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Erwachet! 1975
g75 22. 3. S. 21-26

Hurrikan „Fifi“ verwüstet Honduras

Vom „Awake!“-Korrespondenten in Honduras

„HELFT uns bitte! Was hier geschieht, ist schrecklich! Es ist einfach unvorstellbar!“

Dieser flehentliche Ruf stammte von einem Amateurfunker an der Nordküste von Honduras. Und er hatte recht. Es mag zwar übertrieben klingen, aber jede Beschreibung der Katastrophe verblaßt vor der grausamen Wirklichkeit. Die Regierung von Honduras rief den „nationalen Notstand“ aus.

Es war das schlimmste Unheil, das die Geschichte von Honduras kennt. Die Behörden schätzen, daß 8 000 bis 10 000 Personen umkamen. Ungefähr 100 000 Menschen wurden obdachlos, und eine halbe Million erlitt Verluste. Farmen, Vieh und der größte Teil der wirtschaftlich wichtigen Feldfrüchte wurden vernichtet. Autobahnen, Eisenbahnlinien und Brücken wurden zerstört, und dadurch wurde der Verkehr lahmgelegt.

Ein Mann wies auf eine Stelle hin, wo einmal sein Haus zusammen mit Hunderten von Häusern gestanden hatte. Die Stelle befand sich jetzt in einem breiten Flußbett, und von den Häusern war nicht das geringste zu sehen. Ausgetrocknete Flußbetten waren plötzlich zu reißenden Flüssen geworden, mehrere hundert Meter breit. Als sich der Sturm gelegt hatte, fand man einige Leichname 10 Kilometer von ihrer Wohnung entfernt. Autos waren einen Meter unter dem Schlamm begraben. Nicht selten sah man Häuser, die bis zur Hälfte mit Sand und Schlamm gefüllt waren.

Welche Kräfte hatten diese Verwüstung angerichtet?

Der Sturm

Am Dienstag, dem 17. September 1974, gab das Amt für Zivilluftfahrt nachmittags zum erstenmal über Radio bekannt, daß sich der Hurrikan „Fifi“ der karibischen Küste von Honduras nähere. Aber es wurde kein besonderer Alarm gegeben. Der September ist ein Monat der Hurrikane, und die Überschwemmungen, die sie verursachen, sind erwünscht, da sie gewöhnlich nicht schlimm sind und eine Schicht fruchtbaren Boden zurücklassen, die dem Ackerbau zugute kommt.

Doch am Mittwoch, dem 18. September, begannen die Städte im Norden von Honduras gegen 16 Uhr die Gewalt von „Fifi“ zu spüren. Statt daß er sich entlang der Nordküste schnell nach Guatemala bewegte, wurde er von Tiefdruckgebieten an der Pazifikküste gebremst. Dadurch kam es an der Pazifikküste zu schweren Regenfällen und Überschwemmungen. Aber die eigentlichen Katastrophengebiete befanden sich im Norden von Honduras.

Am Donnerstag zog der Hurrikan schließlich nach Guatemala weiter, und am Freitag verlor er sich in Mexiko. Inzwischen waren im Norden von Honduras 50 Zentimeter Niederschlag gefallen.

Außerdem peitschte der Sturm die See auf, so daß der Wasserstand stieg. Dadurch konnten die vom Regenwasser angeschwellten Flüsse nicht abfließen. Sie traten über ihre Ufer, ergossen sich in die Städte und richteten schlimme Verwüstungen an.

Die Regenfälle in den Bergen verursachten noch größeres Unheil. Wie mit riesigen Klauen kratzte die Flut an den Berghängen und spülte Tonnen von Schlamm, Sand, Pflanzenwuchs und Geröll in die Ebene. Dieser Schutt ergoß sich nun in die Flüsse und hielt das Wasser auf. Wenn sich das Wasser dann doch einen Durchbruch durch die Hindernisse verschaffte oder sich einen anderen Weg bahnte, riß es wie ein Wildbach viele Millionen Tonnen Gestein, Schlamm und Bäume mit. Diese Flüsse waren oft mehrere hundert Meter breit, und wenn Dörfer oder Häuser im Weg standen, wurden diese nicht nur überschwemmt — sie wurden einfach mitgerissen.

Plötzliche Katastrophe

Die Wildbäche richteten oft mehr Schaden an als die heulenden Winde und die Regengüsse des Hurrikans. Am Freitag ergoß sich in den frühen Morgenstunden ein Gemisch von Geröll, Baumstümpfen, Erde und Wasser von den Bergen und verwüstete die Stadt Choloma. „Als wir aufwachten, ging uns das Wasser schon bis zu den Hüften“, erzählte eine junge Frau. „Wir stiegen auf das Dach unseres Hauses, aber das Dach brach zusammen, und drei meiner kleinen Schwestern wurden fortgeschwemmt.“ So erging es Tausenden. Nach einer Schätzung kamen allein in Choloma 2 800 Menschen um.

Etwa 15 Kilometer südlich von Choloma liegt San Pedro Sula, die zweitgrößte Stadt in Honduras, mit einer Bevölkerung von 150 000. Von dort berichtet ein Augenzeuge: „In den frühen Morgenstunden zog das Auge von ,Fifi’ etwa 55 Kilometer nördlich von uns vorbei. Alles wurde von Wasser überschwemmt. Kilometerweit, bis zu den steilen Bergen in der näheren Umgebung, sah man Wasser. Die Menschen wurden von panischem Schrecken erfaßt und flohen in die umliegenden Dörfer, die etwas höher lagen. Doch viele wurden durch gewaltige Erdrutsche zermalmt oder ertranken in den tobenden Wassern.“

La Ceiba war eine der ersten Städte, die die Gewalt des Hurrikans zu verspüren bekamen, als er an der Küste von Honduras entlangzog. Es war ein schreckliches Erlebnis, besonders für kleine Kinder. Ein kleines, achtjähriges Mädchen, das von seiner Mutter regelmäßig in den Königreichssaal der Zeugen Jehovas mitgenommen wird, erzählt folgendes:

„Als der Hurrikan kam, war mein Vater nicht zu Hause, und wir hatten Angst, weil wir noch nie einen Hurrikan erlebt hatten. Aber meine Mutter erklärte, daß Hurrikane etwas ganz Normales sind und daß sie kein Zeichen dafür sind, daß Gott mit den Menschen böse ist, wie einige Leute sagen.

Wir gingen in den zweiten Stock des Hauses, da meine Mutter sagte, dort wäre es sicherer. Aber auch dort erreichte uns fast das Wasser. Meine ältere Schwester und ich meinten daher, es wäre am besten, wenn wir unser Buch Auf den Großen Lehrer hören holen und daraus biblische Geschichten laut vorlesen würden, damit auch unsere Mutter zuhören könne.

Wir schlugen Kapitel 14 auf, in dem erzählt wird, wie Jesus das Meer beruhigte. Wir guckten uns besonders das Bild an, das zeigt, wie er auf dem Wasser ging und den Jüngern im Boot zu Hilfe kam, als sie sich vor dem Sturm fürchteten. Es war uns gleich viel wohler zumute, weil wir auf Jehova und auf Jesus vertrauten.

In der nächsten Nacht war der Hurrikan immer noch sehr schlimm, und so machten wir wieder das gleiche. Diesmal studierten wir das Kapitel über das Gebet. Wir baten unsere Mutter, für uns alle ein Gebet zu sprechen, und wir beteten in dieser Nacht sehr viel. Mutter sagte, daß wir auch für sie eine große Hilfe waren, weil es sie so glücklich machte, daß wir auf Jehova vertrauten.“

Vielen erging es aber nicht so gut. Diejenigen, die alles verloren hatten, suchten in überfüllten Flüchtlingslagern Zuflucht. Wie die Hilfsorganisationen berichteten, waren 75 Prozent der Flüchtlinge Kinder unter sieben Jahren. Man konnte erschütternde Szenen beobachten.

Jungen hatten gesehen, wie ihre Schwestern starben. Eltern hatten ihre Kinder verloren und Kinder ihre Eltern. In ihrem Gesicht spiegelte sich die Trostlosigkeit ihres Herzens wider. Der gesamte Nordosten von Honduras war durch die Auswirkungen des Hurrikans verwüstet worden.

Wie durch ein Wunder dem Tode entronnen

Es ist wirklich erstaunlich, daß in einigen Gegenden überhaupt jemand überlebte. Omoa zum Beispiel wurde nach Schätzungen der Behörden zu 80 Prozent zerstört. In dem Königreichssaal der Zeugen Jehovas, in dem viele Zuflucht gesucht hatten, standen Sand und Wasser über einen Meter hoch. Diejenigen, die sich dort aufhielten, konnten sich retten, indem sie auf die Dachsparren kletterten, wo sie das Wasser nicht erreichte. Ein Vollzeitprediger der Zeugen Jehovas aus dieser Stadt berichtet:

„Mitten in der Nacht, als ich sah, daß es gefährlich wurde, kam mir als erstes der Gedanke in den Sinn: Wie kann ich meinen Mitzeugen helfen? Schnell stand ich auf und ging hinaus.

Ich sah, wie das Wasser direkt vor mir zu einem tosenden Fluß wurde. Es war unmöglich weiterzugehen, aber es gelang mir, auf eine Mauer zu kriechen, die noch aus dem Wasser ragte. In der Dunkelheit und wegen des heftigen Regens konnte ich nur sehr wenig sehen. Das schreckliche Donnern des dahinströmenden Wassers voller Trümmer übertönte die Schreie derer, die von der Strömung mitgerissen wurden.

Bald wurde das Rathaus, in dem viele Bürger Zuflucht gesucht hatten, fortgespült, und das gleiche geschah mit den meisten anderen Häusern in der Stadt. Jetzt erkannte ich, daß ich keinem helfen konnte und daß ich vielleicht selbst nicht überleben würde.

In der Situation, in der ich mich befand, war es sehr schwer zu entscheiden, was ich tun sollte. Sollte ich in das tosende Wasser springen und versuchen, in die Sicherheit zu schwimmen? Sollte ich auf der Mauer bleiben und warten, bis mich die Strömung mitreißen würde? Wie hoch würde das Wasser noch steigen?

Die tobende Strömung riß Bäume, Felsbrocken und Trümmer mit, und diese schlugen gegen die Mauer, als wollten sie meinen einzigen Zufluchtsort zertrümmern. Jedesmal, wenn ich einen Stoß gegen die Mauer spürte, klopfte mein Herz stark, und ich fragte mich, wie lange sie wohl noch standhalten würde — besonders in Anbetracht der Tatsache, daß ich so viele andere Mauern in der Strömung schwimmen sah. Ist dies der letzte Stoß? Wie vielen Stößen kann sie noch standhalten?

Plötzlich sah ich irgend etwas Großes auf mich zukommen, das in der Dunkelheit zunächst noch ganz formlos aussah. Doch als es näher kam, konnte ich es erkennen: Es war ein Haus, das geradewegs auf meine Mauer zugetrieben wurde. Ich hoffte kaum noch, zu überleben. Doch ich kroch auf den äußersten Rand der Mauer und bat Jehova um Stärke und Hilfe. Ich war entschlossen, alles hinzunehmen, was Jehova zuließ. Zu meiner Verwunderung und Freude trieb das Haus plötzlich in eine andere Richtung und streifte die Mauer nur.

Nun war ich dankbarer denn je, am Leben zu sein, und als es dämmerte, war ich immer noch auf der Mauer und dankte Jehova, daß ich die Nacht überleben durfte. Ich war jedoch traurig wegen all der Menschen, denen es nicht so gut ergangen war wie mir und die ihr Leben verloren hatten. In der gesamten Gegend, wo ich die Nacht auf der Mauer verbracht hatte, war nicht mehr viel übriggeblieben. Alles war verwüstet worden.

Mein Kummer wurde noch größer bei dem Gedanken, daß ich wohl der einzige Zeuge in der Stadt sein müsse, der noch am Leben sei. Doch als es mir gelungen war, den Königreichssaal zu erreichen, und als ich die anderen dort sah und erfuhr, daß alle überlebt hatten, kamen mir Freudentränen.“

Viele entrannen dem Tod wie durch ein Wunder, als die Flutwasser bestimmte Gebiete verwüsteten, andere Stellen dagegen verschonten. In San Pedro Sula zum Beispiel wurden etwa dreißig Häuser, die nur fünf Häuserblocks vom Königreichssaal entfernt waren, fortgeschwemmt. In einem anderen Fall wurde ein kleines Dorf zerstört, und viele kamen um. Doch ein Junge, der später auf einem Baum gefunden wurde, war am Leben geblieben.

Als sich die Überschwemmung in San Pedro Sula dem Zufluchtsort von vier Familien, Zeugen Jehovas, näherte, machten diese sich bereit, in einen großen Diesellastwagen und zwei Lieferwagen zu steigen, um durch eine Felsschlucht nach Sapotal, einem Dorf in der Nähe, zu fliehen. Doch ein Nachbar, der seine Wertsachen zusammensuchte, versperrte den Zeugen den Weg, und so wurden sie zehn Minuten aufgehalten. Aber in der Zwischenzeit wurde die Straße, die sie befahren wollten, zu einem reißenden Strom, in dem Baumstämme und Felsblöcke schwammen. Wären sie auf dieser Straße gefahren, wären sie mit ziemlicher Sicherheit umgekommen. Nun sind sie dankbar, daß sie infolge der Verzögerung dem Tode entronnen sind.

Hilfsbereitschaft

Bei den schrecklichen Überschwemmungen in Städten wie Choloma haben viele ihr Leben der Hilfsbereitschaft anderer zu verdanken. Ein Zeuge Jehovas, dessen Haus etwa einen Meter über dem Erdboden auf Pfählen steht, erzählt:

„Als ich die Gefahr erkannte, in der meine Nachbarin und ihre Kinder schwebten, rief ich zu ihr hinüber, sie solle in mein Haus kommen, wo es sicherer sei. Aber sie schien entschlossen zu sein, dort zu bleiben, wo sie war. Daher legte ich mir ein Seil um und befestigte das andere Ende sicher an meinem Haus. Dann kroch ich durch den Stacheldrahtzaun und bahnte mir durch das Wasser den Weg zu ihrem Haus. Mit Erlaubnis der Familie nahm ich die Kinder mit, und es gelang uns, mein Haus sicher zu erreichen. Später entschlossen sich auch die übrigen Glieder der Familie, nachdem sie es sich nochmals überlegt hatten, in mein Haus zu kommen. Früher waren sie Jehovas Zeugen gegenüber nicht günstig gesinnt, aber jetzt hatten sie ihre Meinung geändert, denn sie hätten sich nie vorgestellt, daß wir einmal unser Leben riskieren würden, um sie zu retten.

Schließlich hatten etwa 200 Personen in meinem Haus Zuflucht gesucht. Ich stand an der Haustür und beobachtete das Wasser, in dem alle Arten von Trümmern schwammen. Der schlimmste Anblick waren die Leichname. Ich wußte, daß es gefährlich wäre, wenn die Leichen in den Hauseingang oder in das Haus geschwemmt würden, weil sich dann das Wasser stauen würde. Daher nahm ich eine Stange, stellte mich in den Hauseingang und stieß die Leichen weg, wenn sie herantrieben.

Ich hatte gute Gelegenheiten, die biblische Wahrheit über den Zustand der Toten zu erklären — daß sie ohne Bewußtsein sind und in keiner Weise gequält werden (Pred. 9:5, 10). Ich sprach auch über die Hoffnung auf eine Auferstehung von den Toten und erklärte, daß diejenigen, die gestorben sind, die Aussicht haben, in Gottes neuem System mit ihren lieben Angehörigen wieder vereint zu werden (Apg. 24:15; 2. Petr. 3:13).“

Ein Vollzeitprediger der Zeugen Jehovas bemühte sich ebenfalls, anderen zu helfen, aber er hatte dabei schreckliche Erlebnisse. Er erzählt:

„Wir hörten um 10 Uhr abends die Warnungen im Radio, aber wir glaubten nicht, daß der Hurrikan so weit im Inland viel Schaden anrichten würde. Doch etwa um 3 Uhr nachts kam die Flut mit einer solchen Geschwindigkeit und Gewalt, daß in den Stadtteilen, die näher am Fluß lagen, viele Leute buchstäblich aus ihrem Bett geschwemmt wurden; andere wurden mitsamt ihrem Haus fortgetragen.

Als ich aufwachte, stand das Wasser bereits einen Meter hoch, und es stieg etwa 30 cm in der Stunde. Die Strömung hatte schon einen Teil des Zauns vor unserem Haus fortgerissen. Ich nahm unsere beiden Kinder unter die Arme und trug sie an eine höher gelegene Stelle. Aber meine Frau, der es gesundheitlich nicht gutging, kam nicht gegen die schnelle Strömung an. Sie kehrte daher um, fiel aber hin. Ein Mann, der ihre Not sah, kam ihr zu Hilfe. Er war jedoch nicht stark genug. Immerhin konnte er sie davor bewahren unterzugehen. Als ich die Kinder in Sicherheit gebracht hatte, kehrte ich zurück und half beiden, dorthin zu gelangen, wo ich die Kinder gelassen hatte.

Dann gingen wir weiter, weil ich wußte, daß es auch an diesem Platz nicht mehr lange sicher wäre. Allmählich dämmerte der Morgen, aber man konnte immer noch nicht gut sehen. Oft stolperten wir, traten in Gräben und versanken dann bis zum Hals im Wasser. Endlich erreichten wir eine Brücke, die noch passierbar war, obwohl sie schon mit Wasser bedeckt war und einzelne Stücke herausgebrochen waren. Als wir sie alle sicher überquert hatten, ging ich allein weiter, um nach anderen Zeugen zu sehen.

Auf der Straße stand das Wasser einen Meter hoch, und so ging ich die Eisenbahnlinie entlang. Bald hörte ich Schreie, und als ich mich umblickte, sah ich, daß eine Familie auf dem Dach ihres Hauses in Not war. Ich konnte einfach nicht vorübergehen und sie sich selbst überlassen, und so ging ich hin, um zu sehen, was ich tun konnte. Als ich die Schienen verließ, geriet ich in Wasser, das so schnell floß, daß es mich mitriß und mich durch das Tor des Hauses und über einen Stacheldrahtzaun schwemmte, wo ich mir die Hose zerriß. Mein Jackett verfing sich in dem Stacheldraht und verhedderte sich völlig.

Schließlich befreite ich mich aus meinem Jackett, und das Wasser schwemmte mich gegen einen Baum. Ich umklammerte den Baum mit beiden Armen und hielt mich um meines Lebens willen fest. Als ich mich wieder gefaßt hatte, wurde mir ein Seil zugeworfen, das ich an zwei Bäumen festband. Zu der Familie gehörten sieben Personen, und außer der Großmutter befanden sich alle auf dem Dach. Das Haus stand schon sehr schräg, und es mußte jeden Augenblick einstürzen. Ich schaffte die Kinder dorthin, wo das Seil an den Bäumen festgebunden war, und sie kletterten auf einen Baum. Etwas schwieriger war es, die Großmutter herauszuholen, aber schließlich gelang mir auch das. Als der letzte das Haus verlassen hatte und auf einen der Bäume geklettert war, stürzte das Haus zusammen.

Wir fühlten uns auf diesen Bäumen aber nicht sehr sicher, weil andere Geschöpfe den gleichen Gedanken hatten wie wir und an einer höheren Stelle Zuflucht suchten. Das waren Giftschlangen. Später hörte ich von einem Mann, der auf einem Baum Zuflucht gesucht hatte und an einem Schlangenbiß in den Nacken starb. Glücklicherweise passierte uns das nicht.

Nach ein paar Stunden ging das Wasser endlich zurück. Wir halfen uns gegenseitig, von den Bäumen herabzusteigen, und ich setzte meinen Weg fort, um nach meinen Mitzeugen zu sehen. Glücklicherweise waren in dieser Gegend alle wohlauf. Dann ging ich mit Freunden in den Stadtteil Guayabal, um nach anderen zu suchen. Dort erhielten wir einen schrecklichen Schock — wir sahen nichts als einen großen Fluß voller Baumstämme und Trümmer und Häuser, die flußabwärts trieben. Ich war wirklich um den Bruder besorgt, der dort wohnte. Aber wir konnten nichts tun, und daher gingen wir weiter, um zu sehen, ob wir anderen helfen konnten.

Nachdem wir uns den ganzen Tag um verschiedene Zeugen gekümmert hatten, vereinbarten wir eine Zusammenkunft für den nächsten Tag, die um 14 Uhr stattfinden sollte. Als die Zusammenkunft begann, fehlten noch einige, doch nach einer Weile fand sich der Rest ein, einer nach dem anderen. Und am Schluß der Zusammenkunft waren sie alle da. Sie waren alle am Leben geblieben. Wie glücklich waren wir doch, uns wiederzusehen!

Einige Brüder wohnten in den am schlimmsten betroffenen Stadtteilen, und daher waren wir wirklich überrascht und dankbar, sie noch am Leben zu sehen. Keiner beklagte sich über verlorene Häuser oder Besitztümer. Wir waren einfach froh, zusammen am Leben zu sein. Wir waren so ergriffen, daß es uns schwerfiel, das Schlußlied zu singen; alle weinten. Wir dankten Jehova aus dem Grunde unseres Herzens in einem Gebet. Wir erkannten wirklich, was es bedeutet, sich auf Jehova zu stützen und auf seinen Schutz zu vertrauen.“

Schätzungsweise 1 600 Zeugen Jehovas lebten in dem Gebiet, das von den Auswirkungen des Hurrikans betroffen wurde. Es ist wirklich bemerkenswert, daß nicht ein einziger von ihnen das Leben verlor, obwohl viele in den am schwersten betroffenen Orten wohnten, wie zum Beispiel in Choloma, Omoa, San Pedro Sula und den umliegenden Ortschaften.

Hilfsmaßnahmen

Aus 35 Ländern erhielt Honduras Hilfe in Form von Lebensmitteln, Kleidung, Medizin, Zelten, Decken, Geld usw. Buchstäblich Hunderte von Tonnen Hilfsgüter für die durch den Hurrikan Geschädigten wurden per Schiff und per Flugzeug geschickt und von Regierungsstellen verteilt.

Auch Jehovas Zeugen hatten einen bedeutenden Anteil an den Hilfsmaßnahmen. Schon am Donnerstag, dem 19. September, bevor der Sturm vorüber war, reisten drei Vertreter des Zweigbüros der Watch Tower Society in Tegucigalpa nach San Pedro Sula, um die Lage zu überprüfen. Noch am gleichen Tag begannen die Zeugen Jehovas in Tegucigalpa, Lebensmittel, Kleidung, Medizin, Haushaltsgegenstände, Bettwäsche und Geld zu spenden, um Personen in den schwer betroffenen Gebieten zu helfen. Auch andere, die von dem Hilfsprogramm der Zeugen hörten, beteiligten sich daran. Am Samstag morgen waren Zeugen im Zweigbüro eifrig damit beschäftigt, die Spenden zu sortieren, zu verpacken und auf Lastwagen zu verladen, damit sie an ihre christlichen Brüder im Norden des Landes verteilt werden konnten. Ein Teil der Kleiderspende wurde auch an die pazifische Küste, wo es nicht so viele Bedürftige gab, geschickt.

Am ersten Tag wurden 5 1/2 Tonnen Hilfsgüter versandt, und später wurden weitere Tonnen geschickt. Bis die Vorräte in den Katastrophengebieten eintrafen, bemühten sich die Zeugen dort, jeden Bruder und jede Schwester ausfindig zu machen, um sie zu versorgen. Auch diejenigen, mit denen die Bibel studiert wurde, wurden aufgesucht, und es wurde ihnen geholfen. In einigen Gebieten dauerte es fünf Tage, bis alle Zeugen Jehovas ausfindig gemacht und versorgt werden konnten.

Am Donnerstag, noch bevor in Choloma das Schlimmste vorüber war, machten sich 16 Zeugen aus San Pedro Sula auf, um Pakete mit Lebensmitteln und Kleidung auf ihren Schultern nach Choloma zu tragen. Den größten Teil des Weges wateten sie durch Wasser, das ihnen manchmal bis zur Hüfte ging, und dabei mußten sie Schlangen und Leichen ausweichen. Später machten sich in San Pedro Sula Aufräumungsmannschaften auf, die bis zu 40 Zeugen umfaßten. Sie brachten ihre eigenen Schaufeln und andere Geräte mit, um Wohnungen und Königreichssäle von Schmutz und Schlamm zu befreien. Einige arbeiteten in San Pedro Sula, andere in Choloma und benachbarten Orten.

Auch aus vielen anderen Ländern sandten Jehovas Zeugen Hilfe. Aus jedem Land Mittelamerikas erkundigten sie sich nach den Bedürfnissen ihrer Brüder in Honduras, und es wurde ein Plan ausgearbeitet, wie die Hilfsgüter am praktischsten versandt werden konnten. Aus Belize traf nur fünf Tage nach dem Hurrikan eine Schiffsladung von 9 Tonnen Kleidung und Lebensmitteln ein. Die Zeugen luden sie selbst im Hafen von Puerto Cortés aus. Andere Schiffe und auch Flugzeuge, die weitere Tonnen Hilfsgüter mitbrachten, kamen aus Miami und New Orleans. Die Mitarbeiter des Hauptbüros der Watch Tower Society in New York spendeten persönlich etwa 4 Tonnen Kleidung und Bettwäsche. Außerdem spendeten Jehovas Zeugen aus vielen Teilen der Erde spontan Geld, und das Hauptbüro schickte Geld an das Zweigbüro, damit Vorräte beschafft und die Häuser derer, die durch den Sturm alles verloren hatten, wieder aufgebaut werden konnten.

Als Verteilungszentren für Jehovas Zeugen dienten Königreichssäle. Die Zeugen wiederum konnten von der Fülle der Spenden Nahrung und Kleidung an Verwandte, Nachbarn und Bekannte abgeben. Auf diese Weise zeigten sie ihre Liebe und Großzügigkeit ihren Mitmenschen gegenüber, und sie ahmten dadurch Jehova Gott nach, der auch für alle sorgt (Matth. 5:45).

Der Hurrikan „Fifi“ ließ wieder einmal erkennen, wie schwach Menschen gegenüber den Naturkräften sind. Man konnte aber noch etwas erkennen: Menschen, die Liebe im Herzen haben, werden ihren Mitmenschen zu Hilfe kommen, und wenn sie dabei das eigene Leben riskieren.

[Karten auf Seite 21]

(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

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