Kirchliche Nachrichten lassen zunehmende Schwierigkeiten erkennen
KRITIK und Opposition haben die Kirchen der Christenheit in den letzten Jahren schwer erschüttert. Die Kritik geht größtenteils aus ihren eigenen Reihen hervor. Besonders innerhalb der katholischen Kirche geht ein Kampf vor sich, und wie aus den nachstehenden Zeitungsmeldungen aus jüngster Zeit zu ersehen ist, häufen sich diese Probleme zusehends.
KIRCHENAUSTRITTE IN DEUTSCHLAND
In Westdeutschland treten laut Presseberichten wöchentlich ungefähr 4 800 Personen aus der Kirche aus. Viele tun es, damit sie die Kirchensteuer nicht mehr zu bezahlen brauchen, die die Kirchen in Westdeutschland schon viele Jahre von ihren Mitgliedern erheben und die seit dem Zweiten Weltkrieg vom Staat eingezogen wird. Diese Steuern bringen der protestantischen und der katholischen Kirche jährlich fast vier Milliarden Mark ein. Immer mehr Deutsche sind aber wegen dieser Zwangsbesteuerung unzufrieden. Da sie keine andere Möglichkeit haben, ihr zu entgehen, treten sie aus der Kirche aus. In den letzten drei Jahren betrug die Zahl der Kirchenaustritte schätzungsweise 480 000. Heute stehen viele neue Kirchen, die in den letzten zwei Jahrzehnten mit Steuergeldern erbaut wurden, die meiste Zeit leer.
ITALIENISCHE ZEITUNG KRITISIERT PAPSTINTERVIEW ÜBER DEN KRIEG
In der Zeitung „Il Tempo“ vom 17. April 1971 erschien unter dem Titel „Langhaarige Pazifisten und Mädchen in ,heißen Höschen‘ vom Papst empfangen“ ein Artikel, in dem der Papst kritisiert wurde, weil er die Mitglieder einiger Pop-Musik-Gruppen in „skandalöser Kleidung“ empfangen hatte, während der Vatikan erst kurz vorher die sexbetonende Mode verurteilt hatte. Während der Audienz mit Papst Paul VI. stellte einer der jungen Musiker die Frage: ,Wenn Sie doch so einflußreich sind, daß Sie die Pille verbieten können, warum können Sie dann nicht dafür sorgen, daß die Wehrdienstpflicht aufgehoben wird? Warum verbieten Sie dann den Katholiken nicht, sich am Krieg und an Gewalttätigkeiten zu beteiligen?“ Der Papst antwortete: „Das steht nicht in unserer Macht.“
VATIKAN ENTSCHEIDET GEGEN PRIESTER
In seiner im Jahre 1968 veröffentlichten Enzyklika „Humanae Vitae“ bekräftigte der Papst das von der katholischen Kirche erlassene Verbot der Verhütungsmittel zur Geburtenregelung. Zu den vielen Priestern, die damit nicht einverstanden waren, gehörten etwa fünfzig, die von Kardinal O’Boyle, Washington, D. C., deswegen gemaßregelt wurden. Neunzehn von ihnen legten ihren Fall dem Papst vor. Sie verloren. Der Vatikan hat jetzt seinen Entscheid in dieser Angelegenheit veröffentlicht: Die Priester müssen das Verbot aufrechterhalten.
BISCHÖFE KRITISIEREN PRIESTER
Vor einiger Zeit ließen katholische Bischöfe in Amerika eine Umfrage über das Geistlichenamt und seine Probleme durchführen. Diese Umfrage ergab, daß zwischen den Bischöfen und den meisten Priestern in bezug auf die wichtigsten kirchlichen Fragen eine „sehr gefährliche Kluft“ besteht. Die Priester sind besonders damit nicht einverstanden, daß die Kirche von ihnen die Ehelosigkeit fordert. Die Bischöfe kritisierten auf ihrer diesjährigen Jahresversammlung diesen Bericht und nahmen den Vorschlag, ihn abzulehnen, mit großem Beifall an. Der Zwiespalt zwischen den Priestern und der Hierarchie der Kirche hat sich dadurch noch verschärft.
KRITIK AN DER KIRCHE IN IRLAND
Jahrhundertelang war Irland eines der konservativsten Bollwerke der katholischen Kirche in der ganzen Welt. Heute wird die Kirche in diesem Land aber sowohl von innen als auch von außen immer heftiger angegriffen. Sie wird zur Stellungnahme zu Fragen in Verbindung mit dem Verhältnis zwischen Kirche und Staat, den abweichenden Meinungen verschiedener Priester, der Entfremdung der Jugend, der Geburtenregelung, der Gesellschaftsmoral usw. aufgefordert. Als ein Hirtenbrief, den der Erzbischof John McQuaid von Dublin zur Unterstützung des offiziellen Verbots der Verhütungsmittel veröffentlicht hatte, verlesen wurde, verließen in zwei Kirchen die Gemeindeglieder protestartig den Gottesdienst. Kardinal Conway, der Primas von Irland, sagte: „Ein Sturm ist über die westliche Zivilisation hereingebrochen, und die Kirche wird davon nicht verschont. Die Lage ist alles andere als ruhig und friedlich.“
ABWANDERUNG VON PRIESTERN
Wie viele Geistliche scheiden in den Vereinigten Staaten aus dem Amt aus? Es ist schwierig, genaue Angaben zu erhalten, aber in der „Denver Post“ hieß es: „Nach einer Schätzung scheiden jährlich mindestens 3 000 protestantische Geistliche ... und etwa 2 500 katholische Priester ... aus dem Amt aus.“
IMMER WENIGER THEOLOGIESTUDENTEN
Die Zeitschrift „Christian Heritage“ vom Mai 1971 brachte folgende Notiz „Nach Angaben des Auswertungszentrums der Apostolatsforschung in Washington, D. C., ist die Zahl der Theologiestudenten [in den Vereinigten Staaten] seit 1966 fast um die Hälfte zurückgegangen. Vor vier Jahren betrug die Zahl der angehenden Priester, die an Theologieseminaren in den Vereinigten Staaten studierten, 46 000 ... Im Oktober 1970 waren es nur noch etwa 24 000. Die genaue Zahl für 1970 — 23 822 — verrät einen Rückgang auf jeder Stufe, von der High-School bis zum Theologieseminar.“
Nach Berichten des Vatikans sind im Jahr 1970 in der ganzen Welt nur 4 064 Priester geweiht worden, 12,5 Prozent weniger als im Jahr 1969.
PRIESTER UNTERSTÜTZEN MARXISTEN
In Chile veröffentlichten achtzig Priester ein Dokument, in dem sie unter anderem folgendes erklärten: „Für uns gibt es keine Unverträglichkeit zwischen Christen und Marxisten.“ Ferner erklärten sie: „Wir treten kategorisch für ein sozialistisches System ein, das allein die Möglichkeit bietet, aus dem unterentwickelten Zustand herauszukommen.“
Thomas und Marjorie Melville, ein ehemaliger Priester und eine ehemalige Nonne, äußerten sich in der „New York Times“ ähnlich. Sie schrieben: „Es ist bemerkenswert, daß der Nuntius für Kuba von Fidel Castro öffentlich sagte, er sei ,vom politischen Standpunkt aus ein Marxist, vom ethischen Standpunkt aus aber ein Christ‘, und daß Katholiken — sowohl Laien als auch Geistliche — vor allem in Kolumbien, Brasilien, Chile und Argentinien Verbindungen mit Marxisten eingehen.“
„VERFALL DER LEHRE“
Der Torontoer Soziologe Martin Goldfarb erklärte: „Es ist in mancher Hinsicht unverkennbar ein Verfall der katholischen Lehre im Gang.“ Als Katholiken gefragt wurden, ob sie in der Frage der Geburtenregelung sich an die Verfügungen des Papstes halten oder ihrem Gewissen folgen würden, sagten 78 Prozent, sie würden ihrem Gewissen folgen. Nur 37 Prozent sagten, sie glaubten an die Lehre der Kirche vom Eheverbot für Priester.
PREDIGTEN BEFRIEDIGEN NICHT DIE BEDÜRFNISSE DER MENSCHEN
Der Rektor des Fuller-Theologieseminars in Pasadena sagte, viele Kirchenbesucher würden allmählich unruhig. Warum? Er erklärte: „Es ist manchmal schwer, einen Gottesdienst von einem Essen im Rotary-Klub zu unterscheiden. Viele Prediger sind politische Sachverständige und Wirtschaftsexperten geworden und verstehen sich vorzüglich auf Baseballregeln usw. ... sehr oft ist der Inhalt der Predigt mager.“ Er führte weiter aus: „Die Menschen finden nicht immer den geistigen Trost, den sie benötigen. Sie sind es müde, von Vietnam zu hören; nichts wird ihnen geboten, was sie ermuntern, erfreuen, in eine feierliche Stimmung versetzen oder begeistern würde.“ Gottes Wort, die Bibel, enthält jedoch eine Fülle von Belehrungen, die gerechtigkeitsliebende Menschen ermuntern. Es weist auch auf Ereignisse hin, über deren Auswirkungen sich die Menschheit nicht nur in der unmittelbar bevorstehenden Zeit, sondern auch in ferner Zukunft noch freuen wird.
SIE WENDEN SICH EINEM „NEUEN GOTT“ ZU
Gregory Baum, ein katholischer Theologe aus Toronto, sagte, die moderne Religion wende sich einem „neuen Gott“ zu. Diesen „neuen Gott“ dürfe man sich nicht als unsichtbares Wesen vorstellen, dem man sich im Gebet nahen könne, sondern man müsse ihn „durch Selbsterkenntnis, durch Gespräche mit anderen und durch die Unterscheidung von Recht und Unrecht in der politischen und sozialen Entwicklung finden“.
Genau das haben die Menschen aber schon seit Jahrhunderten zu tun versucht. Sie haben sich auf ihren eigenen Verstand verlassen, statt daß sie sich von der in der Bibel geoffenbarten Weisheit Gottes hätten leiten lassen. Sie haben selbst entschieden, was recht und was unrecht ist, und haben das, was Gott darüber sagt, außer acht gelassen. Viele erkennen jetzt aber, daß es töricht ist, sich auf menschliche Weisheit zu verlassen, weil die furchtbaren Folgen der unvollkommenen, oft selbstsüchtigen menschlichen Regierungs- und Denkweise immer deutlicher zutage treten. In Gottes Wort, der Bibel, finden wir die vor langer Zeit aufgezeichneten warnenden Worte: „Vertraue auf Jehova mit deinem ganzen Herzen, und stütze dich nicht auf deinen Verstand.“ „Vertrauet nicht auf Fürsten, auf einen Menschensohn, bei welchem keine Rettung ist!“ — Spr. 3:5; Ps. 146:3.