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Erwachet! 1985
g85 22. 1. S. 16-19

Eroberungen im Namen der Kirche

„Würde Jesus heute leben, so wäre er ein Freiheitskämpfer.“ Diese Worte eines prominenten protestantischen Kirchenvertreters kennzeichnen einen Trend in der heutigen Christenheit. Ein afrikanischer Bischof preist die „gerechte Gewalt“ erfolgreicher Revolutionäre. Protestantische Kirchen unterstützen nationalistische Guerillaorganisationen mit finanziellen Mitteln. Priester, die für die „Befreiungstheologie“ eintreten, greifen zu den Waffen. Zunehmend scheinen religiös gebundene Menschen bereit zu sein, bei der Durchsetzung ihrer Ziele Gewalt anzuwenden. Hältst du das für richtig? In dem nachstehenden Artikel wird ein geschichtliches Beispiel einer solchen „christlichen“ Gewaltanwendung behandelt. Er enthält einige ernüchternde Lektionen.

GOLD, Ehre und das Evangelium. Das sind, wie man sagt, die drei Auslöser der Kolonisation des amerikanischen Kontinents. Einer der Kolonisatoren bekannte, daß er nach Amerika auszog, „um Gott zu dienen ..., und auch, um reich zu werden.“

Im Jahre 1992 jährt sich zum 500. Mal die erste Atlantiküberquerung von Christoph Kolumbus, die den Weg für jene Kolonisierung bereitete. Die heldenhafte Reise des Kolumbus leitete die aufregende Epoche der Entdeckung des amerikanischen Kontinents ein. Was war die Folge? Unermeßliche Reichtümer flossen über den Atlantik nach Europa, und die Religion der Europäer faßte auf fremdem Boden Fuß. Auf wessen Kosten? In großem Umfang wurden sie von den Ureinwohnern Amerikas getragen, die unterworfen und zufolge der Überlegenheit, Hinterhältigkeit und Grausamkeit sowie der ungewohnten Krankheiten der Fremden dezimiert wurden.

Die Fremden wurden Conquistadores (Eroberer) genannt. Wie der Historiker J. F. Bannon es ausdrückt, waren sie „eine merkwürdige Mischung aus Heiligen und Teufeln“. Ihre Tapferkeit ist nicht zu leugnen, und einige ihrer Großtaten sind allen Schuljungen wohlbekannt.

Wer hat nicht von Vasco Núñez de Balboa gehört, der den Isthmus von Panama durchquerte und dabei kilometerweit unbekannte Wälder durchdrang, über Gebirge kletterte und Sümpfe bewältigte mit dem Ziel, als erster weißer Mann den Pazifischen Ozean zu sehen? Oder von Hernando Cortés, der mit seinen Männern das Reich der Azteken, das heutige Mexiko, durchstreifte und schließlich eroberte? Dann gab es noch Francisco Pizarro und seine Brüder, die nach mehr als zwei Jahren harten Kampfes das ausgedehnte Inkareich unterwarfen, das heutige Peru. Ein anderer war Pedro de Valdivia, der nach Süden vorrückte, um Chile zu erobern und die Araukaner zu verdrängen.

Wie war es ihnen möglich, festgegründete Reiche so schnell zu erobern? Dafür gab es viele Gründe. Zum Beispiel ist der Erfolg des Cortés bei der Unterwerfung der Azteken vermutlich zum Teil inneren Unruhen im Aztekenreich zuzuschreiben. Außerdem begegneten die Azteken zum erstenmal der Armbrust, der Muskete und dem Schwert der Europäer sowie berittenen Soldaten. Hinzu kommt, daß der Aztekenherrscher Moctezuma glaubte, Cortés sei ein zurückgekehrter Gott.

Was auch immer der Grund gewesen sein mag, den erfolgreichen Konquistadoren folgten sehr bald die „Bauern, Bergleute und Priester, die alle dazu ausgerüstet waren, sich in einer neuen Welt eine dauernde Bleibe zu schaffen“. Was hatte aber die Religion mit den Eroberungen zu tun?

Im Dienste ihrer Religion

In Wahrheit war die Bekehrung zum Christentum ein vorrangiges Anliegen bei dem großen Abenteuer. In Spanien, dem Heimatland der Mehrheit der Konquistadoren, hatten zwei herausragende Herrscher, Ferdinand II. und Isabella I., „eine Welle nationalistischen und religiösen Feuereifers entfacht“, die ihren größten Niederschlag in der Eroberung Lateinamerikas fand (The Encyclopædia Britannica).

Im Jahre 1493 teilte Papst Alexander VI. die Welt zwischen den portugiesischen und den spanischen Eroberern auf, indem er Spanien alles zuteilte, was westlich einer gedachten Linie lag, die sich vom Nordpol zum Südpol erstreckte, 480 Kilometer westlich der Kapverdischen Inseln. Das erfolgte „als Gegenleistung für die Bekehrung der Heiden“. Durch den Vertrag von Tordesillas bestätigten später beide Mächte diese Aufteilung und korrigierten sie, indem sie die Linie weiter nach Westen verlegten.

Interessanterweise sind die Auswirkungen dieser päpstlichen Einmischung immer noch zu spüren. Die Küste des heutigen Brasilien lag zur Zeit ihrer Entdeckung in dem Teil der Welt, der den Portugiesen zugesprochen worden war. Folglich spricht man in Brasilien selbst heute noch Portugiesisch, während in den anderen Ländern Süd- und Mittelamerikas hauptsächlich Spanisch gesprochen wird.

Anscheinend verloren viele Konquistadoren den religiösen Aspekt ihrer Mission nicht aus dem Sinn. Professor P. J. Mahon und der Jesuitenpriester J. M. Hayes schrieben zum Beispiel: „Cortés verlor die Bekehrung der Ureinwohner niemals aus den Augen. In einem seiner Berichte an den König, der aus dem Jahre 1524 stammt, sagte er: ‚Sooft ich Eurer Heiligen Majestät geschrieben habe, habe ich Eurer Hoheit von der Bereitschaft nicht weniger Ureinwohner berichtet, unseren heiligen katholischen Glauben anzunehmen und Christen zu werden. Und ich habe Eure Königliche Majestät ersucht, daß Ihr die Güte haben mögt, zu diesem Zweck tiefreligiöse Menschen, die ein redliches Leben führen und ein gutes Beispiel geben, bereitzustellen‘“ (Trials and Triumphs of the Catholic Church in America).

Der Historiker William H. Prescott berichtet: „Der spanischen Regierung lag nichts mehr am Herzen als die Bekehrung der Indianer. Ihre Weisungen waren immerzu von diesem Hauptgedanken geprägt und verliehen den militärischen Unternehmungen in der westlichen Hemisphäre den Charakter eines Kreuzzuges.“ Beachte jedoch folgendes: „Man hegte keinen Zweifel an der Wirksamkeit der Bekehrungsmethoden, wie abrupt der Wechsel auch immer vor sich ging und wie gewaltsam die Mittel auch immer waren. Das Schwert war ein gutes Argument, wenn die Zunge versagte.“

Nichtsdestoweniger gingen jene Abenteurer oft mit einer sonderbaren Mischung aus Aufrichtigkeit und Brutalität an ihr Bekehrungswerk. Als Beispiel diene das, was Atahualpa, dem Herrscher der Inkas, widerfuhr.

Die Bekehrung Atahualpas

Der Eroberer des Inkareiches war Pizarro. Da Pizarro nur wenig Soldaten hatte, dachte er, der einzige Weg, wie das Inkareich eingenommen werden könne, sei, Atahualpa als Geisel gefangenzunehmen. Er vereinbarte für den 16. November 1532 eine Begegnung mit dem Herrscher der Inkas in Cajamarca. Vor dem Eintreffen Atahualpas stationierte Pizarro jedoch seine Soldaten heimlich an drei Seiten des Marktplatzes der Stadt. Danach traf der Herrscher mit über 3 000 seiner Männer ein — von kleinen Knüppeln und Steinschleudern abgesehen, waren alle unbewaffnet.

Der Historiker Robert Barton berichtet, was dann geschah: „Ein Dominikanermönch namens Vincente de Valverde näherte sich mit der Bibel in der Hand dem Thron, um über die heiligen Mächte des Christentums zu sprechen. Er beschrieb zunächst den Schöpfer und sprach dann ausführlicher über Jesus Christus und sein großes Opfer am Kreuz. Abschließend bat er Atahualpa, sich von seiner heidnischen Religion loszusagen und die Oberhoheit Karls V. anzuerkennen, der ihn von nun an in dieser Welt ebenso beschützen werde wie Jesus Christus in der kommenden“ (A Short History of the Republic of Bolivia).

Den Inkaherrscher muß diese Predigt in Erstaunen versetzt haben. Wie Barton schreibt, antwortete er: „Was deinen Gott betrifft, Er wurde von den Menschen, die Er selbst erschaffen hatte, zu Tode gebracht, meiner hingegen“, und dabei wies er auf die große rote Sonne, die gerade hinter den Bergen versank, „meiner lebt ewig und beschützt seine Kinder. Wer hat dich ermächtigt, so zu reden?“ Der Mönch Vincente zeigte auf die Bibel und überreichte sie Atahualpa, der sie auf den Boden warf. Der Pater hob die Bibel auf und eilte zu Pizarro, um ihm zu berichten, was geschehen war. Gemäß Berichten soll Vincente gesagt haben: „Greife sofort an. Ich spreche dich von der Sünde frei.“ Pizarro gab den Feuerbefehl, und Hunderte wehrloser Indianer wurden abgeschlachtet; Atahualpa wurde gefangengesetzt.

Um freigelassen zu werden, verhandelte Atahualpa mit Pizarro. Er bot ein unerhörtes Lösegeld in Form von Gold und Silber an, und Pizarro stimmte zu, es anzunehmen. Als der Schatz ordnungsgemäß übergeben wurde, brach Pizarro aber sein Versprechen. Atahualpa wurde einem Gerichtsverfahren unterzogen und unter dem Vorwand, ein Götzenverehrer zu sein, zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt. Viele der Ratgeber Pizarros protestierten gegen eine solch hinterhältige Handlungsweise — jedoch nicht der Priester Valverde. Schließlich bekannte sich Atahualpa zum Christentum und ließ sich taufen. Dessenungeachtet wurde er am 29. August 1533 erdrosselt.

Pizarro brachte darauf die Eroberung des Inkareiches zum Abschluß. Auf seinen Eroberungszügen „errichtete er Kirchen, zerstörte Götzenbilder und stellte an den Landstraßen Kreuze auf“ (The Trials and Triumphs of the Catholic Church in America). Ist anzunehmen, daß es sich bei der Religion, die er auf diese Weise verbreitete, um das wahre Christentum handelte?

War das Unternehmen erfolgreich?

Die Konquistadoren hatten, militärisch gesehen, Erfolg. Obwohl wenige, vergrößerten sie das Reich ihrer Mutterländer, und die meisten von ihnen wurden reich und berühmt. Wurden durch ihr gewaltsames Vorgehen jedoch irgendwelche christlichen Ziele erreicht?

Eine Zeitlang muß es so ausgesehen haben. „Die Priester, die die ersten Feldzüge begleiteten, zerstörten in aller Aufrichtigkeit Tempel und Götzenbilder und brandmarkten das Heidentum; als aus Spanien Missionare eintrafen, setzte eine umfangreiche Bekehrung ein ... Die Indianer ließen sich mit großer Begeisterung taufen“ (Encyclopædia Britannica). Wie tiefgreifend waren denn die Bekehrungen?

Der Historiker Ruggiero Romano kommentierte: „Obwohl den Ureinwohnern dieses Landes das Evangelium über einen langen Zeitraum verkündet worden ist, sind sie heute ebensowenig als Christen zu bezeichnen wie zur Zeit der Eroberung, denn was ihren Glauben betrifft, besitzen sie heute nicht mehr als damals. In Bolivien und im Süden Perus ist die alte heidnische Gottheit Pacha-Mama (Erdmutter) immer noch lebendig, wenn sie auch der Jungfrau Maria angepaßt wurde ... Die Verehrung der Jungfrau von Guadalupe in Mexiko hat ihre Wurzeln in der Verehrung der Göttin Tonantzin (Mutter der Götter)“ (Mecanismos da Conquista Colonial).

Derselbe Autor sagte: „Die Evangelisierung führte in vielen Fällen zum Mißerfolg ... Warum? Weil die Verkündigung des Evangeliums selbst von Gewalt gekennzeichnet ist. Wie kann man eine Religion empfehlen, deren Führer vorgeben, Liebe zu üben, aber die Meinung vertreten, daß ‚niemand daran zweifeln kann, daß Schießpulver, das gegen Ungläubige eingesetzt wird, wie Weihrauch für den Herrn ist‘?“

Nein, echte christliche Ziele können nie und nimmer durch derartige Gewaltmaßnahmen erreicht werden. Zwangsbekehrungen können niemals bewirken, daß jemand seine Persönlichkeit ändert und die Verpflichtungen übernimmt, die das wahre Christentum mit sich bringt. Vielmehr werden die „Evangelisten“ ihrerseits moralisch verdorben. Man beachte, daß in vielen jener Länder, die von bewaffneten evangelisierenden Konquistadoren mit dem Schwert erschlossen wurden, immer noch ernste Konflikte und Auseinandersetzungen bestehen. Und heutzutage fördern dort Priester und Nonnen, die für die „Befreiungstheologie“ eintreten, den Kampf mit modernen Waffen.

Jesus ging anders vor. Erinnerst du dich, wie er in der Nacht, in der er verhaftet wurde, reagierte, als der Apostel Petrus versuchte, ihn mit einem Schwert zu beschützen? Jesus sagte: „Stecke dein Schwert wieder an seinen Platz, denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen“ (Matthäus 26:52). An demselben Tag sagte Jesus ein wenig später zu Pontius Pilatus: „Mein Königreich ist kein Teil dieser Welt. Wäre mein Königreich ein Teil dieser Welt, so hätten meine Diener gekämpft, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde. Nun aber ist mein Königreich nicht von daher“ (Johannes 18:36).

Diese furchtlosen und nachdenklich stimmenden Worte Jesu zeigen, daß er, wenn er heute als Mensch auf der Erde leben würde, sicherlich kein Freiheitskämpfer wäre, der zu den Waffen greifen würde. Folglich können sich diejenigen, die Jesu Fußstapfen genau nachfolgen, an einem derart gewaltsamen Vorgehen nicht beteiligen (1. Petrus 2:21-23). Wir müssen uns daher die Frage stellen: Wessen „Königreich“ wurde in Wirklichkeit von Kriegern wie Cortés oder Pizarro vertreten? Und für welches „Königreich“ kämpfen heute jene aktivistischen Geistlichen der Protestanten und der Katholiken? Es liegt auf der Hand, daß sie nicht zugunsten des Königreiches kämpfen, über das Jesus Christus herrscht.

[Herausgestellter Text auf Seite 18]

Die Konquistadoren gingen oft mit einer sonderbaren Mischung aus Aufrichtigkeit und Brutalität an ihr Bekehrungswerk

[Herausgestellter Text auf Seite 19]

Obwohl sie eine Religion empfahlen, die sich zur Liebe bekennt, betrachteten sie das Schießpulver, das gegen Ungläubige eingesetzt wurde, als „Weihrauch für den Herrn“

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