Was geschieht mit unserer Nahrung?
WIEVIEL Gift möchtest du essen? Bestimmt ruft schon der Gedanke daran Abwehr bei dir hervor. Sehr wahrscheinlich möchtest du überhaupt kein Gift essen.
Doch in vielen Ländern, besonders in den Vereinigten Staaten und in anderen westlichen Ländern, enthalten jetzt viele der Nahrungsmittel kleine Mengen Chemikalien, die dich töten könnten, würdest du große Mengen davon essen. Besonders seit dem Zweiten Weltkrieg ist es üblich geworden, den Lebensmitteln Chemikalien zuzusetzen.
Vielleicht denkst du nun, nur den verpackten Nahrungsmitteln seien solche Chemikalien zugesetzt, während das bei frischem Obst und Gemüse oder Fleisch nicht der Fall sei. Doch alle diese Erzeugnisse sind in der einen oder anderen Weise, lange ehe du sie kaufst, Chemikalien ausgesetzt gewesen.
Nahrungsmittelzusätze (manchmal auch „Additive“ genannt) werden heute zu Hunderten verwendet. Viele davon sind künstlich hergestellt — Werke des Menschen, deren Formel aus dem Laboratorium stammt.
Wie verbreitet ist die Verwendung der Nahrungsmittelzusätze heute? William Longgood schreibt in seinem Buch The Poisons in Your Food (Die Giftstoffe in deiner Nahrung): „Jeden Bissen Nahrung, den du ißt, hat man mit irgendwelchen chemischen Stoffen behandelt: mit Farbstoffen, Bleichstoffen, Emulsionsmitteln, Antioxydans (die Oxydation hindernder Stoff), Konservierungsmitteln, Aromastoffen, geschmackverbessernden Stoffen, Pufferstoffen, giftigen Sprühmitteln, Säurebildnern, alkalisierenden Mitteln, Deodoranten, Mitteln zur Feuchthaltung, Trockenmitteln, Gasen, Streckmitteln, Eindickmitteln, Desinfektionsmitteln, Entlaubungsmitteln, pilztötenden Mitteln, Neutralisierungsmitteln, künstlichen Süßstoffen, Mitteln, die das Zusammenbacken sowie die Schaumbildung verhindern, Mitteln zur Frischhaltung, zum Pökeln, Mitteln zum Aufschließen von Stärke, zum Hydrieren, zur Herbeiführung der Reifung, Mitteln, um Festigkeit zu verleihen, und anderen.“
Sie machten vor kurzem von sich reden
Vor kurzem gelangten die Nahrungsmittelzusätze wieder ins Rampenlicht, weil das Zyklamat soviel von sich reden machte. Das Zyklamat gehörte zu den über 600 Zusatzmitteln, die von der amerikanischen Arznei- und Nahrungsmittelbehörde als „unschädlich“ bezeichnet wurden.
Zyklamat ist ein künstlich hergestellter Süßstoff, der als Zuckerersatz für Diabetiker oder zum Schlankbleiben genommen wurde. Man verwendete diesen Süßstoff zur Herstellung von Erfrischungsgetränken, Eiscreme, Salatmayonnaise, Pudding, Gelatine, Marmelade und Gelees, ja sogar für sauer eingelegtes Gemüse. Er fand den Weg in sozusagen jedes kalorienarme Nahrungsmittel und wurde auch zur Herstellung von aromatisierten Vitaminen für Kinder benutzt.
Versuche zeigten aber dann, daß Zyklamat bei Mäusen und Ratten Krebs hervorruft und die Geburt deformierter Küken zur Folge hat. Es entsprach somit nicht dem amerikanischen Gesetz, das besagt, daß kein Nahrungsmittelzusatz „als unschädlich gelten darf, der bei Mensch oder Tier Krebs hervorruft“ (Delaney-Zusatz zum Nahrungs-, Arznei- und Schönheitsmittelgesetz aus dem Jahre 1958).
Schlankheitsgetränke, die Zyklamat enthielten, wurden somit verboten, Schlankheitsnahrungsmittel aber und Arzneimittel, die diesen Süßstoff enthielten, blieben weiterhin nicht rezeptpflichtig, vorausgesetzt, daß sie richtig etikettiert waren. Mehrere andere Länder folgten dem Beispiel der Vereinigten Staaten und verboten ebenfalls die Verwendung von Zyklamat.
Zwei Seiten
Die öffentliche Diskussion über künstliche Süßstoffe veranlaßte manch einen, gegen andere Zusätze argwöhnisch zu werden. Bedeutet es für den Menschen eine Gefahr, daß die Lebensmittel so viele chemische Zusätze enthalten? Manchen Fachleuten gefiel es nicht, daß so viele Lebensmittelzusätze nicht ausreichend geprüft worden sind, um festzustellen, ob sie wirklich unschädlich sind, obschon sie von der Arznei- und Nahrungsmittelbehörde als unschädlich bezeichnet worden sind.
Es gibt Fachleute, die sagen, diese Chemikalien seien unschädlich, weil den Nahrungsmitteln nur eine geringe Menge zugesetzt werde, sie geben aber zu, daß diese Zusätze in größeren Mengen schädlich oder sogar tödlich wirken können. Dann gibt es aber auch Fachleute, die den Standpunkt vertreten, ein chemischer Stoff, der in großen Mengen giftig sei, sei das auch in kleinen Mengen — Arsen sei Arsen, sagen sie, ganz gleich, wie wenig man davon nehme. Diese Personen werfen außerdem die Frage auf, warum man überhaupt das Risiko eingehen sollte, solche Zusätze zu verwenden, da doch wenige, wenn überhaupt irgendwelche, einen Nährwert besäßen.
Warum bestehen Zweifel über die Gefahrlosigkeit der Lebensmittelzusätze? Weil man bei Versuchen mit Mäusen und Ratten festgestellt hat, daß diese Chemikalien, wenn sie dem Körper in großen Mengen zugeführt werden, Krebs und andere nachteilige Wirkungen hervorrufen, und es ist nicht sicher, daß sie diese Wirkung nicht auch bei den Menschen haben, die eine weit geringere Menge davon mit ihrer Nahrung zu sich nehmen. Diese Zusatzmittel sind noch nicht lange genug so allgemein verwendet worden, daß man jetzt schon feststellen könnte, wer recht hat.
Warum Zusatzmittel?
Warum werden chemische Zusatzmittel verwendet, wenn sie, insbesondere die künstlich hergestellten, keinen Nährwert haben und auf die Dauer gesundheitsschädlich sein mögen? Warum setzt der Mensch den Nahrungsmitteln, die für seine Gesundheit so wichtig sind, solche Chemikalien zu?
Als die Städte immer größer wurden, mußten die Nahrungsmittel nicht nur von weit hergeholt werden, sondern man mußte sie auch in Lagerhäusern und in den Geschäften längere Zeit lagern. Man mußte daher etwas tun, um zu verhindern, daß die Nahrungsmittel verdarben. Deshalb setzte man ihnen chemische Stoffe zu, die die Entwicklung von Organismen verhindern, die normalerweise die Nahrungsmittel verderben.
Dann kam die Zeit, da kalorienarme Nahrungsmittel gefragt waren, die für die Schlankheitsdiät benutzt werden konnten. Erfrischungsgetränke wurden nicht mehr mit Zucker gesüßt, wodurch sie kalorienreicher geworden wären, sondern mit chemischen Stoffen.
Ein weiterer Grund für die Verwendung von chemischen Zusatzmitteln ist das Populärwerden vorgekochter Gerichte wie die „Fernseh-Essen“. Diese muß die Hausfrau nur warm machen. Doch diesen Gerichten werden chemische Stoffe zugesetzt, um sie appetitlich und unverdorben auf den Markt zu bringen.
Der Verbraucher ist nicht ohne Schuld. Viele Leute wollen, daß die Nahrungsmittel schön aussehen, angenehm und gut schmecken, ganz gleich, ob das dem Nährwert Abbruch tut oder nicht. Deshalb werden den Nahrungsmitteln Chemikalien zugesetzt, die diese Wirkung erzeugen. Eine Scheibe Weißbrot mag zum Beispiel schön aussehen, schön weich sein und sogar gut schmecken. Aber meist (in den USA) ist solches Weißbrot aus gebleichtem Weißmehl hergestellt, das so ausgemahlen ist, daß es fast keinen Nährwert mehr hat. Diesem Brot werden Chemikalien zugesetzt, damit es schön aussieht, schön weich ist, gut schmeckt und haltbar ist. Vielfach werden dem Brot auch einige künstliche Vitamine zugesetzt, und dann wird es als mit Vitaminen angereichertes Brot verkauft. Der Konsument kauft solche Erzeugnisse gerne, anstatt sie zurückzuweisen.
Über das Brot schreibt William Longgood: „Was dem unschuldigen Weizenkorn widerfährt, gehört eher in die Annalen des Verbrechens als in eine Abhandlung über Nahrungsmittel.“ Als Erklärung dieser Behauptung schreibt er: „Das Weißbrot, das heute im allgemeinen verkauft wird, ist vorwiegend das Erzeugnis scharfsinniger Chemiker, technischer Raffinessen und betrügerischer Werbung. Es wird mit chemischen Stoffen bombardiert, man entzieht ihm sozusagen alle Nährstoffe, setzt ihm dann einige synthetische Vitamine zu, bearbeitet es mit einem Emulsionsmittel, damit es weich bleibt, und ... verkauft es der leichtgläubigen Bevölkerung als ein mit Vitaminen angereichertes Erzeugnis. Brot und die meisten anderen Backwaren, die man im Laden kauft, haben eine engere Beziehung zum Reagenzglas als zur Natur.“
In manchen Ländern des Westens wird sogar das Fleisch chemisch behandelt. Vielen Tieren wird, wenn sie noch ganz jung sind, eine Hormonpille unter die Haut gepflanzt, auch erhalten sie mit dem Futter synthetische Hormone, Antibiotika und andere Chemikalien, damit sie größer werden und zum Schutz vor Krankheiten. In ihrem Körper haben sie Insektenvertilgungsmittel gespeichert. Diese haben sie mit dem Futter aufgenommen, einem Futter, das man nicht nur mit chemischen Mitteln besprüht hat, sondern das auch auf künstlich gedüngtem Boden gewachsen ist. Vielen Fleisch- und Wurstwaren, besonders Aufschnitt, werden dann noch weitere Chemikalien zugesetzt, um ihnen Haltbarkeit, Geschmack und Farbe zu verleihen.
Wieviel solcher Chemikalien nimmt der Durchschnittsamerikaner zu sich? Man schätzt, daß es etwa drei Pfund im Jahr sind. Aber wie wirken sich diese chemischen Zusätze aus?