Wirst du die Verbindung aufrechterhalten?
„WAS ist denn das?“ fragten sich die beiden verdutzt, als sie zwei Briefe aus einem Umschlag herauszogen. Ihre Tochter Luise hatte sie geschickt. Einer hielt die Eltern über das Leben ihrer Tochter auf dem laufenden. Der andere hingegen bestand aus einem Fragebogen. Alles, was die Eltern zu tun hatten, war, die Antworten anzukreuzen und den Fragebogen in einem bereits adressierten und frankierten Umschlag an Luise zurückzusenden.
Aber warum ein Fragebogen? Um sie zu einer schriftlichen Antwort zu bewegen. „Ich wollte nur, daß die Verbindung nicht abreißt, auch wenn ich den Brief selbst schreiben mußte“, erklärte Luise. „Daß ich nicht zu Hause wohne, bedeutet nicht, daß ich sie nicht mehr liebhabe oder nichts mehr von ihnen hören will.“
Bist du nicht auch der Meinung, daß es leichter gesagt als getan ist, eine Verbindung aufrechtzuerhalten? Für einige scheint der Gedanke, sich hinzusetzen und einen Brief zu schreiben, eine ebenso große Herausforderung zu sein wie das Ansinnen, den Mount Everest zu besteigen. Wie fängt man an? Wie findet man die Zeit dazu? Meistens findet man sie nicht — man muß sie sich nehmen! Wäre es, da es Zeit und Mühe kostet, überhaupt eine Freundschaft zu schließen, nicht die Mühe wert, regelmäßig ein wenig Zeit zu investieren, um diese Freundschaft durch Telefongespräche oder Briefe aufrechtzuerhalten?
Benutze das Telefon
Wohnst du weit von zu Hause entfernt? Vielleicht geht es dir wie vielen anderen, denen es allein schon Freude bereitet, die Stimme eines Angehörigen zu hören. Viele Erwachsene erhalten immer noch Trost und gute Ratschläge, wenn sie mit ihren Eltern sprechen. Eltern freuen sich auch, von ihren Kindern oder — was oft noch größere Freude hervorruft — von ihren Enkeln etwas zu hören. Satelliten und Überseekabel für internationale Telefongespräche ermöglichen es augenblicklich, irgendwo auf der Erde anzurufen. Eine Missionarin in Papua-Neuguinea erhält regelmäßig ermunternde Anrufe von ihrer Mutter, die in den Vereinigten Staaten lebt, etwa 10 000 Kilometer entfernt. Zwar müssen sie den Zeitunterschied von 17 Stunden in Betracht ziehen, doch die kurze Zeit, in der sie miteinander sprechen können, bereitet ihnen große Freude.
Ob man das Telefon oft oder nur gelegentlich benutzt — man sollte einiges im Sinn behalten. Wenn man telefoniert, ist es im allgemeinen am besten, seinen Namen zu nennen. Es ist nicht angebracht, mit einem Ratespiel anzufangen. Das kann den anderen in Verlegenheit bringen und die Unterhaltung beeinträchtigen, bevor sie begonnen hat. Und wenn man die falsche Nummer gewählt hat, verschwendet man nur sein Geld.
Die Zeit spielt bei der Telefonrechnung eine große Rolle; je länger man spricht, um so mehr kostet es. Wie kann man Geld sparen? Hierzulande gibt es verbilligte Tarife. Es ist auch gut, zu wissen, was man sagen möchte. Einige machen sich vorher kurze Notizen, besonders wenn sie den Arzt anrufen oder wenn es um eine geschäftliche Angelegenheit geht. Wie oft hast du den Hörer aufgelegt und dich gleich danach an eine Frage oder eine Bitte erinnert, die du vergessen hast?
Sei freundlich, wenn du eine Verbindung telefonisch aufrechterhalten möchtest. Und fasse dich kurz, falls andere denselben Apparat benutzen wollen. Ein netter Gruß und Interesse am anderen wird immer geschätzt. Höre wirklich zu, und sei gegenüber dem, was dein Gesprächspartner erzählt, nicht gleichgültig. Doch das Telefon ist nicht die einzige Möglichkeit, miteinander in Verbindung zu bleiben. Viele sagen:
„Ich schreibe meinen Freunden gern“
Was unterscheidet einen Brief von einem Telefongespräch? Eine Frau brachte folgendermaßen zum Ausdruck, wie sehr sie Briefe schätzt: „Ich freue mich über beides, Telefonate und Briefe. Wenn ich sehr deprimiert bin und das Bedürfnis habe, mit jemandem zu sprechen, ist das Telefon ausgezeichnet. Aber ist es schon spät oder ich weiß, daß ich telefonisch niemand erreichen werde, dann kann ich immer noch die Briefe von meinen Angehörigen lesen. Sie helfen mir, meine depressive Stimmung zu überwinden. Nach einem Telefongespräch sind die Worte weg, es bleibt nur der Gedanke. Bei einem Brief habe ich die Worte und die Gedanken für immer. Ich kann darauf zurückgreifen, wann immer mir danach zumute ist.“
Anspannung ist beim Briefeschreiben fehl am Platze. Am besten kann man schreiben, wenn man entspannt ist und so schreibt, als würde man direkt mit seinem Freund oder seinen Angehörigen sprechen. Der Rat Lord Chesterfields, eines englischen Staatsmannes und Schriftstellers aus dem 18. Jahrhundert, trifft heute immer noch zu: „Briefe sollten einfach und natürlich sein und den Personen, denen wir schreiben, genau das mitteilen, was wir ihnen sagen würden, wenn wir bei ihnen wären.“
Briefe offenbaren deine Persönlichkeit — was du magst und was du nicht magst, deinen Geschmack und deinen Charakter, deine Erfahrung und deine Erziehung, dein Benehmen. Denke daher nach, bevor du anfängst, und versuche nicht, zu schreiben, während du gereizt oder verärgert bist, denn dein Brief ist ein stummer, aber deutlicher Zeuge deines wahren Ichs.
Wird dir mit der Zeit nichts mehr einfallen? „Nein“, antwortet John. Er schreibt jede Woche nach Hause, obschon er schon seit 1936 nicht mehr bei seinen Angehörigen wohnt. Er und seine Frau versuchen auch, mit der großen Zahl von Freunden in Verbindung zu bleiben, die sie im Laufe der Jahre gewonnen haben. Sie schreiben jeden Monat viele Briefe. Warum? „Es bedeutet einem mehr, wenn sich jemand hinsetzt und seine Gedanken zu Papier bringt“, erwidert John. „Wenn man sich freuen würde, einen Brief zu erhalten, muß man auch selbst einen schreiben.“
Worüber kannst du schreiben? Über das, was du in der letzten Zeit getan hast oder was du gerade jetzt tust. Deine Freunde sind an deinen täglichen Erlebnissen interessiert. Es wird dir beim Schreiben eine Hilfe sein, wenn du den Brief zuvor in Gedanken entworfen hast und wenn du auf die Fragen des letzten Briefes, den du erhalten hast, eingehst. Doch ein Wort zur Vorsicht, was Fragen betrifft. Ein Mann schrieb seinem Neffen und stellte ihm mehrere Fragen in der Hoffnung, einen Brief von ihm zu erhalten. Es klappte. Der Neffe beantwortete jede Frage. Aber der ganze Brief bestand hauptsächlich aus bejahenden und verneinenden Antworten. Dem Onkel des Jungen fiel es schwer, sich an all die Fragen zu erinnern, die er gestellt hatte, doch wenigstens hatte sein Neffe geschrieben.
„Die Rechtschreibung macht mir zu schaffen.“ „Ich habe keine gute Handschrift.“ „Ich kann nicht gut maschineschreiben.“ Das sind die herkömmlichen Ausreden für Schreibfaulheit. Sie mögen zutreffen, aber du wirst dich im Schreiben nicht verbessern, wenn du dich nicht darin übst. Ist es übrigens das Risiko wert, daß eine Freundschaft abkühlt, nur weil du aus Furcht davor, Wörter falsch zu schreiben, überhaupt nicht schreibst? Freunde sind meistens schon glücklich darüber, einen Brief von dir zu erhalten. Sie erwarten nicht, daß du ein Grammatiker oder ein Schriftsteller bist.
Denke daran, daß ein Brief nicht unbedingt lang sein muß. Ein kurzer Brief mit einer einfachen, aufrichtigen Mitteilung ist eine ausgezeichnete Möglichkeit, Freundschaften zu vertiefen.
Es ist den Zeiteinsatz wert
„Was die Kameradschaft letzten Endes aufrechterhält, sei es in der Ehe oder im Verhältnis zu anderen, ist der Gedankenaustausch“, bemerkte ein Dichter des 19. Jahrhunderts. In vergangenen Jahren war das Zuhause der Mittelpunkt des Familienlebens. Die Kinder wuchsen auf und blieben in der näheren Umgebung. In vielen Ländern ist das nicht mehr der Fall. Wir leben in einer unsteten Gesellschaft. Da es sich die meisten nicht leisten können, lange Strecken zu reisen, um Angehörige oder Freunde zu besuchen, wann immer sie möchten, ist die Kommunikation durch Telefongespräche oder Briefe zum Muß geworden.
Was gewinnt man dabei? „Beglückender ist Geben als Empfangen“, sagte Jesus Christus (Apostelgeschichte 20:35). Der persönliche Nutzen besteht in Zufriedenheit und Glück, aber was noch wichtiger ist: Du wirst Freundschaften vertiefen und lange bewahren, indem du einfach die Verbindung aufrechterhältst.
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Wie man Briefe schreiben sollte
→ Klar → Korrekt
→ Vollständig → Prägnant
→ Natürlich → Freundlich
→ Rücksichtsvoll
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Wie kann man die Verbindung aufrechterhalten?
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Ein kurzer Brief mit einer einfachen, aufrichtigen Mitteilung ist eine ausgezeichnete Möglichkeit, Freundschaften zu vertiefen