In Öl malen — eine wohltuende Entspannung
ZUFOLGE des wachsenden Verlangens, sich von Spannungen zu befreien, werden jährlich Millionen Dollar für Vergnügungen ausgegeben. Doch häufig entspannen oder vergnügen sich die Menschen auf eine Art, die dazu führt, daß sie erschöpft und unbefriedigt sind.
Für viele ist die Ölmalerei eine gute Gelegenheit, sich auf wohltuende Weise zu entspannen und dabei noch eine faszinierende Aufgabe zu lösen. Es ist ein Hobby, das verhältnismäßig wenig kostet.
Viele haben schon im Alter von acht oder neun Jahren mit Ölfarben zu malen begannen, während einige der größten Künstler und Maler in späteren Jahren begannen. Vor kurzem war zu hören, daß einige Maler schon über sechzig Jahre alt waren, als sie ihr erstes Bild vollendeten. Einige malen noch mit achtzig Jahren. Es gibt selbst Gelähmte, die in Öl zu malen lernen, indem sie den Pinsel mit den Zähnen oder mit den Zehen halten. Die Ölmalerei ist somit eine Art von Entspannung, die praktisch jedermann genießen kann, und je mehr man übt, desto geschickter wird man darin.
Wer malt, wird dazu angespornt, sein Wahrnehmungsvermögen zu schärfen und auf diese Weise die Pflanzen, die Tierwelt und die natürlichen Formen, die in unserer Umgebung auftreten, vollständiger zu erfassen. Wer dem Werk des Schöpfers sorgfältige Aufmerksamkeit schenkt, wird auch demütig. Landschaften und das Meer sind ausgezeichnete Motive für Ölbilder. Viele finden Freude daran, Tiere oder Menschen oder vielleicht Stilleben wie Früchte, Blumen, Gefäße oder eine Kombination dieser Dinge zu malen.
Es bereitet Freude, wenn man daraus keine Schwerarbeit macht. Es ist nicht erforderlich, Dinge stets so genau zu malen, wie sie sich unserem Auge auf einer Fotografie darbieten. Du kannst das Bild, das du dir in deinem Sinn vorstellst, auf die Malleinwand bringen, indem du die natürlichen Formen auf künstlerische Weise anordnest. Das ist besonders dann der Fall, wenn du in der Hauptsache eine gewisse Stimmung zu vermitteln suchst, denn dann kommt es gewöhnlich mehr auf die verwendeten Farben als auf eine Vielzahl dargestellter Einzelheiten an. Die Bildgestaltung richtet sich nach dem, was du ausdrücken möchtest.
Notwendige Materialien
Zunächst benötigt man etwas, worauf man malen kann. Viele, die mit Ölfarben malen, verwenden eine Holzfaserplatte oder eine vorgefertigte Malpappe, die ein mit Leinwand überzogener Karton ist. Andere verwenden vorgefertigtes Maltuch aus Baumwolle oder Leinen, das über einen Holzrahmen gespannt ist. Ein solcher vorgefertigter Malgrund wurde zunächst mit einer wasserlöslichen Leimgrundierung überzogen, um die Tuchfasern zu versiegeln, so daß die flüssigen Ölfarben nicht direkt mit dem Maltuch in Berührung kommen. Danach wurde ein Voranstrich, Ölbleiweiß, aufgetragen.
Wieder andere jedoch, die die Anschaffungskosten eines vorgefertigten Maltuches scheuen, fertigen sich selbst einen Malgrund an. Man kann entweder ein grobes Baumwoll- oder ein Leinengewebe über einen Holzrahmen spannen und es dann mit Farbe grundieren. Wenn das Gewebe in nassem Zustand aufgespannt wird, läuft es beim Trocknen ein und wird straffer. Die zur Grundierung verwendete Farbe kann gewöhnlich wasserlösliche Latexfarbe sein, die man zum Tünchen verwendet und die sich sehr gut als Grundierung für alle Ölfarben eignet.
Ölfarben werden in kleineren Tuben geliefert und sind in vielen, verschiedenen Farben zu haben. Als Anfänger magst du es aber vorziehen, nur mit den wichtigsten Farben, den Grundfarben, zu experimentieren. Die Grundfarben sind Blau, Rot und Gelb. Du brauchst diese Farben nur zu mischen und kannst jede andere Farbe daraus herstellen; Schwarz und Weiß kannst du nach Belieben hinzufügen. Grün ist eine Mischung aus Blau und Gelb, Orange eine Mischung aus Rot und Gelb, Purpur eine Mischung aus Blau und Rot. Die braunen Farben sind eine Kombination aus den drei Grundfarben. Es gibt viele billige Farbräder (Farbspektren) oder -karten, die Anfängern eine Hilfe sind, zu wissen, welche Farben zu mischen sind, um andere Farben zu erhalten.
Denke daran, daß die Perspektive oder Tiefe des Bildes durch Farben betont werden kann. Rote und gelbe Farben sind warm, während grüne und blaue Farben kalt sind. Warme und dunkle Farben scheinen hervorzutreten und daher näher beim Betrachter zu sein, während die kalten und hellen oder schwachen Farben eher zurückzutreten und weiter weg zu sein scheinen. Gras und Bäume und andere Gegenstände im Vordergrund können daher mit wärmeren und dunkleren Farben gemalt werden, während entferntere Objekte wie Bergspitzen mit kälteren, helleren, schwächeren Farben gemalt werden. Je weiter ein Gegenstand entfernt ist, desto mehr tendiert seine Farbe ins Graue. Um diesen Effekt zu erreichen, kannst du der betreffenden Farbe einfach ihre Komplimentärfarbe oder die ihr auf dem Farbrad gegenüberliegende Farbe beimischen. Dies vermindert die Leuchtkraft der Farbe, ohne ihren Farbton merklich zu verändern. Mische also zum Beispiel dem Rot etwas Grün bei, dem Orange etwas Blau.
Man sollte daran denken, daß die Wirkung der Farben auf der Leinwand von dem Licht abhängig ist, in dem man sie betrachtet. Beim Malen ist Sonnenlicht gewöhnlich vorzuziehen.
Es gibt viele verschiedene Pinsel, die man für das Malen mit Ölfarben verwenden kann. Für den Anfänger sollten drei oder vier verschiedene Größen ausreichen. Die für Ölmalereien verwendeten Pinsel bestehen aus Borsten oder Haaren; bei den Borsten handelt es sich um Schweinsborsten; die Haare stammen vom Schwanz des Rotmarders. Borstenpinsel sind steifer und erzeugen einen rauheren Schluß, während Haarpinsel weicher beschaffen sind und eine glattere Oberfläche schaffen. Die kleineren Pinsel verwendet man, um die Details zu malen. Ölmalpinsel werden mit langem Stil hergestellt, so daß man sie ganz hinten halten und das Pinselhaupt in ziemlich weiter Entfernung von der Hand führen kann. Nicht wie du den Pinsel hältst, sondern was du damit erreichst, ist das Entscheidende, und das wiederum ist von der Übung abhängig. Häufig werden auch Palettmesser verwendet, um bestimmte Effekte zu erzielen, und es gibt eine ganze Reihe verschiedener solcher Messer.
Öl- oder Pigmentfarben kann man durch einen Zusatz von Leinöl oder Terpentinöl oder durch eine Mischung aus beiden verdünnen. Jeder kann durch Experimentieren selbst herausfinden, welche Art ihm am besten liegt. Leinöl verzögert das Trocknen der Ölfarbe, während die mit Terpentinöl verdünnte Farbe schneller trocknet.
Die Farbe wird gewöhnlich auf einer Palette gemischt und dann auf den Malgrund aufgetragen. Auch hier gibt es keine bestimmten Regeln. Einige Künstler verwenden eine Glasplatte als Palette, und andere mischen die Farben direkt auf dem Malgrund. Wenn du aufhörst zu malen, kannst du nichtgebrauchte Farbe, die auf der Palette übrigbleibt, unter Wasser aufbewahren, statt sie vertrocknen zu lassen. Durch Probieren wirst du hinzulernen, und schon das allein wird dich faszinieren.
Der Bildaufbau
Wenn du mit einem Bild beginnst, so sieh dir zunächst nur die großen Felder des Motivs an und beachte weniger die Einzelheiten. Diese Hauptfelder kannst du mit einem normalen Bleistift, mit einem Kohlestift oder mit Waschterpentin (Terpentinöl mit nur einem geringen Zusatz von heller Farbe) auf dem Malgrund skizzieren, um die Größenverhältnisse und die gewünschte Anordnung festzulegen.
Beginne mit dem Horizont. Dieser sollte entweder oberhalb oder unterhalb der Mitte des Malgrundes liegen. Zwanglose Ausgeglichenheit wirkt in der Bildanlage stets gefälliger als eine formelle Raumaufteilung. Statt die verschiedenen Elemente, aus denen das Bild besteht, systematisch anzuordnen, ist es viel reizvoller und interessanter, sie so aufzuteilen, daß sie nicht gekünstelt, sondern natürlich erscheinen. Du wirst angenehm überrascht sein, welche Wirkung es hat, wenn du, statt einen Weg in der Mitte des Bildes gerade verlaufen zu lassen, diesen Weg eine Kurve machen läßt und ihn vielleicht an den Bildrand verlegst. Vermeide, daß mehrere Parallelen auftreten. Statt eine Baumreihe zu malen, könntest du zum Beispiel die Bäume unterschiedlich anordnen. Es ist vorteilhaft, in jedem Bild einen Mittelpunkt des Interesses zu haben, doch auch dabei gilt es, darauf zu achten, ihn nicht genau in die Bildmitte zu stellen.
Denke bei der Planung des Bildaufbaus stets daran, die verschiedenen Objekte in ein Verhältnis zueinander zu bringen. Gegenstände, die näher bei dem Betrachter sind, sollten größer gemalt werden, während andere, die weiter weg sind, im Verhältnis dazu kleiner sind. Helle Farben können dunkleren gegenübergestellt werden, warme Farben kälteren und kleine Gegenstände größeren. Dadurch wird das Bild interessanter, und es gewinnt auch an räumlicher Wirkung. Nachdem du den Hintergrund und die wichtigsten Gegenstände gemalt hast, kannst du kleinere Einzelheiten hinzufügen, indem du sozusagen vom Hintergrund zum Vordergrund arbeitest; das letzte, was du malst, ist gewöhnlich das, was dem Betrachter am nächsten zu sein scheint. Einzelheiten wie kleine Blumen oder der Schatten eines Zaunpfahls verleihen deinem Bild den Eindruck der Wirklichkeit.
Denke aber auch daran, daß es besser ist, ein einfacheres Bild gut zu malen als ein schwierigeres mangelhaft. Oftmals liegt in der Einfachheit die Ausdruckskraft. Versuche nicht, in deinem Bild alles festzuhalten. Überlasse einiges der Vorstellungskraft.
Falls du zu den Personen gehörst, die an einem Bild nur von Zeit zu Zeit etwas malen, so vergiß nicht, bevor du dein Werk fortsetzt, mit einem mit Leinöl getränkten Lappen leicht über die getrocknete Oberfläche des unvollendeten Bildes zu wischen. Die frische Farbe haftet besser auf der bestrichenen Oberfläche und blättert oder bröckelt nicht so leicht ab, wie wenn sie unmittelbar auf die trockene Farbe aufgetragen wird.
Malen als Entspannung
Betrachte das Malen mit Ölfarben als Entspannung, und genieße es. Bedenke, daß dein erstes Bild nicht genauso ausfallen wird, wie du es gern hättest, doch im Laufe der Zeit wirst du Fortschritte machen. Welcher berühmte Musiker setzte sich hin und spielte ein harmonisch klingendes Musikstück, ohne sich vorher viele Monate oder sogar Jahre mit der Notenschrift, der Harmonielehre und der Formenlehre befaßt zu haben? Sei also nicht entmutigt, wenn deine ersten Gemälde nicht nach deiner Vorstellung ausfallen. Wenn du übst und Freude daran hast, wirst du feststellen, daß du dich verbesserst.
Noch genußreicher kann das Malen im Freien sein. Natürlich mußt du berücksichtigen, daß sich die Schatten ändern, da die Sonne wandert, doch der Sonnenschein und deine Freude am Malen sollten deine größte Belohnung sein. Du wirst feststellen, daß es sehr befriedigt, selbst etwas gemalt zu haben.