Ist der Kunde immer König?
WIE oft beklagen sich aufgebrachte Kunden über unfähiges, unwilliges und manchmal sogar unhöfliches Verkaufspersonal. Für sie gilt stets das Sprichwort „Der Kunde ist König“, und es sind offenbar nur wenige, die sich vorstellen können, daß möglicherweise auch die Verkäufer Gründe haben, sich zu beklagen.
In einem Artikel der in Easton (Pennsylvanien, USA) erscheinenden Zeitung The Express brachte Gay Pauley einige solcher Klagen zur Sprache. Eine davon war zum Beispiel eine Klage über Leute, die in ein Geschäft geschlendert kommen und erklären, sie wollten „nur einmal schauen“. Sie probieren dann Kleidung an oder lassen sich ein Produkt bis ins kleinste erklären, obwohl sie überhaupt nicht vorhaben, es zu kaufen. Während solche Herumstöberer die Zeit eines Angestellten in Anspruch nehmen, muß der nächste Kunde, der wirklich etwas kaufen will, warten. Verschlimmert wird alles noch dadurch, daß das Verkaufspersonal häufig die Waren erst wieder ordnen muß, da gedankenlose Kunden „es zu genießen scheinen, in Regale und Gestelle Unordnung zu bringen“. Dazu erklärte ein Verkäufer: „Manchmal frage ich mich, wie es bei diesen Leuten zu Hause aussieht. Wie aus dem Ei gepellt? Oder wie nach einer Katastrophe?“
Für das Verkaufspersonal sind Leute, die unbedingt Kleidungsstücke anprobieren wollen, die eindeutig zu klein oder zu groß für sie sind, ein weiterer Grund zum Klagen. Und es gibt einige, die darauf bestehen, so ziemlich alles anzuprobieren, was sie sehen.
Die Reaktionen auf die freundliche Frage eines Angestellten „Kann ich Ihnen behilflich sein?“ sind ein weiteres Ärgernis. Verkäufer berichten, daß sie auf diese Frage hin grobe und unfreundliche Antworten zu hören bekamen oder einen vernichtenden Blick ernteten. Qualifizierte Verkäuferinnen sind auch nicht gerade begeistert, wenn sie hören: „Ich möchte mich lieber von einem Mann bedienen lassen.“ Ist es da ein Wunder, wenn Verkäufer arroganten, fordernden, unhöflichen oder ständig nörgelnden Kunden aus dem Weg gehen?
Die unangenehmsten Kunden überhaupt sind wahrscheinlich diejenigen, die sich ganz offensichtlich auf ihrem Weg zur Arbeit oder zu einer Verabredung bereits verspätet haben und trotzdem noch in ein Geschäft eilen. Sie wollen schnell etwas finden und bitten dann den Angestellten, ihnen ein Dutzend oder mehr von dem gewünschten Artikel zu geben. Während der Verkäufer davoneilt, um ihrem Wunsch nachzukommen, verlassen sie das Geschäft, ohne zu warten, bis der Verkäufer zurückkehrt. Ähnlich nervenraubend sind Leute, die noch kurz vor Geschäftsschluß hereinstürmen und mit der Anprobe von Kleidung beginnen. Was ist die Folge? Die Angestellten erreichen ihre Verkehrsmittel nicht mehr, kommen später nach Hause und haben weniger Zeit für ihre Familie.
Und was sagt das Verkaufspersonal über das Verhalten der Kunden während der Weihnachtszeit, da man doch annehmen sollte, daß sie dann in weihnachtlicher Stimmung sind? „Vom Geist der Weihnachtszeit“, klagte ein Angestellter, „merkt man im Verhalten der Mehrheit der Kunden gegenüber den Angestellten praktisch überhaupt nichts.“ Ein anderer sagte: „Zu Weihnachten sind die Kunden schlimmer als zu irgendeiner anderen Zeit des Jahres!“
Ob Kunde oder Verkäufer — wer Höflichkeit, Freundlichkeit und aufrichtige Dankbarkeit bekundet, wird gewöhnlich günstige Reaktionen bei den Menschen hervorrufen und ein gutes Verhältnis zu ihnen haben. Menschen, die Gott zu gefallen suchen, werden stets bemüht sein, sich so zu verhalten, daß sowohl der Kunde König ist als auch das Verkaufspersonal.