El Salvador und die Honduras-Länder
IM NEUEN schönen Flughafen von San Salvador, der zeigt, wie der internationale Flugverkehr eine immer grössere Rolle spielt, wartete am 12. Dezember eine Gruppe Zeugen Jehovas auf R. E. Morgan und zehn Tage später auf N. H. Knorr, Präsident der Watchtower Society. Der erste Besucher sah neues Gebiet und eine Stadt in Zentralamerika, die für ihn neu war.
In ganz El Salvador gibt es 207 Verkündiger, doch nicht mehr als 100 davon befinden sich in der Hauptstadt selbst. Dennoch hatten die Geschwister einen öffentlichen Vortrag auf Dienstagabend, 13. Dezember, veranstaltet. Die Verkündigung der Wahrheit verdient das Beste, und so mietete das Zweigbüro das Teatro Nacional, das schönste und berühmteste Theater in El Salvador. Die Versammlung wurde durch Flugzettel und Plakate weit und breit angekündigt, und mehrere hundert Einladungsschreiben waren bereitgestellt und abgegeben worden. Der Anlass war etwas ungewöhnlich, weil dies gerade der Vorabend der Nationalfeier des ersten Jahrestages der Revolution war. Die Regierung hatte grosse Vorkehren für die Feier getroffen, und überall tat sich der Festgeist kund. Musiktrupps, Trompetenkorps, Truppen, Polizei — alles war bereit für den grossen Tag, der ein Jahr der Freiheit von Diktaturherrschaft in El Salvador kennzeichnete. Wie würde der Vortrag „Freiheit den Gefangenen“ in solch einer Atmosphäre aufgenommen werden? Was würde die Reaktion sein auf eine kräftige Erklärung wider katholische Bedrückung? Würden an diesem Abend viele Menschen zu solch einem Vortrag kommen?
Diese Fragen waren bald beantwortet, als 803 Personen ihren Weg ins Nationale Theater fanden. Nichts so Grosses hatten Jehovas Zeugen in El Salvador je zuvor erfahren. Der Vortrag mit seiner Übersetzung ging gut vonstatten. Etwa in der Hälfte desselben bemerkte man, dass nationale Polizisten das Gebäude betraten, und einer kam nach vorn bis nahe zur Bühne. Doch wurde keine Anstrengung gemacht, die Versammlung zu stören, und man war offenbar gekommen, um zu sehen, dass die Ordnung bewahrt blieb. Ein guter Geist herrschte unter der Zuhörerschaft, und alle lauschten mit Aufmerksamkeit, als religiös-politisch-wirtschaftliche Bedrückung und Gefangenschaft den grossen Freiheiten gegenübergestellt wurden, welche die neue Welt dem Volke bringen wird. In diesem angeblich stark katholischen Lande folgte spontaner Beifall auf die Erklärung, dass Leute, die die Wahrheit wissen wollen, sich nicht auf die Priester verlassen sollten, da sie nimmer die Wahrheit aus der Bibel lehren. Die Veranstaltung war ein grosser Erfolg, und es wird geschätzt, dass mindestens 600 Fremde anwesend waren.
Es waren Anstalten getroffen worden, dass der Zweigdiener und Bruder Morgan am nächsten Morgen mit dem Lieferwagen nach Santa Ana, etwa 72 Kilometer von der Hauptstadt weg, reisen sollten. Hier befindet sich ein weiteres Missionarheim und eine Gruppe von Zeugen Jehovas, und für Mittwochabend war eine Zusammenkunft vorgesehen. Ausser zwei von ihnen waren alle andern im Wagen, und es schien, dass wir mit unserm spanisch sprechenden Chauffeur eine angenehme Reise haben sollten. Aber o je, der glänzende neue Chevrolet hustete bald, spuckte und gab den Geist auf! Der Chauffeur bekundete seine Unzufriedenheit, als er in Englisch stammelte: „Hu, kein Benzin!“ Er schien sprachlos vor Erstaunen, dass ihm so etwas passieren konnte, aber der Brennstoffmesser zeigte „leer“ an, als man im Heim der Zweigstelle vorsprach, um zwei Mitreisende abzuholen. So warteten wir denn geduldig eine halbe Stunde, während er auf der Suche nach weiterem Brennstoff davontrabte. Als das Benzin in den Behälter geschüttet war, wollte die Batterie den Motor nicht in Gang setzen. So leisteten wir denn unserem bedrängten Chauffeur etwas Hilfe, indem wir ihm den Wagen stossen halfen. Dieser gelangte tatsächlich nach Santa Ana.
Am Nachmittag wurden mehrere Stunden mit dem Verbreiten von Einladungen verbracht. Im Laufe der Arbeit sahen die Verkündiger zwei Leichenzüge, die sich auf ihrem Wege von der Kirche zum Friedhof befanden und gut die Haltung der katholischen Kirche dem Volke hier gegenüber zeigten. Der erste war das Begräbnis eines Armen, dessen Leichnam in einer einfachen Kiste von Verwandten getragen wurde. Diesem folgten Leute in zerfetzten Kleidern und einige barfuss. Es war in der Tat ein mitleiderregender Anblick. Die zweite Bestattung galt einem Reichen. Gutgekleidete Bahrtuchhalter begleiteten einen geschmückten Sarg. Voraus gingen zwei Priester in wehenden Gewändern. Ein Zug schwarzgekleideter Trauernder folgte, und man sah viele Autos und Blumen. Bruder Morgan fragte einen Ladeninhaber, warum nicht auch beim ersten Leichenzug Priester vorangingen. Die Antwort zeigt, wo die Liebe der Geistlichkeit ist: „Die Armen hatten nicht genügend Geld, um die Priester zu zahlen, ihrem Begräbnis voranzugehen.“ Wie wunderbar, dass Gott die Armen liebt und ihnen das Wasser der Wahrheit umsonst gibt! Sicherlich brauchen diese Leute das Königreich und seine Segnungen, um von ihrer Armut und Gefangenschaft frei zu werden.
An jenem Abend versammelte sich im Patio des Missionarheims in Santa Ana eine begeisterte Gruppe von 136 Personen, um eine Dienstansprache anzuhören und einem Bericht über die wunderbare Ausdehnung des Königreichswerkes in vielen Ländern der Welt zu lauschen. Bestimmt waren diese lieben Geschwister in Santa Ana nicht allein, ihren Gott zu lobpreisen, denn überall und in jeder Sprache wurde von Jehovas Volk das Signal hoch erhoben. Genau so begeistert wie all ihre Geschwister waren drei ganz blinde Verkündiger, die in der ersten Reihe sassen. Sie verkaufen Zeitungen und kennen jeden Zoll der Stadt, und wenigstens einer davon unterhält eine Familie. Sie gehören zu den besten Verkündigern der Gruppe in Santa Ana. Sie haben ihre eigenen Gebiete und bearbeiten sie; sie wohnen jeder Versammlung bei und geben aus dem Informator und dem Wachtturm bessere Antworten als die meisten Geschwister, welche diese Veröffentlichungen selbst lesen können. Sie sind eingeschrieben für die Theokratische Dienstamtschule und halten Studierenden-Ansprachen, und zwar gute. Welch ein Beispiel geben sie Königreichsverkündigern an allen Orten, die Augen haben, womit sie sehen können! Es war eine Freude, mit ihnen zusammen zu sein und ihre Freude am Herrn und über das Vorrecht zu sehen, das sie besitzen, indem sie die Augen derer öffnen helfen, die durch religiöse Überlieferung verblendet sind.
Einige Tage nachdem Bruder Morgan El Salvador verlassen hatte, traf Bruder Knorr ein und erfreute sich abermals eines angenehmen Besuches bei vielen treuen Missionaren. Für die Versammlung im Königreichssaal, der sich im Missionarheim befindet, waren weitere Stühle beschafft worden. Bei der Abendversammlung war die Versammlungsstätte mit 128 Personen dicht besetzt; das war die grösste Geschwister-Versammlung, die je in San Salvador stattgefunden hatte. Der keine zwei Tage dauernde Besuch war viel zu kurz, als dass alle Einzelheiten durchgegangen werden konnten, doch wurden die grossen Probleme besprochen. Man traf Anstalten, am 1. Februar ein neues Missionarheim in San Miguel zu eröffnen. Vier der Missionare von Santa Ana werden in dieses Heim versetzt. Es wurden auch Anstalten getroffen, die Gruppen und alleinstehenden Verkündiger öfters im Jahre zu besuchen, und es werden Anstrengungen gemacht, neue Gebiete zum Zeugnisgeben zu erschliessen. Seit dem letzten Besuch Bruder Knorrs, als es dort vor dreieinhalb Jahren 22 Verkündiger gab, ist ein wunderbares Wachstum zu verzeichnen. Im Jahre 1949 gab es im Durchschnitt 177 und eine Höchstzahl von 207 Verkündigern. Zwölf Missionare sind im Lande, und es ist zu hoffen, dass vor Ablauf des Jahres 1950 dort weitere eintreffen werden, um am Ausdehnungsprogramm mitzuhelfen. Es war eine Freude, die vielen Fragen der Gileadabsolventen über das neue Bethelheim und die Veränderungen in Gilead zu beantworten und ihnen vom Wachstum in andern Ländern zu erzählen. Denen, die schwer arbeiten, um im Felde zu bleiben, ist es auch stets eine Freude, von der Treue ihrer Mitstudierenden zu hören, die in ihrem Werke beharren.
HONDURAS
Samstagmorgen, 17. Dezember, sagte Bruder Morgan den Geschwistern in San Salvador adios und bestieg ein DC-3 für den 55-Minuten-Flug nach Tegucigalpa, Honduras. Dies erwies sich als ein rauher Flug, ohne Zweifel zufolge der Luftströmungen, die durch das äusserst gebirgige Terrain unten bedingt waren. Der Pilot ordnete an, dass auf dem ganzen Wege die Sitzgürtel angeschnallt blieben, denn das Flugzeug wurde wie ein Federchen hin- und hergeblasen. Während es hin- und hertaumelte, fühlten sich einige Passagiere in gleicher Verfassung. Es war gut, sich auf dem mit Felsblöcken besäten Flugfeld von Tegucigalpa niederzulassen und wiederum die solide, feste Erde zu spüren. Bruder Burt und sieben der elf Gileadabsolventen, die gegenwärtig in Honduras weilen, befanden sich am Flughafen, um den Besucher aus New York zu empfangen, ausserdem viele Verkündiger vom Orte. Im Bus, der für diesen Anlass gemietet worden war, befand sich bald die gesamte Gruppe auf ihrem Rückweg nach der Stadt. Die noch verbleibenden Stunden des Vormittags wurden für die Erledigung notwendiger Formalitäten in drei verschiedenen Regierungsdepartementen verbracht, um Bruder Morgans Pass und Papiere für seine Abreise aus dem Lande, die wenige Tage später stattfinden sollte, in Ordnung zu bringen.
Dies war ein grosses Wochenende für die Geschwister in Honduras. Der Freitag hatte den Anfang des ersten allgemeinen Kongresses bezeichnet, der in diesem Lande je stattgefunden hat. Aus all den sieben Gruppen des Landes waren Geschwister nach Tegucigalpa gekommen und dazu auch viele alleinstehende Verkündiger. Dies bedeutete für viele Geschwister eine grosse Anstrengung, aber sie hatten sich für diesen Anlass eingerichtet. Aus einer Gruppe kamen 28 Verkündiger im Flugzeug nach der Hauptstadt, und einige davon waren nie vorher geflogen. Ein Bruder verkaufte seine Kuh, um genügend Geld für die Reise zu bekommen. Andere gingen zu Fuss.
Die Bewohner von Tegucigalpa waren überrascht, Jehovas Zeugen zum ersten Mal bei der Ankündigung mit Plakaten zu sehen, und die Geschwister machten verschiedene interessante Erfahrungen, während sie durch die Strassen zogen. Ein „padre“ folgte der Strasse entlang einer Schwester und wehrte Passanten und Dastehenden, Flugzettel mit der Ankündigung des öffentlichen Vortrages anzunehmen, obwohl er selbst einen Flugzettel in der Hand hielt. Ein Herr erinnerte nun den „padre“ daran, dass, wenn er, der „padre“, einen Flugzettel annehmen konnte, kein Grund zu bestehen scheine, warum andere ihn nicht abnehmen könnten. Darauf zerriss der Geistliche die Einladung. Solche Zwischenfälle hielten jedoch die Leute nicht vom Besuch des öffentlichen Vortrages ab. Um 10 Uhr am Sonntagmorgen hatten sich 511 Personen im Theater eingefunden, um den Vortrag „Freiheit den Gefangenen“ zu hören. Dies war der grösste öffentliche Vortrag, der von Jehovas Zeugen in Honduras je abgehalten wurde. An jenem Nachmittag wurden elf neue Zeugen im Rio Grande getauft, das heisst etwa anderthalb Kilometer ausserhalb der Stadt, wohin alle Geschwister wanderten. Ein Durchreisender, der gerade einige Tage zuvor mit einem Zeugen Jehovas gesprochen und dann allen Kongressversammlungen beigewohnt hatte, war unter den Getauften. Er ist begierig, alles, was er nur kann, jetzt zu lernen, damit auch er im Predigtwerk mitmachen kann, und deshalb hat er um ein Bibelstudium in seiner Wohnstätte gebeten.
Es gab in Honduras noch andere Orte zu besuchen, wo Gileadabsolventen zusammen mit andern vom Volke des Herrn arbeiten, denen es unmöglich war, zum Kongress in die Hauptstadt zu kommen. So bestiegen denn am Montagnachmittag der Zweigdiener und Bruder Morgan ein TACA-Flugzeug nach San Pedro Sula, einer Stadt, die nordwestlich von der Hauptstadt gelegen ist. Am Montagabend fand die Versammlung von 92 Geschwistern und Menschen guten Willens im Königreichssaal statt, der sich im Missionarheim befindet, wo zwei Gileadabsolventen wohnen. Die Geschwister des Ortes freuten sich über die vielen Erschienenen. Gerade neben dem Missionarheim befindet sich eine Radiostation, die Jehovas Zeugen jede Woche kostenlos Zeit einräumt. Die Missionare geben dort sehr interessante Programme. San Pedro Sula ist heiss, und es regnet sehr viel, aber der Herr segnet die Anstrengungen, welche die Geschwister dort beim Predigen des Evangeliums machen.
Am Dienstagnachmittag reisten die zwei Brüder nach La Ceiba, einer Stadt an der Küste, direkt im Norden von Tegucigalpa. Unterwegs hielt das Flugzeug in Puerto Cortez und Tela an. Während wir uns La Ceiba näherten, sahen wir die Strohdächer der Häuser in der Tiefe und grosse Bananenbaum-Felder. Die Nordküste von Honduras ist prächtiges Bananenland, und sozusagen nur die Fruchtgesellschaften verschaffen der Bevölkerung etwas Beschäftigung. An jenem Abend freuten sich die drei Gileadabsolventen, die in La Ceiba etwa sechs Monate gearbeitet haben, 41 Personen an der Versammlung zu sehen. Zehn davon sind jetzt Verkündiger, und eine Gruppe von Zeugen Jehovas wird organisiert. Manche Menschen guten Willens, die die Wahrheit hier kennenlernen, sind emsige Anhänger der Ortskirchen, und einige sind beunruhigt worden durch die Warnung der Geistlichen, dass Jehovas Zeugen nur so viele Bücher als möglich verkaufen und dann in eine andere Stadt wegreisen würden. Es wurde ihnen aber versichert, dass Jehovas Zeugen in La Ceiba seien, um zu bleiben, und dass sie eine bleibende Gruppenorganisation zur wahren Anbetung in jener Stadt bildeten. Diese Neuen waren daran interessiert, etwas über das Werk der Gesellschaft in der ganzen Welt zu hören und auch die Verantwortung des Verkündigens der Wahrheit ins Auge zu fassen, die Jehovas Zeugen in La Ceiba haben. Hier zu arbeiten ist nicht leicht, aber die Geschwister sind begeistert über die Ausdehnungsaussichten.
Bruder Morgans und Bruder Knorrs Wege kreuzten sich am Samstag, 24. Dezember. Das Flugzeug, in welchem der Präsident der Gesellschaft nach Tegucigalpa kam, war dasselbe, in welchem Bruder Morgan nach Nikaragua weiterreisen sollte, da er bereits Britisch-Honduras und Honduras besucht hatte. Zehn Minuten besprachen die Brüder die Dinge hinsichtlich der besuchten Länder, und dann war Bruder Morgan unterwegs nach Nikaragua. Bruder Knorr sollte noch dableiben, um gewisse Dinge hinsichtlich des Zweiges und Missionarheims zu entscheiden. Er erinnerte sich, im Jahre 1946 dagewesen zu sein, als das Werk eben erst richtig anfing und sieben Gileadabsolventen dorthin geschickt worden waren, um das Evangeliumspredigtwerk zu organisieren. Bruder Burt war von Kostarika nach Tegucigalpa versetzt worden und andere, unerfahrene Missionare wurden nach der Hauptstadt entsandt, um im Organisierungswerk mitzuhelfen. Während des Jahres 1946 standen im Durchschnitt nur 19 Verkündiger im Felde, zwölf davon Gruppenverkündiger. Im Jahre 1947 war das Werk mehr als doppelt so gross geworden und umfasste 45 Verkündiger. Darauf gab es 1948 einen grossen Zuwachs, indem die Verkündigerzahl auf 119 hinaufschnellte. Wiederum verdoppelte sich die Verkündigerzahl in diesem letzten Dienstjahre, so dass das Total auf 246 anstieg. Dies bedeutet, dass sie in jedem der vier letzten Jahre eine Zunahme von mehr als 100 Prozent verzeichnet haben. So hat sich denn Honduras als ein ausgezeichnetes Feld zur Förderung der Königreichsinteressen erwiesen.
Am Samstagabend wohnten 66 Geschwister dem durch Bruder Knorr gehaltenen Vortrag im Königreichssaal bei, welcher sich im Missionarheim befindet. Gleichwie in andern Ländern müssen die Geschwister hier Prediger des Wortes sein, da jeder einzelne für sich ein Evangeliumsdiener ist. Jehovas Zeugen befinden sich nicht in diesem Werk, weil jemand anders es tut; sie stehen darin, weil sie die Verantwortung auf sich genommen haben, das Wort in Gegenwart Gottes Jehovas und seines Sohnes zur Zeit des zweiten Erscheinens Christi und der Aufrichtung seines Reiches zu predigen. Wenn auch die meisten dieser Geschwister erst etwa ein Jahr in der Wahrheit sind, beginnen sie doch, die Verantwortung zu erkennen, die ihnen der Herr auferlegt hat, und zu sehen, wie sie immerdar treu bleiben müssen, um ewiges Leben zu erlangen.
Am meisten beschäftigte die Missionare die Frage der Ausdehnung im Jahre 1950. Nachdem man die Verhältnisse des Landes und die Aussichten auf die Zukunft ins Auge gefasst hatte, erachtete man es als das beste, weitere Missionare in die gegenwärtigen Heime zu senden und sobald als möglich in einer andern Stadt ein neues Heim zu eröffnen. Es gibt eine Menge kleiner Dörfer von etwa zwei- bis fünftausend Einwohnern, die durch energische junge Missionare erreicht werden müssen, welche fähig sind, in beschwerlichen Verhältnissen zu leben. Es besteht die Hoffnung, dass man bis zum Jahresende mit der Königreichsbotschaft in andere Landesteile vorgedrungen sei.
Wiewohl das Missionarheim in Tegucigalpa sich an schöner Lage befindet und sehr komfortabel ist, scheint es doch nicht am rechten Ort der Stadt zu liegen, um in jenem Gebiet das Werk noch mehr zu fördern. Es wurden dem Zweigdiener Anweisungen gegeben, das Missionarheim ins Zentrum von Tegucigalpa zu verlegen. Jetzt liegt es am Rande der Stadt. Ein kleiner Königreichssaal, der in jenem Viertel gelegen ist, wird für die Interessierten genügen, die man um das Heim herum gefunden hat. Anlässlich des öffentlichen Vortrages eine Woche zuvor zeigte es sich, dass sehr viel Interesse in der Stadt vorhanden ist, und es kann diesen Interessierten bessere Aufmerksamkeit geschenkt werden, wenn das Heim und der Königreichssaal für die Leute leichter erreichbar sind.
Nachdem Bruder Knorr dem englischen Wachtturm- und dem spanischen La Atalaya-Studium am Sonntag beigewohnt und mit den Missionaren über die Probleme gesprochen hatte, kam sein sehr angenehmer Besuch bei dieser Gruppe zu Ende. Am Montagmorgen befand er sich unterwegs nach San Pedro Sula, um vier andere Gileadabsolventen zu besuchen und ihre Arbeit mit ihnen zu besprechen. Er flog am Morgen des 26. um 8.30 Uhr ab, und das Flugzeug landete in Progreso, einige Kilometer ausserhalb von San Pedro Sula. In wenigen Minuten stieg es wieder auf, streifte die Baumwipfel von Bananenpflanzungen und flog über die saubere kleine Stadt La Lima auf dem Wege nach San Pedro Sula, wo es fünf Minuten später landete. Der Tag wurde mit den Missionaren in ihrem Heim zugebracht, und um 15.30 Uhr kamen viele Gruppenverkündiger von San Pedro Sula und La Lima an den Flughafen, um sich von Bruder Knorr, der nach Britisch-Honduras wegflog, zu verabschieden. Mehr als dreissig Geschwister waren zur Begrüssung hergekommen und bedauerten es sehr, dass er in Tegucigalpa nicht an ihrem Kongress hatte teilnehmen können.
BELIZE, BRITISCH-HONDURAS
Der gleiche Empfang wie Bruder Morgan wurde auch Bruder Knorr zuteil, als er in Belize, Britisch-Honduras, eintraf. Zwei Lastwagen voll Geschwister waren hergekommen, um die Besucher vom Hauptbüro zu begrüssen. Bruder Morgans Flugzeug kam mit zwei Stunden Verspätung an, und seine Landung erfolgte in der Dunkelheit, während Bruder Knorrs Flugzeug rechtzeitig eintraf, ja in der Tat noch bevor der eine Lastwagen voll Geschwister am Flughafen eingetroffen war. Welche Freude für beide Brüder, diese 65 eifrigen Geschwister von Belize zu sehen, die die Besucher in ihrer Stadt am Meer willkommen hiessen!
Nachdem Bruder Morgan die Zollformalitäten hinter sich hatte, kletterte er mit den übrigen Geschwistern in einen der Lastwagen, um in die Stadt Belize zu fahren. An jenem Abend erstattete er ihnen einen Bericht über das, was sich bis zu dieser Zeit auf seiner Reise zugetragen hatte. Der Donnerstagmorgen war dem Inspizieren der Zweig-Aufzeichnungen und Missionarheimberichte gewidmet. Am Nachmittag wurde zu den Geschwistern über das Thema „Liebe“ gesprochen, und um 19 Uhr fanden sich 100 Personen zum öffentlichen Vortrag ein. Die meisten blieben noch zurück, um eine einstündige Ansprache nach dem öffentlichen Vortrag über die Verantwortung der Zeugen Jehovas in bezug auf das Lobpreisen des Namens Jehovas anzuhören.
Programmgemäss musste er früh am Freitagmorgen abreisen, und die Missionare begleiteten ihn zum Flughafen. Es war schlechtes Wetter und schlechte Sicht. Als das Flugzeug über den Golf von Honduras wegflog, kam es in sehr rauhe Witterung und in starken Regen. Es war nötig, die Sitzgürtel die ganze Zeit befestigt zu halten, und es schien, als ob das Flugzeug in der Luft herumtanze und schaukle und der Gewalt der jetzt tobenden Elemente nicht gewachsen sei. Bestimmungsort war San Pedro Sula in Honduras, aber Sturm und Nebel verhinderten die Landung dort, obwohl der Versuch hierzu gemacht wurde. Nachdem das Flugzeug das Feld eine Zeitlang umkreist hatte, um hereinzukommen, änderte der Pilot seinen Kurs und landete schliesslich auf einem kleinen Feld in Puerto Cortez. Dadurch war es Bruder Morgan versagt, die Missionare in San Pedro Sula nochmals zu sehen, die auf jenem Felde warteten. Nachdem das Flugzeug Brennstoff aufgenommen hatte, flog es nach Tegucigalpa weiter. Wie gut war es doch, aus dem strömenden Regen heraus und vom schlammigen Feld wegzukommen und bei der Ankunft in Tegucigalpa Sonnenschein zu sehen! Hier blieb Bruder Morgan über Nacht und traf dann Bruder Knorr am nächsten Morgen am Flughafen auf seinem Wege nach Nikaragua.
Die Zeit, die bis zu den Besuchen von Bruder Morgan und Bruder Knorr verstrich, wurde immer kürzer. Es handelte sich jetzt nur noch um Tage, und es schien den Geschwistern, als ob sich ein unaufhörlicher Kongress abspiele, der nur durch eine kleine Ruhepause unterbrochen wurde. In Belize wurde Bruder Knorr mit dem Lastwagen in die Stadt geführt, und er erfreute sich der Gemeinschaft der Geschwister und der wunderbaren Szenerie dem Belizefluss entlang, wo sich tatsächliches Dschungelgebiet erstreckt. Einige Missionare sind ins Innere von Britisch-Honduras gegangen, wo die Mahagoni-Bäume gefällt und das Holz den Fluss hinab geflösst wird. Sechs kleine Gruppen sind in verschiedenen Teilen von Britisch-Honduras organisiert worden, und die Zahl der Verkündiger hat in diesem Lande beständig zugenommen. Als im Jahre 1946 die ersten Gileadabsolventen dort eintrafen, gab es nur dreizehn Verkündiger und nur die eine Gruppe in Belize. Nun gibt es fünfundfünfzig Verkündiger und sechs Gruppen in verschiedenen Teilen des Landes. Als die zwei Lastwagen mit den Geschwistern in Belize ankamen, fuhren sie direkt zum Königreichssaal. Bruder Knorr hatte nicht Gelegenheit gehabt, am Flughafen zu ihnen zu sprechen, und so versammelten sie sich für ein paar Minuten im Königreichssaal, und Bruder Knorr sprach am Spätnachmittag zu ihnen. Es war eine grosse Freude, einige zu begrüssen, die schon bei seinen früheren Besuchen dagewesen waren, und auch die vielen neuen Gesichter zu sehen und allen Gutes zu wünschen.
Der Abend wurde im Missionarheim dem Besprechen von Problemen gewidmet, deren es viele gab. Eines der grossen Probleme ist dasjenige, dem Sinn der Verkündiger ihre Verantwortlichkeiten einzuprägen. Manche neue Verkündiger wollen dem Herrn dienen, erfassen aber die Weihung und die Notwendigkeit einer Symbolisierung derselben nicht. Es erfordert grosse Geduld von seiten der Missionare, den Neuinteressierten nachzugehen. Aber der Herr ist geduldig mit allen Gliedern seines Volkes in diesen letzten Tagen der alten Welt. Und auch wir müssen geduldig sein. In einigen Ländern schätzen gewisse Personen ihr Dienstvorrecht schneller als an andern Orten. Dann wieder stecken viele Menschen in den Gewohnheiten dieser alten Welt und hegen ihre religiösen Ideen, und es hält schwer für sie, sich in so kurzer Zeit zu ändern. Die Geschwister sind nicht entmutigt, aber sie brauchten Rat und fragten sich, wie Missionare in andern Ländern die gleiche Sachlage meistern. Geduld und Liebe zu den Menschen des Landes, wo du arbeitest, ist die Antwort auf das Problem. Wir müssen stets anerkennen, dass die Menschen ihre eigene Lebensart haben, dass sich während Jahrhunderten Gewohnheiten herausbildeten, und dass einiges von dem, was sie tun, ja ihre Denkungsart, ihnen angeboren ist. Die Leute von Britisch-Honduras sind langsam im Erfassen neuer Gedanken, und es erfordert wirklich Geduld, sie zu überzeugen. Doch haben die Geschwister gute Ergebnisse erzielt, und mehr Menschen denn je zuvor verkündigen nun die Botschaft vom Königreich in Britisch-Honduras.
Ausser den Missionarproblemen gibt es noch andere Dinge, mit denen man zu kämpfen hat. Belize hat keine städtische Wasserversorgung. Jedes Haus muss seinen eigenen Holz- oder Betontank haben, und während der Regenzeit wird das Wasser vom Dach her abgeleitet und für späteren Gebrauch aufbewahrt. Aber diese Probleme werden gelöst wie auch das Markt- oder Einkaufsproblem und die Arten des Reisens, die von dem verschieden sind, was die Missionare in den Vereinigten Staaten gewöhnt waren. Sich an die Verhältnisse zu gewöhnen, wie alle Missionare das in ihrem Lande tun müssen, ist zu erfolgreichem Dienst und zu einem Leben, das einem freut, wichtig. Es war in der Tat gut, zu sehen, wie viele zur Abendversammlung erschienen. Die Missionare hatten ihre Menschen guten Willens eingeladen, und zu ihrer Überraschung erschienen 111 Personen, um Bruder Knorrs Vortrag „Predige das Wort“ zu hören. Die Verantwortung, Evangeliumsdiener zu sein, wurde hier der versammelten Gemeinde unzweideutig auferlegt. Gottes Gesetze gelten allen Menschen, ungeachtet des Landes, der Bildung und der Bräuche. Gottes Gesetze ändern sich nie. Alle Personen müssen sich diesen Gesetzen anpassen und ihr Leben mit Jehovas Vorhaben in Harmonie bringen.
Es ist zu hoffen, dass der Besuch der Brüder in Belize den Verkündigern und Neuinteressierten eine Hilfe gewesen sei gleichwie die Besuche in andern Ländern. Es war eine Freude, mit diesen Geschwistern zusammen zu sein, und es war nur schade, dass der Besuch nicht länger dauern konnte, aber das Luftreiseprogramm erheischte die Abreise früh am nächsten Morgen. Mit dem Taxi fuhren alle Missionare und Bruder Knorr an den Flughafen. Er freute sich darauf, in San Pedro Sula und Tegucigalpa unterwegs nach Managua die Gileadabsolventen wiederzusehen. Nachdem der Präsident der Gesellschaft der kleinen Gruppe Lebewohl gesagt hatte, widerfuhr ihm zwar nicht das gleiche wie seinem Sekretär, was rauhe Witterung auf seinem Wege nach San Pedro Sula betrifft, aber ebenso wie diesem gab es für ihn keine Landung in San Pedro Sula, weil weder Passagiere aus- noch einstiegen. Dies sagte ihm die Stewardess im Flugzeug etwa eine Viertelstunde nachdem man Belize verlassen hatte. Es tat ihm leid, diese Missionare nicht wiederzusehen, doch tröstete er sich mit dem Gedanken, dass die Gruppe in Tegucigalpa auf dem Flugplatz sein werde, um ihn zu begrüssen. Dreissig Minuten später jedoch sagte die Stewardess, das Flugzeug werde auch in Tegucigalpa nicht landen, weil niemand aus- oder einsteige, und dass man statt dessen nach San Salvador weiterfliege.
Den Geschwistern in San Salvador war gesagt worden, Bruder Knorr werde unterwegs nach Managua nicht dort, sondern in Tegucigalpa landen; so waren sowohl die Gruppe in San Pedro Sula als auch in Tegucigalpa und zudem Bruder Knorr selbst enttäuscht, einander nicht zu sehen. Nun landete er in San Salvador um 10 Uhr vormittags, und so bat er die Zollbeamten von El Salvador um Erlaubnis, während des dreistündigen Aufenthaltes in die Stadt zu gehen. Man erwiderte ihm aber, dass Transitpassagiere den Flughafen nicht verlassen dürften. Mit Hilfe eines freundlichen Angestellten der Pan American telephonierte er daher einer Taxi-Gesellschaft in San Salvador und sagte, man möchte sich doch zum Missionarheim begeben und den dort wohnenden Leuten sagen, Herr Knorr sei am Flughafen und sie sollten im gleichen Taxi sogleich herkommen. Sechs Geschwister waren zufällig daheim, da sie ihre Wäsche und Reinigungsarbeiten besorgten. So kleideten sie sich eilends um, und für zwei Stunden erfreute man sich des Zusammenseins und nahm auch gemeinsam das Mittagessen im Flughafen ein. Die Zeit war gut verbracht. Das Reisen in der Luft ist etwas ungewiss. Man ist nicht immer sicher, wo man landet. Doch schliesslich gelangt man schon dahin, wohin man will.
Kurz nach 13 Uhr traf das Flugzeug ein, und nachdem sich Bruder Knorr verabschiedet hatte, war er wieder unterwegs nach Tegucigalpa, wo alle Missionare herkamen, ihn zu begrüssen, da sie gedacht hatten, er werde mit diesem Flugzeug kommen. So hatte der Präsident der Gesellschaft die Freude, eine Viertelstunde mit ihnen zu sprechen, bevor er nach Managua weiterflog.
Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren ewiglich, und niemand wird sie aus meiner Hand rauben. Mein Vater, der sie mir gegeben hat, ist grösser als alles, und niemand kann sie aus der Hand meines Vaters rauben. — Johannes 10:27-29.