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  • Im Dienst einer ehrenwerten Sache
  • Der Wachtturm verkündet Jehovas Königreich 1979
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Der Wachtturm verkündet Jehovas Königreich 1979
w79 15. 12. S. 8-14

Im Dienst einer ehrenwerten Sache

Von Charles Tareha erzählt

ALS die ersten Europäer im Jahre 1769 die Küste Neuseelands betraten, lebten die Maori, meine Vorfahren, dort. Mein Urgroßvater, Häuptling Tareha te Moananui, gehörte 1840 zu den Unterzeichnern des berühmten Vertrags von Waitangi. Dieses Abkommen machte die Maori zu Untertanen Königin Viktorias von England und verpflichtete gleichzeitig Großbritannien, alle Rechte der Maori, einschließlich der Eigentumsrechte, zu schützen.

Nach Unterzeichnung des Vertrags von Waitangi — um diese Zeit gab es nur etwa 2 000 Weiße auf Neuseeland — stieg die Zahl der europäischen Einwanderer ständig. Einige Jahre lang herrschte Frieden. Doch dann erreichten die Spannungen einen Höhepunkt, als die Weißen Land kaufen wollten, die Maori aber nicht bereit waren, es zu verkaufen. Diese Streitigkeiten führten zu den sogenannten Maori-Kriegen, die von 1860 bis 1872 andauerten.

Nach ihrer Niederlage nutzte man die Maori gehörig aus. Dr. Grenfell Price von der Universität Adelaide bemerkte dazu: „Die Maoriführer waren tot oder diskreditiert, die Maoriländereien beschlagnahmt. Die Eingeborenen wurden eine leichte Beute der Spekulanten und Zöllner.“ Mein Volk war von mehr als 200 000 Leuten auf etwa 40 000 zusammengeschrumpft. Die Maori fühlten sich ihrer Rechte beraubt, und es schien, als ob ihre Existenz als Rasse unmittelbar bedroht war.

SOLLTE ICH MICH ENGAGIEREN?

Kurz vor der Jahrhundertwende war mein Vater in das Te Aute College eingetreten, und eine Anzahl seiner Maorifreunde, darunter Sir Apirana Turupa Ngata und Te Rangi Hiroa (Dr. Peter Buck), verfolgten politische Karrieren mit dem Ziel, ihrem Volk zu helfen. Mein Vater dagegen wurde Farmer. Er besaß ein schönes, großes Haus in idealer Lage auf der Terrasse eines etwa vier Morgen großen Grundstücks. In der Nähe gehörten uns Hunderte von Morgen Land mit einem für die Landwirtschaft erstklassig geeigneten Boden. Als ich heranwuchs, hatten wir in der Hochsaison bis zu 70 Milchkühe. Papa war ein geschickter Mechaniker, Klempner und Elektriker. Uns gehörte ein eigenes Elektrizitätswerk, das unsere Farm mit Strom versorgte — Jahrzehnte bevor dies in unserer ländlichen Gegend in der Nähe von Napier allgemein üblich wurde. Sogar Europäer arbeiteten für uns.

Deshalb muß ich sagen, daß ich in meiner Jugend nie das Gefühl hatte, den Weißen unterlegen zu sein. Auch die Tatsachen sprachen dagegen. Zugegeben, bei Ankunft der Europäer im Jahre 1769 hatten die Maori keine Schrift für ihre Sprache. Doch nicht lange danach entwickelte man eine Schrift, und um das Jahr 1827 wurde die Bibel in die Maori-Sprache übersetzt. Aus unserem Volk wurden eifrige Leser, so daß man etwa 60 000 „Neue Testamente“ allein in den Jahren 1841 bis 1845 herstellte. Um diese Zeit konnten verhältnismäßig mehr Maori als Weiße lesen und schreiben.

Doch nicht zuletzt waren die Kriege gegen die Weißen daran schuld, daß für die Maori eine schwere Zeit begann. Man bedrängte viele von ihnen, sich zu engagieren; sie sollten ihrem Volk zu seinen Rechten verhelfen. Nach Ansicht sehr vieler Leute hatte man diese Rechte mit Füßen getreten. Ich erinnere mich noch an Herrn McDonnell, einen Europäer, der Papa oft besuchte und mit ihm über diese Angelegenheiten sprach und uns ermunterte, mehr für die Sache unseres Volkes zu tun.

Doch irgendwie hatte ich kein rechtes Motiv, mich darauf einzulassen. Vielleicht, weil menschliche Herrscher eine große Enttäuschung für mich waren. Aus meiner Schulzeit wußte ich, daß viele der englischen Könige und Königinnen sehr unmoralisch und schlecht gewesen waren. Und die Geschichte der Maori sah auch nicht viel besser aus.

ICH LERNE DIE GESCHICHTE DER MAORI KENNEN

Obwohl keine schriftlichen Aufzeichnungen der Maori aus der Zeit vor Beginn des 19. Jahrhunderts existieren, können sich die Maori noch an geschichtliche Einzelheiten aus viel weiter zurückliegenden Jahrhunderten erinnern. Oft erzählten mein Großvater und meine Tanten von ihren vielen Verwandten und von unseren Ahnen, selbst von denen, die vielleicht vor 20 Generationen mit einer Kanuflotte Neuseeland erreichten, ja manchmal sprach man von den Gesprächen und Vorkommnissen in den Kanus so, als ob sich das alles erst vorige Woche ereignet hätte. Sind aber diese mündlichen Überlieferungen historisch glaubwürdig?

Zweifellos wurden die Berichte mit ausschmückenden Zusätzen versehen, viele Einzelheiten sind indes bestätigt worden. Ein Historiker urteilt: „Die Erzählungen von der Flotte A. D. 1350, die von den Maori selbst stammen, sind durch äußere Beweise so überzeugend bestätigt worden, daß sie an Bedeutung authentischer Geschichte gleichkommen.“

Oft hatten die mündlichen Geschichtsberichte, die wir von Großvater hörten, mit Stammeskriegen zu tun und damit, „wer wen fraß“. Ja, die Maori waren früher Kannibalen. Doch weshalb? Weil sie Appetit auf Menschenfleisch hatten? Nein, so hat man es uns nie erzählt, und auch die Forscher sagen es nicht. T. E. Donne schrieb in seinem Buch The Maori Past and Present: „Die vorhandenen Informationen scheinen darauf hinzudeuten, daß der Maori-Kannibalismus eher als Ritual eingeführt wurde und weniger zu dem Zweck, den Appetit zu stillen.“

Man muß wissen, daß es die Tradition der Maori verlangte, für jede Beleidigung Vergeltung zu üben. Außerdem verziehen sie nie eine Niederlage, sondern hegten ständig Rachegedanken. Wenn sie daher für irgendeine Beleidigung erfolgreich Vergeltung üben konnten oder wenn es ihnen gelang, Rache zu nehmen, aß der Häuptling der siegreichen Krieger das Herz des besiegten Häuptlings. Das war die größte Beleidigung, die man einem anderen Stamm zufügen konnte.

Die Verwandten des Besiegten jedoch mußten nun ihrerseits Rache üben, um die „Ehre“ der Familie oder des Stammes wiederherzustellen. Ich kann mich gut daran erinnern, als ich noch ein Junge war, wie während der gemeinsamen Zusammenkünfte der Stämme Redner aufstanden und an vergangene Zeiten erinnerten und sich darüber unterhielten, welcher der Stammeshäuptlinge welchen anderen wann „gefressen“ hatte. Sie erinnerten sich an die Einzelheiten dieser Siege und Niederlagen, die bis in die Zeit zurückreichten, als die Kanus landeten.

GOTTESFÜRCHTIG ERZOGEN

Offen gesagt — ich erwähnte es bereits —, gefiel mir die Geschichte der Maori nicht; sie schien mir nicht sehr ruhmreich. Ich kann, glaube ich, meine Gefühle damit erklären, daß etwas anderes in meinem Leben Einfluß ausübte. Meine Großmutter pflegte uns Kindern abends, vor dem Schlafengehen, aus ihrer geliebten Maori-Bibel vorzulesen. Den darin enthaltenen Geboten — andere so zu behandeln, wie man selbst behandelt werden möchte; auch die andere Wange hinzuhalten; niemandem Böses mit Bösem zu vergelten — hat die Menschheit völlig zuwidergehandelt. Mit zunehmendem Alter erkannte ich die Wahrheit der Bibel immer deutlicher (Matth. 7:12; 5:39; Röm. 12:17).

Auch mein Urgroßvater, Tareha te Moananui, begeisterte das, was er in der Maori-Bibel las. Da er seine Bibel von einem anglikanischen Geistlichen erworben hatte, wurde mein Urgroßvater Anglikaner. Er machte eine Schenkung, nämlich ein großes, an unser Anwesen grenzendes Stück Land, das als marae oder Versammlungsstätte dienen sollte, und ließ darauf, nur ungefähr 30 Meter von unserem Haus entfernt, eine Kirche bauen. Auch mein Vater erkannte die Weisheit der Bibel und wurde ein anglikanischer Laienprediger.

Papa gab wirklich sein Bestes, um uns 10 Kinder in Übereinstimmung mit dem, was er aus der Bibel gelernt hatte, zu erziehen. Ich war das vierte Kind, aber der älteste Sohn. Unser Haus war groß genug, so daß wir alle bequem Platz darin hatten. Zu den Mahlzeiten versammelten wir uns gewöhnlich um den riesigen, aus edelstem Kaurifichtenhartholz hergestellten Eßtisch; daran fanden sogar noch Besucher, die oft bei uns anzutreffen waren, Platz.

Papa glaubte fest an den biblischen Spruch: „Wer seine Rute zurückhält, haßt seinen Sohn, wer ihn aber liebt, der sucht ihn sicherlich heim mit Züchtigung“ (Spr. 13:24). Da die buchstäbliche Rute nicht immer in Reichweite lag, nahm er oft, je nach Bedarf, seine Hand oder seinen Stiefel und plazierte seine Schläge haargenau dort, wohin er sie haben wollte. Ich bin überzeugt, daß die Jugendkriminalität erheblich sinken, wenn nicht gar ausgemerzt würde, wenn Eltern heutzutage jenen Rat der Bibel annehmen und anwenden würden.

Auch Mutter spielte eine wichtige Rolle dabei, ein glückliches Heim zu schaffen, und trug so zu unserer guten Erziehung bei. Wenn ich in Sprüche 31:10-31 von den Eigenschaften einer tüchtigen Frau lese, muß ich sagen, daß Mutter sie wirklich besaß. Obwohl Vater unbestritten Herr des Hauses war, hatte Mutter ihren Verantwortungsbereich, in dem sie echte Initiative zeigte und gute Arbeit leistete.

Zusammen mit meinen Brüdern und Schwestern beteiligte ich mich an Arbeiten in der Nähe der Farm. Außerdem besuchte ich damals eine technische Fachschule und wurde — nicht zuletzt dank der Erfahrung, die ich durch die Zusammenarbeit mit Papa gewonnen hatte — ein Fachmann auf dem Gebiet der Mechanik und der Elektrotechnik. Doch was sollte ich mit meinem Leben anfangen? Die Fähigkeiten meines Vaters als Mechaniker hatten mit meiner Entscheidung eine Menge zu tun.

EINE NEUE METHODE DES BIBELSTUDIUMS

Bei Wairoa, einer Stadt über 110 km im Norden von uns, hatten die Schwestern meiner Mutter mit ihrem noch fast neuen Buick einen Unfall. Papa fuhr deshalb für ein paar Tage nach Wairoa, um das Auto meiner Tanten zu reparieren. Er stellte fest, daß sie ihr Leben ähnlich gestalteten wie wir, nur in bezug auf Religion nicht.

Jeden Morgen lasen sie eine Stelle aus der Bibel, die sie dann zwanglos besprachen und auch erklärten. Eines Morgens wurde Prediger 9:5, 10 besprochen, wo es heißt: „Denn die Lebenden wissen, daß sie sterben werden, die Toten aber wissen nichts ... Alles, was dir vor die Hände kommt, es zu tun mit deiner Kraft, das tu; denn bei den Toten, zu denen du fährst, gibt es weder Tun noch Denken, weder Erkenntnis noch Weisheit“ (Luther-Bibel).

Vater erinnerte sich daran, daß kurze Zeit zuvor ein tohunga (Maoripriester) während eines Trauergottesdienstes gesagt hatte, die Seele des Verstorbenen sei nicht tot, sondern sei lediglich entwichen, um sich bei den Vorfahren einzufinden. Dies kam natürlich dem anglikanischen Glauben sehr nahe, nach dem einige der Seelen in den Himmel kommen, die Seelen der weniger Begünstigten aber in die Hölle.

Eine weitere lehrreiche Unterhaltung am Frühstückstisch drehte sich um die Tatsache, daß Jesus geringer ist als sein Vater und daß sein Vater einen Eigennamen hat (Joh. 14:28; Ps. 83:18). Dies konnte Papa leicht begreifen, weil der Name Gottes, Ihowa (deutsch: Jehova), über 6 000mal in der Maori-Bibel vorkommt.

RELIGIONSWECHSEL

Als Papa wieder nach Hause zurückkehrte, besaß er bereits einen Satz von sieben Büchern, betitelt „Schriftstudien“, die die Watch Tower Bible and Tract Society herausgab. Sogleich begann er, regelmäßig ein wöchentliches Familienbibelstudium durchzuführen, an dem auch nahe Verwandte und Freunde teilnahmen. Als der Geistliche von diesem Studium erfuhr, äußerte er energisch sein Mißfallen darüber. Doch als er gebeten wurde, kirchliche Lehren wie die Unsterblichkeit der Seele und die Dreieinigkeit anhand der Bibel zu beweisen, wußte er nichts anderes zu entgegnen als: „Bleibt der Kirche treu.“

Dies überzeugte Papa davon, daß das, was er aus der Bibel lernte, die Wahrheit war. Als er sich dann noch an die Worte aus 2. Korinther 6:14-17 erinnerte, wo es heißt: „Laßt euch nicht in ein ungleiches Joch mit Ungläubigen spannen“ und „geht aus ihrer Mitte hinaus“, erklärte er für die ganze Familie auf brieflichem Wege den Austritt aus der anglikanischen Kirche. Ich war damals 19, und Papas Handlungsweise fand meine volle Zustimmung. Sein Brief endete mit den Worten aus Josua 24:15: „Ich aber und meine Hausgenossen, wir werden Jehova dienen.“

Dies verursachte in der anglikanischen Hierarchie einen Aufruhr, da Papa in der Maori-Gesellschaft eine prominente Stellung einnahm. In der Absicht, ihn zu veranlassen, seine Austrittserklärung zu widerrufen, bat man umgehend um eine besondere Zusammenkunft. Papa stimmte zu; die Zusammenkunft sollte aber nicht in der Kirche stattfinden, sondern auf unserem Grundstück. Für diesen Anlaß wurde dort eine große Plattform errichtet. Eine Anzahl Geistlicher, darunter F. Bennett, der anglikanische Bischof von Neuseeland, sowie eine Menschenmenge von etwa 400 Leuten fanden sich schließlich zusammen.

DIE ZUSAMMENKUNFT

Der Kirchensprecher, ein Maori, schien absichtlich den Gebrauch der Bibel vermeiden zu wollen. Statt dessen appellierte er an die Gefühle. „Unsere Vorfahren glaubten, daß die Seele nach dem Tod weiterlebt“, gab er zu bedenken, „dennoch hast du dir eine Religion erwählt, die das Fortbestehen der Seele leugnet.“ Daraufhin zeigte Papa anhand der Bibel, daß der Mensch selbst die Seele ist und daß deshalb beim Tod des Menschen die Seele stirbt. Er erklärte auch, daß Gott einen Menschen wieder als lebendige Seele auferwecken kann.

Als der anglikanische Geistliche merkte, daß er eine verlorene Sache vertrat, machte er eine ungeduldige Geste in Richtung auf die in der Nähe stehende Kirche, die mein Urgroßvater gebaut hatte, und rief in einem Gefühlsausbruch aus: „Ich appelliere zum letztenmal an dich: Gib dieses heilige Erbe, das dir deine ehrenwerten Vorfahren hinterlassen haben, nicht auf!“

Nun erhob sich Papa, dankte allen für ihr Kommen und erklärte, daß er jetzt mehr denn je davon überzeugt sei, die Wahrheit gefunden zu haben. Er teilte jedem Tag und Stunde unseres regelmäßigen Bibelstudiums mit und lud alle ein, es zu besuchen. Dies taten auch viele.

ICH WÄHLE MIR DEN LEBENSWEG

Jene Zusammenkunft hinterließ bei mir einen tiefen Eindruck. Während wir unser Bibelstudium fortsetzten, wuchs in meinem Herzen der Wunsch, dem wahren Gott, Jehova, zu dienen. Ich erkannte, daß sein Königreich die einzige Regierung ist, die die Probleme der Menschheit, einschließlich der Probleme der Maori, lösen kann. Aber ich wußte einfach nicht, wie ich das in der Bibel beschriebene Predigen des Königreiches durchführen sollte (Matth. 24:14).

Um jene Zeit kamen Clifford und Edna Keoghan, Vollzeitprediger der Zeugen Jehovas, in unsere Gegend, und wir stellten ihnen ein Häuschen zur Verfügung. Sie luden uns ein, sie im Predigtwerk zu begleiten. Ich gehörte zu denen, die es taten. Je mehr ich mich an dieser Tätigkeit beteiligte, desto deutlicher erkannte ich, wie wenig die Menschen doch von Gottes Königreich wußten. Mein Entschluß war gefaßt: Ich wollte die Laufbahn eines Pioniers einschlagen und den Fußstapfen Christi Jesu und des Apostels Paulus folgen. Mit Papas Billigung nahm ich im Frühjahr 1931 den Pionierdienst auf. Ich zog nach Wanganui, einer Stadt an der Westküste der Nordinsel, um mich dort meinem Pionierpartner, Frank Dewar, anzuschließen.

ERLEBNISSE IM PIONIERDIENST

Mit Wanganui als Ausgangspunkt arbeiteten wir auch in ländlichen Gebieten. Einmal wählte ich als Route eine neugebaute Straße aus, die entlang dem Wanganui-Fluß verlief und zu einer Ansammlung von Dörfern mit biblischen Namen, wie zum Beispiel Bethlehem und Jerusalem, führte. Ich rechnete mir aus, daß ich es bis zum Spätnachmittag schaffen könnte, in Jerusalem zu sein, wenn ich bei Tagesanbruch aufbrechen würde.

Es war Spätherbst, und die Regenzeit hatte bereits begonnen. Die schlammig gewordene Lehmstraße machte es mir fast unmöglich, mein vollbeladenes Fahrrad weiterzuschieben. Die Dunkelheit brach herein. Ich verlor jegliches Gefühl für Zeit und Entfernung. Von Kopf bis Fuß voller Schlamm, zwang ich mich weiterzugehen und erblickte bald darauf in der Ferne den schwachen Schimmer eines Lichts. Schnurstracks ging ich darauf zu. Das Hundegebell, das ich kurze Zeit später hörte, klang in meinen Ohren wie Musik.

Eine Tür ging auf, und ein Mann erschien mit einer hellen Lampe. Als er sich mir so weit genähert hatte, daß er mich sehen konnte, fragte er mich völlig verdutzt: „Wo in aller Welt kommen Sie denn her?“ Als ich erwiderte: „Wanganui“, brachte er nur ein heiseres „Nein!“ hervor.

Auf seine Aufforderung hin ließ ich meine schlammigen Sachen draußen, und er führte mich dann in das Badezimmer. Nach dem Bad schlüpfte ich in einen reinen Schlafanzug, und während ich mir die Pfannkuchen und den heißen Tee — beides hatte er selbst zubereitet — zu Gemüte führte, wurde ich schließlich gefragt: „Jetzt sagen Sie mir aber, was führt Sie zu mir?“ Ein Gespräch entwickelte sich, das sich bis spät in die Nacht hinzog. Wir sprachen über die Stellung Jehovas im Vergleich zur Stellung Jesu und über die Bedeutung des Königreiches. Er war Junggeselle, arbeitete als Schäfer und glaubte fest an die Bibel. Voller Freude nahm er die biblische Literatur entgegen, die ich bei mir hatte.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war er, wie er angekündigt hatte, schon fort. Ich zog weiter nach Jerusalem und gab dort und auch in den Nachbardörfern viel Literatur ab. Viele Jahre später besuchte ich einen Kongreß in Napier, als eine Frau, übers ganze Gesicht strahlend, auf mich zukam und mich fragte: „Kannst du dich noch an mich erinnern?“ Ich mußte gestehen, daß ich mich nicht mehr erinnern konnte, und sie fuhr fort: „Vor 15 Jahren, als ich in Jerusalem war, hast du bei mir einen Satz Bücher abgegeben.“ Nun war sie ebenfalls eine Zeugin.

NACH AUSTRALIEN UND WIEDER NACH HAUSE

Im März 1932 fuhr ich nach Sydney (Australien), um dort einen Kongreß zu besuchen, aber daraus wurden schließlich 15 Jahre, die ich in Australien verbrachte. Nach dem Kongreß wurde ich eingeladen, als Glied der Bethelfamilie die Maori-Übersetzung des Buches Die Harfe Gottes und andere Literatur in der Maori-Sprache Korrektur zu lesen sowie bei der Wartung der Bethelautos mitzuhelfen.

Inzwischen waren meine Eltern alt geworden. Nach dem Zweiten Weltkrieg baten sie mich daher, nach Hause zurückzukehren und bei der Leitung des Betriebes mitzuhelfen. Ich konnte also nicht länger im Vollzeitdienst bleiben, bewahrte aber dennoch den Pioniergeist und trug dazu bei, Versammlungen aufzubauen, zuerst in Hastings, dann in Napier.

Um diese Zeit nahm die Maori-Familie Wharerau in Waima, nördlich von Auckland, die Wahrheit an. Im Laufe der Zeit wurden etwa 100 Familienmitglieder Zeugen Jehovas! Der erste Königreichssaal auf Neuseeland wurde 1950 von den Maori-Brüdern in Waima gebaut.

Im Dezember 1953 kamen Königin Elisabeth und der Herzog von Edinburgh zu einem einmonatigen Besuch nach Neuseeland. Die Zeitung Dominion von Wellington (Neuseeland) berichtete: „Herr und Frau Tuiri Tareha [Papa und Mama] gehörten zu den 74 Personen, die den königlichen Gästen vorgestellt wurden. Statt der Königin die Hand zu geben, überreichte Frau Tareha Ihrer Majestät ein kleines, hübsch eingewickeltes braunes Päckchen.“ Es enthielt die Neue-Welt-Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften und das Buch „Neue Himmel und eine neue Erde“, beide in Englisch. Papa erklärte: „Die Königin sagte einmal, sie wünsche, sie besäße die Weisheit Salomos, damit sie ihr Volk mit Unparteilichkeit und in Gerechtigkeit regieren könne. Wir waren sicher, daß diese Bücher ihr helfen würden.“

NACH NEW YORK UND IN DEN MISSIONARDIENST

Im Jahre 1956 nahm ich den Pionierdienst wieder auf, und bald darauf lud man mich ein, im Kreisdienst tätig zu sein. 1958 hatte ich dann das Vorrecht, den Kongreß „Göttlicher Wille“ zu besuchen, den Jehovas Zeugen in New York abhielten. Danach wurde ich eingeladen, zu bleiben und die 33. Klasse der Missionarschule Gilead zu besuchen. Damals lebten meine Eltern noch, und sie freuten sich, daß ich mein Leben auf diese Weise in den Dienst Jehovas stellte.

Welche Zuteilung erhielt ich als Missionar? Es war Ceylon, heute Sri Lanka genannt, eine Insel im Indischen Ozean. Ich verbrachte ungefähr 18 Jahre auf dieser schönen Tropeninsel, weit entfernt von der Heimat, wo meine geliebten Eltern in meiner Abwesenheit starben. Wie anders, ja welch eine Herausforderung war doch das Zeugnisgeben hier!

Der erste, den du an einem Tag triffst, ist vielleicht ein Buddhist, der dir wahrscheinlich sagt, daß es keinen Gott gibt und die Rettung völlig von einem selbst abhängt. Der nächste mag ein Moslem sein, der nur an einen Gott glaubt, an Allah, der dritte ein Katholik, den man gelehrt hat, an einen dreieinigen Gott zu glauben, und der vierte ein Hindu, der an Millionen von Göttern glaubt. Die Tatsache jedoch, daß sie so gastfreundlich sind, ermöglicht es den Leuten, die biblische Wahrheit zu erkennen.

Nehmen wir zum Beispiel die Familie Pullenayegem. Ich begann mit William und seiner Frau Olive ein Bibelstudium, an dem auch ihre drei Söhne und zwei Töchter teilnahmen. Mit Ausnahme eines Sohnes wurden alle eifrige Zeugen. Ein Sohn, Vasant, ist heute ein Glied des Zweigkomitees auf Sri Lanka; Mohandas ist ebenfalls Ältester, und die zwei Töchter, Viranjani und Vynodini, sind mit Ältesten verheiratet. William ist inzwischen gestorben, aber Olive hat den Pioniergeist bewahrt und macht, wenn sie dazu in der Lage ist, Hilfspionierdienst.

Da ich mein Visum nicht erneuern konnte, kehrte ich im April 1977 nach Neuseeland zurück. Hier habe ich das Vorrecht, ein Glied der Bethelfamilie und des Zweigkomitees zu sein.

IM DIENST EINER BEFRIEDIGENDEN SACHE

Im Dezember werde ich 70. Wenn ich auf meine Jugend zurückschaue, als ich mich entscheiden mußte, was ich aus meinem Leben machen wollte, so muß ich sagen: Ich bin glücklich über die Wahl, die ich getroffen habe, denn es ist mir nicht nur möglich gewesen, den Interessen des Maori-Volkes zu dienen, sondern auch den Interessen anderer Menschen in weit auseinander liegenden Ländern. Ich bin mehr denn je davon überzeugt, daß nicht menschliche Pläne, sondern nur die Lösung, die Gottes Königreich zu bieten hat, die richtige Antwort auf die schreckliche Not der Menschen ist, wo immer sie leben mögen.

Es erfüllt mein Herz mit Freude, wenn ich sehe, wie viele aus meinem eigenen Volk dies erkennen. Ungefähr 1 000 der etwa 6 500 Zeugen auf Neuseeland sind nämlich Maori. Eine große Anzahl von ihnen sind christliche Älteste, viele sind Pionier, drei haben als Kreisaufseher gedient, und fünf sind nach Gilead gegangen und anschließend in andere Länder, um dort ihren Mitmenschen zu dienen. O wie großartig wird es sein, wenn die ganze Menschheit durch die Verwaltung des Königreiches Gottes vereint sein wird!

[Bild auf Seite 8]

Häuptling Tareha te Moananui

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