Wachtturm ONLINE-BIBLIOTHEK
Wachtturm
ONLINE-BIBLIOTHEK
Deutsch
  • BIBEL
  • PUBLIKATIONEN
  • ZUSAMMENKÜNFTE
  • g84 22. 3. S. 12-15
  • „Ohne Blut werden Sie sterben!“

Kein Video für diese Auswahl verfügbar.

Beim Laden des Videos ist ein Fehler aufgetreten.

  • „Ohne Blut werden Sie sterben!“
  • Erwachet! 1984
  • Zwischentitel
  • Ähnliches Material
  • Eine harte Prüfung
  • „Megan lebt!“
  • Rückschlag
  • Ein weiterer Rückschlag
  • Gute Nachrichten
  • Meine Suche nach Trost
    Erwachet! 1983
  • „Noch nie habe ich erlebt, daß einer von ihnen gelogen hat“
    Erwachet! 1988
  • Weder Zauberer noch Götter
    Erwachet! 1994
  • Die Entscheidung, die ihr das Leben rettete
    Erwachet! 1979
Hier mehr
Erwachet! 1984
g84 22. 3. S. 12-15

„Ohne Blut werden Sie sterben!“

ICH stand auf, um das Mittagessen zu kochen. Plötzlich spürte ich in der unteren rechten Seite meines Leibes, wie etwas riß. Ich krümmte mich vor Schmerzen, dachte aber, es handle sich um eine jener Kontraktionen, die am Ende der Schwangerschaft auftreten.

Doch die Schmerzen wurden immer heftiger. Es pochte in meinem Leib, und ich konnte kaum noch gehen; irgend etwas war passiert. Eine Nachbarin, die mir in der Folgezeit liebevoll beistand, fuhr mich schleunigst ins Krankenhaus.

„Nein!“ protestierte ich heftig, als die Hebamme meinte, es seien wahrscheinlich nur Wehenschmerzen. Ich hatte schon zwei Kinder zur Welt gebracht und wußte, was Wehenschmerzen sind. Aber diese Schmerzen waren ganz anders. Daraufhin wurden die Aufnahmeuntersuchungen gemacht.

Als Mike, mein Mann, im Krankenhaus eintraf, hatte ich fürchterliche Schmerzen. Ich stöhnte und weinte, aber nicht nur, weil ich Schmerzen litt, sondern auch, weil man mir offenbar nicht glaubte, daß etwas nicht in Ordnung war. Mike schaute mich jedoch nur kurz an, drehte sich auf dem Absatz um und bat die Stationsschwester, sofort einen Arzt zu holen — irgendeinen. Als der diensthabende Arzt erschien, war er nicht allein, sondern in Begleitung eines Geburtshelfers, meines Arztes und eines Kinderarztes.

Der Geburtshelfer legte leicht die Hand auf meinen Bauch. Ich schrie. Die leichte Berührung empfand ich, als würde man mir mit einem Messer den Leib aufschneiden. „Mein Gott!“ sagte er erschrocken. „Sie hat ja schon fast einen Liter Blut im Leib. Vermutlich ist es eine Abruptio placentae [vorzeitige Lösung der normal sitzenden Plazenta]. Wir müssen sofort einen Kaiserschnitt vornehmen.“

Unvermittelt wandte ich mich meinem Mann zu und stieß automatisch hervor: „O Mike, kein Blut!“

Eine harte Prüfung

So ruhig, wie es ihm möglich war, nahm Mike die drei Ärzte beiseite und erklärte ihnen, wie wir als Zeugen Jehovas über Bluttransfusionen denken.

„In dem Bibelbuch Apostelgeschichte wird Christen geboten, sich des Blutes zu enthalten“, erklärte er. „Das bedeutet, daß man Blut in keiner Form zu sich nehmen darf. Sie dürfen deshalb meiner Frau unter gar keinen Umständen Blut übertragen“ (Apostelgeschichte 15:20, 29).

Die Ärzte sagten, mein rotes Blutbild sei gefährlich niedrig. Bei meiner Aufnahme ins Krankenhaus war der Hämoglobingehalt 10 und der Hämatokritwert 30. Sie waren überzeugt, daß die Werte jetzt noch schlechter waren. (Die Normalwerte des Hämoglobins liegen zwischen 12 und 16 g% und die des Hämatokrits zwischen 34 und 50 Vol.-%.)

Was einer der Ärzte jetzt sagte, war möglicherweise aufrichtig gemeint, aber mir kam es vor wie Angstmacherei. „Ohne Blut werden Sie sterben! Sind Sie sich darüber im klaren?“ fragte er.

„Ja“, entgegnete ich. „Ich kann aber das Gesetz Gottes nicht übertreten und mein Gewissen nicht vergewaltigen.“

Seltsamerweise fiel es mir leicht zu sagen: „Ja, ich weiß, daß ich sterben könnte.“ Eine gewisse Ruhe kam über mich, weil ich wußte, daß die Toten im Grab Frieden haben und daß der Tod dem Schlaf gleicht. Die Toten „sind sich nicht des geringsten bewußt“, hatte ich in der Bibel gelesen (Prediger 9:5, 10).

Nur der Gedanke, meinen Mann und meine Kinder zurücklassen zu müssen, machte mich traurig. Ich empfand tiefes Mitleid mit Mike. Wie könnte er sich um zwei (möglicherweise sogar um drei) Kinder kümmern? fragte ich mich. Wie würden meine Töchter mit dem Verlust ihrer Mutter fertig werden? Für mich wäre es ja leicht. Entweder würde ich im Krankenhaus wieder aufwachen oder in Gottes neuer Ordnung auferstehen. Schwer würde es für meine Angehörigen sein.

Ich füllte eine Erklärung aus, die das Krankenhaus und die Ärzte von jeglicher Verantwortung für irgendwelche nachteiligen Folgen entband, die durch eine Operation ohne Blut entstehen könnten, und 15 Minuten danach wurde ich in den Operationssaal gerollt, wo ein Kaiserschnitt vorgenommen wurde. Um 18.01 Uhr wurde Megan geboren. Sie wog 2,380 Kilogramm. Sofort kam sie auf die Intensivstation für Säuglinge.

Der Arzt verließ kurz den Operationssaal, um Mike zu sagen, daß ich in einem tiefen Schock läge. Sie hätten die Ursache der Blutung noch nicht gefunden und wenn das nicht bald geschehe, würde ich auf dem Operationstisch verbluten.

„Es tut mir leid“, sagte Mike, „aber wir haben Ihnen ja bereits gesagt, daß eine Blutübertragung nicht in Frage kommt, selbst wenn es den Tod Sherrys zur Folge hätte. Wenn ich die Einwilligung gäbe, würde ich nicht nur gegen meine Überzeugung handeln, sondern auch gegen das Gewissen meiner Frau. Damit könnte ich nicht leben. Es ist keine Augenblicksentscheidung, die wir getroffen haben. Wir haben uns das schon lange vorher aufgrund der biblischen Lehre überlegt. Es gibt aber andere Möglichkeiten, die Sie ausschöpfen könnten, z. B. könnten Sie Plasmavolumenexpander verwenden.“

Obwohl der Arzt unsere Auffassung nicht teilte, versprach er meinem Mann, kein Blut zu übertragen und alles ihm Mögliche zu tun, mir zu helfen.

In Streßsituationen kann man oft nicht mehr klar denken. Schiebt man jedoch die Entscheidung hinaus, bis man in eine solch kritische Situation kommt, könnte man leicht verführt werden, unter dem Druck, den das Krankenhauspersonal oder die Ärzte auf einen ausüben, nachzugeben. Ich bin froh, daß mein Mann und ich erkannt hatten, wie wichtig es ist, sich schon lange im voraus vorzunehmen, in einer kritischen Situation, wenn es um Leben und Tod geht, festzubleiben.

Der Arzt kehrte in den OP-Saal zurück und entdeckte die Ursache der Blutung — eine geplatzte Uterusvene, die anscheinend durch die früheren Schwangerschaften geschwächt war. Um sie zu verschließen, waren 20 Stiche nötig. Ich hatte mehr als die Hälfte meines Blutes verloren, doch das Flüssigkeitsvolumen wurde durch Laktat-Ringer-Lösung aufrechterhalten.

„Infektion ist jetzt das größte Problem“, sagte der Arzt zu meinem Mann. Er erklärte ihm, daß eine Infektion meinen Tod bedeuten würde, weil mein Blutbild so schlecht sei und ich deshalb mit einer Krankheit nicht fertig würde. Erneut empfahl er eine Bluttransfusion.

„Können Sie garantieren, daß meine Frau sich keine Infektion wie Hepatitis zuzieht, wenn Sie ihr Blut übertragen?“ fragte Mike.

„Nein“, antwortete der Arzt.

Mike war der Meinung, daß die Infektionsgefahr für mich geringer sei, wenn man mir kein Blut übertrage. Der Arzt war bereit, die Entscheidung meines Mannes zu respektieren.

„Megan lebt!“

Seit der Geburt meines Kindes waren bereits zwei Tage vergangen, doch ich hatte es noch nicht gesehen. Man hatte mir gesagt, unser Töchterchen lebe, sei aber sehr krank. Dennoch konnte ich mich des Gefühls nicht erwehren, daß mein Kind tot sei. Als mein Onkel aus Houston (wir wohnen in Arlington, Texas) mit einer Polaroidkamera ankam, hatte Mike plötzlich eine gute Idee. Wenn man Sherry beweisen könnte, daß Megan lebt, dachte er, würde sie schneller gesund. Er lieh sich die Kamera meines Onkels aus und bekniete die Säuglingsschwester, von Megan eine Aufnahme machen zu dürfen. „Sie lebt also wirklich!“ rief ich aus, überglücklich, zum erstenmal meine kleine Megan zu sehen, wenn auch nur auf einem Bild. Ich durfte nicht sterben, denn meine Familie, besonders unser Jüngstes, brauchte mich.

Ich hatte sehr gute Krankenschwestern und Ärzte. Die Oberschwester der Intensivstation für Säuglinge berichtete mir zweimal täglich über Megans Fortschritte, ganz gleich, wie gering sie erschienen.

Am vierten Tag fühlte ich mich besser. Meine Blutwerte wurden beständig. Zum erstenmal konnten wir etwas aufatmen. Mike sah jedoch sehr erschöpft aus. Er hatte die letzten beiden Tage und Nächte an meinem Bett zugebracht. Jetzt konnte er nach Hause gehen und sich ausruhen.

Am fünften Tag ging es mir so gut, daß alle Schläuche, die man mir am zweiten Tag eingeführt hatte, entfernt werden konnten. Wie glücklich war ich, als man mir sagte, ich dürfe auf die Intensivstation für Säuglinge gehen! Zum erstenmal hielt ich Megan im Arm und konnte sie stillen. Das war sie also, dieses winzige nackte Mädchen. Endlich waren wir beisammen trotz der vielen Schwierigkeiten — welch ein ergreifender Augenblick! Ich war so glücklich, daß ich weinen mußte, und die Schwester weinte mit.

Rückschlag

Am späten Abend, als Mike und ich uns unterhielten, wurde mir plötzlich übel. Ach nein, das darf doch nicht sein, dachte ich. Ich gehe mal zur Toilette, vielleicht fühle ich mich nachher besser. Aber im Gegenteil, ich begann, mich furchtbar zu erbrechen. Mike half mir wieder ins Bett und klingelte der Schwester.

In meinem Leib hatte sich wieder Blut angesammelt. Der Arzt befahl, die Schläuche erneut anzulegen, während Mike mir sanft die Stirn wischte und meine Hand festhielt. Plötzlich war es totenstill. Unsere Freude war verflogen. Mike begann zu schluchzen.

Nach diesem Rückschlag stützte ich mich immer mehr auf Jehova und bat ihn, meinen Angehörigen und mir die Kraft zu geben weiterzumachen. Ich war dankbar, daß mich mein Vater und mein Schwiegervater so oft besuchten und dann an meinem Bett beteten. Das stärkte uns sehr, auch die Anrufe, die Karten mit den Genesungswünschen sowie die Gebete unserer Glaubensbrüder und -schwestern.

Am neunten Tag wurden die Schläuche wieder entfernt. Ich war freudig erregt, denn ich wußte, daß Mike zu Besuch kommen würde, und ich wollte ihn überraschen. Daher machte ich mich zurecht und setzte mich im Bett auf. Wie glücklich er war, mich ohne die Schläuche zu sehen! Arm in Arm spazierten wir den Flur entlang, um Megan zu besuchen, die jetzt aber auf der gewöhnlichen Säuglingsstation lag wie alle anderen gesunden Babys.

Ein weiterer Rückschlag

Etwas später an jenem Abend wurde mir wieder schrecklich übel. Mike darf einfach nicht wissen, daß ich mich wieder übergeben muß, dachte ich. Aber ich weiß eine Lösung. Ich ermuntere ihn, eher nach Hause zu gehen, damit er etwas früher ins Bett kommt. Er ging auf meinen Vorschlag ein. Kaum war er fort, begann ich mich zu übergeben.

Ich klingelte Sturm. Die Schwestern kamen gelaufen. Sie halfen mir ins Bett und riefen den Arzt.

Er betrat mein Zimmer, beugte sich über mich und sagte: „Sherry, ich hoffe, daß Sie mir nicht böse sind, wenn wir jetzt wieder alle Schläuche anschließen und einen Spezialisten hinzuziehen, der Sie morgen untersucht.“ Plötzlich verspürte ich große Angst und begann hemmungslos zu weinen. Das war das dritte Mal, daß sie die Schläuche anlegten. Ich hatte die trügerischen Hoffnungen, die Schmerzen und die Nadeln einfach satt. Ich war erledigt.

Als die Schwestern das Zimmer verlassen hatten, betete ich zu Gott. Ob ich zu viele Bitten an Jehova gerichtet habe, dachte ich. Ich hatte das Gefühl, seine liebende Güte auszunützen, denn bis jetzt hatte er mir geholfen, alles zu ertragen.

Als Mike am darauffolgenden Morgen das Zimmer betrat, malte sich große Enttäuschung auf seinem Gesicht. Bei seinem Weggang am Abend zuvor war es mir so gut gegangen und jetzt — er tat mir leid. Wir weinten ein bißchen, und dann beteten wir.

Der Spezialist kam und bestätigte die Befürchtung des anderen Arztes. Ich hatte einen partiellen Dünndarmverschluß. Da die Blutwerte immer noch niedrig waren, sagte der Spezialarzt mahnend: „Vorläufig darf die junge Dame nicht operiert werden.“

Um mein Blut aufzubauen, erhielt ich sehr viel Eisen. Ich bekam zweimal fünf Kubikzentimeter gespritzt, was sehr schmerzhaft war. Ein gesunder Mensch mag eine solche Menge Eisen nicht vertragen, aber ich konnte es wegen der schweren Anämie, an der ich litt.

Gute Nachrichten

Am elften Tag meines Krankenhausaufenthalts zeigten die Röntgenaufnahmen, daß die Darmverstopfung zurückging. Und außerdem erhielten wir die Bestätigung, daß Megan gesund sei. Ich mußte mich mit dem Gesundwerden beeilen, denn Megan wartete darauf, daß ich mit ihr nach Hause ging.

Die darauffolgenden Tage brachten noch weitere gute Nachrichten. Ich vertrug wieder Flüssigkeiten. Mein Blutbild besserte sich. Die Röntgenaufnahmen ergaben, daß meine partielle Darmverstopfung verschwunden war. Und zum erstenmal nach 13 Tagen sah ich durch die Glasscheibe meine beiden anderen Töchter. Sie waren außer sich vor Freude und ich auch.

Weitere gute Nachrichten: Nachdem ich 17 Tage im Krankenhaus zugebracht hatte, wurde mir eröffnet, daß ich nach Hause könne — morgen!

Der Tag, um den wir alle gebetet hatten, kam. Gott hat uns erhört; er hat „gemerkt auf die Stimme meines Gebets“, dachte ich (Psalm 66:19). Ich bedankte mich bei dem Arzt für alles, was er für mich getan hatte, auch dafür, daß er mein biblisch geschultes Gewissen respektiert und daß er mich weiterbehandelt hatte. Ich sagte, daß ich ihm für seine Bemühungen, mein Leben zu retten, sehr dankbar sei. „Sie sind ein Glückspilz“, entgegnete er freundlich. Natürlich dankte ich Jehova für meine Genesung.

Megan wurde angezogen und an der Spitze einer ganzen Parade von Schwestern hereingetragen. Wir verabschiedeten uns herzlich. Dann bestiegen wir das Auto und fuhren heim, wo wir von unseren Töchtern und unseren Eltern erwartet wurden. Mit Tränen in den Augen umarmten wir uns gegenseitig. Wie schön war es, zu Hause und am Leben zu sein! (Erzählt von Sherry Flemming.)

[Bild auf Seite 15]

Unser gesundes Töchterchen Megan

    Deutsche Publikationen (1950-2025)
    Abmelden
    Anmelden
    • Deutsch
    • Teilen
    • Einstellungen
    • Copyright © 2025 Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania
    • Nutzungsbedingungen
    • Datenschutzerklärung
    • Datenschutzeinstellungen
    • JW.ORG
    • Anmelden
    Teilen