus den Augen verlieren; sie mussten sich auf das konzentrieren, was sie gelernt hatten. Manche Bibelkommentatoren sehen in dem Verb den ersten Teil eines Sprachbilds aus der Seefahrt, das im nächsten Satzteil weitergeführt wird.
damit wir niemals abdriften: Paulus führt hier möglicherweise ein Sprachbild aus der Seefahrt weiter. Das griechische Verb für „abdriften“ wurde unter anderem gebraucht, wenn ein Schiff am sicheren Hafen vorbeizutreiben drohte. Starke Strömungen oder Gegenwind konnten Schiffe in eine falsche Richtung treiben, besonders wenn die Besatzung nicht aufpasste. Paulus könnte dieses Sprachbild gebraucht haben, um seiner Warnung Nachdruck zu verleihen: Die hebräischen Christen durften nicht nachlässig werden, sonst würden sie vom wahren Glauben abkommen und an der Rettung sozusagen vorbeisegeln (Heb 2:3; vgl. Anm. zu Heb 3:12).
die durch Engel übermittelten Worte: Das ist die dritte Stelle in den Christlichen Griechischen Schriften, wo gesagt wird, dass Gott das mosaische Gesetz durch Engel übermitteln ließ. (Siehe Anm. zu Apg 7:53; Gal 3:19; vgl. Apg 7:38.) Aus den Hebräischen Schriften geht das nicht direkt hervor. Doch viele Juden zur Zeit von Paulus hätten seinen Worten zugestimmt. Der Gedanke entsprach der damaligen jüdischen Tradition. (Vgl. Josephus, Jüdische Altertümer, 15. Buch, Kap. 5, Abs. 3.) In 5Mo 33, wo es in den ersten Versen darum geht, dass Gott seinem Volk das Gesetz gab, heißt es interessanterweise in Vers 2, dass Jehova mit seinen „heiligen Myriaden“ und „seinen Kriegern“ kam. In der Septuaginta ist in diesem Vers nicht von „Kriegern“ die Rede, sondern von „Engeln“.
bindend: Wtl. „fest“. Paulus betont, wie zuverlässig das Gesetz war – für „jede Übertretung“ sah es eine gerechte Strafe vor. Es war auch in dem Sinn „fest“ oder „bindend“, dass es über viele Jahrhunderte hinweg rechtsgültig war.
vernachlässigen: Das entsprechende griechische Verb bedeutet „gleichgültig sein“, „sich nicht kümmern“. (Vergleiche Mat 22:5, wo das Verb mit „es war ihnen egal“ übersetzt ist.) Es ist also kein versehentliches Vernachlässigen gemeint. Sich nicht um die Rettung durch Christus zu kümmern, ist eine bewusste Entscheidung. Deshalb legt Paulus den hebräischen Christen ans Herz, „umso mehr auf das [zu] achten“, was Gott durch seinen Sohn gesagt hatte (Heb 2:1).
Sie wurde ja zunächst von unserem Herrn bekannt gemacht: Gott ließ die Botschaft der Rettung durch unseren Herrn Jesus Christus bekannt machen. Viele, die Jesus zuhörten, wurden seine Jünger und bezeugten vor anderen, was er gesagt hatte – sie bestätigten seine Worte (Mat 28:19, 20; Apg 1:1, 8; 10:39-43; 1Ti 2:5, 6). Deshalb konnten auch Christen, die Jesus nicht persönlich gesehen und gehört hatten, sicher sein, dass die Botschaft der Rettung von niemand Geringerem übermittelt worden war als dem Sohn Gottes (1Pe 1:8).
Auch hat Gott dies … bezeugt: Jehova bezeugte bzw. bestätigte das, was die ersten Christen über Jesus berichteten, indem er sie Zeichen und Wunder (oder „Vorzeichen“) und verschiedene mächtige Taten wirken ließ. (Siehe Worterklärungen zu „Wunder; mächtige Taten“ und Anm. zu Apg 2:19; 4:22.) Zu den übernatürlichen Fähigkeiten, die er ihnen durch den heiligen Geist verlieh, gehörte, dass sie heilen, prophezeien, prophetische Äußerungen verstehen und fremde Sprachen sprechen konnten (1Ko 12:4-11; siehe Anm. zu 1Ko 12:4). Die Wunder und Gaben des Geistes bewiesen, dass Jehova hinter der neu gegründeten Christenversammlung stand. (Siehe Anm. zu 1Ko 13:11.)
die künftige bewohnte Erde: Mit dieser Wendung bezieht sich Paulus offensichtlich auf die zukünftige menschliche Gesellschaft auf der Erde unter der Regierung Jesu (Ps 37:29; Mat 5:5 und Anm.; 2Pe 3:13; vgl. Heb 1:6 und Anm.). Der mit „die bewohnte Erde“ übersetzte griechische Ausdruck bedeutet wtl. „die Bewohnte“ und schließt nach Ansicht mancher Bibelwissenschaftler den Himmel ein. Allerdings bezieht sich der Ausdruck an allen anderen Stellen in den Christlichen Griechischen Schriften auf die von Menschen bewohnte Erde oder auf Teile davon. Das ist einer der Gründe, weshalb der Ausdruck hier mit „die bewohnte Erde“ übersetzt ist. (Siehe Anm. zu Luk 2:1; Apg 17:31.) Gemäß dem christlichen Glauben werden zwar manche Menschen im Himmel leben (Heb 3:1). Wie dieser Vers jedoch zeigt, ist es immer noch Gottes Vorhaben, aus der Erde ein Paradies zu machen. (Vgl. Luk 23:43 und Anm.)
hat ein gewisser Zeuge an einer Stelle gesagt: Paulus leitet hier ein Zitat aus Ps 8:4-6 ein und wendet es auf Jesus an. (Siehe Anm. zu Heb 2:9.) Allerdings gibt er weder an, wen er zitiert, noch, aus welchem Bibelbuch das Zitat stammt. Für ihn und seine Leser zählte, dass diese und andere Prophezeiungen der Bibel letztlich von Jehova kamen (2Ti 3:16; 2Pe 1:21).
Du hast ihn ein wenig geringer als Engel gemacht: Die hier zitierten Worte stammen von König David (Ps 8:4-6). Mit „ihn“ meinte er den Menschen und stellte ihn Engeln gegenüber. (Siehe Ps 8:5, Fn.) Menschen sind Wesen „aus Fleisch und Blut“ (Heb 2:14; Ps 144:3). Engel dagegen sind Geistwesen und haben als solche mehr Macht und größere Fähigkeiten als Menschen (2Pe 2:11). In manchen Bibeln ist die vorliegende Stelle so oder ähnlich übersetzt: „Du hast ihn für eine kurze Zeit geringer gemacht als die Engel.“ Doch der hebräische Text in Ps 8:5, den Paulus zitiert, vermittelt diesen Gedanken nicht. (Wie sich die Passage auf Jesus anwenden lässt, wird in der Anm. zu Heb 2:9 erklärt.)
du hast ihn mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt: Paulus zitiert weiter aus Ps 8:4-6. Dort schrieb David, dass Gott den Menschen mit einem gewissen Maß an „Herrlichkeit und Pracht“ erschuf und ihm die Erde anvertraute (1Mo 1:26-28; Heb 2:6-8). Wie Paulus zeigt, hat diese Textstelle jedoch noch eine tiefere Bedeutung: Sie weist prophetisch auf Jesus Christus hin – den einzigen vollkommenen Nachkommen Adams. Aus den folgenden Versen geht hervor, dass Jesus mit noch größerer Herrlichkeit und Ehre gekrönt wurde, weil er bereit war, sein vollkommenes menschliches Leben zu opfern (Heb 2:9 und Anm.). Sein Opfer ermöglicht es Menschen, die auf Gott hören, die Herrlichkeit und Ehre zurückzuerlangen, die Gott dem Menschen ursprünglich verliehen hatte. (Vgl. Anm. zu 1Ko 15:45.)
Alles hast du unter seine Füße gelegt: Paulus zitiert hier den zweiten Teil von Ps 8:6. Die Passage in Ps 8:4-9 kann sich allgemein auf den sterblichen Menschen beziehen. Doch unter Leitung des Geistes zeigt Paulus in seinen Briefen mehrfach, dass es sich bei diesem Psalm um eine Prophezeiung über den Messias handelt (1Ko 15:27; Eph 1:22). Die zitierten Worte treffen auf unvollkommene Menschen nur bedingt zu. Denn nur der erste Mensch, Adam, erhielt volle Autorität über die irdische Schöpfung (1Mo 1:28). Er erfüllte den ihm übertragenen Auftrag jedoch nicht. Weil sich Jehova sicher war, dass Jesus – „der Menschensohn“ – diesen Auftrag erfolgreich umsetzen würde, übertrug er ihm große Autorität (Mat 20:28; 28:18). Als Jehova seinen Sohn als Mensch auf die Erde schickte, machte er ihn „ein wenig geringer als Engel“. Letztendlich würde ihm jedoch alles unter die Füße gelegt werden und er würde als messianischer König regieren (Heb 2:7, 8).
Jesus, der ein wenig geringer gemacht wurde als Engel: Wie die Anm. zu Heb 2:7 erklärt, wendet Paulus Ps 8:4-6 auf Jesus an. Als Jesus auf die Erde kam, wurde er tatsächlich „ein wenig geringer gemacht … als Engel“ – er wurde „ein Menschensohn“ (Heb 2:6; siehe Anm. zu Mat 8:20). Als vollkommener Mensch entsprach er Adam. Deshalb konnte er sein menschliches Leben als Lösegeld geben und hat so „für jeden den Tod geschmeckt“. (Siehe auch Worterklärungen zu „Menschensohn“ und Anm. zu Joh 1:14.)
hat er für jeden den Tod geschmeckt: Das hier mit „schmecken“ übersetzte griechische Verb kann sich buchstäblich darauf beziehen, etwas zu „probieren“ oder zu „kosten“ (Mat 27:34). Doch es wird auch übertragen verwendet. In den Evangelien wird der Ausdruck „den Tod schmecken“ im Sinn von „sterben“ gebraucht (Mat 16:28, Fn.; Mar 9:1, Fn.; Luk 9:27, Fn.; Joh 8:52, Fn.). Jesus „schmeckte“ den Tod, als er sein Leben als Lösegeld opferte. Wie es in einem Wörterbuch heißt, beschreibt dieser Ausdruck „die harte, schmerzvolle Wirklichkeit des Sterbens …, die der Mensch erfährt, die auch Jesus erlitten hat“. Als Jesus auf der Erde war, erlebte er außerdem hautnah, was der Tod für Menschen bedeutet, und fühlte mit Trauernden mit (Joh 11:33-36).
Derjenige, für den und durch den alles existiert: Wie der Zusammenhang zeigt, ist hier von Jehova die Rede, denn er ist derjenige, der Jesus „durch Leiden vollkommen gemacht hat“. Es stimmt zwar, dass ähnliche Formulierungen auch für Jesus – „das Bild des unsichtbaren Gottes“ – verwendet werden (Kol 1:15; siehe auch Joh 1:3, 10; Heb 1:2). Doch allein Jehova ist der Schöpfer des Universums. (Vgl. Rö 11:36; Off 4:11.) Bevor Jesus Mensch wurde, arbeitete er mit seinem Vater bei der Schöpfung eng zusammen. (Siehe Anm. zu Kol 1:16.)
wollte viele Söhne zur Herrlichkeit führen: Als Jehova Jesus bei dessen Taufe mit heiligem Geist (seiner aktiven Kraft) salbte, wurde Jesus sein geistgezeugter Sohn. Dadurch wurde er „wiedergeboren“ – er erhielt die Aussicht, in den Himmel zurückzukehren (Joh 3:3; 17:5). Jesus war der erste von „vielen Söhnen“, die Jehova zu himmlischer Herrlichkeit führen würde. Weitere Söhne kamen hinzu, als Jehova zu Pfingsten 33 eine Gruppe von Jüngern durch Jesus mit heiligem Geist salbte. Wie Jesus wurden sie Söhne Gottes (Apg 2:1-4). Von da an salbte Jehova immer wieder Menschen mit heiligem Geist. Insgesamt sollen 144 000 gesalbte Christen mit Jesus im Himmel regieren (2Ti 2:12; 4:18; Off 5:10; 14:1, 3; 20:4, 6). Sofern sie unter Prüfung treu bleiben, wird Jehova sie im wahrsten Sinne des Wortes „zur Herrlichkeit führen“, wenn sie im Himmel ihre Belohnung erhalten (2Ti 4:8). Bei den „vielen Söhnen“, die zur Herrlichkeit geführt werden, handelt es sich genau genommen um 144 001 – Jesus und seine geistigen Brüder.
Deswegen war es passend: Jehova sah es als passend oder angebracht an, dass Jesus durch Leiden in einem besonderen Sinn vollkommen gemacht wurde. Was Jesus durchmachte, rüstete ihn perfekt für zukünftige Aufgaben im Himmel aus, nämlich ein mitfühlender Hoher Priester und messianischer König zu sein (Heb 2:17; 4:15; 5:8, 9; 7:1, 17, 25). Es ist also kein Widerspruch, zu sagen, dass ein sündenloser Mensch wie Jesus „vollkommen gemacht“ werden konnte (1Pe 2:22).
den Hauptvermittler ihrer Rettung: Gemeint ist Jesus Christus. Er machte den Weg zur Rettung frei und führte Menschen auf diesen Weg. (Siehe Worterklärungen zu „Hauptvermittler“ und Anm. zu Apg 3:15; 5:31; Heb 12:2.)
der, der heiligt: Gemeint ist Jesus Christus (Heb 13:12).
die, die geheiligt werden: D. h. gesalbte Christen.
stammen alle von einem: Gemeint ist Jehova Gott. Er ist der Vater von Jesus Christus und nimmt Jesu Jünger als Söhne an, indem er sie mit heiligem Geist salbt (Rö 8:14-17).
weshalb er sich nicht schämt, sie Brüder zu nennen: Als „Erbe von allem“ nimmt Jesus eine hohe Stellung ein (Heb 1:2). Seine gesalbten Nachfolger dagegen sind nur unvollkommene Menschen. Trotzdem bezeichnet Jesus sie gern als seine Brüder. Er hat ein enges, herzliches Verhältnis zu ihnen. Sie alle sind in dem Sinn Brüder, dass sie denselben Vater haben: Jehova Gott (Mat 25:40; Joh 20:17; siehe Anm. zu Mat 12:49; 28:10). Daran erinnert zu werden, was Jesus für seine Nachfolger empfindet, muss die hebräischen Christen sehr gestärkt haben, schließlich wurden sie von den Juden immer wieder kritisiert, verspottet und verfolgt (Heb 10:32-34).
Er sagt ja: Paulus zitiert hier aus Ps 22:22 und legt diese Worte unter Leitung des heiligen Geistes Jesus in den Mund. Der 22. Psalm enthält etliche Prophezeiungen über den Messias. (Vergleiche Ps 22:1 mit Mat 27:46 und Anm.; Ps 22:8 mit Mat 27:41-43; Ps 22:15, 16 mit Joh 19:28; Ps 22:18 mit Mat 27:35; Luk 23:34; Joh 19:24.) Es gibt zwar keinen Hinweis darauf, dass Jesus während seines Dienstes diese Worte zitierte. Aber gewissermaßen äußerte er sie, indem er danach lebte und sie erfüllte.
Mitten in der Versammlung: Dieses Zitat stammt aus Ps 22:22. König David brachte zum Ausdruck, wie sehr er es schätzte, Jehova zusammen mit anderen Israeliten zu preisen. Gemeinsam bildeten sie „die Versammlung Jehovas“ (5Mo 23:3). Obwohl David König war, bezeichnete er seine Untertanen als „meine Brüder“. (Vgl. 5Mo 17:15; 1Ch 28:2.) Ähnlich ist es im Fall von Jesus: Er regiert als König über die Christenversammlung, doch er betrachtet alle gesalbten Christen als seine Brüder (Mat 25:40; siehe Anm. zu Kol 1:13). Zusammen bilden Jesus und seine gesalbten Nachfolger die Hausgemeinschaft Gottes. (Siehe Anm. zu 1Ti 3:15.)
„Ich werde mein Vertrauen auf ihn setzen“: Paulus zitiert hier aus Jes 8:17 gemäß der Septuaginta und schreibt diese Worte unter Leitung des Geistes Jesus zu. (Vgl. Anm. zu Heb 2:12.) Als Mensch aus Fleisch und Blut musste sich Jesus an komplett neue Umstände gewöhnen und sich dabei völlig auf Jehova verlassen (Heb 2:9 und Anm.; vgl. Joh 1:14 und Anm.). Im Gegensatz zu Adam vertraute er fest auf Jehova, und das trotz heftigem Widerstand, der schließlich zu seiner Hinrichtung führte (Luk 23:46; vgl. Ps 22:8; Mat 27:43). Deshalb kann er als „barmherziger und treuer Hoher Priester … denen zu Hilfe kommen, die auf die Probe gestellt werden“ (Heb 2:16-18).
„Seht! Ich und die Kinder, die Jehova mir gegeben hat“: Unter Leitung des heiligen Geistes zitiert Paulus hier aus Jes 8:18. Was Jesaja dort über sich und seine Kinder sagte, überträgt Paulus auf Jesus und dessen gesalbte Nachfolger (Heb 2:13, 14). Aus dem Zusammenhang geht allerdings hervor, dass „die Kinder“ (wtl. „die Kinderchen“) nicht Jesu Kinder, sondern die Kinder Gottes sind; sie sind Brüder von Christus, der Gottes Erstgeborener ist (Heb 1:6; 2:11, 12 und Anm.; siehe auch Joh 1:12; 1Jo 3:1). Paulus vermittelt in diesem Vers ein zu Herzen gehendes Bild von Jesu Nachfolgern als Teil von Jehovas Familie.
Jehova: Paulus zitiert hier aus Jes 8:18. Im hebräischen Urtext erscheint dort der Gottesname in Form der vier hebräischen Konsonanten יהוה (JHWH). Deshalb wird im vorliegenden Vers der Name Jehova verwendet. In verfügbaren griechischen Manuskripten steht an dieser Stelle das Wort theós („Gott“), vielleicht weil es auch in Abschriften der Septuaginta in Jes 8:18 zu finden ist. In den meisten Bibelübersetzungen steht im vorliegenden Vers „Gott“. (Siehe Anh. C1 und C2.)
aus Fleisch und Blut: Mit den „Kindern“ sind hier Jesu gesalbte Jünger gemeint. Sie alle wissen, was es bedeutet, ein Mensch „aus Fleisch und Blut“ zu sein. (Siehe Anm. zu Gal 1:16.) Genauso war auch Jesus auf der Erde ganz und gar Mensch – „ein Mensch aus Fleisch und Blut“. (Siehe Anm. zu Joh 1:14.)
vernichten: Jehova gestattet seinem Sohn, den Teufel zu „zermalmen“, ihn ein für alle Mal zu vernichten (1Mo 3:15; siehe Anm. zu Rö 16:20). Durch seinen Tod hat Jesus die Niederlage und Vernichtung des Teufels besiegelt. Er gab den Versuchungen des Teufels nicht nach und hielt bis zu seinem Tod unerschütterlich an seiner Integrität fest. Eines Tages wird Jesus alles, „was der Teufel getan hat, … zerstören“, den Tod beseitigen und schließlich den Teufel selbst vernichten – Jesu Tod in Treue ist die Garantie dafür (1Ko 15:26 und Anm.; 1Jo 3:8; Off 20:10, 14).
der den Tod verursachen kann, das heißt den Teufel: Diese Aussage passt zu dem, was Jesus über den Teufel sagte: „Er fing als Mörder an“ (Joh 8:44). Der Teufel wurde zum Mörder, als er Adam und Eva im Garten Eden zur Rebellion verleitete. Das führte zu ihrem Tod und zum Tod ihrer Nachkommen (Rö 5:12). Seitdem verursacht der Teufel in dem Sinn den Tod, dass er Menschen durch Lügen oder Verlockungen von Gott fernhält. Außerdem fördert er Hass bis hin zu Mord und Totschlag. (Vgl. 1Jo 3:12.) Christen brauchen jedoch nicht zu befürchten, dass der Teufel sie jederzeit umbringen könnte (Mat 4:10, 11; vgl. Jak 4:7). Er hat zwar die Macht, den Tod zu verursachen, aber Jehova setzt ihm Grenzen, die er nicht überschreiten kann. (Vgl. Hi 1:12; 2:6.)
befreien: Durch Jesu Tod ist etwas möglich, was kein menschlicher Priester erreichen konnte: die Vernichtung des Teufels, der für den Tod verantwortlich ist (Heb 2:14, 17). Der Opfertod Jesu schaffte auch die Voraussetzung für die Auferstehung. Damit ermöglichte Jesus die Befreiung von der „Angst vor dem Tod“, die so viele Menschen beherrscht und lähmt. Paulus schrieb den Korinthern, dass der Tod eines Tages endgültig besiegt werden wird. Er sagte ausdrücklich: „Als letzter Feind wird der Tod beseitigt“ (1Ko 15:26 und Anm., 54-57). Natürlich war der Tod weiterhin ein Feind. Doch Paulus erinnerte die Christen an Folgendes: Solange sie Gott treu blieben, könnte ihnen der Tod keinen dauerhaften Schaden zufügen.
den Nachkommen Abrahams: Mit den „Nachkommen Abrahams“ sind hier die Brüder Christi gemeint, also gesalbte Christen. (Siehe Anm. zu Gal 3:16, 29.) Das mit „zu Hilfe kommen“ übersetzte griechische Verb hat die Grundbedeutung „anfassen“, „festhalten“. Es kann beschreiben, dass man jemanden in einer gefährlichen Situation an die Hand nimmt und ihn führt. Zum Beispiel heißt es über Jehova im Zusammenhang mit der Befreiung der Israeliten aus Ägypten, dass er „ihre Hand nahm“ (Heb 8:9). Im Griechischen drückt die Zeitform der Verben im vorliegenden Vers eine fortlaufende Handlung aus. Christus nimmt gesalbte Christen sozusagen auf Dauer an die Hand und hilft ihnen, unter Prüfungen treu zu bleiben. Als Vermittler und Hoher Priester hilft er ihnen außerdem, vor Gott rein dazustehen (Heb 2:18; 7:25). Auf diese Art Hilfe sind Engel nicht angewiesen. Im Hebräerbrief ist hier zum ersten Mal von Abraham die Rede; im weiteren Verlauf des Briefes spielt er immer wieder eine Rolle (Heb 2:16; 6:13, 15; 7:1, 2, 4-6, 9; 11:8, 17).
Nachkommen: Wtl. „Samen“. (Siehe Anm. zu Gal 3:29; Anh. A2.)
musste er … wie seine „Brüder“ werden: Jesus wurde in dem Sinn wie seine „Brüder“ oder Jünger, dass er voll und ganz Mensch wurde. Er hatte nicht nur einen Körper aus Fleisch und Blut, sondern erlebte auch die gesamte Bandbreite menschlicher Erfahrungen und Gefühle – auch die negativen (Heb 2:10). Zum Beispiel lernte er Hunger, Durst und Müdigkeit kennen sowie Verrat, Demütigung, psychische Belastungen, körperliche Schmerzen und den Tod (Mat 4:2; 21:18; 27:27-30; Mar 4:37, 38; 14:33, 34; 15:37; Luk 22:44, 47, 48; Joh 4:6, 7; 19:1-3, 28). Jesus ging mitfühlend mit anderen um – sowohl mit Menschen, die ihm nahestanden, als auch mit Menschen, die er überhaupt nicht kannte (Mar 5:34; Luk 13:11, 12, 16; Joh 11:32-35). Um als verständnisvoller und einfühlsamer Hoher Priester zu dienen, „musste er“ erleben, was es heißt, Mensch zu sein (Heb 4:15).
Hoher Priester: Jesus wird in den Christlichen Griechischen Schriften nur im Hebräerbrief als Hoher Priester bezeichnet. Der vorliegende Vers ist die erste Belegstelle dafür; weitere Stellen sind Heb 3:1; 4:14, 15; 5:5, 10; 6:20; 7:26; 8:1; 9:11. (Siehe Worterklärungen und Anm. zu Heb 4:14.)
ein Sühnopfer darzubringen: Oder „Sühne zu leisten“. (Siehe Anm. zu Heb 9:5 und Worterklärungen zu „Sühne“.) Als „treuer Hoher Priester“ gab Jesus sein Leben als Sühnopfer für die Sünden der Menschen. Sein Opfer ermöglicht allen, die daran glauben, „ewige Befreiung“ (Heb 9:11, 12; Joh 3:16; 1Jo 2:2; 4:10; siehe Anm. zu Rö 3:25; Heb 9:5).
auf die Probe gestellt: Das entsprechende griechische Verb hat ein breites Bedeutungsspektrum und kann je nach Kontext mit „auf die Probe stellen“ oder „versuchen“ übersetzt werden. Es wird sowohl für kleinere Versuchungen als auch für große Glaubensprüfungen gebraucht (1Ko 10:13; Heb 4:15; 11:17; Off 2:10). Gleich zu Beginn seines Dienstes wurde Jesus vom Teufel, dem „Herrscher der Welt“, mit drei Versuchungen konfrontiert (Joh 14:30; Mat 4:1-11). Auch danach wurde Jesus immer wieder auf die Probe gestellt, manchmal sogar von seinen Freunden (Mat 16:22, 23). Sein Dienst auf der Erde endete mit der schwersten aller Prüfungen: Er wurde zu Tode gefoltert (Heb 12:2). Aus Liebe zu seinem Vater bewahrte Jesus in allen Prüfungen die Treue (Joh 14:31).
kann er denen zu Hilfe kommen: Jesus wurde aufs Äußerste geprüft und ertrug schlimmste Qualen. Deshalb weiß er genau, was seine Nachfolger durchmachen. Er kann „mit unseren Schwächen … mitfühlen“ (Heb 4:15, 16). Wie Paulus erklärt, kommt Christus seinen Nachfolgern als barmherziger und einfühlsamer Hoher Priester zu Hilfe (Heb 2:17; siehe Anm. zu Heb 2:16). Er hält sein Versprechen, bis zum Ende bei ihnen zu sein (Mat 28:20). Durch Jehovas heiligen Geist unterstützt er sie auf unterschiedliche Art (Luk 11:13; 12:11, 12; Joh 14:13, 14, 16, 26; 15:26).