Die Probleme der berufstätigen Frau
IN Schlagzeilen wird oftmals darüber berichtet, daß Frauen höhere, leitende und gutbezahlte Posten bekleiden, die früher fast ausschließlich Männern vorbehalten waren. Es gibt weibliche Staatspräsidenten, Kabinettsmitglieder, Moderatoren usw. Dennoch bleibt die Tatsache bestehen, daß das große Heer der erwerbstätigen Frauen niedrige, schlechtbezahlte Arbeiten verrichtet und nur geringe Aufstiegsmöglichkeiten hat.
Tatsächlich wird trotz der Gerichtsurteile und der Gesetze, die eine Diskriminierung der weiblichen Arbeitskräfte verbieten, für die Frauen die Situation auf dem Arbeitsmarkt nicht besser, sondern schlechter. Die „National Organization for Women“, eine der wichtigsten Frauenorganisationen in den USA, schrieb im vergangenen Jahr ganz offen: „Fortschritt? Machen wir denn wirklich Fortschritte? Nein, wir fallen zurück. Wir halten nicht einmal, was wir errungen haben.“
Die vor kurzem in den USA veröffentlichten Lohnstatistiken zeigen, daß die Kluft zwischen dem durchschnittlichen Männerverdienst und dem durchschnittlichen Frauenverdienst in den letzten zwanzig Jahren nicht kleiner, sondern größer geworden ist. Über 80 % aller erwerbstätigen Frauen in Amerika verdienen weniger als 10 000 Dollar im Jahr, bei den erwerbstätigen Männern dagegen sind es nur 38 %. Nach Angaben des amerikanischen Statistischen Bundesamtes verdienen manche Akademikerinnen nur 60 % des Lohnes, den ihre männlichen Kollegen erhalten. Eine von einer New Yorker Organisation durchgeführte Studie ergab, daß von den Frauen, die in den Jahren zwischen 1977 und 1985 erwerbstätig werden, über ein Drittel als Büroangestellte arbeiten und daß ihre Löhne weiterhin beträchtlich hinter denen ihrer männlichen Kollegen zurückbleiben werden.
Das alles bedeutet, daß eine Frau, die hofft, eine interessante und gutbezahlte Arbeit zu finden, um finanziell unabhängig zu sein, sehr wahrscheinlich eine Enttäuschung erleben wird. Ziemlich sicher wird sie eine mechanische und ganz einfache Arbeit verrichten müssen. Wenn sie dann noch jemand anstellen muß, der, während sie einer Berufsarbeit nachgeht, ihre Kinder betreut, kann es passieren, daß sie mit ihrem Lohn nur knapp, wenn überhaupt, ihre Ausgaben decken kann. Denn gewöhnlich kommen noch andere Auslagen hinzu wie die Fahrt zur Arbeit, Mahlzeiten außer Hause, Arbeitskleidung, teure Schnellgerichte, das Waschen der Wäsche und der Friseur — alles das kann einen großen Teil ihres Lohnes verschlingen.
Probleme am Arbeitsplatz
Häufig ist auch die Atmosphäre am Arbeitsplatz eine starke nervliche Belastung für die Frau. Manch eine kann das Geschwätz über andere, das Intrigieren im Büro und den Konkurrenzgeist, der oft herrscht, nicht leiden; dasselbe gilt für die in einigen Geschäften betriebenen unehrlichen Praktiken. Auch das moralische Klima ist nicht immer das beste. Viele Frauen haben es erlebt, daß ihnen ein Kollege oder der Chef einen unsittlichen Antrag gemacht hat.
Eine im Rahmen einer sozialen Studie der Universität Cornell durchgeführte Umfrage über dieses Thema ergab, daß 92 % der befragten Frauen sagten, die Belästigung von seiten männlicher Kollegen oder des Chefs sei ein ernstes Problem, und 70 % erklärten, sie seien persönlich schon in dieser Weise belästigt worden. Die Umfrage zeigte auch, daß dieses Problem in allen Berufssparten, unter allen Altersgruppen, unter Verheirateten und Unverheirateten sowie unter Erwerbstätigen aller Lohnkategorien vorhanden ist. Als unsittliche Belästigung gilt ein lüsternes Schielen nach einer weiblichen Angestellten, ihr „schöne Augen zu machen“, sie zu drücken oder zu kneifen, ständig ihren Körper zu berühren, ihr einen unsittlichen Antrag zu machen, wobei ihr gedroht wird, sie werde die Arbeit verlieren, wenn sie nicht einwillige, und in extremen Fällen Vergewaltigung.
Beruf und Haushalt
Ein weiteres Problem vieler erwerbstätiger Mütter ist die doppelte Belastung, die sie zu tragen haben. Wenn sie von der Arbeit müde nach Hause kommen, wartet noch eine Menge Arbeit auf sie. Viele Ehemänner denken, auch wenn die Frau arbeiten geht, nicht daran, ihr im Haushalt an die Hand zu gehen.
Zum Beispiel ergab eine Umfrage, die unter Ärztinnen im Gebiet von Detroit (Michigan) im Jahre 1976 durchgeführt wurde, daß 75 % dieser Frauen, obwohl sie voll beruflich tätig waren, selbst kochten, einkauften, die Kinder betreuten und das Geld verwalteten. Zwei Drittel dieser Ärztinnen hatten ein bis zwei Tage wöchentlich eine Waschfrau und eine Putzfrau, aber ein Drittel machte alles allein.
Eine Frau ist einer solch ungeheuren Anstrengung auf die Dauer nicht gewachsen. Frauen, die die gesamte Hausarbeit neben dem Beruf allein zu leisten versucht haben, geben offen zu, daß der Haushalt darunter leidet. Eine berufstätige Mutter gestand, daß sie jetzt die trockenen Handtücher aus dem Wäschetrockner herausnehme und buchstäblich in den Schrank werfe, ohne sie zusammenzulegen. Eine andere sagte, ihr Mann habe es nicht leiden können, wenn sie seine Taschentücher nicht gebügelt habe; jetzt, da sie arbeiten gehe, sei er froh, wenn sie sie wenigstens aus dem Wäschetrockner herausnehme und in seine Schublade lege.
Wie ergeht es den Kindern?
Die Ehemänner finden sich heutzutage vielleicht noch damit ab, daß ihre Frau manches, was sie früher für sie getan hat, jetzt nicht mehr tut, doch über ein Problem kann sich die berufstätige Mutter nicht ohne weiteres hinwegsetzen — die Bedürfnisse ihrer Kinder. Eine solche Mutter mag zwar behaupten, entscheidend sei nicht die Menge der Zeit, die sie ihren Kindern widme, sondern wie sie diese Zeit verwende. Das stimmt allerdings bis zu einem gewissen Grad. Eine berufstätige Mutter mag jedoch so überlastet sein, daß ihr jegliche Zeit für die Kinder fehlt.
Dieses Problem der berufstätigen Mutter wird auch von den Verfassern eines Buches anerkannt, in dem die Hausfrauen angespornt werden, einer außerhäuslichen Berufsarbeit nachzugehen. Sie geben ihr daher folgenden Rat: „Wenn Sie nach Hause kommen und von Ihren Kindern stürmisch begrüßt werden, die Ihnen alles erzählen möchten, was sie am Tag erlebt haben, sagen Sie zu den allerliebsten Wuschelköpfen, daß sie sich noch etwas gedulden sollten. Nehmen Sie sich dann 15 Minuten Zeit, um sich in Ihrem Schlafzimmer von der Berufsarbeit auf Ihre Familie umzustellen, um sich zusammenzureißen, sich umzuziehen und vielleicht noch schnell einen Martini zu trinken. Schließen Sie, wenn nötig, die Tür ab, denn diese Viertelstunde ist für jede berufstätige Mutter außerordentlich wichtig.“
Einige berufstätige Mütter haben aber festgestellt, daß dieser Rat leider einen Haken hat. Wenn sie nämlich so weit sind, daß sie ihre Kinder anhören könnten, mag bei den Kindern die Bereitschaft nicht mehr vorhanden sein zu reden. Ihr Eifer, ihrer Mutter alles zu erzählen, was ihnen wichtig erscheint, ist erlahmt, und sie hüllen sich jetzt in Schweigen.
Ein Psychiater, der sich auf die emotionellen Konflikte von Karrierefrauen spezialisiert hat, sagte, daß die Kinder es nicht gern haben, wenn ihre Mutter arbeiten geht. „Die Kinder beschweren sich selten darüber, daß der Vater nicht zu Hause ist, aber sie können es nicht leiden, wenn ihre Mutter fortgeht“, erklärte er. „Sie sind der Meinung, daß die Mutter nur für sie dasein sollte.“
Dieser Psychiater behauptet, daß die Karrierefrauen, beeinflußt von der Frauenbefreiungsbewegung, es ablehnen, in irgendeiner Weise abhängig zu sein. „Für die Frauen mit Kindern“, sagte er, „bedeutet das, daß die Kinder, kaum sind sie geboren, erwachsen sein sollen. Die Kinder sollen so sein wie sie: nie um einen Ausweg verlegen und selbständig. Doch die Kinder sind darauf nicht vorbereitet.“
Aber wie eine Hausfrau und Mutter erklärte, brauchen nicht nur kleine, sondern auch größere Kinder Beaufsichtigung. Diese Frau hat drei Kinder, zwei sind bereits erwachsen, und eines, ein sechzehnjähriger Sohn, wohnt noch zu Hause. Sie sagte: „Man muß die Kinder ein bißchen ausfragen; sie müssen merken, daß es einen interessiert, was sie am Tag erlebt haben. Von sich aus sagen sie es nicht. Und wenn man nicht zu Hause ist, um mit ihnen darüber zu sprechen, suchen sie sich jemand anders, dem sie sich anvertrauen können. Wer gibt einem die Gewähr, daß sie dabei nicht an jemand geraten, der unmoralisch oder unreif ist?“
Diese Mutter fügte außerdem hinzu: „Zwei Mädchen aus unserer Nachbarschaft, deren Mütter berufstätig sind, kommen nach der Schule oft zu uns. Sie erzählen mir Dinge, die sie ihrer Mutter nie anvertrauen würden. Wenn ich ihnen rate, es ihr zu sagen, antworten sie, ihre Mutter habe keine Zeit für sie.“
Das Problem des Erfolges
Es gibt Frauen, die in ihrem Beruf sehr erfolgreich sind. Sie verdienen viel Geld, üben einen nicht geringen Einfluß aus und werden von ihren Geschäftskollegen geachtet. Aber solche Frauen müssen oft Überstunden machen oder sind häufig beruflich unterwegs. Für eine Frau, die Kinder hat, bedeutet das, daß sie sowohl die Kinder als auch den Mann lange allein lassen muß. Weigert sie sich jedoch, Überstunden zu machen oder auf Reisen zu gehen, mag sie ihren Posten verlieren.
Eine Frau, die an der amerikanischen Effektenbörse eine leitende Stellung bekleidet — eine Stellung, die bis vor kurzem nur ein „Männerposten“ war —, ist mehr als 30 Prozent von ihrer Arbeitszeit auf Reisen. Sie hat aber auch Zwillingstöchter im Vorschulalter. Wie hat sie ihr Problem gelöst? Tagsüber hat sie eine Hausangestellte, und ist sie beruflich unterwegs, so kümmert sich ihr Mann, wenn er von der Arbeit kommt, um die Kinder. Ist sie unterwegs, muß sie von sechs Uhr früh bis elf Uhr nachts arbeiten — das ist ein Pensum, bei dem sie, selbst wenn sie nicht von zu Hause weg wäre, keine Zeit für ihre Kinder hätte.
Somit müssen bei einer echten „Karrierefrau“ Haushalt und Familie an zweiter Stelle rangieren. Denn wie die Anthropologin Margaret Mead erklärte, „sind die Pflege kleiner Kinder, ein Mann und ein Haushalt gewöhnlich unvereinbar mit einer beruflichen Karriere. Der Lebensstil der guten Ehefrau und Mutter steht in scharfem Gegensatz zu dem einer guten Wissenschaftlerin, Künstlerin oder Direktorin.“
Der Versuch, berufstätig und Hausfrau zu sein, hat schon oft katastrophale Folgen gehabt. Eine Frau, deren Ehe in die Brüche ging, berichtete: „Mein Beruf ist sozusagen meine große Liebe geworden. Er bedeutet für mich sehr, sehr viel, ja er ist mein Leben.“
Aber auch die Frau, die keine persönliche Bindung an ihren Beruf hat, sollte bedenken, daß ihre Erwerbstätigkeit einen starken Einfluß auf ihre Ehe auszuüben vermag. Eine Frau, die nach zwanzigjähriger Ehe wieder in ihren Beruf zurückkehrte, sagte: „Wahrscheinlich vermißt mich Lew, weil ich nicht mehr so viel zu Hause bin ... Jetzt fällt er mir auf die Nerven mit seinem ,Hilf mir doch die Tasche packen!‘ Ich denke dann: ,Pack doch deine Tasche selbst!‘ So habe ich früher nicht gedacht. Ich habe ihm immer gern geholfen, weil ich glaubte, ich sei dafür da.“
Das bringt uns wieder zurück zu den Fragen: Soll die Frau zu Hause bleiben, oder soll sie arbeiten gehen? Welches ist ihre eigentliche Rolle?