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  • g90 22. 10. S. 20-23
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  • Wenn Krebs verheimlicht wird
  • Erwachet! 1990
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  • Warum nicht früher informiert
  • Auf Isolierstation im Krankenhaus
  • Mein Entschluß, Gott zu dienen
  • Die Blutfrage
  • Operation und Kobalttherapie
  • Mein Lebensziel verwirklicht
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Erwachet! 1990
g90 22. 10. S. 20-23

Wenn Krebs verheimlicht wird

EINES Tages im Mai 1987 blätterte ich in der Erwachet!-Ausgabe vom 8. Juni und las die „Leserbriefe“. Mir fiel sofort ein Brief aus Japan ins Auge, der wie folgt begann:

„Wir möchten uns für die Artikel über Krebs bedanken [8. Oktober und 22. Oktober 1986]. Bei unserer Tochter, die in 16 Jahren nie ernstlich krank war, wurde vergangenes Jahr plötzlich Tuberkulose diagnostiziert, und sie kam für sechs Monate in ein Krankenhaus. Als dann keine Tuberkelbakterien mehr nachzuweisen waren, wurde sie entlassen.“

„Erstaunlich!“ dachte ich. „Diesem Mädchen ist es genauso ergangen wie mir.“ Ich las weiter:

„Doch im darauffolgenden Monat erfuhren wir, daß sie an Schilddrüsenkrebs litt und daß sich in ihrer Lunge Metastasen gebildet hatten. Sie wurde sofort operiert, und man entfernte ihr die Schilddrüse, die umliegenden Lymphknoten und einen Teil der Lunge. Nun muß sie sich einer Kobalttherapie unterziehen.“

Eine solche Operation war bei mir vorgenommen worden. Ich wurde argwöhnisch. „Könnte es da um mich gehen?“ fragte ich mich. „Aber ich bin doch nicht krebskrank, oder?“ Mein Herz pochte, als ich den Brief hastig zu Ende las:

„Die Operation ist erfolgreich verlaufen, und sie führt ein normales Leben. Aber als Eltern waren wir ständig in Sorge und fragten uns, wie wir unserer Tochter helfen könnten. Durch die erwähnten Artikel wurden wir beruhigt und erlangten Herzensfrieden. Sie haben uns gute Hinweise gegeben, wie wir unserer Tochter in Zukunft Mut zusprechen können. H. K., Japan“

„Das sind Vatis Initialen! Bin ich also das Mädchen?“ — Ich lief zu meiner Mutter. „Du hast gemerkt, daß es um dich geht, stimmt’s?“ sagte sie mit einem flüchtigen Lächeln. Sie blickte mich forschend an. So erfuhr ich, daß ich Krebs hatte.

Warum nicht früher informiert

In Japan ist es nicht üblich, einem Patienten mitzuteilen, daß bei ihm Krebs festgestellt wurde. Die Ärzte hielten meine Eltern daher zum Stillschweigen an. Mutti wollte mich eigentlich unterrichten, aber Vati war nicht damit einverstanden. Er machte sich Sorgen, daß ich verzweifeln würde, und zögerte. So waren sie hin und her gerissen, ob sie mich einweihen sollten oder nicht.

Dann erschienen in den Erwachet!-Ausgaben vom 8. und 22. Oktober 1986 mehrere Artikel über Krebs. Nachdem meine Eltern sie gelesen hatten, beschlossen sie, mich zu einer passenden Zeit über meine Krankheit zu unterrichten. Zunächst schrieb mein Vater jedoch einen Dankbrief an die Watch Tower Society in Japan. Als sein Brief in Erwachet! veröffentlicht wurde, hatten meine Eltern das Gefühl, daß Jehova, der Gott der Bibel, hinter dieser Entwicklung stand. Es war eine liebevolle Art und Weise, mir die Krebserkrankung mitzuteilen, denn in diesem Augenblick verdrängte die Überraschung über den Brief meines Vaters alle anderen Gefühle.

Angst hatte ich nicht, da ich fest glaube, was die Bibel über den Zustand der Toten lehrt. Sie sagt, daß sie „sich nicht des geringsten bewußt“ sind (Prediger 9:5). Ich vertraue auch auf die biblische Verheißung, daß „alle, die in den Gedächtnisgrüften sind“, auferstehen werden (Johannes 5:28, 29).

Allerdings bedrückte mich der Gedanke, wie einsam meine Eltern bis zu meiner Auferstehung sein würden, falls ich sterben sollte. Ich bin nämlich ihr einziges Kind. „Jehova wird sie bestimmt in den Jahren der Einsamkeit stützen“, überlegte ich und verscheuchte diesen deprimierenden Gedanken.

Auf Isolierstation im Krankenhaus

Im April 1985 — zwei Jahre bevor ich die Erwachet!-Ausgabe mit dem Brief meines Vaters zur Hand nahm — kam ich auf eine weiterführende Schule. Ich war gerade 15. Nach einer Routineuntersuchung erhielt ich im Mai folgende Mitteilung: „Bronchiektasie — gründliche Untersuchung erforderlich.“

Obwohl ich mich gut fühlte, hatte dieses Fremdwort eine ernüchternde Wirkung auf mich. Ich war noch nie ernstlich krank gewesen, und jeder betrachtete mich als kerngesund. Dennoch ging ich in ein nahe gelegenes Krankenhaus, um mich gründlich untersuchen zu lassen. Dort diagnostizierte man Tuberkulose und behielt mich gleich da.

Auf der Tuberkulosestation war es alles andere als schön. Sechs Monate lang durfte mich außer meinen Eltern niemand besuchen. Briefe von Mitgläubigen und Kassettenaufnahmen von christlichen Zusammenkünften stärkten mich und halfen mir, gegen meine Traurigkeit anzukämpfen. Auch bewahrte mich das Lesen von Publikationen der Watch Tower Society davor, in meinem Denken ichbezogen zu werden. Am meisten aber half mir mein persönliches Verhältnis zu Gott, eine positive Einstellung zu bewahren.

Mein Entschluß, Gott zu dienen

Meine Eltern begannen die Bibel zu studieren, als ich vier Monate alt war. Sie überzeugten mich später von der Wahrhaftigkeit der biblischen Lehren. Im Laufe der Jahre lernte ich dank ihrer Belehrung mein Verhältnis zu Jehova immer mehr schätzen und entwickelte aus eigener Initiative Glauben an ihn. Ich gab mich Jehova hin und symbolisierte meine Hingabe am 4. Dezember 1982 mit 13 Jahren durch die Wassertaufe.

Nach fast sechs Monaten Krankenhausaufenthalt wurde ich im Oktober 1985 entlassen. Zum erstenmal in meinem Leben war mir bewußt, wie herrlich es ist, sich an der frischen Luft frei zu bewegen. Um meine Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen, beschloß ich, Gott als Hilfspionier, d. h. als zeitweiliger Vollzeitprediger, zu dienen. So setzte ich im November und Dezember freiwillig 60 Stunden für den christlichen Predigtdienst ein. Im Dezember erfuhr ich jedoch, daß ich wieder ins Krankenhaus mußte, um an der Schilddrüse operiert zu werden. Allein der Gedanke an die Abgeschiedenheit brachte mich zum Weinen.

Die Blutfrage

Gottes Wort weist Christen an, ‘sich von Blut zu enthalten’, und als getaufte Dienerin Jehovas wollte ich alles tun, um ihm wohlzugefallen (Apostelgeschichte 15:29). Da ich operiert werden mußte, sprach ich mit meinem Arzt darüber und erklärte ihm, warum ich Bluttransfusionen ablehne. Er respektierte meinen Standpunkt und sagte mir, daß ich mir keine Sorgen zu machen brauchte.

Doch am Tag vor der Operation brachte man mich in einen Krankenhaussaal, wo über ein Dutzend Ärzte auf mich warteten. Diese Chirurgen, die ich nie zuvor gesehen hatte, sollten bei meiner Operation zugegen sein. Mein Herz schlug schneller beim Anblick von so vielen Experten.

„Wir möchten gern die morgige Operation mit Ihnen besprechen“, begann der verantwortliche Arzt. „Wir werden sowohl die Lunge als auch die Schilddrüse freilegen. Sind Sie, was Ihren Standpunkt zu Bluttransfusionen betrifft, sicher, daß wir so vorgehen sollen, wie Sie sagten, selbst wenn eine unvorhersehbare Notsituation eintritt?“

„Ja, da bin ich ganz sicher“, erwiderte ich, während die Ärzte gespannt zuhörten. „Respektieren Sie meinen Wunsch bitte.“

Dann stellten einige Fragen, wie zum Beispiel: „Warum lehnen Sie Bluttransfusionen ab?“ „Ist das wirklich Ihre Meinung?“ Alle hörten respektvoll zu, als ich die Fragen beantwortete. Meine anfängliche Aufgeregtheit legte sich allmählich, und ich erzählte, wie es dazu gekommen war, daß ich mir Gottes Ansicht über Blut zu eigen gemacht hatte. Ich erklärte auch, daß mich mein eigener Wunsch, Gottes Gesetz anzuerkennen, und nicht Druck von meinen Eltern bewogen hatte, eine blutlose Operation zu verlangen. Die Ärzte versicherten mir freundlich, daß sie meinen Standpunkt respektierten und daß ich mir keine Sorgen zu machen brauchte, da sie sich gründlich auf die Operation vorbereiten würden.

Operation und Kobalttherapie

Bei der Operation entfernte man mir die Schilddrüse, Lymphknoten und einen Teil der Lunge. Die Ärzte erkannten, daß das, was sie anfänglich als Tuberkulose diagnostiziert hatten, in Wirklichkeit Metastasen von dem Schilddrüsenkrebs waren. Man teilte mir aber nicht mit, daß bei der Operation Krebs festgestellt wurde.

Da meine Stimmbänder bei der Operation in Mitleidenschaft gezogen wurden, sagten die Ärzte meinen Eltern, daß ich mich möglicherweise einer weiteren Operation unterziehen müßte, um wieder sprechen zu können. Deshalb waren sowohl die Ärzte als auch meine Eltern überglücklich, als ich wieder zu mir kam und fragte: „Sie haben doch kein Blut verwendet?“

Dank der Bemühungen der Ärzte war die Operation gelungen, und ich bewahrte ein reines christliches Gewissen. Man eröffnete meinen Eltern jedoch: „Vielleicht hat sie nur noch vier Jahre zu leben. Womöglich stirbt sie sogar in diesem Jahr. Sie wird zuletzt kaum mehr Luft bekommen und einen qualvollen Tod sterben. Von nun an wird sie abnehmen, ganz gleich, wieviel sie ißt. Stellen Sie sich bitte auf solche Folgen ein.“ Natürlich wußte ich nichts von dieser schrecklichen Prognose. Aber meine Eltern waren schockiert und tieftraurig.

Nach der Operation im Januar 1986 mußte ich im Februar zur Kobalttherapie ins Krankenhaus gehen und dann erneut im November desselben Jahres. Der Arzt, der in den Behandlungsraum kam, war mit einer speziellen Schürze und mit Handschuhen geschützt. Er holte zwei Kapseln aus einer Dose, die ich hinunterschlucken sollte. Ich nahm radioaktives Material auf, das innerlich arbeitete. Daher strahlte ich und mußte jeweils eine Woche in einem Einzelzimmer abgeschirmt werden. Außer zu den Krankenschwestern, die mir das Essen brachten, hatte ich zu niemandem Kontakt.

Ich muß sagen, daß ich mich über den Aufwand und die Tragweite der Behandlung wunderte. Doch wie es eben in Japan Brauch ist, wurde mir meine Krebserkrankung verheimlicht.

Da der Raum im Souterrain lag und man wegen der Strahlung eine Abschirmung aufgebaut hatte, konnte ich durch die Fenster nicht viel sehen. Wie wohltuend es war, wenn Mitchristen kamen und mir zuwinkten! Ich verspürte ihre Liebe, die mich in meiner Abgeschiedenheit stützte.

Mein Lebensziel verwirklicht

Während der Kobalttherapie fragte mich eine Krankenschwester, wie ich so freudig bleiben konnte. Ich sagte ihr, daß ich durch ein Bibelstudium Herzensfrieden erlangt hätte (Psalm 41:3). Das Gespräch weckte ihr Interesse, und sie begann, die Bibel zu studieren.

Mit anderen über Gott zu sprechen hat mich stets glücklich gemacht. Schon als Kind hatte ich das Ziel, eine Vollzeitpredigerin der Zeugen Jehovas zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, mußte ich Schule, Predigtdienst und meinen Kampf gegen den Krebs unter einen Hut bringen. Ich war überglücklich, als ich im März 1988 gleich nach meinem Schulabschluß zum allgemeinen Pionier ernannt wurde.

Natürlich bin ich nicht völlig geheilt. Obwohl ich mich zur Zeit nicht besonders schwach fühle, muß ich hin und wieder zur Nachuntersuchung ins Krankenhaus. Aber selbst dort bin ich in der Lage, mit Ärzten, Krankenschwestern und Patienten über die von Gott gewährte Hoffnung auf ewiges Leben in einer neuen Welt zu sprechen (Offenbarung 21:3, 4).

Einmal sagte jemand vom Krankenhauspersonal zu meinen Eltern: „Mit ihrer angegriffenen Lunge müßte Rie eigentlich keuchen und röcheln und einfach untätig herumsitzen. Aber sie läuft umher. Das ist mir ein Rätsel. Ist sie wegen Ihrer Religion so aktiv und freudig?“

Tatsächlich habe ich ein Rezept gegen Entmutigung. Es ist mein Verhältnis zu Jehova Gott. Er gibt mir die Kraft, gegen meine Krankheit anzukämpfen (Philipper 4:13). Deshalb bewahre ich trotz allem Herzensfrieden und verliere die Hoffnung nicht. Natürlich würde ich gern in Jehovas neue Welt hinüberleben, wo „kein Bewohner ... sagen [wird]: ‚Ich bin krank‘“ (Jesaja 33:24). Aber was auch immer geschieht, selbst wenn ich sterben sollte, bin ich zuversichtlich, daß Jehova mich nicht vergessen wird, sofern ich mir nicht sein Mißfallen zuziehe. (Von Rie Kinoshita erzählt.)

[Bild auf Seite 23]

Seit März 1988 stehe ich im Vollzeitpredigtdienst

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