Wachtturm ONLINE-BIBLIOTHEK
Wachtturm
ONLINE-BIBLIOTHEK
Deutsch
  • BIBEL
  • PUBLIKATIONEN
  • ZUSAMMENKÜNFTE
  • w89 1. 7. S. 10-14
  • Im unruhigen Südafrika Eintracht unter den Rassen finden

Kein Video für diese Auswahl verfügbar.

Beim Laden des Videos ist ein Fehler aufgetreten.

  • Im unruhigen Südafrika Eintracht unter den Rassen finden
  • Der Wachtturm verkündigt Jehovas Königreich 1989
  • Zwischentitel
  • Ähnliches Material
  • Kindheit und Jugend in Südafrika
  • Meine Fragen werden beantwortet
  • Der Vollzeitdienst
  • Rückkehr zur weltlichen Arbeit
  • Eintracht statt Spannungen zwischen den Rassen
  • Eine geeinte Menschheit ist gewiß!
    Erwachet! 1990
  • Können Angehörige aller Rassen als Brüder zusammen leben?
    Der Wachtturm verkündet Jehovas Königreich 1970
  • Wenn alle Rassen in Frieden zusammen leben
    Erwachet! 1993
  • Sie lernten die Lösung des Rassenproblems kennen
    Erwachet! 1978
Hier mehr
Der Wachtturm verkündigt Jehovas Königreich 1989
w89 1. 7. S. 10-14

Im unruhigen Südafrika Eintracht unter den Rassen finden

Von Merlyn Mehl erzählt

ICH bin Südafrikaner oder, wie es in diesem Land so merkwürdig präzisiert wird, ein Südafrikaner dunkler Hautfarbe. Ich bin Professor an der University of the Western Cape, der größten, hauptsächlich von Schwarzen besuchten Universität des Landes, und habe ein Doktorat für den Unterricht in Physik. Seit über zwanzig Jahren bin ich außerdem ein Zeuge Jehovas. Was davon hat mir geholfen, in diesem von Spannungen und Konflikten zerrissenen Land Eintracht unter den Rassen zu finden?

Kindheit und Jugend in Südafrika

Die Südspitze Afrikas mit Kapstadt wird als das schönste Kap der Erde bezeichnet. Es ist sehr beeindruckend, in einer klaren Nacht den Sternenhimmel über der Stadt zu betrachten. Ich kann mich noch erinnern, daß ich bei diesem Anblick einmal zu einem Freund sagte: „Was ist der Sinn des Ganzen? Es muß bestimmt etwas zu bedeuten haben; doch hier unten ist alles so sinnlos. Wieso werden Menschen von anderen Menschen so sehr diskriminiert? Warum gibt es so viel Ungerechtigkeit?“

Wer in Südafrika geboren wird, bekommt schon in jungen Jahren die Folgen der Rassendiskriminierung zu spüren. Das Rassenproblem ist anscheinend allgegenwärtig. Von frühester Kindheit an werden die Menschen nach Rassen getrennt und klassifiziert. Wir, meine Angehörigen und ich, werden gemäß den südafrikanischen Gesetzen als „Farbige“ eingestuft. Bereits im Kindesalter wurde uns beigebracht, daß die Weißen Unterdrücker sind, wir dagegen die Unterdrückten. Und da während unserer Kindheit und Jugend gemischtrassische Kontakte in der Schule und in der Freizeit praktisch völlig fehlten, begegnete man Angehörigen einer anderen Rasse verständlicherweise mit Mißtrauen. Die Weißen schienen von allem das Beste zu haben — Häuser, Einrichtungen und Schulen. „Apartheid“, die gesetzliche Rassentrennung, war das meistgehaßte Wort in unserem Wortschatz.

Bevor ich die Grundschule abschloß, mußte unsere Familie die Wohnung in dem gemischtrassischen Viertel räumen, in dem meine Schwester und ich geboren wurden. Der Grund war das Gesetz über Gruppengebiete, das besagt, daß eine Rassengruppe nur in einem bestimmten Gebiet wohnen darf. Wir zogen in eine andere Gegend, wo wir einige Jahre wohnten, bis auch sie zum „weißen Viertel“ erklärt wurde. Wieder mußten wir gehen.

Wegen der offensichtlichen Ungerechtigkeiten wurden wir von unseren Eltern und unseren Lehrern angehalten, uns in der Schule anzustrengen. „Zeig dem Weißen, daß du besser bist als er“, lautete die Parole. Das beeinflußte meine Einstellung zur Schule. Obwohl ich äußerst schüchtern war, hatte ich doch Freude am Lernen. Die meiste Zeit verbrachte ich damit, alles zu lesen, was ich bekommen konnte. Daher schloß ich die Schule als einer der besten Schüler des Landes ab. Es war für mich somit naheliegend, anschließend auf die Universität zu gehen. Naturwissenschaften und Mathematik waren meine Lieblingsfächer, so fiel mir die Entscheidung leicht, einen akademischen Grad in Naturwissenschaften anzustreben und Physik und Mathematik als Hauptfächer zu belegen.

Da 1960 (das Jahr, in dem ich mein Studium aufnahm) das Gesetz über getrennte Universitäten in Kraft trat, mußte ich eine Hochschule für meine Rassengruppe besuchen. Um die Studenten an diesen nach Rassen getrennten Universitäten wurde viel Publicity gemacht. Ich schloß jedes Jahr mit Auszeichnung ab und erlangte schließlich den Grad eines Magisters der Naturwissenschaften in Atomphysik, was viel Aufsehen erregte, vor allem weil ich daraufhin an die Fakultät der University of the Western Cape berufen wurde. Ich war der erste farbige Student, der eine solche Berufung erhielt.

Trotzdem war ich zu jener Zeit sehr frustriert. Ich suchte die Antwort auf die wichtigste Frage des Lebens: Was ist der Sinn des Ganzen? Zu jener Zeit fand auch das obenerwähnte Gespräch mit meinem Freund statt.

Meine Fragen werden beantwortet

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Religion in meinem Leben nur eine sehr untergeordnete Rolle gespielt. Als Kind hatte ich die anglikanische Kirche besucht, und mit 16 Jahren war ich konfirmiert worden. Doch nie hatte ich irgendwelche Antworten auf meine Fragen erhalten. Je älter ich wurde, desto seltener ging ich zur Kirche, und schließlich stellte ich den Kirchenbesuch ganz ein.

Eines Tages war ich bei einem Kollegen von der Universität zu Gast. Seine Frau Julia zeigte mir anhand der Bibel, daß es eine Lösung für die politischen und rassischen Probleme in Südafrika, ja in der ganzen Welt gibt. Ich war überrascht, aber auch skeptisch. Dennoch nahm ich die Broschüre Grundlage für den Glauben an eine neue Welt entgegen und begann zu Hause aus Neugier, sofort darin zu lesen.

Als ich die Broschüre wieder aus der Hand legte, war es nach zwei Uhr morgens. Sie enthielt überzeugende Argumente, warum die Bibel wahr ist, warum ihre Prophezeiungen glaubwürdig sind, warum die Menschheit so viele Probleme hat, warum 1914 ein so bedeutungsvolles Jahr war und warum wir auf ein gerechtes neues System auf der Erde hoffen können. Das mußte einfach die Wahrheit sein!

Am nächsten Tag suchte ich die Frau meines Kollegen auf. „Haben Sie noch weitere Literatur wie diese?“ fragte ich sie. Als ich wieder ging, war ich mit einem Stapel Bücher ausgestattet, die die biblischen Grundlehren, die Prophezeiungen Daniels und der Offenbarung, die sechs Schöpfungstage und vieles mehr behandelten. Vor allem zeigten sie, daß die Bibel nirgendwo die Rassendiskriminierung rechtfertigt, da „Gott nicht parteiisch ist“ (Apostelgeschichte 10:34). Ich verschlang die gesamte Literatur, denn ich fand darin Antworten auf jene Fragen, die mich schon immer beschäftigt hatten. Nach etwa einem Jahr konzentrierten Bibelstudiums ließ ich mich als Zeuge Jehovas taufen. Das war am 21. November 1967.

Die Organisation der Zeugen Jehovas ist wirklich unpolitisch und nicht rassistisch. Die Zeugen sind loyale Untertanen einer Regierung — des Königreiches Gottes. Bei ihnen spielt die soziale Stellung absolut keine Rolle. In Südafrika führt die Rassenfrage jedoch immer zu Problemen. Aufgrund des Gesetzes über Gruppengebiete spiegeln die Versammlungen die rassische Zusammensetzung des betreffenden Gebiets wider. So waren in der Versammlung Claremont, die ich besuchte, die meisten Leute Farbige. Die wenigen Weißen dort waren entweder Missionare oder Männer in Aufsichtsstellungen.

Ich kann mich nach all den Jahren immer noch an zwei Situationen erinnern, die zeigen, wie schwierig es ist, sich von einer rassistischen Einstellung frei zu machen. Auf den Kongressen stellten sich die anwesenden Weißen gewöhnlich nicht in der Warteschlange vor der Cafeteria an, sondern gingen nach vorn, nahmen sich von den Speisen und aßen sie dann unter sich, während die übrigen warten mußten. Das ärgerte mich. Die weißen Zeugen stellten ihre Frau auch gern auf folgende Weise vor: „Liebling, ich möchte dir Merlyn vorstellen. Er studiert die Bibel.“ „Merlyn, das ist meine Frau, Schwester Soundso.“ Sie sprachen mich mit dem Vornamen an, während ich sie mit „Schwester“ oder „Bruder“ anreden mußte. Ich war wütend!

Doch dann begann ich nachzudenken. Das Problem ist, daß man stets glaubt, der andere sei ein Rassist. Aber eine rassistisch ausgerichtete Gesellschaft wie in Südafrika muß einfach jeden beeinflussen, der hier lebt. Einige weiße Zeugen mußten offensichtlich noch an sich arbeiten, was ihr Verhalten gegenüber Personen mit einer anderen Hautfarbe betraf. Das traf allerdings auf mich genauso zu. Die Bibel gibt dazu folgenden guten Rat: „Sei nicht eilig in deinem Geist, gekränkt zu werden, denn sich gekränkt zu fühlen ruht im Busen der Unvernünftigen“ (Prediger 7:9). Ja, ich mußte mich bemühen, nicht mehr so empfindlich zu sein und jede kleine Beleidigung nicht gleich als Rassismus aufzufassen.

Ich sollte auch erwähnen, daß sich die allgemeine Situation im Land inzwischen etwas geändert hat. In früheren Jahren durfte nur eine begrenzte Anzahl von Weißen die religiösen Zusammenkünfte anderer Rassen besuchen, und sie mußten getrennt essen. Das ist heute nicht mehr der Fall.

Das wichtigste war jedoch, daß diese Organisation aus Menschen bestand, die frei miteinander verkehrten, in deren Wohnungen man willkommen war, die sich untereinander Bruder und Schwester nannten und das auch wirklich so meinten. An dieser inneren Überzeugung, die sich auf biblische Grundsätze stützt, wird unerschütterlich festgehalten. Wenn es daher zu irgendwelchen rassischen Problemen kommt — die in Südafrika fast unvermeidlich sind —, brauche ich nur über diese Tatsachen nachzudenken, um mich zu beruhigen. Im Laufe der Jahre habe ich auch gelernt, die biblischen Grundsätze besser anzuwenden, wodurch ich in bezug auf Rassenangelegenheiten größeren inneren Frieden habe. Aber man muß daran arbeiten!

Der Vollzeitdienst

Kurz nach meiner Taufe fühlte ich mich gedrängt, im Dienst mehr zu tun. Ich war ledig und hatte kaum Verpflichtungen; daher nahm ich am 1. Oktober 1968 den allgemeinen Pionierdienst auf. Das verursachte ziemliches Aufsehen, weil ich aus diesem Grund die Universität verließ und anscheinend auf eine glänzende Karriere verzichtete. Ein Zeitungsartikel über meinen Weggang war überschrieben: „Spitzenwissenschaftler wird Bibelverkäufer“. Bald führte ich mehr als zehn Bibelstudien mit Einzelpersonen oder Familien durch. Bei einem Kongreß wurden zwei dieser Personen getauft, beim nächsten vier, dann sieben und so weiter.

Am 17. September 1969 heiratete ich Julia, die Zeugin, die mich mit der Wahrheit in Verbindung gebracht hatte. Einige Zeit vor unserer Heirat war sie aus gesetzlichen und biblischen Gründen geschieden worden. Das bedeutete, daß ich sofort Familienvater wurde, da sie zwei Jungen, John und Leon, in die Ehe mitbrachte. Wir beschlossen, so lange wie möglich den Pionierdienst durchzuführen, was sich als gute Schulung für die Jungen erwies und mir half, unsere Stieffamilie zu einem Erfolg zu machen.

Die frühen 70er Jahre waren eine sehr begeisternde Zeit im Vollzeitdienst, wie die folgenden Erfahrungen zeigen. Im Predigtdienst von Haus zu Haus trafen wir eine Frau namens Annabel. Sie nahm unverzüglich das Buch Die Wahrheit, die zu ewigem Leben führt und eine Bibel entgegen. (Später erfuhren wir, daß sie uns für die Literatur ihr letztes Geld gegeben hatte und sie deshalb den Milchmann erst in der folgenden Woche bezahlen konnte.) Von Anfang an bereitete sie sich gut auf das wöchentliche Bibelstudium vor, obwohl sie ein unruhiges Baby hatte. Das, was sie lernte, gab sie auch an ihre Angehörigen weiter. Nach kurzer Zeit begleitete ihr Mann Billy sie zu den Zusammenkünften. Annabels Eltern hatten ihren fünf Kindern Namen in alphabetischer Reihenfolge gegeben. Ihre Schwester Beattie begann ebenfalls zu studieren. Charlie und seine Frau wollten nicht zurückstehen. Auch Daphne bekundete Interesse, und Edna und ihr Mann schlossen sich an. Bis heute hat die ganze Familie schon viele Jahre in Treue gedient. Die Männer sind Älteste oder Dienstamtgehilfen, und einige der Frauen standen im Pionierdienst.

Ein anderer Fall war Stanley. Wir fanden ihn im Haus-zu-Haus-Dienst, als wir an einem kalten Montagnachmittag an der letzten Tür vorsprachen. Aber welch ein Empfang! Seine Frau bat uns herein, und uns war sofort klar, daß wir einen gottesfürchtigen Mann vor uns hatten. Er hatte tatsächlich gerade um Hilfe gebetet, die Bibel zu verstehen. Unser erstes Gespräch drehte sich um die Dreieinigkeitslehre. Nach einer einstündigen Unterhaltung schien er überzeugt zu sein. In der nächsten Woche begrüßte er uns mit folgenden Worten: „Ihr habt recht. Ich habe das gesamte ‚Neue Testament‘ durchgelesen, und es gibt keine Dreieinigkeit. Ich wollte den Pfarrer fragen, warum er mich in die Irre geführt hat. Er weigerte sich jedoch, mit mir zu sprechen, und da habe ich ihm die Umschläge zurückgegeben, die ich immer benutzte, um Geld von anderen Kirchenmitgliedern zu sammeln.“ Und all das, bevor er von uns eine einzige Publikation erhalten hatte! Er wollte die Zusammenkünfte besuchen, und wir versprachen, ihn abzuholen. Am Sonntag kamen wir allerdings fünf Minuten später als vereinbart. Er hatte sich bereits mit dem Fahrrad aufgemacht, und wir trafen ihn auf dem Weg zur Zusammenkunft. „Ich dachte, ihr hättet mich vergessen“, sagte er. Wir studierten dreimal in der Woche mit ihm, und drei Monate nach unserem ersten Zusammentreffen ließ er sich taufen. Stanley dient nun schon viele Jahre mit demselben Eifer, den er zu Anfang bekundete.

Im Laufe der Jahre hatten wir das Vorrecht, schätzungsweise 50 Personen zu helfen, Zeugen Jehovas zu werden.

Rückkehr zur weltlichen Arbeit

Nach vier Jahren Pionierdienst war unser Geld fast aufgebraucht. Die Lebenshaltungskosten waren gestiegen, und die Jungen wuchsen heran. Daher mußten wir widerstrebend den schmerzlichen Entschluß fassen, aus dem Vollzeitdienst auszuscheiden. Das war im September 1972. Und dann? Es verging etwas mehr als ein Jahr, bis ich vom 1. Januar 1974 an wieder Vorlesungen an der Universität hielt, nachdem eine Stelle im Bereich Physik frei geworden war. Das brachte tiefgreifende Änderungen mit sich, und ich mußte auf der Hut sein, nicht den Mut zu verlieren. Doch dank Julias tatkräftiger Unterstützung gelang es mir, die Umstellungen vorzunehmen. Es erwies sich als äußerst hilfreich, im Dienst und in der Versammlung sehr aktiv zu bleiben — wirklich ‘zuerst das Königreich zu suchen’ (Matthäus 6:33).

Da vom gesamten Lehrpersonal der Universität erwartet wird, in der Forschung tätig zu sein, entstand die Frage, ob ich zur Atomphysik zurückkehren sollte. Ich konnte mir kaum vorstellen, diese esoterische Art der Forschung zu betreiben, während ich meine Zeit außerhalb der Universität damit verbrachte, die Menschen über die Wahrheiten der Bibel zu belehren. Es erschien mir sinnlos, nur um des Forschens willen zu forschen. Und die Forschungen in der Atomphysik könnten natürlich auch militärischen Zwecken dienen und dadurch Probleme in bezug auf die christliche Neutralität mit sich bringen (Jesaja 2:2-4).

In Südafrika gibt es auf Hochschulen wie der University of the Western Cape zahlreiche sogenannte „benachteiligte“ Studenten. Zufolge unzureichender schulischer Ausbildung und anderer sozialer oder wirtschaftlicher Umstände sind sie nicht ausreichend auf das Universitätsstudium vorbereitet. In vielen Fällen fehlt es ihnen nicht am Leistungsvermögen — sie hatten einfach nicht die Möglichkeiten. In den vergangenen 13 Jahren habe ich als Teil meiner Arbeit an der Universität die Lernschwierigkeiten solcher Studenten erforscht und alternative Lehrmethoden entwickelt. Diese Forschung brachte mir ein Doktorat für den Unterricht in Physik ein und führte zu meiner Ernennung zum Professor. Gegenwärtig werden mit Universitäten in den Vereinigten Staaten und in Israel gemeinsame Forschungsprogramme durchgeführt. Es ist auch interessant, die Forschungsergebnisse im Licht der Lehrmethoden der Zeugen Jehovas zu sehen.

Eine Theorie, die von Professor Reuven Feuerstein und seinen Mitarbeitern in Israel entwickelt wurde, wird als „übermittelte Lernerfahrung“ bezeichnet. Die Theorie besagt im wesentlichen, daß Kinder nicht nur durch äußere Reize, die sie durch ihre Sinne aufnehmen, Denkfähigkeit entwickeln, sondern auch durch einen menschlichen Vermittler, der ihnen die Reize erklärt. Unterbleibt eine Erklärung, entwickeln Kinder ihre Denkfähigkeit nicht gemäß ihren Möglichkeiten.

Jehovas Zeugen legen großen Nachdruck darauf, daß in erster Linie den Eltern die Rolle der Unterweiser der Kinder zufällt. Zeugen Jehovas, die Kinder haben, wenden viel Zeit auf, um mit ihnen illustrierte Bibelstudienhilfsmittel zu betrachten, sie zu fragen, was sie sehen, und ihnen zu helfen, die Bedeutung biblischer Geschichten zu verstehen. Sie sind sich auch bewußt, daß es wichtig ist, mit den Kindern nicht nur ein wöchentliches Bibelstudium durchzuführen, sondern sie ständig zu unterweisen, vor allem in bezug auf biblische Grundsätze (5. Mose 6:6-8). Das obenerwähnte Forschungsergebnis deutet offenbar darauf hin, daß Eltern, die so vorgehen, zur Entwicklung der Intelligenz ihrer Kinder beitragen.

Eine andere Theorie, die als Konstruktivismus bezeichnet wird, besagt, daß Lehren nicht einfach eine Übermittlung von Informationen aus dem Sinn des Unterweisers in den Sinn des Lernenden ist. Vielmehr bildet sich jede Person ihr eigenes Urteil über das, was sie sieht, hört oder erlebt. Daher können auch zwei Menschen, die dieselben Informationen erhalten, zu unterschiedlichen Schlüssen kommen. Um wirkungsvoll lernen zu können, muß man sich persönlich mit den Informationen auseinandersetzen.

Genau dazu wird in den Zusammenkünften der Zeugen Jehovas ermuntert. Von jedem erwartet man, daß er sich auf den Stoff aus der Literatur, der besprochen wird, vorbereitet. Während der Zusammenkunft wird die Zuhörerschaft gebeten, sich zu dem vorbereiteten Stoff zu äußern. Auf diese Weise werden die Anwesenden einerseits ermuntert, das, was sie gelernt haben, wiederzugeben, und andererseits ziehen sie auch aus der Vorbereitung anderer Nutzen.

Die Einführung des computerunterstützten Unterrichts ist sehr begrüßt worden, da es dadurch möglich geworden ist, sich im Unterricht auf den einzelnen zu konzentrieren. Doch das Bibelstudienwerk, das die Zeugen seit vielen Jahren in den Wohnungen der Menschen durchführen, übertrifft diesen Unterricht bei weitem. Ein Unterweiser hilft einer, zwei oder drei Personen (selten mehr), sich mit dem gedruckten Stoff über ein biblisches Thema, auf das sich der Studierende vorbereitet hat, auseinanderzusetzen. Der Studierende wird ermuntert, absatzweise zu erklären, was er versteht, und dann wird darüber gesprochen — ein echtes persönliches Bibelstudium! In Anbetracht der Anwendung solcher vernünftigen Grundsätze bei der Unterweisung ist es kein Wunder, daß Jehovas Zeugen großen Zuwachs haben. Sie müssen diese Grundsätze natürlich nicht auf einer Universität lernen. Sie entnehmen sie einer höheren Quelle — der Bibel (Matthäus 28:19, 20; Johannes 6:45).

Eintracht statt Spannungen zwischen den Rassen

Mehr als zwanzig Jahre sind vergangen, seit ich ein Zeuge Jehovas geworden bin. John und Leon, meine Stiefsöhne, sind jetzt erwachsen; sie sind getauft und dienen Jehova treu. 1976 wurde unser Sohn Graeme geboren, und wir freuen uns über das Vorrecht, ihn ebenfalls auf dem Weg der Wahrheit zu erziehen. Es ist ein besonderer Segen für unsere Familie, daß Julia wieder Pionier sein kann und ich mindestens dreimal im Jahr im Hilfspionierdienst stehe. Überall in Südafrika ist eine dramatische Eskalation des Rassenkonflikts zu beobachten. Man sieht es an den Wandschmierereien, und man spürt, daß etwas in der Luft liegt. Doch inmitten der rassistischen Zersplitterung geschieht ein neuzeitliches Wunder. Zufolge der Lockerung der Versammlungsgesetze können Jehovas Zeugen nun weitgehend frei zusammenkommen, besonders anläßlich großer Kongresse. Ich hatte das Vorrecht, an der Organisation einiger dieser Kongresse für alle Rassengruppen beteiligt gewesen zu sein. Dort sehen wir die Einheit unter den Rassen verwirklicht — Menschen, die sich von den erhabenen Maßstäben der Bibel leiten lassen, sind tatsächlich „farbenblind“. Man schaut auf das, was der andere innerlich ist, und nicht nur auf seine Hautfarbe.

Jehovas Zeugen bilden heute die einzige echte weltweite Bruderschaft der Menschheit. Bald wird Jehova in seinem neuen System der Dinge „jede Träne von ihren Augen abwischen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch wird Trauer, noch Geschrei, noch Schmerz mehr sein“. Gemeinsam mit Millionen meiner Brüder und Schwestern auf der ganzen Erde blicke ich jener wunderbaren, gerechten, nichtrassistischen neuen Welt entgegen (Offenbarung 21:3-5).

    Deutsche Publikationen (1950-2025)
    Abmelden
    Anmelden
    • Deutsch
    • Teilen
    • Einstellungen
    • Copyright © 2025 Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania
    • Nutzungsbedingungen
    • Datenschutzerklärung
    • Datenschutzeinstellungen
    • JW.ORG
    • Anmelden
    Teilen