Erkennst du die Bedeutung dessen, was du siehst?
MAN hat den Eindruck, daß die Menschen immer weniger für eine Übereinkunft zugänglich sind. Fast auf jedem Sektor der menschlichen Beziehungen gibt es heute Verständigungsschwierigkeiten. Was immer die Ursache sein mag, für viele Personen ist das ein Grund zu großer Sorge.
Sektor Ehe
Früher bildeten Ehepaare, die sich nicht verstanden und deshalb eine Ehescheidung als annehmbare Lösung ansahen, eine kleine Minderheit. Bei der Trauung hatte man sich ja schließlich gelobt, zusammenbleiben zu wollen, bis „der Tod uns scheidet“.
Aber heute ist die Ehe für immer mehr Leute keine Bindung fürs Leben. Es gibt Länder, in denen die Mehrzahl der Ehen früher oder später vor dem Scheidungsrichter endet. In einer bundesdeutschen Zeitung hieß es vor einiger Zeit, nicht die „Institution der Ehe“ sei „am Ende“, sondern nur „die Vorstellung, daß man das ganze Leben mit derselben Person zusammenbleiben müsse“. Und im New York Magazine konnte man lesen: „Man will sich nur mit einer vollkommenen Verbindung zufriedengeben. Keiner will ausgleichen oder dem anderen entgegenkommen.“
Sektor Arbeit
Seit der Jahrhundertwende üben die Gewerkschaften einen stärkeren Einfluß aus. Das hat dazu geführt, daß die Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern stärker zutage getreten sind. Durch Streiks wird die Öffentlichkeit auf die Tatsache aufmerksam, daß alle Verständigungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. Die Verhandlungen mögen fortgesetzt werden, aber bis eine Einigung erzielt wird, können Wochen, Monate oder sogar Jahre vergehen.
Aus einer Statistik, die 13 Länder 5 verschiedener Kontinente umfaßt, geht hervor, daß von 1938 bis 1970 die Zahl der Arbeitsstreitigkeiten um 286 Prozent gestiegen ist und die Zahl der verlorenen Arbeitstage um 709 Prozent.
Über den britischen Stahlarbeiterstreik im Jahre 1980 hieß es in einem Bericht: „Er war der längste Streik in Großbritannien seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges.“ Als man sich endlich einigte, „hatten weder die Arbeitnehmer noch die Arbeitgeber Grund, sich zu freuen“.
Aber es ist nicht nur erstaunlich, wie viele heute streiken, sondern auch, wer alles streikt. Früher wären Streiks öffentlicher Bediensteter wie der Ärzte, Polizeibeamten und Lehrer sozusagen undenkbar gewesen. Heute ist es anders. Sogar Geistliche wenden diese Waffe an. Vor ein paar Jahren traten 50 katholische Geistliche in einen Bummelstreik, weil sie sich wegen gewisser verwaltungstechnischer Veränderungen mit dem Vatikan nicht einigen konnten.
Sektor Politik
Besonders seit der Schaffung des Völkerbundes nach dem Ersten Weltkrieg haben die internationalen Streitigkeiten neue Dimensionen angenommen. Im Jahre 1945 wurde der Völkerbund durch die Vereinten Nationen abgelöst. Bis jetzt ist es dieser Organisation gelungen, einen dritten Weltkrieg zu verhindern. Vermochte sie aber, den lokalen Konflikten ein Ende zu bereiten, die, wie viele Leute fürchten, zur Katastrophe eines Atomkrieges führen könnten?
Als Antwort sei ein Bericht des Internationalen Friedensforschungsinstituts Stockholm erwähnt, in dem es heißt, daß „zu irgendeiner bestimmten Zeit irgendwo in der Welt durchschnittlich 12 Kriege im Gange sind“. Und wie aus einer in der Zeitschrift Esquire veröffentlichten Studie hervorgeht, hat es seit 1945 über 150 Kriege gegeben.
Die Fähigkeit der UN, den Völkern zu helfen, sich friedlich zu einigen, ist offensichtlich stark begrenzt. Und dadurch, daß örtliche Streitigkeiten zu „Weltproblemen“ hochgespielt werden, die von einer Weltgemeinschaft gelöst werden sollten, ist nur noch deutlicher erkennbar geworden, wie zahlreich die Streitigkeiten zwischen den Mitgliedsstaaten sind.
Auch internationale Abkommen sind vielfach äußerst begrenzt. In Wirklichkeit sind sie nichts weiter als eine Abmachung, die Gespräche über Meinungsverschiedenheiten fortzusetzen.
Was bedeutet das?
Manch einer mag das Problem bagatellisieren, indem er sagt, Ehepaare, Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie die Völker hätten schon immer Probleme miteinander gehabt. Das ist zwar richtig, aber es erheben sich die Fragen: Ist es für Einzelpersonen und ganze Völker heute leichter oder schwerer, eine Einigung zu erzielen? Sind die Menschen heute weniger ichbezogen und selbstsüchtig als 1914, oder sind sie es mehr?
Der einzelne mag denken, was er will, doch werden die meisten zustimmen, wenn gesagt wird, daß wir in kritischen Zeiten leben, „mit denen man schwer fertig wird“. Das ist von der Bibel vorausgesagt worden, und zwar in 2. Timotheus 3:1-5, wo es unter anderem heißt, daß die Menschen „für keine übereinkunft zugänglich“ sein werden. Kannst du aufgrund deiner eigenen Erfahrungen nicht ebenfalls bestätigen, daß diese Worte treffend die heutige Welt beschreiben?
Die Bibel sagt, daß die Unversöhnlichkeit der Menschen ein auffallendes Merkmal „der letzten Tage“ sein würde. Diese heute so verbreitete Eigenschaft ist ein Grund, warum Jehovas Zeugen glauben, daß wir in den „letzten Tagen“ des bösen, von Satan beherrschten Systems leben. Wenn diese Tage vorbei sein werden, wird Gott die Menschen durch seine gerechte Regierung einigen. Glückliche Ehen, angenehme Arbeitsbedingungen und eine vollkommene Regierung werden es ihnen dann erleichtern, ‘sich für eine Übereinkunft als zugänglich’ zu erweisen.
[Übersicht auf Seite 24]
(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)
Ehescheidungen
Starker Anstieg in diesem Jahrhundert
Prozent der Eheschließungen
50
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
1900 1910a 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1975 1980
— USA — Deutschland — Kanada
[Fußnote]
a Kriegsausbruch 1914
[Bilder auf Seite 24]
HIER WIRD GESTREIKT
[Bild auf Seite 25]
Weltkriege — erst seit 1914
150 Kriege seit dem Zweiten Weltkrieg
Seit 1914 über 90 000 000 Kriegsopfer