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Erwachet! 1977
g77 22. 4. S. 20-23

Die „dritte Welt“ spricht sich aus

Vom „Awake!“-Korrespondenten auf Sri Lanka

DIE meisten Länder der Welt sind heute verhältnismäßig arm. Unter diese Kategorie fallen mehr als 100 von den 147 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen. Solche ärmeren Staaten werden von Politikern taktvoll als „unterentwickelte Länder“ oder „Entwicklungsländer“ bezeichnet.

Man wendet auf sie auch den Ausdruck „dritte Welt“ an. Wieso? Ursprünglich wurde dieser Ausdruck für Länder verwandt, die neutral, in politischer Hinsicht blockfrei, waren. Mit anderen Worten: Sie hatten sich weder auf eine Unterstützung des kommunistischen noch des westlichen Staatenblocks festgelegt. Daher betrachtete man sie als eine „dritte Welt“.

Vor einiger Zeit hingegen haben sowohl der kommunistische als auch der westliche Staatenblock ihren Zusammenhalt verloren. Zugleich sind einige der kommunistischen und einige der westlichen Länder ebenfalls arm. Man ging daher dazu über, den Ausdruck „dritte Welt“ im allgemeinen auf die Länder anzuwenden, die in wirtschaftlicher Hinsicht nicht hoch entwickelt und auch sonst nicht in bedeutendem Maße entwickelt sind. Die meisten dieser Länder betrachten sich immer noch als blockfrei.

Politischer Einfluß

Obwohl diese Länder vielleicht in wirtschaftlicher Hinsicht unterentwickelt sind, haben sie in gewissem Maß an politischem Einfluß gewonnen. Oft vertreten die meisten Mitglieder der dritten Welt ähnliche Meinungen in ein und derselben Angelegenheit. Beispielsweise stimmen sie in den verschiedenen Fragen, die vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen behandelt werden, einheitlich. Auch entscheiden sie vielfach unabhängig von den Wünschen der entwickelten Länder. Sie folgen nicht mehr einfach dem Diktat der mächtigeren Industrienationen oder der Nationen, die einmal Kolonialmächte waren.

Aus diesem Grund sehen sich die westlichen Länder in vielen Fragen dieser „neuen Mehrheit“ in den Vereinten Nationen gegenüber. Obendrein werden die Ansichten der dritten Welt oft von den kommunistischen Ländern unterstützt.

Verglichen mit den Anfangsjahren der Vereinten Nationen, hat sich die Situation vollständig geändert. Damals wurden die Abstimmungsergebnisse in der Generalversammlung dieser Weltorganisation von den westlichen Ländern unter Führung der Vereinigten Staaten beherrscht.

Jetzt gehört das allerdings der Vergangenheit an. In der Zeitschrift U.S. News & World Report heißt es: „Die Gegensätzlichkeit in der ... [UN-Generalversammlung] liegt hauptsächlich darin begründet, daß die politischen und wirtschaftlichen Interessen der ,dritten Welt‘ — die weniger entwickelten Länder Asiens, Afrikas und Lateinamerikas — und die des industrialisierten Westens aufeinanderprallen. Die dritte Welt kann — und das tut sie auch — in der Versammlung gegen den Einspruch der höher entwickelten Länder Resolutionen ,durchboxen‘, indem sie ihr sogenanntes Diktat der Mehrheit einsetzt.“

In dieser Veröffentlichung wird erwähnt, daß gegenwärtig die Abstimmungsergebnisse der Mehrheit in den UN „nahezu automatisch in Harmonie sind mit Moskaus“ Ansichten über Antikolonialismus, Antiimperialismus und Antirassismus. Dann wird noch gesagt: „Der Umstand, daß sich die Vereinigten Staaten bei fast all diesen Auseinandersetzungen in den UN zu guter Letzt auf der Verliererseite befinden, ist für die Führung im Kreml eine willkommene Beigabe.“

Bei Gipfeltreffen spricht man sich über Probleme aus

In den letzten Jahren hatten die Länder der dritten Welt eine Reihe von Gipfelkonferenzen, um über ihre Probleme zu sprechen. Zum Beispiel kamen im vergangenen Sommer 86 dieser Länder hier auf Sri Lanka zusammen, das früher als Ceylon bekannt war. Das war das fünfte gemeinsame Treffen. Die vorhergehenden Gipfelkonferenzen fanden in Belgrad (1961), in Kairo (1964), Lusaka (1970) und Algier (1973) statt.

Außerdem veranstaltete die dritte Welt im Frühjahr des Jahres 1974 eine Sondersitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Diese Sitzung konzentrierte sich drei Wochen lang auf die Notlage der ärmeren Nationen.

Bei all den Treffen kommt ein grundlegender Mißstand zur Sprache. Er hat mit den wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu tun, die diese Länder mit den reicheren Ländern haben. Die dritte Welt ist der Meinung, daß die Rohstoffe, die sie produziert, von den Industrienationen zu niedrigen Preisen gekauft werden und daß die Industrieprodukte, die diese wiederum an die ärmeren Nationen verkaufen, zu teuer sind. Besonders akut ist dieses Dilemma in jenen armen Agrarländern, die wenig oder keinen Nahrungsmittelüberschuß zu verkaufen haben und über keine Rohstoffquellen verfügen, die für den Export von Bedeutung sind.

Darüber hinaus weist die dritte Welt darauf hin, daß die Kluft zwischen den reichen und den armen Ländern nicht überbrückt wird. Sie wird immer größer. Die Gesamtzahl der Menschen, die hungern, unzureichend gekleidet sind, schlechte Unterkünfte und keine Arbeit haben, ist im Zunehmen, nicht im Abnehmen begriffen.

Falls die Industrieländer große Mengen eines bestimmten Rohstoffes benötigen, heben die Länder mit den entsprechenden exportfähigen Bodenschätzen nach Möglichkeit die Preise ihrer Produkte an. Als Beispiel dient die sechsfache Anhebung des Ölpreises durch die Öl fördernden Länder.

Allerdings besteht gegenwärtig an den wenigsten Rohstoffen, die von den armen Ländern hergestellt werden, ein so hoher Bedarf, daß die Preise derart drastisch angehoben werden könnten. In den letzten Jahren sind tatsächlich die Preise für viele Rohstoffe der dritten Welt, einschließlich einiger Agrarprodukte, gesunken. Die Preise der fertigen Industrieprodukte hingegen, die von den wohlhabenderen Ländern verkauft werden, sind zufolge der Inflation weiter angestiegen.

Vorbereitung des Treffens

Solche Probleme bildeten das Hauptanliegen dieser Gipfelkonferenz, die hier in Colombo, der Hauptstadt von Sri Lanka, abgehalten wurde. Tausende von Delegierten und viele Staatsoberhäupter waren zu Besuch. Das Ausmaß der Konferenz konnte man daran erkennen, daß die 86 beteiligten Nationen mehr als die Hälfte aller Länder der Welt vertraten.

Aber bevor die Sitzungen stattfanden, mußten bei der Vorbereitung des Treffens andere Probleme bewältigt werden. Das war eine Mammutaufgabe für dieses kleine Entwicklungsland mit lediglich 64 750 Quadratkilometer Fläche (etwas kleiner als das Bundesland Bayern).

Ein großes Problem stellte zum Beispiel die Sicherheit dar. In Anbetracht der vielen Flugzeugentführungen, Entführungen von Einzelpersonen, Bombenanschläge und Attentate der letzten Jahre mußte die volle Aufmerksamkeit aufgewandt werden, um alle möglichen unerwünschten Personen fernzuhalten.

In der Zeit vor und während der Konferenz wurde der reguläre Touristenverkehr stark eingeschränkt. Alle ausländischen Staatsangehörigen mußten das Land verlassen, sofern ihre Visa nicht verlängert worden waren.

Schon mehr als ein Jahr vorher hatten sich geschulte Leute des geheimen Nachrichtendienstes auf die Suche begeben, um alle Personen zu überprüfen, die in irgendeiner Weise mit dem bevorstehenden Treffen zu tun haben könnten. Dazu gehörten die Mitarbeiter von Hotels, des Flughafens und aller Einrichtungen, die mit dem Treffen zusammenhingen. Alle Beschäftigten, die in irgendeiner Weise verdächtig waren, wurden beurlaubt, damit sie sich nicht mehr in dem betreffenden Gebiet aufhielten. Man überprüfte sogar die Leute, die entlang der Verbindungsstrecke zwischen dem Flughafen und dem Konferenzgebäude wohnten.

Darüber hinaus fotografierte man über 10 000 Kriminelle, unbedeutende Diebe und andere „Unerwünschte“ und nahm ihre Fingerabdrücke auf. Sie wurden überall beschattet. Einige der schlimmeren Verbrecher, die noch in Freiheit waren, wurden für die Dauer der Konferenz inhaftiert.

Man importierte aus verschiedenen Ländern Hunderte von Fahrzeugen, die von den Delegierten und dem Sicherheitspersonal benutzt werden sollten. Bereits vorhandene Straßen wurden erweitert und neue angelegt. Man errichtete zusätzlich Hotels, um die Delegierten unterbringen zu können. Schließlich war alles fertig. Alle Bürger waren sich dessen bewußt, daß in ihrem kleinen Land ein wichtiges Ereignis stattfinden sollte.

Delegierte sprechen sich aus

Die Eröffnungsrede hielt die Premierministerin von Sri Lanka, Frau Sirimavo Bandaranaike. Sie war vorher zur Vorsitzenden der Konferenz gewählt worden. Ägyptens Präsident Anwar Sadat hatte sie vorgeschlagen, und die Premierministerin von Indien, Frau Indira Gandhi, sowie der Präsident von Zypern, Erzbischof Makarios, hatten den Vorschlag unterstützt.

Premierministerin Bandaranaike versicherte während ihrer Rede in einer, wie sie sagte, „Botschaft an die entwickelten Länder“, daß „die blockfreien Nationen nicht irgendein Land oder irgendein Volk als ihren Feind betrachten. Ihr Kampf hat sich immer gegen Unrecht, Unduldsamkeit und Ungerechtigkeit gerichtet“.

In der New York Times hieß es in einem Kommentar über die Eröffnungsrede: „Sie hieß die Vietnamesen als Mitglieder in der Bewegung der Blockfreien willkommen und erntete einen der größten Beifallsstürme des Tages, als sie sagte: ,Ihr Kampf gegen die Militärmacht und Überheblichkeit einer der größten Mächte, den sie zum grundlegenden und endgültigen Sieg führten, ist ein hervorragender Ansporn für alle Nationen, die für die nationale Befreiung und gegen die Einmischung, Vorherrschaft und Unterdrückung durch ein fremdes Land kämpfen.‘“

Die Vorsitzende machte auch einige Bemerkungen über die Aufrichtung einer neuen internationalen Wirtschaftsordnung. Sie schlug vor, für die Länder der dritten Welt eine Bank einzurichten, wobei sie sagte: „Wenn wir wirklich und aufrichtig den Waffen des Imperialismus und Kolonialismus die Spitze nehmen möchten, müssen wir auf jeden Fall Waffen schaffen, die ihnen entgegenwirken, sagen wir, in Form einer Währung, hinter der das enorme wirtschaftliche Potential der blockfreien Länder und anderer Entwicklungsländer steht.“ Ihrer Meinung nach würde es eine solche Bank den Ländern der dritten Welt ermöglichen, in ein Zeitalter internationaler wirtschaftlicher Aktivität einzutreten, die bis dahin das Monopol einiger multinationaler Privatbanken in den reichen Ländern war.

Am selben Tag sprach Präsident Kenneth Kaunda von Sambia ein allgemeines Thema an: „Wir betrachten Aufteilung der Macht als eine wichtige Garantie für den Frieden innerhalb der internationalen Gemeinschaft.“ Andere Sprecher forderten auch eine neue wirtschaftliche und soziale Ordnung, die der dritten Welt einen größeren Anteil am Wohlstand der Erde zusichern würde.

Man erläuterte ausführlich Statistiken, die die Notwendigkeit einer neuen Wirtschaftsordnung zeigten. Zum Beispiel wurde darauf hingewiesen, daß im Jahre 1970 die eine Milliarde Menschen, die am wenigsten verdiente, ein Jahreseinkommen von nur 105 Dollar pro Person hatte. Die entwickelten Länder dagegen wiesen ein Jahreseinkommen von 3 100 Dollar pro Person auf. Man errechnete, daß bis zum Jahre 1980 das Jahreseinkommen dieser Milliarde armer Menschen um unbedeutende drei Dollar pro Person angestiegen sein wird, in den reichen Ländern hingegen um 900 Dollar pro Person.

Außerdem sterben in den armen Ländern täglich im Durchschnitt 10 000 Personen wegen Hunger oder wegen Krankheiten, die auf Unterernährung zurückzuführen sind. Die Kinder im Schüleralter, die in diesen Ländern die Schule besuchen, sind, wie man behauptete, in der Minderheit gegenüber denen, die sie nicht besuchen.

Trotz all dieser Bedürfnisse wird ein großer Teil der Schätze der Erde nicht konstruktiven Zwecken, sondern der Produktion immer verfeinerterer Waffen zugeführt. Gegenwärtig werden in der ganzen Welt jährlich ungefähr 300 Milliarden Dollar für die Rüstung ausgegeben.

Obendrein gab Kurt Waldheim, der Generalsekretär der Vereinten Nationen, in seiner Rede bei der Gipfelkonferenz folgendes zu: „Man hat keine Fortschritte gemacht, um einer echten Abrüstung näherzukommen, wodurch die Rüstungsausgaben verringert würden und es ermöglicht würde, die Bodenschätze konstruktiven Zwecken zuzuführen. Die Tendenz weist in die entgegengesetzte Richtung.“ Er stellte auch fest, daß die „Gefahr einer Anhäufung von Atomwaffen nicht nur bestehenbleibt, sondern zunimmt“.

Eine Warnung an die Länder des Westens

Die Konferenz kam nach vier Sitzungstagen zum Abschluß. Am letzten Tag ließ die dritte Welt eine strenge Warnung an die reichen Länder der Welt ergehen. Die Botschaft besagte, daß sie einen größeren Teil ihres Wohlstandes einer neuen Wirtschaftsordnung zugute kommen lassen müßten. Die Verlautbarung enthielt die dringende Bitte, Hilfe zu leisten, damit der Vergrößerung der Kluft zwischen Arm und Reich Einhalt geboten werde.

In dem Bericht wurde erwähnt, daß sich die wirtschaftliche Lage der Länder der dritten Welt in den letzten Jahren verschlechtert hat. Die Fehlbeträge ihrer Zahlungsbilanz haben sich insgesamt verdreifacht. Ihre Schulden gegenüber den reichen Ländern sind um Milliarden von Dollar gestiegen. Die Bemühungen, ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern, werden in vielen Fällen durch zunehmende Inflation vereitelt.

In einem Kommentar der New York Times hieß es: „Die blockfreien Länder sind fest davon überzeugt, daß die Entwicklungsländer durch nichts anderes als eine vollständige Neuordnung der internationalen wirtschaftlichen Verhältnisse in den Genuß eines annehmbaren Entwicklungsstandes kommen können.“

In der Times wurde auch davon gesprochen, daß in vielen Ländern der dritten Welt ein allgemeiner Trend „nach links“ festzustellen ist. Man formulierte das so: „Vom westeuropäischen und amerikanischen Standpunkt aus scheint die Blockfreiheit in vielen Fällen hauptsächlich einen antiwestlichen und antiamerikanischen Unterton zu haben.“ Es wurde zum Beispiel bemerkt, daß in der abschließenden Verlautbarung die Anwesenheit der Amerikaner in Südkorea verurteilt, die Unabhängigkeit Puerto Ricos gefordert, Israel verurteilt und „der historische und vollständige Sieg begrüßt wurde, den das vietnamesische Volk in seinem Kampf gegen den aggressiven Imperialismus der Vereinigten Staaten errungen hat“.

Manchmal jedoch wurden sogar die kommunistischen Länder von einigen Sprechern getadelt, weil sie in der dritten Welt umstürzlerische Bewegungen unterstützen. Allerdings herrschte öfter, wie es in dem U.S. News & World Report ausgedrückt wurde, ein anderer Ton vor: „Die USA und andere Industrienationen des Westens mußten weiterhin Vorwürfe einstecken, da man sie praktisch für jeden wirtschaftlichen und politischen Mißstand der armen Länder verantwortlich machte.“

Die dritte Welt hat sich also wieder ausgesprochen. Und wieder einmal sprachen die Erörterungen nicht für die Länder des Westens, die den Kern der sogenannten „Christenheit“ bilden.

[Bild auf Seite 20]

Die Länder der „dritten Welt“ sprachen sich bei ihrer Konferenz aus, die sie in der Bandaranaike Memorial International Conference Hall in Colombo [Sri Lanka] abhielten.

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