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  • „Der Gast hat immer Recht!“
  • Erwachet! 1997
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Erwachet! 1997
g97 22. 12. S. 19-24

„Der Gast hat immer Recht!“

VON WEI TUNG CHIN ERZÄHLT

Mein Mann sagte mir früher immer, ich solle mich nicht mit „diesen religiösen Leuten, die an den Türen klingeln“, einlassen. Wenn Jehovas Zeugen an unsere Tür kamen, erklärte ich ihnen also stets, wir seien nicht interessiert. Mein Mann sagte jedoch auch ständig zu mir: „Der Gast hat immer recht!“ Als daher eine Zeugin in unser Restaurant, den „Roten Drachen“, kam und mir etwas über ihre Religion erzählen wollte, fühlte ich mich genötigt, ihr zuzuhören.

MEIN Mann Tong Y. besaß ein chinesisches Restaurant an der St. Clair Avenue in Cleveland (Ohio): den „Roten Drachen“. Dort prägte er mir nach unserer Heirat den Leitspruch ein: „Der Gast hat immer recht!“

T. Y. war nach Amerika gekommen, um auf die Universität New York zu gehen. Nach Abschluß seines Studiums im Jahr 1927 arbeitete er in einem Restaurant in der Umgebung des Times Square in New York. Als er die Leute beim Essen in den Schnellgaststätten der Drugstores beobachtete, wo Kochmöglichkeiten nur begrenzt sind, kam er auf die Idee, chow mein zu verkaufen, ein warmes chinesisches Gericht.

Das kleine Restaurant, das er in Greenwich Village eröffnete, hatte bald großen Zulauf. 1932 ging er nach Cleveland (Ohio) und eröffnete den „Roten Drachen“, in dem 200 Gäste Platz hatten. Eine Clevelander Zeitung schrieb im September 1932: „Nachdem Tong Y. Chin den Gaumen von Millionen Menschen im Osten erfreut hat, kommt er jetzt in die Region der Großen Seen und macht in Cleveland seine erste Außenstelle im Mittelwesten mit frisch zubereitetem chow mein auf — ein Geschäft, das nach fünf Jahren inzwischen eine Million Dollar jährlich einbringt.“

Bevor ich erkläre, wie T. Y. und ich uns kennenlernten, möchte ich gern über meine Kindheit in China erzählen, weil dadurch mein Leben stark geprägt wurde.

Aus ärmlichen Verhältnissen

Wenn ich an meine frühe Kindheit zurückdenke, sehe ich meine Mutter auf der Suche nach Nahrung unser kleines Dorf auf dem chinesischen Festland verlassen. Meine Eltern waren so arm, daß sie einige ihrer Kinder zur Adoption freigeben mußten. Eines Tages, ich war erst zwei oder drei Jahre alt, kam Vater mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen nach Hause. Ich ahnte nichts Gutes.

Kurz danach nahm mich meine Mutter bei der Hand, und wir gingen auf einem schmalen schlammigen Weg durch die Reisfelder, immer auf der Hut, rechts und links nicht ins Wasser zu fallen. Wir machten bei einem Haus halt, wo Mutter mit einem lächelnden Mädchen sprach, und dann bei einem anderen Haus, wo das Mädchen finster und ernst dreinblickte. Ich kann mich nicht erinnern, diese Mädchen vorher je gesehen zu haben. Sie waren meine älteren Schwestern. Als sie sich von mir verabschiedeten, hatte ich das eigenartige Gefühl, daß wir uns nie wiedersehen würden.

Unterwegs redete Mutter unaufhörlich und erzählte mir von sich, meinem Vater und meinen Brüdern und Schwestern. Ich sehe noch heute Mutters liebe traurige Augen vor mir. Als wir an unserem Ziel angekommen waren, dachte ich: „Hier stimmt etwas nicht.“ Das Haus erschien mir düster und trist. Das war mein neues Zuhause. Ich wollte kein Schläfchen machen, aber meine Mutter und meine Adoptiveltern zwangen mich dazu. Bald darauf war ich eingeschlafen, und als ich wieder aufwachte, war Mutter verschwunden. Ich sah sie nie wieder.

Eine traurige Kindheit

Nun hatte ich zwar genug zu essen, erhielt aber wenig Liebe, und mir war so unsagbar schwer ums Herz. Jeden Morgen wachte ich weinend auf. Mir fehlten meine Mutter und mein älterer Bruder, der bei ihr geblieben war. Oft dachte ich an Selbstmord. Als ich älter wurde, wünschte ich mir so sehr, in die Schule zu gehen, aber meine Adoptiveltern behielten mich zum Arbeiten zu Hause.

Ich war neun, als wir dann weit weg nach Schanghai zogen. „Jetzt bist du alt genug, um einzukaufen und zu kochen“, sagte man mir. So kamen diese Aufgaben noch zu meinen täglichen Pflichten hinzu. Meine Adoptiveltern gaben mir jeden Tag so viel Geld, daß ich Lebensmittel für drei Mahlzeiten kaufen konnte. Auf dem Weg zum Markt kam ich immer an Bettlern vorbei; sie taten mir leid, weil sie hungrig waren. Es gelang mir, ihnen jedesmal eine oder zwei Münzen zu geben und dennoch genug übrig zu haben, um die Lebensmittel zu kaufen, die ich brauchte.

Wie gern ich doch zur Schule gegangen wäre und etwas gelernt hätte! „In sechs Monaten werden wir dich für die Schule anmelden“, versprachen meine Adoptiveltern. Als es soweit war, hieß es: „In sechs Monaten.“ Mit der Zeit wurde mir klar, daß ich nie zur Schule geschickt werden würde. Es zerriß mir das Herz. Ich fing an, alle im Haus zu hassen. Oft schloß ich mich im Badezimmer ein und betete. Obwohl wir an viele Götter glaubten, wußte ich irgendwie, daß es einen „Hauptgott“ geben mußte, der mächtiger war als alle anderen. Zu ihm betete ich also: „Warum gibt es so viel Leid und Trauer?“ Viele Jahre lang stellte ich diese Frage im Gebet.

Die Ehe verändert mein Leben

Damals waren in China arrangierte Eheschließungen üblich. Ein Kommilitone von T. Y., der nach China zurückgekehrt war, schrieb ihm: „Du hast die Dreißig schon überschritten und bist immer noch nicht verheiratet.“ Dann erzählte er von mir und schrieb weiter: „Sie ist 18 Jahre alt; sie hat ein liebes Gesicht und einen ebenso lieben Charakter. ... Ich würde mir das ernsthaft überlegen, Tong Y. Chin.“ Und er legte ein Foto von mir bei.

T. Y. schrieb daraufhin an meine Adoptiveltern: „Ich habe ein Foto Ihrer ehrenwerten Tochter gesehen. Falls wir, nachdem wir uns getroffen und etwas Zeit miteinander verbracht haben, feststellen, daß unsere Herzen füreinander schlagen, würde ich sie gern heiraten.“ T. Y. kam nach Schanghai, und wir lernten uns kennen. Obgleich ich dachte, daß er zu reif für mich sei, überlegte ich mir, daß ich durch die Heirat zumindest aus dem Haus kommen würde. Also heirateten wir im Jahr 1935 und fuhren unmittelbar danach mit dem Schiff nach Amerika. So kam ich nach Cleveland.

Trotz Reichtum schwere Probleme

Zunächst einmal gab es Kommunikationsschwierigkeiten zwischen mir und meinem Mann. Wir sprachen zwei verschiedene chinesische Dialekte: Er sprach Kantonesisch, und ich sprach den Schanghai-Dialekt. Es war, als würden wir zwei verschiedene Sprachen sprechen. Außerdem mußte ich Englisch lernen und mich an die neuen Gepflogenheiten gewöhnen. Und worin bestand meine neue Arbeit? Ich sollte eine bezaubernde, anmutige Gastgeberin sein, immer bemüht um das Wohlergehen der Gäste. Ja, ich durfte nie vergessen: „Der Gast hat immer recht!“

Mein Mann und ich arbeiteten hart, oft 16 Stunden oder mehr am Tag; die meiste Zeit über war ich schwanger. Unsere erste Tochter, Gloria, wurde 1936 geboren. Danach brachte ich in neun Jahren sechs Kinder zur Welt — drei Jungen und drei weitere Mädchen, von denen eines im Alter von nur einem Jahr starb.

In der Zwischenzeit eröffnete T. Y. viele Restaurants und Nachtklubs. Für einige Unterhaltungskünstler, wie Keye Luke, Jack Soo und Kaye Ballard, die später Berühmtheiten wurden, fing die Karriere dort an. Auch unsere chinesischen Eßwaren fanden reißenden Absatz und wurden berühmt.

Mitte der 30er Jahre war T. Y. als der chow-mein-König bekannt. Außerdem war er Vorsitzender der Vereinigung chinesischer Kaufleute und hielt Lesungen über China. Ich war in zahlreiche karitative und gesellschaftliche Aktivitäten auf städtischer und kommunaler Ebene eingebunden. Öffentliche Auftritte und die Teilnahme an Parademärschen wurden ein Teil meines Lebens. In den Zeitungen von Cleveland tauchten ständig unsere Bilder und Namen auf. Man berichtete anscheinend über alles, was wir taten oder sagten — von geschäftlichen Unternehmungen über Urlaubspläne bis hin zu meiner Schuhgröße!

Als die japanische Luftwaffe 1941 Pearl Harbor bombardierte, erklärten die Vereinigten Staaten Japan den Krieg. Da wir Asiaten waren, stießen wir auf Vorurteile. Schon vor dem Krieg erhielten wir schriftliche Morddrohungen, weil wir in einer schönen Wohngegend ein großes Haus bauten. Aber es wurde fertiggestellt, und wir zogen unsere Kinder dort groß.

Ich hatte also ein hübsches, geräumiges Haus, einen geachteten Mann, Kinder, ja sogar wunderschöne Kleider und herrlichen Schmuck. Und dennoch war ich nach wie vor nicht glücklich. Warum? Vor allem, weil wir fast kein Familienleben hatten. Ich richtete es zwar so ein, daß ich jeden Morgen aufstand, um die Kinder zu sehen, bevor sie zur Schule gingen, aber wenn sie abends zu Bett gingen, arbeiteten wir gewöhnlich. Eine Haushälterin kümmerte sich um ihre täglichen Bedürfnisse.

Wir waren Buddhisten, doch die Götter unserer Religion gaben mir keinen Trost. In Begleitung unseres ältesten Sohnes ging T. Y. stets durch das Haus, zündete Kerzen an und stellte den Göttern etwas zum Essen hin. Sie verzehrten ihre Speise jedoch nie, und die Kinder freuten sich immer, wenn sie später alles selbst aufessen durften.

Irgendwann war ich so erschöpft und so verzweifelt, daß ich dachte, meine Familie wäre ohne mich besser dran. Ich erlitt einen völligen Nervenzusammenbruch und versuchte, mir das Leben zu nehmen. Zum Glück wurde ich eiligst in ein Krankenhaus gebracht und erholte mich danach wieder.

Antwort auf meine Gebete

Einige Zeit später, im Jahr 1950, kam eine Frau mit wunderschönem weißen Haar zusammen mit ihrem Mann ins Restaurant. Als ich sie begrüßte und für ihr Wohl sorgte, erzählte sie mir von Gott. Ich war nicht interessiert. Bereits zuvor waren Zeugen Jehovas zu uns nach Hause gekommen und hatten versucht, mit mir zu sprechen, aber ich hatte sie immer schnell abgefertigt. Im Restaurant war die Situation jedoch ganz anders: „Der Gast hat immer recht!“

Die Frau — sie hieß Helen Winters — fragte mich, ob ich an die Bibel glaube. „Welche Bibel?“ erwiderte ich. „Es gibt so viele!“ Jedesmal, wenn sie kam, dachte ich bei mir: „Jetzt kommt die Nervensäge wieder!“ Sie war jedoch freundlich und ließ nicht locker. Und was sie mir von der paradiesischen Erde erzählte, wo es keine Schmerzen und kein Leid mehr geben würde, hörte sich wirklich gut an (2. Petrus 3:13; Offenbarung 21:3, 4).

Bei einem ihrer Besuche ließ sie mir einen Einladungszettel für die Zusammenkünfte im Königreichssaal zurück und machte mich auf die kurze Botschaft auf der Rückseite der Einladung aufmerksam, in der die Segnungen des Königreiches Gottes beschrieben wurden. Ich erinnere mich noch, daß ich es später las und dachte: „Wenn das nur wahr wäre!“ Sie bot mir an, mit mir zu Hause die Bibel zu studieren, und irgendwann war ich einverstanden.

Und so versammelten wir uns — Helen und ich zusammen mit meinen sechs Kindern im Alter von 5 bis 14 Jahren — jede Woche um den Tisch und studierten. Helen tat mir oft leid, denn die Kinder schienen manchmal das Interesse zu verlieren. 1951 fingen wir an, die Zusammenkünfte im Königreichssaal zu besuchen. Mir wurde bald klar, daß das, was ich lernte, die Antwort auf meine Gebete war. Darum beschloß ich, nun wirklich gut Englisch lesen zu lernen, was sehr schwierig für mich war.

Wahres Glück gefunden

Ich nahm schnell an Erkenntnis zu und gab mich Jehova Gott hin. Am 13. Oktober 1951 ließ ich mich schließlich zusammen mit meinen beiden ältesten Kindern, Gloria und Tom, auf einem großen Kongreß in Washington (D. C.) taufen. Nun hatte mein Leben endlich einen Sinn. Damals begannen meine glücklichsten Jahre.

Mein ganzes Leben hatte ich anderen Menschen gedient, doch jetzt war ich entschlossen, zuallererst unserem Schöpfer zu dienen. Ich fing an, mit allen, die mir zuhörten, über die Königreichsbotschaft zu sprechen. Ich versuchte auch, meinen Kindern einzuschärfen, wie wichtig es ist, christliche Zusammenkünfte zu besuchen und mit anderen über die wunderbaren Dinge aus Gottes Wort zu sprechen.

Von 1953 an fand das Versammlungsbuchstudium in unserem Haus statt. Fast 45 Jahre später wird es immer noch dort abgehalten. Für unsere Familie war das all die Jahre hindurch eine enorme geistige Stütze.

Geistig aktiv zu bleiben und gleichzeitig den Restaurantbetrieb aufrechtzuerhalten war keine leichte Aufgabe. Dennoch konnte ich mit vielen die Bibel studieren. Einige nahmen die biblische Wahrheit an und wurden später Pionier, wie Vollzeitprediger genannt werden. In den 50er Jahren gaben sich unsere vier Jüngeren Jehova hin und ließen sich taufen. T. Y. war an der Bibel nicht interessiert, aber er fuhr uns immer zu den Zusammenkünften und holte uns auch wieder von dort ab. Wir beschlossen, ihm nicht zu predigen, sondern uns nur untereinander auf der Heimfahrt über einen oder zwei Punkte zu unterhalten, die uns in der Zusammenkunft gefallen hatten.

Damals reiste T. Y. oft geschäftlich quer durch die Vereinigten Staaten und besuchte verschiedene Städte. Ich rief das Hauptbüro der Watch Tower Society in Brooklyn (New York) an und erklärte unsere Lage. Grant Suiter, der damalige Schriftführer und Schatzmeister der Gesellschaft, lud uns ein, bei einem Aufenthalt in New York die Gebäude der Gesellschaft zu besichtigen. T. Y. war sehr beeindruckt, besonders von der Sauberkeit in der Küche, die damals für 500 Personen eingerichtet war.

Während unseres Besuchs lernten wir Russell Kurzen kennen, der T. Y. später eine Bibel schickte. T. Y. las jeden Abend darin, bis er sie durchgelesen hatte. Später ließ sich mein Mann auf dem internationalen Kongreß der Zeugen Jehovas in New York im Jahr 1958 taufen. Zu unserer Überraschung hatte unser ältester Sohn, der inzwischen ein Mitglied der Bethelfamilie im Hauptbüro war, auf diesem Kongreß einen kurzen Programmpunkt.

Treu bis zu seinem Tod

T. Y. und ich waren oft gemeinsam im Haus-zu-Haus-Dienst unterwegs. Als sein Augenlicht nachließ, gingen wir regelmäßig in den Straßendienst. Unter der Schlagzeile „Bekehrung im ‚Roten Drachen‘“ brachte die Cleveland Press ein Bild von uns beiden, das zeigte, wie wir einem Passanten gerade die Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! anboten. Im Zeitungsbericht wurde erzählt, wie es dazu kam, daß wir Zeugen Jehovas wurden. Übrigens wurde der Name des Restaurants von „Roter Drache“ auf „Chins Restaurant“ umgeändert.

Im Lauf der Jahre bewirteten mein Mann und ich in unserem Restaurant viele Glaubensbrüder aus aller Welt. Wir haben den Rat von Bruder Fred Franz, der als Präsident der Watch Tower Bible and Tract Society diente, stets im Sinn behalten. Als er uns einmal besuchte, legte er uns ans Herz: „Seid treu, und haltet euch eng an Jehovas Organisation!“

Anfang der 70er Jahre erlitt T. Y. mehrere Schlaganfälle; am 20. August 1975 starb er. Eine Lokalzeitung veröffentlichte einen langen Nachruf und ein Bild von ihm, auf dem er im Predigtdienst den Wachtturm anbot. Unsere letzten gemeinsamen Jahre waren unsere besten Jahre. „Chins Restaurant“ wurde nach über 60 Jahren im April 1995 ein für allemal geschlossen. Für einige ging damit eine Ära zu Ende.

Geistige Ziele verfolgen

Früher einmal war es unser Wunsch gewesen, daß unsere drei Söhne den Familienbetrieb übernehmen. Doch das änderte sich; nun wollten wir, daß sie Jesu Fußstapfen folgten und Vollzeitprediger wurden. Wir fragten alle unsere Kinder, ob sie nicht gern als Pioniere in Hongkong dienen würden, um anderen Chinesen zu helfen, das kennenzulernen, was wir gelernt hatten. Wir boten ihnen unsere finanzielle Unterstützung an. Obgleich keines unserer Kinder fließend Chinesisch sprach, entschlossen sich Winifred, Victoria und Richard, nach Hongkong zu ziehen.

Unsere Tochter Winifred ist dort seit über 34 Jahren im Pionierdienst. Victoria heiratete Marcus Gum, und sie kehrten später in die Vereinigten Staaten zurück. Sie haben drei Kinder großgezogen: Stephanie und Seraiah, die in Cleveland im Vollzeitdienst sind, und Symeon, der zusammen mit seiner Frau Morfydd auf der Wachtturm-Farm in Wallkill (New York) dient. Victoria und Marcus wohnen jetzt in meiner Nähe und sehen nach mir. Er ist der vorsitzführende Aufseher der Versammlung Coventry in Cleveland.

Unsere älteste Tochter, Gloria, erkrankte 1955 an Kinderlähmung und ist seitdem an den Rollstuhl gefesselt. Sie und ihr Mann Ben leben in Escondido (Kalifornien), wo sie sich regelmäßig am Predigtdienst beteiligt. Tom ist seit über 22 Jahren im Vollzeitdienst. Er und seine Frau Esther arbeiten gegenwärtig im Wachtturm-Schulungszentrum in Patterson (New York). Richard und seine Frau Amy sind damals aus Hongkong zurückgekehrt, um bei der Pflege von T. Y. mitzuhelfen. Auch sie sind heute in Patterson. Unser Jüngster, Walden, ist jetzt schon mehr als 30 Jahre im Vollzeitdienst. In den letzten 22 Jahren haben er und seine Frau Mary Lou vielen Versammlungen in den Vereinigten Staaten im Kreis- und Bezirksdienst gedient.

Man braucht aber nicht zu denken, daß wir mit unseren Kindern nie Schwierigkeiten gehabt hätten. Ein Kind ist als Teenager von zu Hause ausgerissen und hat drei Monate lang nichts von sich hören lassen. Einer unserer Söhne war eine Zeitlang mehr am Sport interessiert als an geistigen Dingen und schwänzte unser wöchentliches Familienbibelstudium, um bei Sportveranstaltungen mitzumachen. Man bot ihm sogar mehrere Stipendien für Sportschulen an. Als er sich gegen die Stipendien und die Universität und statt dessen für den Vollzeitdienst entschied, fiel mir eine Zentnerlast vom Herzen.

Froh, zugehört zu haben

Meine Kinder sind zwar buchstäblich auf dem ganzen Erdball zerstreut, aber mein Herz hüpft jedesmal vor Freude, wenn ich daran denke, daß sie Jehova treu dienen. Ich bin jetzt 81 und muß wegen meiner Arthritis und anderer Gebrechen etwas langsamer machen, aber mein Eifer für Jehova ist nicht gedämpft. Ich versuche, mich selbst zu versorgen, damit keines meiner Kinder den Vollzeitdienst aufgeben muß, um sich um mich zu kümmern.

Sehnsüchtig blicke ich der Zeit entgegen, da sich Gottes Vorsätze vollständig erfüllen und ich meine geliebten verstorbenen Angehörigen, wie meinen Mann und meine leiblichen Eltern, und auch Helen Winters, die mit uns studiert hat, wiedersehen werde (Johannes 5:28, 29; Apostelgeschichte 24:15). Ich bin sehr froh, daß ich vor über 46 Jahren jener reizenden weißhaarigen Frau zugehört habe. Dieser Gast hatte wirklich recht!

[Bild auf Seite 21]

Bei unserer Hochzeit

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Unsere Familie im Jahr 1961; von links nach rechts: Victoria, Wei, Richard, Walden, Tom, T. Y., Winifred und Gloria im Vordergrund

[Bild auf Seite 24]

Wei Chin heute

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