Probleme im Familienleben
WIE sieht es in den Familien aus, die du kennst? Sind Mann und Frau sich in aufrichtiger Liebe zugetan und umeinander besorgt? Betragen sich die Kinder anständig, und sind sie glücklich? Wie sieht es in deiner eigenen Familie aus?
Es gibt schon glückliche Familien, aber auch viele unglückliche. Die Verhältnisse, die in zahlreichen Familien herrschen, geben Anlaß zu großer Sorge. So wurde in der Zeitung Los Angeles Times berichtet:
„Sozusagen in jedem Häuserblock, in jedem Stadtteil, in jedem Dorf und in jeder Trabantenstadt gibt es Ehepaare, die sich treten, puffen, ohrfeigen und prügeln. Die Reichen und Gebildeten streiten sich ebensoviel wie die Armen und Ungebildeten, und als Waffe dient ihnen alles mögliche: Bierdosen, Flaschen, Brotmesser, Bratpfannen, Möbelstücke usw.“ (18. Oktober 1973).
Körperverletzungen, ja sogar Tod sind häufig die Folge eines solchen Ehekrachs. Von den in den USA im Einsatz umkommenden Polizeibeamten verliert jeder fünfte sein Leben, wenn er aufgrund eines Hilferufs wegen zankender Eheleute einschreitet.
Die meisten Ehestreitigkeiten bleiben der Umwelt zwar verborgen, dennoch können sie großen Schaden anrichten. Die Folgen eines gestörten Familienlebens sind so groß, daß die US-Regierung angefangen hat, sich mit diesem Problem zu befassen. In ihrer Stellungnahme zu den Berichten, die ein Ausschuß des US-Senats erhalten hat, schrieb die in Akron erscheinende Zeitung Beacon Journal: „Die amerikanische Familie fällt auseinander.“
Ist die Lage wirklich so ernst? Man beachte folgende Ehescheidungszahlen.
Auflösung der Ehe
Im Jahre 1962 wurden in den Vereinigten Staaten 413 000 Ehen geschieden. Zehn Jahre später hatte sich diese Zahl mehr als verdoppelt. Sie war auf 839 000 gestiegen! Und die Zahl der gescheiterten Ehen wächst weiter.
In den ersten neun Monaten des Jahres 1973 lag die Zahl der Ehescheidungen 9 Prozent über der Zahl der entsprechenden Zeit des Vorjahres. Wenn weiterhin in diesem Tempo geschieden wird, werden im Jahre 1974 mehr als 2 000 000 Amerikaner geschieden worden sein!
Gegenwärtig kommen auf 5 Eheschließungen 2 Scheidungen. Aber in vielen Bundesstaaten kommen auf 100 Eheschließungen mehr als 50 Scheidungen. Folgende Zahlen sind dem statistischen Jahrbuch World Almanac and Book of Facts für das Jahr 1974 entnommen; sie beziehen sich auf das Jahr 1972:
Staat Eheschließungen Ehescheidungen
Alaska 3 682 2 096
Arkansas 24 949 13 762
Kalifornien 173 563 111 162
Florida 81 322 51 688
Oregon 18 824 12 435
Washington 40 814 20 702
Was sind die Folgen dieser unerhört hohen Scheidungsraten? Als erstes wäre zu erwähnen, daß zufolge der Scheidungsfreudigkeit ungefähr jedes 4. Kind in einer unvollständigen Familie aufwächst — fast doppelt so viele wie vor zehn Jahren. Das wirkt sich verhängnisvoll aus. Eine Grundschullehrerin (erste Klasse) von Massachusetts berichtet:
„Es ist sehr schwierig zu erreichen, daß sich im Klassenzimmer alle Schüler hinsetzen und etwas gemeinsam tun. Wenn nicht vor fünf, so war das doch vor zehn Jahren noch möglich. Viele Kinder sind heute verstört. Die Lehrerin muß großes Verständnis für die Probleme haben, denen sich die Kinder zu Hause gegenübersehen.“
In anderen Ländern ist die Lage ähnlich. Die in London erscheinende Zeitung Daily Mail brachte unter der Überschrift „Das Familienleben in Gefahr“ folgenden Bericht:
„Dr. [Jacobus] Dominian erklärte, in England sei die Ehezerrüttung — im Jahre 1971 wurden 110 000 Ehen geschieden, doppelt so viele wie im Jahre 1968 — jetzt eines der größten sozialen Probleme. Es sei schlimmer als das Problem des Alkoholismus, der schweren Verbrechen, der Geschlechtskrankheiten und der Sittlichkeitsdelikte“ (18. Juni 1973).
In Indonesien endet fast ein Drittel aller Ehen vor dem Scheidungsrichter. In Australien stieg in einem der letzten Jahre die Zahl der Ehescheidungen um 20 Prozent. In Ägypten, einem Land, in dem die Polygamie erlaubt ist, wurden im Jahre 1970 nicht weniger als 700 000 Ehen geschieden, während nur 325 000 Ehen geschlossen wurden.
Die Zahlen sagen nicht alles
Häufig kommt es vor, daß ein Ehepartner den anderen einfach verläßt. Man hält es nicht einmal für nötig, die Scheidung einzureichen. Die New York Times schrieb über die Situation, die in den Vereinigten Staaten besteht:
„Die Zahl der Frauen, die von zu Hause weggelaufen sind oder die ihren Ehegefährten böswillig verlassen haben, ist in den vergangenen 10 Jahren gewaltig gestiegen.
Ermittlungsunternehmen, die sich auf die Fahndung nach Vermißten spezialisiert haben, berichten, daß vor zehn Jahren in den Großstädten an der Ostküste das Verhältnis der Zahl der Ehefrauen zu der Zahl der Ehemänner, die verschwanden, ungefähr 1 zu 100 betrug; jetzt dagegen sei das Verhältnis ungefähr 1 zu 3.“ Von anderer Seite wird berichtet, daß im Jahre 1973 das Verhältnis etwa 1 zu 1 gewesen sei.
Es gibt aber auch Millionen Ehepaare, die zusammenbleiben, jedoch eine schlechte Ehe führen. Der amerikanische Richter Marvin J. Sternberg sagte, daß viele Ehepaare getrennt leben würden, ohne geschieden zu sein. „Manche leben auch aneinander vorbei; jeder lebt für sich, obwohl beide in der gleichen Wohnung wohnen, ja gelegentlich sogar das Schlafzimmer teilen; aber ihre Gefühle füreinander sind erkaltet, ihre Handlungen und ihr Benehmen gegenüber dem Ehegefährten lassen erkennen, daß er ihnen nichts mehr bedeutet.“
Die seelischen und die sexuellen Bedürfnisse solcher Ehepartner werden oft von einem Dritten befriedigt. In den Vereinigten Staaten pflegen von 5 Männern 3 und von 3 Frauen 1 außereheliche Beziehungen. Auch der „Partnertausch“ ist populär geworden. Man nimmt an, daß rund acht Millionen Amerikaner gelegentlich ihren Ehepartner tauschen.
Dieser mangelnde Respekt vor der Ehe hat sich tragisch ausgewirkt, besonders auf die Kinder.
Jugend in Schwierigkeiten
Die Leichtfertigkeit, mit der die Eltern die Ehe behandeln, hat viele Jugendliche veranlaßt, sich über jegliche sittliche Norm hinwegzusetzen. „Macht euren Kram alleine“ oder „Man soll das Leben genießen, solange man jung ist“, lautet ihr Motto. In der Zeitung New York Daily News konnte man lesen:
„Die Eltern, die Leitung der höheren Schulen und die Öffentlichkeit haben im allgemeinen nichts mehr gegen die freie Liebe. Die Unmoral wird stillschweigend geduldet, als wäre es nutzlos, gegen diese neue Strömung anzugehen.“
Diese immer stärker um sich greifende, aber stillschweigend geduldete Unmoral findet ihren Niederschlag in den Millionen von Schwangerschaftsunterbrechungen, die junge Frauen an sich vornehmen lassen. Eine weitere Folge ist die zunehmende Zahl unehelicher Geburten. Im Jahre 1970 stellte Kalifornien einen Rekord auf: 46 600 Kinder wurden dort unehelich geboren. Im Jahre 1969 erwarteten in den USA mehr als 200 000 Mädchen unter achtzehn Jahren ein Kind.
In Schweden wird jedes 5. Kind unehelich geboren, auf Neuseeland jedes 8., in Kanada jedes 10., in Australien jedes 12. und in der Bundesrepublik ungefähr jedes 17. Die in London erscheinende Zeitung Daily Mail berichtete: „Ein Drittel aller minderjährigen Bräute war am Hochzeitstag schwanger.“
Und wie sieht es in den Familien aus, die noch vollständig sind? Viele Eltern können über ihre Sprößlinge kaum oder nicht mehr Herr werden. In manchen Familien herrscht wegen des Benehmens der Kinder ständig Streit. Oder die Eltern haben resigniert und lassen die Kinder ihre eigenen Wege gehen. Es gibt Millionen von Familien, die ohne Hilfe ihre Probleme nicht mehr meistern können.
Das zeigt auch folgende Äußerung eines bekannten Psychologen, die er im vergangenen Jahr machte: „Die New Yorker Radiostation WMCA erhält jeden Morgen in der Stunde, in der mein Programm läuft, durchschnittlich 5 000 Anrufe. Fast immer sind es Frauen, die wegen Eheproblemen anrufen.“
Vielleicht wärest auch du dankbar, Rat zu erhalten, um deine Probleme im Familienleben zu meistern. Sowohl die Frau als der Mann können viel zur Verbesserung der Atmosphäre in der Familie beitragen. Was sie tun können, wird in den nachfolgenden Artikeln behandelt.
[Übersicht auf Seite 3]
Scheidungsziffern in den USA
1960 — 393 000
1965 — 479 000
1970 — 715 000
1972 — 839 000
[Übersicht auf Seite 4]
Verhältnis der Zahl unehelicher Kinder zur Geburtenzahl
Schweden 1 zu 5
Neuseeland 1 zu 8
Kanada 1 zu 10
Australien 1 zu 12