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  • Die Aralsee-Tragödie
  • Erwachet! 1992
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Erwachet! 1992
g92 22. 8. S. 24-27

Die Aralsee-Tragödie

DIE Geschichte des Menschen kennt kein anderes Beispiel dafür, daß jemals ein ganzes Meer innerhalb einer einzigen Generation vom Angesicht der Erde verschwunden wäre.“

Nach dieser Bemerkung erklärte R. W. Chabibullaen, ein bekanntes Mitglied der Wissenschaftsgemeinde der ehemaligen Sowjetunion: „Das ist leider das traurige Schicksal, das den Aralsee bedroht.“

Dieser riesige See liegt in den Wüstenregionen Usbekistans und Kasachstans — ehemaligen zentralasiatischen Sowjetrepubliken. 1960 bedeckte er etwa 67 000 Quadratkilometer und war damit das viertgrößte Binnengewässer der Welt. Nur das nahe gelegene Kaspische Meer, der Obere See in Nordamerika und der Victoriasee in Afrika waren flächenmäßig größer.

In den letzten 30 Jahren hat der Aralsee jedoch mehr als ein Drittel seiner Fläche und circa zwei Drittel seines Wasservolumens eingebüßt. Über 28 000 Quadratkilometer (oder fast die Fläche des Landes Brandenburg) sind verschwunden. Der Wasserspiegel ist um mehr als 12 Meter gesunken, und an einigen Stellen ist die Küstenlinie 80 bis 100 Kilometer zurückgewichen. Wo einst wunderschöne blaue Fluten von Fischen wimmelten, breitet sich heute der unwirtliche Sand des trockengefallenen Meeresbodens aus. Ehemals blühende Fischerdörfer liegen jetzt verlassen viele Kilometer vom Ufer entfernt.

Ende der 50er Jahre lieferte der Aralsee jährlich um die 45 000 Tonnen marktfähigen Fisch. In seinen schwach salzigen Wassern tummelten sich 24 Arten von Süßwasserfischen in riesigen Mengen. Allein von Muniak aus, wo 3 Prozent der jährlichen Fangmenge der Sowjetunion verarbeitet wurden, betrieben etwa 10 000 Fischer ihr Geschäft. Doch die einst blühende Fischwirtschaft, die 60 000 Menschen Arbeit bot, ist jetzt tot; der zunehmende Salzgehalt des Wassers hat die Fische vergiftet.

Ein beispielloser Anblick

Erstaunlicherweise liegt Muniak, dessen Bevölkerung von über 30 000 auf etwa 20 000 gesunken ist, heute mehr als 30 Kilometer von dem sich zurückziehenden Meer entfernt. Ein Besucher aus den Vereinigten Staaten entdeckte beim Anflug auf die Stadt „etwas, was wie Spielzeugschiffe aussah, die mit Schlagseite in der Wüste lagen“. Nachdem er sich dann am Boden genauer umgeschaut hatte, bemerkte er: „Dutzende von riesigen stählernen Trawlern und anderen Schiffen lagen auf der Seite, teilweise im Sand begraben, so als wenn eine gewaltige Flutwelle sie meilenweit ins Land geworfen hätte.“

Als sich das Wasser zurückzuziehen begann, wurde ein Kanal gebaut, damit die Schiffe im Hafen von Muniak Zugang zum Aralsee hätten. Doch der Bürgermeister der Stadt erklärte: „Im Winter 1974 ging das Meer schnell zurück, und im Frühjahr, wenn die Schiffe normalerweise flottgemacht wurden, lagen sie auf dem Trockenen, und es war unmöglich, sie zu bewegen.“

Wie kam es zu dieser Katastrophe?

Warum das Meer verschwindet

Seit Menschengedenken erhält der Aralsee sein Wasser aus zwei großen Flüssen, dem Amudarja und dem Syrdarja. Diese Flüsse werden von Schmelzwasser aus den Bergen des nordöstlichen Afghanistans und Kirgistans gespeist. Um das trockene Aralbecken in ein wichtiges Landwirtschaftsgebiet zu verwandeln, wurde das Wasser in Bewässerungskanäle geleitet, so daß kaum noch etwas für den See übrigblieb.

Das sogenannte Aralsee-Projekt wurde 1960 ins Leben gerufen, und binnen kurzem war die bewässerte Fläche auf 6,8 Millionen Hektar angewachsen, doppelt so groß wie in Kalifornien (Vereinigte Staaten). In der Wüste blühten die Äcker, doch bald begann der See zu verschwinden.

Hat der Nutzen die Schädigung des Sees aufgewogen?

Nutzen mit traurigen Folgen

Das wichtigste landwirtschaftliche Produkt ist die Baumwolle, die etwa die Hälfte des Bodens beansprucht. Bevor sich die Sowjetunion auflöste, kamen 95 Prozent der im Land verbrauchten Baumwolle aus dem bewässerten Gebiet des Aralbeckens. Darüber hinaus gab es noch einen Überschuß, der gegen benötigte Devisen exportiert wurde. Hier wurden auch 40 Prozent der sowjetischen Reisernte produziert.

Außerdem wurde das Aralbecken zum Hauptlieferanten des Landes für frisches Obst und Gemüse, etwa so wie Kalifornien für die Vereinigten Staaten. Für die schnell wachsende Bevölkerung von fast 40 Millionen Menschen in dieser Gegend wurden Arbeitsmöglichkeiten geschaffen. Man bewies allerdings wenig Voraussicht, was die Auswirkungen auf die Umwelt betraf.

Zum Beispiel wurden die Bewässerungskanäle nicht mit Beton ausgekleidet. Die Folge davon ist, daß der größte Teil des Wassers in dem sandigen Boden versickert, ehe es überhaupt die Felder erreicht. Auch wurden riesige Mengen gefährlicher Pestizide eingesetzt wie z. B. starke Herbizide, mit denen man die Baumwollpflanzen zur Erleichterung der Ernte entlaubte.

Die Umweltschäden sind daher gewaltig und gehen weit über den Ruin der Fischwirtschaft am Aralsee hinaus. Jedes Jahr wirbelt beispielsweise der Wind von den 28 000 Quadratkilometern freigelegtem Meeresboden zigmillionen Tonnen Sand und Salz zu Staubwolken auf, die so groß sind, daß sie sogar aus dem All beobachtet werden können.

Niederschläge aus diesen Wolken, entweder in Form von Staub oder von Regen, enthalten giftige Mengen an Salzen, Pestiziden und anderen Stoffen. Auf Teile des Aralbeckens gehen jährlich pro Quadratmeter bis zu 100 Gramm dieser Sand-Salz-Mischung nieder. Staub aus dem Aralbecken ist selbst in so weit entfernten Gebieten wie der arktischen Küste Rußlands gefunden worden.

Eine weitere beklemmende Aussicht hat mit den Auswirkungen zu tun, die das Schrumpfen des Aralsees auf das Wetter hat. Der mäßigende Einfluß des Sees hat nachgelassen, so daß die Sommertemperaturen höher und die Wintertemperaturen niedriger ausfallen. Die Fröste ziehen sich bis weit in den Frühling hinein und beginnen im Herbst früher, wodurch sich die Wachstumsperiode verkürzt.

Außerdem hat die Schädigung des Arals die Tierwelt stark in Mitleidenschaft gezogen. Noch vor ein paar Jahren lebten in der Umgebung des Aralsees über 170 Tierarten, jetzt sind es weniger als 40. Anfang der 60er Jahre lieferte die Gegend jährlich mehr als 600 000 Bisamrattenfelle, heute praktisch keines mehr. Der steigende Mineraliengehalt des Sees hat zum Tod der Wüstentiere geführt, die dort ihren Durst gelöscht haben.

Sterbendes Land und kranke Menschen

Tragischerweise wird das Land durch die Salzkonzentration im Boden vergiftet. Wird Wüstenboden bewässert, läßt die heiße Sonne einen Großteil des Wassers verdunsten, wodurch sich die Salze im Boden konzentrieren. Und wenn große Mengen Bewässerungswasser im Boden versickern, steigt nach und nach der Grundwasserspiegel an. Erreicht dann das verseuchte Wasser die Pflanzenwurzeln, werden sie dadurch geschädigt. Genau das passiert im Aralbecken. „Die gleiche Geißel, die zum Niedergang der alten mesopotamischen Kulturen beitrug, fordert jetzt ein weiteres Opfer“, erklärte ein Publizist.

Auch die Menschen werden vergiftet. Pestizide und Herbizide versickern und verseuchen das Brunnenwasser. So trinken viele Menschen mit gefährlichen Chemikalien belastetes Wasser, und das mit tragischen Folgen. „Die lokale medizinische Literatur ist“, wie die Zeitschrift World Watch bemerkte, „voller Berichte über Geburtsschäden, zunehmende Leber- und Nierenerkrankungen, chronische Gastritis, steigende Kindersterblichkeit und galoppierende Krebsraten.“

Dr. Leonid Elpiner, der sich auf die gesundheitlichen Probleme am Aralsee spezialisiert hat, beschrieb die Beschwerden in dieser Gegend als „Pestizid-Aids“. Er sagte: „Die Hauptaufgabe ist unserer Meinung nach nicht mehr die Rettung des Aralsees. Es ist die Rettung der Bevölkerung.“

William S. Ellis, Redakteur von National Geographic und einer der ersten Amerikaner, die jene Gegend besuchten, schrieb: „Das Meer ist eine fortschreitende Umwelttragödie — sie steht, wie viele sagen, mindestens auf gleicher Stufe mit der Atomkatastrophe von Tschernobyl 1986.“ Bei einer Konferenz in Muniak bezeichnete ein Anwesender sie sogar als „zehnmal schlimmer“.

Was mit dem Aralsee geschieht, ist wirklich eine Tragödie. Doch sie war nicht beabsichtigt. Die Leute in der Verwaltung hatten es gut gemeint. Sie versuchten, die Wüste zum Blühen zu bringen, um die Bevölkerung zu ernähren. Aber die Ausführung ihrer Pläne hat furchtbares Leid verursacht, das den Nutzen bei weitem übertrifft.

In einer Abhandlung über die Aralsee-Tragödie sprach ein Publizist von der Verantwortung des Menschen, den künftigen Generationen die Erde „als einen gut gepflegten und veredelten Ort“ zu hinterlassen. Unglücklicherweise ist hier genau das Gegenteil geschehen, wie das die einschneidenden Veränderungen zeigen, die vor 30 Jahren im Aralbecken ihren Anfang nahmen.

[Bild auf Seite 24, 25]

Die Küstenlinie des Aralsees ist bis zu 100 Kilometer zurückgewichen und hat dabei im Sand gestrandete Schiffe zurückgelassen

[Bildnachweis]

David Turnley/Black Star

[Bild auf Seite 26]

Durch Bewässerung wurde das Aralbecken in fruchtbares Land verwandelt, allerdings zu einem horrenden Preis

[Bildnachweis]

David Turnley/Black Star

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