Wachtturm ONLINE-BIBLIOTHEK
Wachtturm
ONLINE-BIBLIOTHEK
Deutsch
  • BIBEL
  • PUBLIKATIONEN
  • ZUSAMMENKÜNFTE
  • In einer Bruderschaft vereint
    Jehovas Zeugen — Verkündiger des Königreiches Gottes
    • Abschnitt 3

      In einer Bruderschaft vereint

      Ist es möglich, daß Millionen von Menschen aus allen Nationen und Sprachen als eine echte Bruderschaft zusammenarbeiten?

      Die geschichtlichen Tatsachen über Jehovas Zeugen der Neuzeit antworten mit einem deutlichen Ja! Dieser Abschnitt (Kapitel 15 bis 21) erklärt, wie ihre Organisation arbeitet. Er vermittelt ein Bild von dem Eifer, mit dem sie Gottes Königreich verkündigen, und von der Liebe, die man beobachten kann, wenn sie zusammenarbeiten und sich in Krisenzeiten umeinander kümmern.

  • Die Entwicklung der organisatorischen Struktur
    Jehovas Zeugen — Verkündiger des Königreiches Gottes
    • Kapitel 15

      Die Entwicklung der organisatorischen Struktur

      SEIT 1870, dem Jahr, in dem Charles Taze Russell und seine Gefährten begannen, die Bibel zu studieren, hat sich die Wirkungsweise der Organisation der Zeugen Jehovas bedeutend geändert. Die ersten Bibelforscher wiesen als kleine Gruppe kaum etwas auf, was Außenstehende als typische Merkmale einer Organisation betrachtet hätten. Heute dagegen sind Menschen in über 200 Ländern und Inselgebieten, wenn sie Jehovas Zeugen in ihren Versammlungen, auf ihren Kongressen und beim Predigen der guten Botschaft beobachten, erstaunt darüber, wie reibungslos die Organisation funktioniert. Wie ist das erreicht worden?

      Die Bibelforscher waren nicht nur sehr daran interessiert, die Lehren der Bibel kennenzulernen, sondern wollten auch wissen, wie man gemäß der Bibel Gott dienen sollte. Sie erkannten, daß die Bibel weder eine Andeutung auf titeltragende Geistliche enthält noch einen Hinweis auf Laien, denen sie predigen. Bruder Russell war fest entschlossen, zu verhindern, daß es unter den Bibelforschern eine Geistlichkeit gab.a Die Leser des Wacht-Turms wurden häufig daran erinnert, daß Jesus seinen Nachfolgern erklärt hatte: „E i n e r ist euer Führer, der Christus“ und: „Ihr alle ... [seid] Brüder“ (Mat. 23:8, 10).

      Die frühe Vereinigung der Bibelforscher

      Leser des Wachtturms und verwandter Publikationen erkannten bald, daß sie, um Gott zu gefallen, jegliche Bindung zu einer Kirche lösen mußten, die sich ihm gegenüber als untreu erwies, indem sie Glaubensbekenntnisse und menschliche Überlieferungen über Gottes geschriebenes Wort stellte (2. Kor. 6:14-18). Wohin sollten sie aber gehen, nachdem sie die Kirchen der Christenheit verlassen hatten?

      In einem Artikel, betitelt „Die Ekklesia [Versammlung]“b, wies Bruder Russell darauf hin, daß die wahre Kirche, die Christenversammlung, keine Organisation sei, deren Mitglieder sich einem menschlichen Glaubensbekenntnis verschrieben hätten und ihren Namen in ein Kirchenregister hätten eintragen lassen. Sie bestehe vielmehr aus Personen, die ihre Zeit, ihre Talente und ihr Leben Gott „geweiht“ (oder hingegeben) hätten mit der Aussicht, zusammen mit Christus einmal am himmlischen Königreich teilzuhaben. Es seien Christen, die durch das Band christlicher Liebe und durch gemeinsame Interessen miteinander verbunden seien, Christen, die sich von Gottes Geist leiten ließen und sich der Leitung Christi als Haupt unterwerfen würden. Bruder Russell lag es fern, eine andere Einrichtung zu schaffen, und er lehnte es entschieden ab, irgendeinen Beitrag zum Sektierertum der nominellen Christen zu leisten.

      Gleichzeitig war er sich jedoch völlig darüber im klaren, daß sich die Diener des Herrn im Einklang mit dem Rat aus Hebräer 10:23-25 versammeln mußten. Er unternahm deshalb Reisen, um Leser des Wacht-Turms zu besuchen, sie zu erbauen und sie mit Gleichgesinnten in ihrer Gegend in Verbindung zu bringen. Anfang 1881 bat er Personen, die regelmäßig Zusammenkünfte abhielten, dem Watch-Tower-Büro mitzuteilen, wo diese stattfanden. Er erkannte, wie wertvoll es war, miteinander in Verbindung zu bleiben.

      Bruder Russell betonte allerdings, daß man nicht versuche, eine „irdische Organisation“ zu gründen. Er sagte: „Wir gehören nur der himmlischen Organisation an — ‚deren Namen im Himmel eingeschrieben sind‘ (Hebr. 12:23; Luk. 10:20).“ Wegen der unrühmlichen Geschichte der Christenheit erinnerte die Bezeichnung „Kirchenorganisation“ gewöhnlich an Sektierertum, an eine herrschende Geistlichkeit und an eine Mitgliedschaft, die auf der Annahme eines von einem Konzil formulierten Glaubensbekenntnisses beruhte. Deshalb hielt Bruder Russell den Begriff „Vereinigung“ als Selbstbezeichnung für besser.

      Natürlich wußte er, daß Christi Apostel Versammlungen gegründet und in jeder dieser Versammlungen Älteste ernannt hatten. Doch er glaubte, daß Christus wieder gegenwärtig war — wenn auch unsichtbar — und selbst die abschließende Ernte derer leitete, die seine Miterben sein sollten. In Anbetracht der Umstände hielt Bruder Russell anfangs die Ältestenvorkehrung, die in der Christenversammlung des ersten Jahrhunderts bestanden hatte, in der Zeit der Ernte nicht für nötig.

      Als die Bibelforscher allerdings an Zahl zunahmen, erkannte Bruder Russell, daß der Herr die Dinge anders lenkte, als er erwartet hatte. So mußte er seinen Standpunkt korrigieren. Doch gestützt worauf?

      Für die anfänglichen Bedürfnisse der wachsenden Vereinigung gesorgt

      Im Wacht-Turm vom 15. November 1895 (engl.) wurde fast ausschließlich das Thema „Anständig und in Ordnung“ behandelt. Bruder Russell gab darin freimütig zu: „Die Apostel hatten der Urkirche viel über Ordnung bei den Zusammenkünften der Heiligen zu sagen; und wir haben diesen weisen Rat offensichtlich ziemlich vernachlässigt, indem wir ihn für nicht allzu wichtig hielten, weil sich die Kirche so nahe am Ende ihres Laufes befindet und die Ernte eine Zeit der Trennung ist.“ Was war ausschlaggebend dafür, daß man diesen apostolischen Rat nun mit anderen Augen betrachtete?

      In dem Artikel wurden vier Umstände angeführt: 1. Die einzelnen unterschieden sich in ihrer geistigen Entwicklung voneinander. Es gab Versuchungen, Prüfungen, Schwierigkeiten und Gefahren, und nicht alle waren gleich gerüstet, ihnen zu begegnen. Daher bestand ein Bedarf an weisen und besonnenen Aufsehern, erfahrenen und fähigen Männern, denen das geistige Wohl aller sehr am Herzen lag und die sie in der Wahrheit unterweisen konnten. 2. Man hatte beobachtet, daß die Herde vor ‘Wölfen in Schafskleidern’ geschützt werden mußte (Mat. 7:15). Die einzelnen mußten dadurch gestärkt werden, daß man ihnen half, eine genaue Erkenntnis der Wahrheit zu erlangen. 3. Wenn es keine Regelung gäbe, Älteste zu ernennen, die die Herde schützten, würden sich einige, wie die Erfahrung gezeigt hatte, diese Stellung anmaßen und die Herde als ihr Eigentum betrachten. 4. Ohne eine ordentliche Regelung würden Personen, die loyal zur Wahrheit standen, womöglich feststellen müssen, daß ihre Dienste unerwünscht waren, nur weil ein paar Einflußreiche eine andere Ansicht vertraten als sie.

      Aus dieser Sicht hieß es im Wacht-Turm: „Ohne Zögern empfehlen wir den Kirchenc an jedem Ort — seien sie zahlenmäßig groß oder klein —, sich an den apostolischen Rat zu halten und in jeder Gruppe Älteste auszuwählen, die die Herde weiden und die Aufsicht übernehmen“ (Apg. 14:21-23; 20:17, 28). Die Ortsversammlungen befolgten diesen vernünftigen biblischen Rat. Das war ein wichtiger Schritt, den Aufbau der Versammlung so zu gestalten wie in den Tagen der Apostel.

      Gemäß dem damaligen Verständnis erfolgte jedoch die Wahl der Ältesten und der sie unterstützenden Diakone durch die Versammlung. Alljährlich oder nötigenfalls öfter erwog man die Befähigung derer, die als Diener in Frage kamen, und gab dann seine Stimme ab. Im Grunde genommen handelte es sich um eine demokratische Verfahrensweise, der jedoch gewisse Grenzen gesetzt waren, die als Schutz dienen sollten. Alle in der Versammlung wurden ermahnt, die biblischen Anforderungen gewissenhaft durchzugehen, um durch die Wahl nicht ihrer eigenen Meinung Ausdruck zu geben, sondern dem, was nach ihrer Überzeugung der Wille des Herrn war. Wählen durften nur Personen, die „geweiht“ waren. Wenn daher ihre gemeinsame Wahl unter der Leitung des Wortes und Geistes des Herrn erfolgte, sah man das Ergebnis als den Willen des Herrn an. Bruder Russells Empfehlung, so vorzugehen, war möglicherweise nicht allein von seiner Entschlossenheit beeinflußt, alles zu vermeiden, was an eine höhergestellte Geistlichenklasse erinnerte, sondern auch von seiner persönlichen Erfahrung als Jugendlicher in der Kongregationalistenkirche, wenngleich er sich dessen vielleicht nicht völlig bewußt war.

      Als in dem Buch Die neue Schöpfung (herausgegeben 1904), das zu der Bücherserie Millennium-Tagesanbruch gehörte, erneut ausführlich behandelt wurde, welche Rolle die Ältesten spielen und wie sie gewählt werden sollten, wurde die Aufmerksamkeit besonders auf Apostelgeschichte 14:23 gelenkt. Die von James Strong und Robert Young zusammengestellten Konkordanzen dienten als Stütze für die Ansicht, daß die Worte „ordneten ihnen hin und her Aeltesten“ (Lu, 1877) eigentlich bedeuteten, „sie ließen sie durch Handerheben Älteste wählen“.d In einigen Bibelübersetzungen heißt es sogar, die Ältesten seien ‘durch Wahl ernannt’ worden (Young, Literal Translation of the Holy Bible; Rotherham, Emphasised Bible). Aber wer sollte sie wählen?

      Man vertrat den Standpunkt, die ganze Versammlung sollte wählen, doch das zeitigte nicht immer die erhofften Ergebnisse. Die Wählenden mußten zwar „Geweihte“ sein, und einige der Gewählten erfüllten auch wirklich die biblischen Erfordernisse und dienten demütig ihren Brüdern. Aber oftmals ließ die Wahl nicht auf Gottes Wort und Geist schließen, sondern auf eine persönliche Vorliebe. In Halle (Deutschland) dachten zum Beispiel einige, sie müßten Älteste sein, und verursachten schwere Auseinandersetzungen, als sie die gewünschte Stellung nicht erhielten. Unter den Kandidaten in Barmen (Deutschland) waren 1927 auch Männer, die sich gegen das Werk der Gesellschaft stellten, und so kam es während des Handerhebens bei der Wahl zu lauten Beschimpfungen, und man mußte zu einer geheimen Stimmabgabe übergehen.

      Im Jahre 1916 — etliche Jahre vor jenen Begebenheiten — hatte Bruder Russell tief besorgt folgendes geschrieben: „In einigen Klassen herrschen schreckliche Verhältnisse, wenn gewählt werden soll. Die Diener der Kirche versuchen, sich als Herrscher, ja als Diktatoren aufzuspielen — mitunter führen sie sogar den Vorsitz bei der Zusammenkunft offensichtlich in der Absicht, sicherzustellen, daß sie und ihre speziellen Freunde zu Ältesten und Diakonen gewählt werden. ... Einige suchen die Klasse in unauffälliger Weise zu übervorteilen, indem sie die Wahl auf eine für sie und ihre Freunde besonders günstige Zeit festsetzen. Andere suchen alle ihre Freunde zur Zusammenkunft mitzubringen, sogar verhältnismäßig fremde Personen, die gar nicht daran denken, regelmäßig die Klasse zu besuchen, sondern lediglich aus Gefälligkeit kommen, um für einen ihrer Freunde zu stimmen.“

      Ging es lediglich darum, zu lernen, wie man demokratische Wahlen reibungsloser durchführt, oder enthielt Gottes Wort Hinweise, die man noch nicht deutlich erkannt hatte?

      Organisiert, damit die gute Botschaft gepredigt wird

      Schon sehr früh war sich Bruder Russell darüber im klaren, daß das Evangelisieren zu den wichtigsten Aufgaben jedes Angehörigen der Christenversammlung zählte (1. Pet. 2:9). Im Wacht-Turm hieß es, daß nicht nur Jesus, sondern allen seinen geistgesalbten Nachfolgern die prophetischen Worte aus Jesaja 61:1 galten, nämlich: „Jehova [hat] mich gesalbt ..., um ... gute Botschaft kundzutun“ oder, wie die Lutherbibel Jesu Zitat dieses Textes wiedergibt: „Er [hat] mich gesalbt ..., zu verkündigen das Evangelium“ (Luk. 4:18).

      Bereits 1881 erschien in Englisch der Wacht-Turm-Artikel „1 000 Prediger gesucht“. Darin wurde jeder in der Versammlung ermuntert, soviel Zeit wie möglich (eine halbe Stunde, eine, zwei oder drei Stunden) dafür einzusetzen, die biblische Wahrheit zu verbreiten. Männer und Frauen, die keine familiären Verpflichtungen hatten und die Hälfte ihrer Zeit oder mehr im Werk des Herrn verbringen konnten, wurden ermuntert, als Kolporteure das Evangelium zu verkündigen. Die Zahl schwankte von Jahr zu Jahr beträchtlich, doch 1885 waren bereits etwa 300 Kolporteure im Werk tätig. Auch einige andere beteiligten sich, allerdings in begrenztem Maße. Die Kolporteure erhielten Anregungen, wie sie vorgehen sollten. Aber das Feld war groß, und zumindest anfangs suchten sie sich ihr Gebiet selbst aus und zogen meist nach eigenem Ermessen von einem Ort zu einem anderen. Wenn sie sich auf Kongressen trafen, nahmen sie nötige Änderungen vor, um ihre Bemühungen aufeinander abzustimmen.

      In dem Jahr, in dem der Kolporteurdienst begann, ließ Bruder Russell mehrere Traktate (oder Broschüren) zur kostenfreien Verbreitung drucken. Herausragend war die Publikation Speise für denkende Christen, von der in den ersten vier Monaten 1 200 000 Exemplare verbreitet wurden. Die mit dem Druck und der Verbreitung verbundene Arbeit war Anlaß zur Gründung von Zion’s Watch Tower Tract Society, die sich der erforderlichen Arbeiten im einzelnen annehmen sollte. Damit das Werk im Falle seines Todes nicht unterbrochen würde und um die Handhabung der für das Werk gedachten Spenden zu vereinfachen, beantragte Bruder Russell die gesetzliche Eintragung der Gesellschaft, die am 15. Dezember 1884 erfolgte. So entstand das erforderliche Rechtsinstrument.

      Je nach Bedarf richtete man in anderen Ländern Zweigbüros der Watch Tower Society ein. Das erste wurde am 23. April 1900 in London (England) gegründet, ein weiteres 1902 in Elberfeld (Deutschland). Zwei Jahre danach wurde in Melbourne (Australien), auf der anderen Seite des Globus, ein Zweigbüro eröffnet. Zur Zeit der Abfassung dieses Buches gab es weltweit 99 Zweigstellen.

      Die organisatorischen Einrichtungen, die zur Beschaffung großer Mengen biblischer Literatur benötigt wurden, nahmen zwar Formen an, doch anfangs blieb es den Versammlungen überlassen, über die Art der Verbreitung am Ort zu entscheiden. In einem Brief vom 16. März 1900 legte Bruder Russell seinen Standpunkt dazu dar. In diesem Brief an „Alexander M. Graham und die Kirche in Boston (Massachusetts)“ hieß es: „Wie Ihr alle wißt, ist es meine erklärte Absicht, es jeder Gruppe des Volkes des Herrn zu überlassen, ihre Angelegenheiten gemäß ihrem eigenen Urteilsvermögen zu regeln, und mich nicht einzumischen, sondern lediglich durch Anregungen zu beraten.“ Das betraf nicht nur die Zusammenkünfte, sondern auch die Art und Weise, wie der Predigtdienst verrichtet wurde. Wenn er den Brüdern einen praktischen Rat gab, schloß er mit den Worten: „Das ist lediglich eine Anregung.“

      Bei einigen Tätigkeiten bedurfte es indessen genauerer Anweisungen der Gesellschaft. In Verbindung mit dem Vorführen des „Photo-Dramas der Schöpfung“ war es beispielsweise jeder Versammlung überlassen, zu entscheiden, ob sie für eine Vorstellung ein Kino oder einen anderen Raum am Ort mieten wollte oder konnte. Es mußten aber Ausrüstungsgegenstände dafür von einer Stadt zur anderen transportiert und bestimmte Termine eingehalten werden. Diesbezüglich erteilte die Gesellschaft daher bestimmte Anweisungen. Jede Versammlung wurde ermuntert, ein Drama-Komitee zu bilden, das die örtlichen Angelegenheiten regelte. Doch ein von der Gesellschaft ausgesandter Verantwortlicher kümmerte sich gewissenhaft um die Einzelheiten, damit alles reibungslos ablief.

      Während die Jahre 1914 und 1915 verstrichen, warteten jene geistgezeugten Christen sehnsüchtig auf die Verwirklichung ihrer himmlischen Hoffnung. Gleichzeitig wurden sie ermuntert, ständig im Dienst des Herrn beschäftigt zu sein. Die Zeit, die ihnen im Fleische noch verblieb, war ihrer Ansicht nach zwar sehr kurz, doch wie sich herausstellte, war zu einer geordneten Fortsetzung des Predigens der guten Botschaft mehr Anleitung nötig als zu der Zeit, wo sie nur wenige Hunderte gezählt hatten. Kurz nachdem J. F. Rutherford der zweite Präsident der Watch Tower Society geworden war, nahm diese Anleitung neue Formen an. Im Wacht-Turm vom Juli 1917 (engl.: 1. März) wurde bekanntgegeben, daß die in den Versammlungen von Kolporteuren und Arbeitern im pastoralen Werke zu bearbeitenden Gebiete vom Büro der Gesellschaft zugeteilt würden. Wenn sich in einer Stadt oder einem Kreis sowohl ansässige Arbeiter im pastoralen Werk als auch Kolporteure am Predigtdienst beteiligten, wurde das Gebiet von einem örtlich ernannten Distriktskomitee unter ihnen aufgeteilt. Diese Regelung trug 1917/18 innerhalb nur weniger Monate zu einer wahrhaft bemerkenswerten Verbreitung der englischen Ausgabe des Buches Das vollendete Geheimnis bei. Sie war auch ausschlaggebend für die schnelle Verbreitung von 10 000 000 Exemplaren eines Traktats mit dem Titel „Der Fall Babylons“, in dem die Christenheit nachdrücklich bloßgestellt wurde.

      Kurze Zeit danach wurden Vorstandsmitglieder der Gesellschaft verhaftet und am 21. Juni 1918 zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt. Das Predigen der guten Botschaft kam fast zum Erliegen. War es wenigstens jetzt an der Zeit, mit dem Herrn in himmlischer Herrlichkeit vereint zu werden?

      Wenige Monate danach ging der Krieg zu Ende. Im Jahr darauf wurden die führenden Vertreter der Gesellschaft freigelassen. Sie befanden sich immer noch im Fleische. Ihre Erwartungen hatten sich nicht erfüllt. Daher schlußfolgerten sie, daß Gott für sie auf der Erde noch ein Werk zu tun haben mußte.

      Sie hatten gerade schwere Glaubensprüfungen hinter sich, da wurden sie 1919 durch die anspornenden biblischen Studienartikel gestärkt, die im Wacht-Turm unter dem Thema „Glückselig sind die Furchtlosen“ erschienen. Dasselbe traf auf den Artikel „Gelegenheiten des Dienstes“ zu. Aber die Brüder hatten keine Vorstellung von den umfangreichen organisatorischen Entwicklungen, die in den folgenden Jahrzehnten eintreten würden.

      Vorbild für die Herde

      Damit das Werk weiterhin auf ordentliche und einheitliche Weise voranging, ungeachtet wie kurz die Zeit sein mochte, mußte der Herde, wie Bruder Rutherford erkannte, das rechte Beispiel gegeben werden. Jesus hatte seine Nachfolger als Schafe bezeichnet, und Schafe folgen ihrem Hirten. Natürlich ist Jesus selbst der vortreffliche Hirte, doch bedient er sich auch älterer Männer oder Ältester als Unterhirten seines Volkes (1. Pet. 5:1-3). Diese Ältesten müssen sich selbst an dem von Jesus angeordneten Werk beteiligen und auch andere dazu ermuntern. Sie müssen wirklich den Geist des Evangelisierens haben. Bei der Verbreitung des Buches Das vollendete Geheimnis machten allerdings manche Älteste nicht mit; einige von ihnen rieten anderen ziemlich offen davon ab.

      Ein höchst bedeutsamer Schritt, diese Situation zu berichtigen, erfolgte 1919 mit der Herausgabe der Zeitschrift Das Goldene Zeitalter in Englisch. Sie sollte ein wirksames Instrument sein, das Königreich Gottes als die einzige Lösung für die Probleme der Menschheit zu verkündigen. Jede Versammlung, die sich an dieser Tätigkeit beteiligen wollte, wurde gebeten, sich bei der Gesellschaft als „Dienstorganisation“ anzumelden. Dann wurde von der Gesellschaft ein sogenannter Erntewerksvorsteher oder Dienstleiter ernannt, der nicht der jährlichen Wahl unterworfen war.f Als örtlicher Vertreter der Gesellschaft sollte er das Werk organisieren, Gebiet zuteilen und die Versammlung ermuntern, sich am Predigtdienst zu beteiligen. So trat neben den demokratisch gewählten Ältesten und Diakonen eine andersartige organisatorische Einrichtung in Funktion. Durch diese Einrichtung wurde eine Befugnis zur Ernennung von Personen anerkannt, die außerhalb der Ortsversammlung lag, und das Predigen der guten Botschaft von Gottes Königreich stärker betont.g

      Wie von einer unwiderstehlichen Kraft angetrieben, erhielt die Verkündigung des Königreiches in den nachfolgenden Jahren gewaltigen Auftrieb. Die Ereignisse im Jahre 1914 und danach machten deutlich, daß sich die große Prophezeiung des Herrn Jesus Christus über den Abschluß des alten Systems erfüllte. Deshalb wurde 1920 im Wacht-Turm darauf hingewiesen, daß es, wie gemäß Matthäus 24:14 vorausgesagt, an der Zeit war, die gute Botschaft von dem „Ende der alten Ordnung der Dinge“ und der „Aufrichtung des messianischen Königreiches“ zu verkündigenh (Mat. 24:3-14). Nach dem Kongreß der Bibelforscher in Cedar Point (Ohio) im Jahre 1922 klangen den Delegierten die Worte im Ohr: „Verkündet, verkündet, verkündet den König und sein Königreich.“ 1931 trat die Aufgabe wahrer Christen sogar noch deutlicher in den Mittelpunkt, als sie den Namen Jehovas Zeugen annahmen.

      Offensichtlich hatte Jehova seinen Dienern ein Werk aufgetragen, an dem sich alle beteiligen konnten. Sie reagierten begeistert. Viele stellten ihr Leben grundlegend um, damit sie diesem Werk ihre volle Zeit widmen konnten. Selbst von denen, die weniger Zeit einsetzten, verbrachte an den Wochenenden eine beträchtliche Anzahl ganze Tage im Predigtdienst. Aufgrund der Ermunterungen, die 1938 und 1939 im Wachtturm und im Informator gegeben wurden, strengten sich viele Zeugen Jehovas damals gewissenhaft an, monatlich 60 Stunden im Predigtdienst einzusetzen.

      Zu diesen eifrigen Zeugen zählten auch zahlreiche demütige und ergebene Diener Jehovas, die Älteste in den Versammlungen waren. An einigen Orten jedoch widersetzte man sich in den 20er Jahren und Anfang der 30er Jahre energisch der Vorstellung, daß sich jeder am Predigtdienst beteiligen sollte. Demokratisch gewählte Älteste brachten oft recht deutlich zum Ausdruck, daß sie mit der im Wacht-Turm erläuterten Verantwortung, den Menschen außerhalb der Versammlung zu predigen, nicht einiggingen. In ihren Gruppen wurde das Wirken des Geistes Gottes dadurch behindert, daß man nicht auf das hören wollte, was der Geist den Versammlungen in dieser Angelegenheit durch die Heilige Schrift zu sagen hatte (Offb. 2:5, 7).

      Im Jahre 1932 unternahm man Schritte, diese Situation zu berichtigen. Entscheidend war dabei nicht die Frage, ob einige angesehene Älteste vielleicht gekränkt sein könnten oder ob sich möglicherweise einige der mit der Versammlung Verbundenen zurückziehen würden. Vielmehr lag den Brüdern daran, Jehova zu gefallen und seinen Willen zu tun. Deshalb wurde in den Wachtturm-Ausgaben vom 15. September und 1. Oktober die Aufmerksamkeit auf das Thema „Jehovas Organisation“ gelenkt.

      Die Artikel machten deutlich, daß alle, die zur Organisation Jehovas gehörten, das Werk verrichten würden, das gemäß seinem Wort in dieser Zeit getan werden müßte. In den Artikeln wurde die Ansicht vertreten, die Stellung eines christlichen Ältesten sei kein Amt, in das man gewählt werden könne, sondern ein Zustand, der durch geistiges Wachstum erreicht werde. Besonders betont wurde, daß Jesus darum betete, daß seine Nachfolger „alle eins seien“ — in Gemeinschaft mit Gott und Christus und somit beim Tun des Willens Gottes vereint (Joh. 17:21). Und was ergab sich daraus? Der zweite Artikel enthielt die Antwort, daß „ein jeder des Überrestes für den Namen und das Königreich Jehovas Gottes Zeugnis geben muß“. Die Aufsicht sollte keinem anvertraut werden, der nicht tat, was er vernünftigerweise tun konnte, um sich am öffentlichen Zeugnisgeben zu beteiligen, oder sich weigerte, es zu tun.

      Nach dem Studium dieser Artikel wurden die Versammlungen eingeladen, durch die Annahme einer Resolution ihre Zustimmung auszudrücken. So hörte man in den Versammlungen damit auf, jährlich Männer zu Ältesten und Diakonen zu wählen. In Belfast (Nordirland) und an anderen Orten verließen einige frühere „Wahlälteste“ zusammen mit Sympathisanten die Versammlung. Dadurch lichteten sich zwar die Reihen etwas, doch die Organisation als Ganzes wurde gestärkt. Übrig blieben diejenigen, die willig die christliche Verantwortung übernahmen, Zeugnis zu geben. Die Angehörigen der Versammlungen wählten — immer noch auf demokratische Weise — statt Älteste ein Dienstkomiteei, das aus geistig reifen Männern bestand, die sich am Zeugnisgeben in der Öffentlichkeit beteiligten. Auch wählten sie einen Vorsitzenden für ihre Zusammenkünfte sowie einen Sekretär und einen Schatzmeister. Bei ihnen allen handelte es sich um fleißige Zeugen für Jehova.

      Mit der Aufsicht in den Versammlungen waren jetzt Männer betraut, denen nicht an einer persönlichen Stellung gelegen war, sondern daran, Gottes Werk zu verrichten — das heißt, über seinen Namen und sein Königreich Zeugnis abzulegen —, und die durch ihre Beteiligung ein gutes Beispiel gaben; daher ging das Werk reibungsloser voran. Sie wußten damals allerdings nicht, daß es noch viel zu tun gab, daß ein umfangreicheres Zeugnis als bis dahin gegeben würde und eine von ihnen nicht erwartete Einsammlung erfolgen sollte (Jes. 55:5). Offensichtlich bereitete Jehova sie darauf vor.

      Es pflegten bereits einige derer, die ewig auf der Erde zu leben hofften, Gemeinschaft mit ihnen.j Aber die Bibel sagte die Einsammlung einer großen Volksmenge vorher, die in der bevorstehenden großen Drangsal bewahrt werden soll (Offb. 7:9-14). Um wen es sich bei der großen Volksmenge handelt, wurde 1935 geklärt. Aufgrund der Änderungen in der Auswahl der Aufseher in den 30er Jahren war die Organisation besser ausgerüstet, diese Menschen einzusammeln, zu belehren und zu schulen.

      Die meisten Zeugen Jehovas waren über das sich ausdehnende Werk begeistert. Ihr Predigtdienst nahm eine neue Bedeutung an. Aber einige waren nicht darauf erpicht zu predigen. Sie legten die Hände in den Schoß und versuchten ihre Untätigkeit mit dem Hinweis zu rechtfertigen, erst nach Harmagedon werde eine große Volksmenge eingesammelt. Die allermeisten sahen jedoch darin eine weitere Gelegenheit, ihre Loyalität gegenüber Jehova und ihre Liebe zu ihrem Nächsten zu beweisen.

      Wie fügten sich die Angehörigen der großen Volksmenge in die organisatorische Struktur ein? Sie erfuhren, welche Rolle Gottes Wort der „kleinen Herde“ Geistgesalbter zuschrieb, und wirkten freudig im Einklang mit dieser Einrichtung (Luk. 12:32-44). Auch erfuhren sie, daß sie — wie die Geistgesalbten — die Verantwortung hatten, die gute Botschaft anderen zu übermitteln (Offb. 22:17). Wenn sie Untertanen des Königreiches Gottes sein wollten, mußten sie dieses Königreich in ihrem Leben an die erste Stelle setzen und es eifrig bekanntmachen. Damit sie der biblischen Beschreibung derer entsprachen, die die große Drangsal überleben und in Gottes neue Welt gelangen, mußten sie „fortwährend mit lauter Stimme [rufen], indem sie sagen: ‚Die Rettung verdanken wir unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm‘ “ (Offb. 7:10, 14). Als ihre Zahl stieg und ihr Eifer für den Herrn offenbar wurde, lud man 1937 auch sie ein, die Last der Verantwortung beim Beaufsichtigen der Versammlung mitzutragen.

      Sie wurden jedoch daran erinnert, daß es sich um die Organisation Jehovas handelte, nicht um die eines Menschen. Zwischen dem Überrest der Geistgesalbten und den Angehörigen der großen Volksmenge anderer Schafe sollte es keine Trennung geben. Sie sollten wie Brüder und Schwestern im Dienst Jehovas zusammenarbeiten. Denn Jesus hatte gesagt: „Ich habe andere Schafe, die nicht aus dieser Hürde sind; auch diese muß ich bringen, und sie werden auf meine Stimme hören, und sie werden e i n e Herde werden unter e i n e m Hirten“ (Joh. 10:16). Diese Tatsache zeigte sich immer deutlicher.

      In verhältnismäßig kurzer Zeit waren erstaunliche Entwicklungen in der Organisation vor sich gegangen. Mußte aber noch mehr geschehen, damit die Angelegenheiten der Versammlungen in vollem Einklang mit den Wegen Jehovas geregelt würden, wie sie aus seinem Wort zu erkennen sind?

      Theokratische Organisation

      „Theokratie“ bedeutet „Gottesherrschaft“. Zeugte die Leitung der Versammlungen von dieser Art Herrschaft? Beteten sie Jehova nicht nur an, sondern ließen sie sich auch in Versammlungsangelegenheiten von ihm leiten? Paßten sie sich völlig dem an, was er über diese Angelegenheiten in seinem inspirierten Wort sagte? In dem zweiteiligen Artikel „Organisation“, der in den Wachtturm-Ausgaben vom 1. und 15. Juli 1938 erschien, hieß es: „Jehovas Organisation ist in keiner Weise demokratisch. Jehova ist der Höchste, und seine Herrschaft oder Organisation ist streng theokratisch.“ Aber in den Ortsversammlungen der Zeugen Jehovas wurden damals die meisten derer, die die Zusammenkünfte und den Predigtdienst beaufsichtigten, immer noch auf demokratische Weise gewählt. Weitere Änderungen waren angebracht.

      Ging aber nicht aus Apostelgeschichte 14:23 hervor, daß Älteste in den Versammlungen durch ‘Ausstrecken der Hand’ wie bei einer Wahl für ihr Amt bestimmt werden sollten? Im ersten der erwähnten Wachtturm-Artikel, betitelt „Organisation“, wurde zugegeben, daß man diesen Text in der Vergangenheit falsch verstanden hatte. Nicht durch das ‘Ausstrecken der Hand’ aller in der Versammlung wurden in der Christenversammlung des ersten Jahrhunderts Ernennungen vorgenommen, sondern die Apostel und die von ihnen Bevollmächtigten ‘streckten ihre Hände aus’. Das geschah nicht dadurch, daß sie an einer Abstimmung der Versammlung teilnahmen, sondern indem sie geeigneten Personen die Hände auflegten. Es war ein Symbol der Bestätigung, Anerkennung oder Ernennung.k Die frühen Christenversammlungen empfahlen mitunter geeignete Männer, aber die endgültige Ernennung oder Anerkennung erfolgte durch die Apostel, die von Christus unmittelbar dazu beauftragt worden waren, oder durch die von den Aposteln Bevollmächtigten (Apg. 6:1-6). Im Wachtturm wurde darauf hingewiesen, daß Paulus nur in Briefen an verantwortliche Aufseher (Timotheus und Titus) unter der Leitung des heiligen Geistes die Anweisung erteilte, Aufseher zu ernennen (1. Tim. 3:1-13; 5:22; Tit. 1:5). Derartige Anweisungen waren in keinem inspirierten Brief an die Versammlungen enthalten.

      Wie sollten demnach von da an Ernennungen zum Dienst in den Versammlungen vorgenommen werden? In der Analyse der theokratischen Organisation im Wachtturm wurde, gestützt auf die Heilige Schrift, dargelegt, daß Jehova Jesus Christus als „Haupt ... der Versammlung“ eingesetzt habe; daß Christus, als er als Herr wiedergekommen sei, seinem „treuen und verständigen Sklaven“ Verantwortung für „seine ganze Habe“ übertragen habe; daß dieser treue und verständige Sklave aus allen bestehe, die auf der Erde mit heiligem Geist zu Miterben mit Christus gesalbt worden seien und vereint unter seiner Leitung dienten, und daß Christus diese Sklavenklasse als sein Werkzeug gebrauche, um für die nötige Aufsicht der Versammlungen zu sorgen (Kol. 1:18; Mat. 24:45-47; 28:18). Es sei die Aufgabe der Sklavenklasse, die in Gottes inspiriertem Wort deutlich niedergelegten Anweisungen gebetsvoll zu befolgen und so festzustellen, wer sich für Dienststellungen eigne.

      Da es sich bei dem von Christus gebrauchten sichtbaren Werkzeug um den treuen und verständigen Sklaven handle (und dieser „Sklave“, wie die bereits behandelten Tatsachen aus der neuzeitlichen Geschichte zeigten, die Watch Tower Society als Rechtsinstrument gebrauchte), würde es die theokratische Verfahrensweise erfordern, daß Ernennungen zum Dienst durch dieses Werkzeug erfolgten. Die Versammlungen im ersten Jahrhundert erkannten die leitende Körperschaft in Jerusalem an, und auch heute würden die Versammlungen ohne zentrale Aufsicht nicht geistig gedeihen (Apg. 15:2-30; 16:4, 5).

      Damit man die Dinge im richtigen Verhältnis zueinander sah, wurde darauf hingewiesen, daß jedesmal, wenn im Wachtturm von der „Gesellschaft“ die Rede war, kein reines Rechtsinstrument gemeint war, sondern die Gruppe gesalbter Christen, die diese rechtliche Körperschaft gegründet hatte und sich ihrer bediente. Der Ausdruck stand somit für den treuen und verständigen Sklaven mit seiner leitenden Körperschaft.

      Als die Versammlungen in London, New York, Chicago und Los Angeles so sehr gewachsen waren, daß es ratsam war, sie in kleinere Gruppen zu teilen, baten diese Versammlungen die Gesellschaft bereits, bevor 1938 die Wachtturm-Artikel, betitelt „Organisation“, erschienen, alle ihre Diener zu ernennen. In der Wachtturm-Ausgabe vom 15. Juli 1938 wurden alle anderen Versammlungen eingeladen, ebenso vorzugehen. Zu diesem Zweck wurde vorgeschlagen, folgende Resolution zu fassen:

      „Wir, die Gruppe des Volkes Gottes, das für seinen Namen herausgenommen ist und sich nun in ... befindet, anerkennen, daß Gottes Regierung eine reine Gottesherrschaft ist, daß Christus Jesus sich im Tempel befindet und den vollen Befehl und die volle Gewalt über die sichtbare Organisation Jehovas wie auch über die unsichtbare innehat und daß ‚DIE GESELLSCHAFT‘ der sichtbare Vertreter des Herrn auf Erden ist. Daher stellen wir das Gesuch, daß ‚Die Gesellschaft‘ unsere Gruppe für den Dienst organisiere und deren verschiedene Diener bestelle, damit wir alle in Frieden, Gerechtigkeit, Eintracht und vollständiger Einheit zusammenwirken können. Wir legen hier die Namenliste derjenigen Personen unserer Gruppe bei, die uns als gereifter und darum am geeignetsten scheinen, die betreffenden Dienstposten auszufüllen.“l

      Praktisch alle Versammlungen der Zeugen Jehovas nahmen diese Resolution an. Die wenigen, die es nicht taten, hatten bald keinen Anteil mehr am Verkündigen des Königreiches und waren somit keine Zeugen Jehovas mehr.

      Der Nutzen der theokratischen Leitung

      Es liegt auf der Hand, daß die Organisation bald ihre Identität und Einheit eingebüßt hätte, wenn man über Lehren und Verhaltensmaßstäbe sowie über organisatorische Verfahrensweisen und Methoden des Zeugnisgebens jeweils örtlich hätte entscheiden dürfen. Aufgrund sozialer, kultureller und nationaler Unterschiede hätte es unter den Brüdern durchaus zu Spaltungen kommen können. Die theokratische Leitung dagegen gewährleistete, daß allen Versammlungen weltweit der Nutzen des geistigen Fortschritts ungehindert zuteil wurde. So kam echte Einheit zustande, um die Jesus für seine wahren Nachfolger gebetet hatte, und das Werk des Evangelisierens, das er geboten hatte, konnte in vollem Umfang durchgeführt werden (Joh. 17:20-22).

      Einige haben jedoch behauptet, J. F. Rutherford sei lediglich bemüht gewesen, durch diese organisatorische Veränderung größeren Einfluß auf die Zeugen auszuüben, und habe durch diesen Schritt seine Autorität geltend gemacht. War dem wirklich so? Bruder Rutherford war zweifellos ein Mann, der von seiner Sache fest überzeugt war. Er äußerte sich mit allem Nachdruck über das, was nach seiner Überzeugung die Wahrheit war, und machte dabei keine Zugeständnisse. Er konnte ziemlich barsch werden, wenn er in bestimmten Situationen feststellte, daß jemand mehr an sich selbst interessiert war als am Werk des Herrn. Aber vor Gott war er wirklich demütig. Karl Klein, der 1974 in die leitende Körperschaft berufen wurde, schrieb später: „Ich denke auch an Bruder Rutherfords Gebete, durch die er ... meine Zuneigung gewann. Er hatte zwar eine außerordentlich kraftvolle Stimme, doch wenn er sich im Gebet an Gott wandte, klangen seine Worte, als spräche ein kleiner Junge mit seinem Vater. Welch wunderbares Verhältnis zu Jehova dies offenbarte!“ Bruder Rutherford war von der Identität der sichtbaren Organisation Jehovas völlig überzeugt und wollte unbedingt sicherstellen, daß weder eine Einzelperson noch eine Gruppe die Brüder in den Versammlungen daran hindern konnte, aus der geistigen Speise und der Leitung, für die Jehova durch seine Diener sorgte, vollen Nutzen zu ziehen.

      Bruder Rutherford diente zwar 25 Jahre als Präsident der Watch Tower Society und setzte all seine Kraft zur Förderung des Werkes der Organisation ein, aber er war nicht der Führer der Zeugen Jehovas und wollte es auch nicht sein. 1941, kurz vor seinem Tod, sprach er auf einem Kongreß in St. Louis (Missouri) über das Thema Führerschaft und sagte: „Ich möchte gern, daß alle Fremden hier erfahren, ob ihr einen Menschen für euren Führer haltet, so daß es ihnen unvergeßlich bleibt. Immer dann, wenn eine Bewegung aufkommt und wächst, ist von einem menschlichen Führer mit einer großen Gefolgschaft die Rede. Wenn es jemand unter den Anwesenden gibt, der denkt, ich — der Mann, der hier steht — sei der Führer der Zeugen Jehovas, dann sage er: ‚Ja.‘ “ Die Reaktion war eine eindrucksvolle Stille, die nur von einem nachdrücklichen „Nein“ einiger Zuhörer unterbrochen wurde. Der Redner fuhr fort: „Falls ihr hier der Ansicht seid, daß ich nur ein Diener des Herrn bin und wir Schulter an Schulter in Einheit zusammenarbeiten und Gott und Christus dienen, dann sagt bitte: ‚Ja.‘ “ Von den Zuhörern war ein einstimmiges und entschiedenes „Ja“ zu hören. Genauso reagierte im darauffolgenden Monat eine Zuhörerschaft in England.

      In einigen Gegenden machten sich die Vorteile einer theokratischen Organisation schnell bemerkbar; andernorts dauerte es länger. Diejenigen, die sich nicht als reife, demütige Diener erwiesen, wurden schließlich entfernt, und andere wurden ernannt.

      Jedenfalls wurden immer mehr theokratische Verfahrensweisen eingeführt, und Jehovas Zeugen freuten sich, das zu erleben, was in Jesaja 60:17 vorhergesagt worden war. Jehova schildert dort in sinnbildlichen Worten den verbesserten Zustand, der unter seinen Dienern herrschen würde, indem er sagt: „Statt des Kupfers werde ich Gold herbeibringen, und statt des Eisens werde ich Silber herbeibringen und statt des Holzes Kupfer und statt der Steine Eisen; und ich will den Frieden zu deinen Aufsehern einsetzen und die Gerechtigkeit zu deinen Arbeitszuteilern.“ Hier wird nicht beschrieben, was Menschen bewerkstelligen, sondern was Gott herbeiführt und welcher Nutzen sich für seine Diener ergäbe, wenn sie sich all dem unterordnen würden. Frieden sollte unter ihnen herrschen, und Liebe zur Gerechtigkeit sollte die Triebkraft ihres Dienstes sein.

      Maud Yuille, die Frau des Zweigaufsehers in Brasilien, schrieb in einem Brief an Bruder Rutherford: „Die Artikel ‚Organisation‘ in den Wachttürmen vom 1. und 15. Juni [1938] drängen mich, Dir, dessen treuen Dienst Jehova gebraucht, in ein paar Worten zu schreiben, wie dankbar ich Jehova für die wunderbare Vorkehrung bin, die er für seine sichtbare Organisation getroffen hat, wie in den beiden Wachttürmen gezeigt wird. ... Welch eine Erleichterung, zu sehen, daß Schluß ist mit dem unabhängigen Schalten und Walten einschließlich der ‚Frauenrechte‘ und anderen unbiblischen Methoden, durch die einige Seelen der örtlich vorherrschenden Meinung und dem Urteil einzelner unterworfen wurden statt ... [Jehova Gott und Jesus Christus], wodurch Schmach auf den Namen Jehovas gekommen ist. Es stimmt zwar, erst ‚in jüngster Vergangenheit hat die Gesellschaft alle in der Organisation als „Diener“ bezeichnet‘, doch ich habe beobachtet, daß Du Dich schon viele Jahre lang in Deiner Korrespondenz mit Deinen Brüdern als ‚Euer Bruder und Diener durch Seine Gnade‘ bezeichnet hast.“

      In bezug auf diese organisatorische Änderung berichtete der britische Zweig: „Es war recht erstaunlich, wie gut sie sich auswirkte. Die poetische und prophetische Beschreibung in Jesaja, Kapitel sechzig ist voller Schönheit, doch nicht übertrieben. Jeder, der in der Wahrheit war, sprach davon. Sie war das Hauptgesprächsthema. Man empfand eine allgemeine Belebung — die Bereitschaft, zielstrebig weiterzukämpfen. Während in der Welt die Spannungen zunahmen, war die Freude über die theokratische Herrschaft überströmend.“

      Reisende Aufseher stärken die Versammlungen

      Durch den Dienst reisender Aufseher wurden die organisatorischen Bande weiter gefestigt. Im ersten Jahrhundert leistete der Apostel Paulus darin hervorragende Arbeit. Bisweilen hatten auch Männer wie Barnabas, Timotheus und Titus daran teil (Apg. 15:36; Phil. 2:19, 20; Tit. 1:4, 5). Sie alle waren eifrige Evangeliumsverkündiger. Außerdem ermunterten sie die Versammlungen durch ihre Vorträge. Wenn Fragen auftauchten, die die Einheit der Versammlungen gefährden konnten, legte man sie der zentralen leitenden Körperschaft vor. Danach reisten die mit Verantwortung Betrauten „durch die Städte ... [und] überbrachten ... denen, die dort waren, die zu beachtenden Verordnungen, welche von den Aposteln und älteren Männern, die sich in Jerusalem befanden, beschlossen worden waren“. Was war das Ergebnis? „Die Versammlungen wurden ... im Glauben weiterhin befestigt und nahmen von Tag zu Tag an Zahl zu“ (Apg. 15:1 bis 16:5; 2. Kor. 11:28).

      Bereits in den 1870er Jahren besuchte Bruder Russell die Bibelforschergruppen — Gruppen, die aus zwei, drei oder mehr Personen bestanden —, um sie im Glauben zu erbauen. In den 1880er Jahren machten auch einige andere Brüder solche Besuche. 1894 sorgte die Gesellschaft dafür, daß befähigte Redner die Bibelforscher regelmäßiger besuchten, um ihnen zu helfen, in der Erkenntnis und in der Wertschätzung für die Wahrheit zu wachsen, damit eine engere Verbindung unter ihnen hergestellt wurde.

      Die Redner blieben möglichst einen oder vielleicht auch mehrere Tage bei der Gruppe, hielten einen oder zwei öffentliche Vorträge und besuchten dann kleinere Gruppen und Einzelpersonen, um mit ihnen einige tiefere Dinge des Wortes Gottes zu besprechen. Man war bemüht, daß jede Gruppe in den Vereinigten Staaten und in Kanada zweimal im Jahr besucht wurde, wenn auch gewöhnlich nicht von ein und demselben Bruder. Bei der Auswahl dieser reisenden Vortragsredner legte man Wert auf Sanftmut, Demut und ein klares Verständnis der Wahrheit sowie darauf, daß sie sich an die Wahrheit hielten und sie deutlich lehren konnten. Für ihren Dienst wurden sie selbstverständlich nicht bezahlt. Von den Brüdern am Ort erhielten sie lediglich Verpflegung und Unterkunft, und die Gesellschaft half ihnen nötigenfalls, die Reisekosten zu decken. Sie wurden als Pilgerbrüder bekannt.

      Viele dieser reisenden Beauftragten der Gesellschaft wurden von den Brüdern, denen sie dienten, innig geliebt. A. H. Macmillan, ein Kanadier, ist als ein Pilgerbruder in Erinnerung geblieben, für den sich Gottes Wort „wie brennendes Feuer“ erwies (Jer. 20:9). Er mußte einfach darüber reden, und das tat er vor Zuhörerschaften in Kanada, in vielen Teilen der Vereinigten Staaten und noch weiteren Ländern. An William Hersee, einen anderen Pilgerbruder, erinnert man sich gern, weil er jungen Menschen besondere Aufmerksamkeit schenkte. Von seinen Gebeten, die von tiefer Ergebenheit zeugten, waren Jung und Alt gleichermaßen beeindruckt.

      Auf ihren Reisen hatten es die Pilgerbrüder damals nicht leicht. Edward Brenisen beispielsweise fuhr, um einer Gruppe in der Nähe von Klamath Falls (Oregon, USA) zu dienen, zuerst mit dem Zug, dann ging es in der Postkutsche die Nacht hindurch weiter, und auf dem letzten Stück des Weges zu einem Gehöft in den Bergen, wo die Zusammenkunft stattfinden sollte, wurde er auf einem vierrädrigen Holzwagen so durchgerüttelt, daß er alle Knochen spürte. Am Tag nach der Zusammenkunft stellte ihm ein Bruder in aller Frühe ein Pferd zur Verfügung, auf dem er etwa 100 Kilometer bis zur nächsten Eisenbahnstation ritt, damit er seinen nächsten Bestimmungsort erreichen konnte. Die Pilgerbrüder führten ein anstrengendes Leben, doch ihre Bemühungen zeitigten gute Ergebnisse. Jehovas Diener wurden gestärkt, im Verständnis des Wortes Gottes vereint und fühlten sich enger miteinander verbunden, obwohl sie weit verstreut lebten.

      Ab 1926 führte Bruder Rutherford bei der Tätigkeit der Pilgerbrüder gewisse Neuerungen ein. Das hatte zur Folge, daß sie nicht lediglich reisende Vortragsredner waren, sondern reisende Aufseher, die den Predigtdienst der Versammlungen förderten. Um ihre neuen Verantwortlichkeiten zu betonen, nannte man sie 1928 Bezirksdienstleiter. Sie arbeiteten mit den Brüdern am Ort zusammen und unterwiesen sie persönlich im Predigtdienst. Damals war es ihnen in den Vereinigten Staaten und in einigen anderen Ländern möglich, jede Versammlung einmal im Jahr zu besuchen und auch mit Einzelpersonen und kleineren Gruppen, die noch nicht für den Dienst organisiert worden waren, die Verbindung aufrechtzuerhalten.

      In den folgenden Jahren wurde die Tätigkeit der reisenden Aufseher mehrmals abgewandelt.a Größeren Nachdruck auf diese Tätigkeit legte man ab 1938, als alle Diener in den Versammlungen auf theokratische Weise ernannt wurden. In den ersten Jahren konnten die Versammlungen in regelmäßigen Abständen besucht werden, so daß es möglich war, jeden ernannten Diener persönlich zu schulen und allen vermehrt im Predigtdienst zu helfen. 1942 erhielten reisende Aufseher, bevor sie erneut zu den Versammlungen gesandt wurden, selbst eine intensive Schulung, was eine einheitlichere Tätigkeit zur Folge hatte. Ihre Besuche waren ziemlich kurz (ein bis drei Tage je nach Größe der Versammlung). In dieser Zeit überprüften sie die Versammlungsunterlagen, kamen mit allen Dienern zusammen, erteilten ihnen nötigen Rat, hielten ein oder zwei Vorträge in der Versammlung und übernahmen die Führung im Predigtdienst. 1946 wurden die Besuche auf eine Woche pro Versammlung ausgedehnt.

      Diese Besuche in den Versammlungen wurden 1938 durch den Dienst des Bezirksdieners ergänzt, der eine neue Rolle übernahm. Er war in einem größeren Gebiet tätig und verbrachte regelmäßig eine Woche mit jedem Bruder, der in einer Zone (einem Kreis) reiste und dort die Versammlungen besuchte. Während seines Aufenthalts beteiligte sich der Bezirksdiener am Programm eines Kongresses, zu dem alle Versammlungen in dieser Zone zusammenkamen.b Diese Einrichtung spornte die Brüder sehr an und bot regelmäßig eine Gelegenheit, neue Jünger zu taufen.

      „Jemand, der den Dienst liebt“

      Zu denen, die 1936 diesen Dienst aufnahmen, gehörte John Booth, der 1974 in die leitende Körperschaft berufen wurde. Als man mit ihm über seinen künftigen Dienst als reisender Aufseher sprach, wurde ihm erklärt: „Wir benötigen keine redegewandten Sprecher, nur jemand, der den Dienst liebt und die Führung darin übernimmt und in den Zusammenkünften über den Dienst spricht.“ Bruder Booth hatte diese Liebe zum Dienst Jehovas durch seinen eifrigen Pionierdienst seit 1928 bewiesen, und er weckte durch sein Beispiel und seine Worte der Ermunterung bei anderen den Eifer zum Evangelisieren.

      Die erste Versammlung, die er im März 1936 besuchte, war Easton (Pennsylvanien). Später schrieb er: „In der Regel traf ich an einem Ort rechtzeitig zum Predigtdienst am Morgen ein; am frühen Abend hatte ich dann eine Zusammenkunft mit den Dienern der Gruppe und danach eine weitere mit der ganzen Gruppe. Gewöhnlich verbrachte ich nur zwei Tage mit einer Gruppe und mit kleineren Gruppen nur einen Tag, so daß ich manchmal in einer Woche sechs Gruppen besuchte. Ich war ständig unterwegs.“

      Zwei Jahre später, 1938, erhielt er die Aufgabe, sich als Bezirksdiener jede Woche einer Zonenversammlung (heute Kreiskongreß genannt) anzunehmen. Dadurch konnten die Brüder in einer Zeit, wo die Verfolgung in einigen Gegenden immer heftiger wurde, sehr gestärkt werden. Im Rückblick auf jene Zeit und seine verschiedenen Aufgaben sagte Bruder Booth: „In der gleichen Woche ... [in der ich Zeuge in einem Gerichtsfall war, bei dem es in Indianapolis (Indiana) um 60 Zeugen ging] war ich in einem anderen Fall in Joliet (Illinois) Angeklagter; in einem weiteren Fall in Madison (Indiana) war ich Bevollmächtigter für einen Bruder, und darüber hinaus war ich an jedem Wochenende für eine Zonenversammlung verantwortlich.“

      Carey Barber wurde zwei Jahre nachdem die Zonenversammlungen (heute Kreiskongresse genannt) 1946 wieder stattfanden, zum Bezirksdiener ernannt. Er war bereits 25 Jahre ein Mitglied der Bethelfamilie in Brooklyn (New York) gewesen. Sein erster Bezirk schloß den gesamten Westen der Vereinigten Staaten ein. Anfangs mußte er jede Woche von einem Kongreß zum anderen etwa 1 600 Kilometer zurücklegen. Als die Versammlungen an Zahl und Größe zunahmen, schrumpften die Entfernungen, und nicht selten fanden in einer Großstadt mehrere Kreiskongresse statt. Nachdem Bruder Barber 29 Jahre Erfahrung als reisender Aufseher gesammelt hatte, wurde er 1977 eingeladen, als ein Mitglied der leitenden Körperschaft in die Weltzentrale zurückzukehren.

      In Kriegszeiten und während heftiger Verfolgung setzten reisende Aufseher häufig ihre Freiheit und ihr Leben aufs Spiel, damit sie für das geistige Wohl ihrer Brüder sorgen konnten. Während der Besetzung Belgiens unter den Nationalsozialisten besuchte André Wozniak ununterbrochen die Versammlungen und half mit, sie mit Literatur zu versorgen. Die Gestapo war ihm zwar oftmals hart auf den Fersen, doch gelang es ihr nicht, ihn zu verhaften.

      Ende der 70er Jahre lebten die Menschen in Rhodesien (heute Simbabwe) während einer Zeit kriegerischer Auseinandersetzungen in großer Furcht. Die Reisemöglichkeiten waren stark eingeschränkt. Dennoch erwiesen sich reisende Aufseher der Zeugen Jehovas als liebevolle Hirten und Aufseher ihrer Brüder — „wie ein Bergungsort vor dem Wind“ (Jes. 32:2). Einige marschierten tagelang bergauf und bergab durch die Buschlandschaft, durchquerten gefährliche Flüsse und schliefen nachts im Freien — alles, um abgelegene Versammlungen und alleinstehende Verkündiger zu besuchen und sie zu ermuntern, im Glauben stark zu bleiben. Einer von ihnen war Isaiah Makore, der knapp mit dem Leben davonkam, als er in einen Feuerwechsel zwischen Regierungssoldaten und „Freiheitskämpfern“ geriet und die Kugeln über seinen Kopf hinwegpfiffen.

      Andere reisende Aufseher haben der Organisation viele Jahre auf internationaler Ebene gedient. Die Präsidenten der Watch Tower Society sind häufig in andere Länder gereist, wo sie sich organisatorischer Bedürfnisse angenommen und auf Kongressen Ansprachen gehalten haben. Diese Besuche waren Jehovas Zeugen überall eine große Hilfe, sich ihrer internationalen Bruderschaft ständig bewußt zu sein. Besonders Bruder Knorr versah diesen Dienst regelmäßig und besuchte alle Zweigbüros und Missionarheime. Mit dem Anwachsen der Organisation teilte man die Erde in zehn Zonen ein, und ab 1. Januar 1956 halfen befähigte Brüder unter der Leitung des Präsidenten bei diesem Dienst mit, so daß er regelmäßig durchgeführt werden konnte. Diese Zonenbesuche, die heute unter der Leitung des Dienstkomitees der leitenden Körperschaft erfolgen, sind weiterhin für die weltweite Einheit und den Fortschritt der gesamten Organisation förderlich.

      Noch andere bedeutsame Entwicklungen haben zur gegenwärtigen organisatorischen Struktur beigetragen.

      Weiter theokratisch ausgerichtet

      Am 8. Januar 1942, mitten im Zweiten Weltkrieg, starb Joseph F. Rutherford, und Nathan H. Knorr wurde der dritte Präsident der Watch Tower Society. In vielen Ländern stand die Organisation unter großem Druck, entweder durch Verbote ihres Werkes, durch Pöbelangriffe unter dem Deckmantel des Patriotismus oder durch Verhaftungen von Zeugen, die in ihrem Predigtdienst biblische Schriften verbreitet hatten. Würde in einer so kritischen Zeit ein Wechsel in der Leitung das Werk beeinträchtigen? Die verantwortlichen Brüder baten Jehova um seine Führung und seinen Segen. Diesem Wunsch nach göttlicher Leitung entsprechend überprüften sie erneut die organisatorische Struktur, um zu ermitteln, wo eine noch größere Anpassung an die Wege Jehovas möglich wäre.

      1944 fand in Pittsburgh (Pennsylvanien) anläßlich der Jahresversammlung der Watch Tower Society eine Dienstversammlung statt. Vor jener Jahresversammlung wurde am 30. September in einer Reihe höchst bedeutsamer Vorträge gezeigt, was die Bibel über die Organisation der Diener Jehovas zu sagen hat.c Das Hauptaugenmerk galt der leitenden Körperschaft. Damals wurde betont, daß das theokratische Prinzip auf alle Einrichtungen angewandt werden muß, deren sich die Klasse des treuen und verständigen Sklaven bedient. Nicht alle vom „geweihten“ Volk Gottes gehörten, wie es hieß, zur gesetzlich eingetragenen Körperschaft. Diese vertrete sie lediglich, indem sie als ihr rechtliches Werkzeug handle. Da die Gesellschaft als Verlag für Jehovas Zeugen aber Literatur beschaffte, die geistiges Licht enthielt, war die leitende Körperschaft logischer- und notwendigerweise eng mit den geschäftsführenden und den anderen Vorstandsmitgliedern dieser rechtlichen Körperschaft verbunden. Wurden in allen ihren Angelegenheiten uneingeschränkt theokratische Grundsätze angewandt?

      Die Statuten der Gesellschaft sahen die Ausgabe von Anteilscheinen vor. Mit einem Gesamtbetrag von 10 Dollar war ein Einzahler berechtigt, bei der Wahl der Vorstandsmitglieder und der Geschäftsführung der Gesellschaft eine Stimme abzugeben. Einige dachten vielleicht, solche Einzahlungen zeugten von aufrichtigem Interesse an dem Werk der Organisation. Diese Regelung bereitete jedoch Probleme. Bruder Knorr, der Präsident der Gesellschaft, erklärte: „Nach den Bestimmungen in den Statuten der Gesellschaft hätte es den Anschein, die Zugehörigkeit zur leitenden Körperschaft hinge von den Einzahlungen an die rechtliche Körperschaft ab. Das dürfte aber gemäß dem Willen Gottes unter seinem wahren auserwählten Volk nicht der Fall sein.“

      Charles Taze Russell, der in den ersten 32 Jahren seit Gründung der Gesellschaft eine führende Rolle in der leitenden Körperschaft spielte, unterstützte die Gesellschaft in finanzieller, physischer und geistiger Hinsicht am meisten. Aber dafür, daß ihn der Herr gebrauchte, war kein finanzieller Beitrag ausschlaggebend. Seine uneingeschränkte Hingabe, sein unermüdlicher Eifer, seine kompromißlose Stellungnahme für Gottes Königreich sowie seine unverbrüchliche Loyalität und Treue kennzeichneten ihn in Gottes Augen für den Dienst als brauchbar. In bezug auf die theokratische Organisation gilt die Regel: „Gott [hat] die Glieder am Leib gesetzt, jedes von ihnen so, wie es ihm gefallen hat“ (1. Kor. 12:18). „Da jedoch die Statuten der Gesellschaft“, wie Bruder Knorr sagte, „vorsahen, Anteilscheine mit Stimmrecht an Personen auszugeben, die für das Werk der Gesellschaft Geld beisteuerten, verdunkelten sie eher dieses theokratische Prinzip in bezug auf die leitende Körperschaft, ja tasteten es sogar an und brachten für sie auch eine gewisse Gefährdung mit sich oder konnten ihr Hindernisse in den Weg legen.“

      Am 2. Oktober 1944 wurde daher auf der Geschäftsversammlung aller stimmberechtigten Anteilseigner der Gesellschaft einstimmig beschlossen, die Statuten zu revidieren und sie enger an theokratische Grundsätze anzulehnen. Die Mitgliederzahl sollte nicht mehr unbegrenzt sein, sondern zwischen 300 und 500 betragen, und es sollte sich nur um Männer handeln, die vom Vorstand ausgewählt würden, nicht aufgrund finanzieller Beiträge, sondern weil sie reife, eifrige, treue Zeugen Jehovas waren, die ihre ganze Zeit im Werk der Organisation einsetzten oder eifrig in ihrer Versammlung dienten. Diese Mitglieder sollten den Vorstand wählen, und der Vorstand würde dann die geschäftsführenden Vorstandsmitglieder bestimmen. Die neue Regelung trat im darauffolgenden Jahr, am 1. Oktober 1945, in Kraft. Das war bestimmt ein großer Schutz in einer Zeit, in der Firmen häufig durch die Manipulation geschäftlicher Vorgänge von feindlichen Elementen beherrscht und schließlich so umstrukturiert wurden, daß sie deren Zielen dienten.

      Diese Schritte zur Anpassung an theokratische Grundsätze wurden offensichtlich von Jehova gesegnet. Obwohl die Organisation im Zweiten Weltkrieg außergewöhnlichem Druck ausgesetzt war, stieg die Zahl der Königreichsverkündiger ständig. Tatkräftig legten Jehovas Zeugen ununterbrochen Zeugnis von Gottes Königreich ab. Von 1939 bis 1946 erlebten sie eine erstaunliche Zunahme um 157 Prozent und dehnten das Predigtwerk auf sechs weitere Länder aus. In den folgenden 25 Jahren stieg die Zahl der eifrigen Zeugen noch um nahezu 800 Prozent, und aus 86 weiteren Ländern und Inselgebieten berichteten sie regelmäßig über ihre Tätigkeit.

      Spezielle Schulung der Aufseher

      Manche Beobachter waren der Ansicht, es sei unumgänglich, daß die Organisation bei zunehmender Größe ihre Maßstäbe lockere. Die Bibel hatte dagegen vorausgesagt, daß unter Jehovas Dienern Frieden und Gerechtigkeit herrschen würden (Jes. 60:17). Das erforderte eine gewissenhafte und fortlaufende Schulung verantwortlicher Aufseher, gestützt auf Gottes Wort, sowie ein deutliches Verständnis seiner Rechtsmaßstäbe und ihre konsequente Anwendung. Für diese Schulung wurde gesorgt. Der Wachtturm bot fortlaufend die Möglichkeit, sich eingehend mit Gottes gerechten Anforderungen zu befassen. Dieser Stoff wurde von allen Versammlungen der Zeugen Jehovas auf der ganzen Erde systematisch studiert. Doch Aufseher der Herde empfingen darüber hinaus noch viel zusätzliche Unterweisung.

      Anläßlich internationaler Kongresse wurden Aufseher, die in der Zweigorganisation der Gesellschaft eine führende Stellung einnahmen, zu einer besonderen Schulung zusammengerufen. Von 1961 bis 1965 veranstaltete man in New York speziell für sie acht- bis zehnmonatige Schulungskurse. Von 1977 bis 1980 fanden wiederum spezielle fünfwöchige Schulungskurse für sie statt. Diese Schulung schloß Vers-für-Vers-Betrachtungen aller Bibelbücher ein, und es wurden organisatorische Einzelheiten und Möglichkeiten erörtert, das Predigen der guten Botschaft zu fördern. Unter Jehovas Zeugen gibt es keine nationalen Schranken. Ganz gleich, wo sie leben, sie halten sich an dieselben hohen biblischen Maßstäbe und glauben und lehren ein und dasselbe.

      Auch Kreis- und Bezirksaufseher wurden besonders geschult. Viele von ihnen haben die Wachtturm-Bibelschule Gilead oder eine ihrer Außenstellen besucht. Regelmäßig werden sie in die Zweigbüros der Gesellschaft oder an andere geeignete Orte zu mehrtägigen oder einwöchigen Seminaren eingeladen.

      Im Jahre 1959 wurde eine andere hervorragende Einrichtung geschaffen, nämlich die Königreichsdienstschule, zu der Kreis- und Bezirksaufseher sowie Versammlungsaufseher eingeladen wurden. Anfangs dauerte der Kurs einen ganzen Monat. Nachdem er in den Vereinigten Staaten ein Jahr lang durchgeführt worden war, wurde der Stoff in andere Sprachen übersetzt und nach und nach auf der ganzen Erde verwendet. Da es nicht allen Aufsehern möglich war, einen ganzen Monat von ihrer Arbeitsstelle freizubekommen, wurde 1966 ein zweiwöchiger Kurs eingeführt.

      Bei dieser Schule handelte es sich nicht um ein Theologieseminar, in dem Männer als Vorbereitung auf die Ordination ausgebildet wurden. Die Teilnehmer des Kurses waren bereits ordinierte Diener Gottes. Viele von ihnen hatten schon jahrzehntelang als Aufseher und Hirten der Herde gedient. Der Studienkurs bot ihnen Gelegenheit, sich eingehend mit den für ihre Arbeit geltenden Anweisungen aus Gottes Wort zu befassen. Großer Nachdruck wurde auf den Predigtdienst gelegt und darauf, wie man ihn wirkungsvoll gestaltet. Wegen der sich wandelnden sittlichen Normen in der Welt wurde auch viel Zeit darauf verwendet, die Wahrung der biblischen Sittenmaßstäbe zu erörtern. In letzter Zeit ist man dazu übergegangen, alle zwei oder drei Jahre Seminare zu veranstalten, und reisende Aufseher führen mehrmals im Jahr hilfreiche Zusammenkünfte mit den Versammlungsältesten durch. So kann den jeweiligen Bedürfnissen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Diese Zusammenkünfte helfen mit, ein Abweichen von biblischen Maßstäben zu verhindern, und tragen dazu bei, daß in bestimmten Situationen in allen Versammlungen einheitlich vorgegangen wird.

      Jehovas Zeugen nehmen sich die Worte aus 1. Korinther 1:10 zu Herzen: „Nun ermahne ich euch, Brüder, durch den Namen unseres Herrn Jesus Christus, daß ihr alle übereinstimmend redet und daß keine Spaltungen unter euch seien, sondern daß ihr in demselben Sinn und in demselben Gedankengang fest vereint sein mögt.“ Diese Übereinstimmung ist nicht erzwungen. Sie ergibt sich aus der Erziehung in Gottes Wegen, die in der Bibel aufgezeichnet sind. Jehovas Zeugen freuen sich über Gottes Wege und seinen Vorsatz. Wem es nicht mehr gefällt, nach biblischen Maßstäben zu leben, dem steht es frei, die Organisation zu verlassen. Wenn aber jemand anfängt, andere Glaubensansichten zu predigen oder die biblischen Sittenmaßstäbe zu mißachten, dann treten die Aufseher in Aktion, um die Herde zu schützen. Die Organisation hält sich an den biblischen Rat: „[Behaltet] die im Auge ..., die Spaltungen hervorrufen und Ursachen zum Straucheln geben entgegen der Lehre, die ihr gelernt habt, und meidet sie“ (Röm. 16:17; 1. Kor. 5:9-13).

      Wie in der Bibel vorhergesagt worden ist, würde Gott unter seinen Dienern für genau diesen Zustand sorgen, für einen Zustand, in dem Gerechtigkeit herrscht und friedsame Früchte hervorgebracht werden (Jes. 32:1, 2, 17, 18). Solche Verhältnisse sprechen Menschen, die das Rechte lieben, besonders an.

      Wie viele solch gerechtigkeitsliebende Menschen werden vor dem Ende des alten Systems eingesammelt werden? Das wissen Jehovas Zeugen nicht. Aber Jehova weiß, was für sein Werk benötigt wird, und er sorgt zu seiner Zeit und auf seine Weise dafür, so daß seine Organisation dazu ausgerüstet ist.

      Vorbereitung auf explosionsartiges Wachstum

      Bei den Nachforschungen unter der Aufsicht der leitenden Körperschaft für die Zusammenstellung des Nachschlagewerks Hilfe zum Verständnis der Bibel wurde man erneut darauf aufmerksam, wie die Christenversammlung des ersten Jahrhunderts organisiert war. Man studierte sorgfältig biblische Begriffe wie „älterer Mann“, „Aufseher“ und „Diener Gottes“. Konnte sich die neuzeitliche Organisation der Zeugen Jehovas noch enger an das Vorbild halten, das in der Bibel als Richtschnur überliefert worden war?

      Jehovas Diener waren entschlossen, sich weiterhin der Führung Gottes zu unterstellen. Auf Kongressen des Jahres 1971 wurde die Aufmerksamkeit auf die Leitung der frühen Christenversammlung gelenkt. Wie erklärt wurde, beschränkte sich die Bezeichnung presbýteros (älterer Mann, Ältester) nach biblischem Gebrauch nicht auf ältere Personen, sie bezog sich aber auch nicht auf alle geistig Reifen in der Versammlung. Sie wurde besonders als offizielle Bezeichnung für Versammlungsaufseher gebraucht (Apg. 11:30; 1. Tim. 5:17; 1. Pet. 5:1-3). Diese gelangten in ihre Stellung, indem man sie im Einklang mit den Erfordernissen ernannte, die in die inspirierten Schriften aufgenommen wurden (Apg. 14:23; 1. Tim. 3:1-7; Tit. 1:5-9). Wenn genügend befähigte Männer da waren, gab es in einer Versammlung mehrere Älteste (Apg. 20:17; Phil. 1:1). Sie bildeten die „Körperschaft der älteren Männer“, die alle das gleiche Amt innehatten; keiner von ihnen war der Prominenteste oder Einflußreichste in der Versammlung (1. Tim. 4:14). Zur Unterstützung der Ältesten gab es im Einklang mit den vom Apostel Paulus erwähnten Erfordernissen, wie erklärt wurde, auch ernannte „Dienstamtgehilfen“ (1. Tim. 3:8-10, 12, 13).

      Unverzüglich wurden Maßnahmen in die Wege geleitet, die Organisation dem biblischen Muster besser anzugleichen. Man begann bei der leitenden Körperschaft selbst. Ihre Mitgliederzahl wurde über die sieben hinaus erhöht, die bereits in ihrer Eigenschaft als Vorstandsmitglieder der Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania als leitende Körperschaft der Zeugen Jehovas gedient hatten. Man setzte für die leitende Körperschaft keine bestimmte Mitgliederzahl fest. 1971 waren es 11; mehrere Jahre lang gab es sogar 18; 1992 waren es 12. Bei ihnen allen handelt es sich um Männer, die von Gott zu Miterben mit Jesus Christus gesalbt worden sind. Die 12, die 1992 als Mitglieder der leitenden Körperschaft dienten, hatten damals insgesamt 728 Jahre als Diener Jehovas im Vollzeitdienst verbracht.

      Am 6. September 1971 wurde beschlossen, daß der Vorsitz bei den Zusammenkünften der leitenden Körperschaft jährlich wechseln sollte, und zwar gemäß der alphabetischen Reihenfolge der Namen ihrer Mitglieder. Diese Regelung trat am 1. Oktober in Kraft. Die Mitglieder der leitenden Körperschaft wechselten sich auch wöchentlich im Vorsitz bei der morgendlichen Anbetung und beim Wachtturm-Studium der Mitarbeiter der Zentrale ab.d Damit begann man am 13. September 1971, als Frederick W. Franz das Programm der morgendlichen Anbetung in der Zentrale der Gesellschaft in Brooklyn (New York) leitete.

      Im Jahr darauf wurden Änderungen in der Aufsicht der Versammlungen vorbereitet. Es sollte nicht nur e i n e n Versammlungsdiener geben, der von einer bestimmten Anzahl anderer Diener unterstützt würde. Männer, die die biblischen Erfordernisse erfüllten, sollten eingesetzt werden, als Älteste zu dienen. Andere, die die biblischen Erfordernisse erfüllten, sollten als Dienstamtgehilfen ernannt werden. Das eröffnete mehreren die Möglichkeit, sich der Verantwortlichkeiten in der Versammlung anzunehmen und so wertvolle Erfahrungen zu sammeln. Kein Zeuge Jehovas hätte sich damals träumen lassen, daß in den folgenden 21 Jahren die Zahl der Versammlungen um 156 Prozent ansteigen würde, nämlich auf insgesamt 69 558 im Jahre 1992. Aber der Herr Jesus Christus, das Haupt der Versammlung, traf offensichtlich Vorbereitungen für das, was noch kommen sollte.

      In den 70er Jahren wurde eine weitere Reorganisation der leitenden Körperschaft sorgfältig erwogen. Seit Gründung der Watch Tower Society (1884) stand die Herausgabe von Literatur, die Beaufsichtigung des weltweiten Evangelisierungswerkes, die Einrichtung von Schulen und die Veranstaltung von Kongressen unter der Leitung des Büros des Präsidenten der Watch Tower Bible and Tract Society. Doch nach monatelanger sorgfältiger Prüfung und eingehenden Besprechungen stimmte man am 4. Dezember 1975 einmütig einer neuen Regelung zu. Man bildete sechs Komitees der leitenden Körperschaft.

      Das Komitee des Vorsitzenden (bestehend aus dem gerade amtierenden, dem vorherigen und dem nächsten Vorsitzenden der leitenden Körperschaft) erhält Berichte über besondere Notfälle, Katastrophen und Verfolgungskampagnen und sorgt dafür, daß sich die leitende Körperschaft unverzüglich dieser Angelegenheiten annimmt. Das Schreibkomitee beaufsichtigt die Herstellung der geistigen Speise in gedruckter Form sowie als Audio- und Videoaufzeichnungen für Jehovas Zeugen und zum Verbreiten in der Öffentlichkeit, und es beaufsichtigt außerdem die Übersetzung in Hunderte von Sprachen. Das Lehrkomitee hat die Verantwortung, die Schulen und kleineren Kongresse, Bezirkskongresse und internationalen Kongresse der Zeugen Jehovas zu beaufsichtigen sowie die Unterweisung der Bethelfamilie und die Zusammenstellung des für diese Zwecke vorgesehenen Stoffes. Das Dienstkomitee beaufsichtigt alle Gebiete des Evangelisierungswerkes, wie zum Beispiel die Tätigkeit der Versammlungen und der reisenden Aufseher. Der Druck, die Herausgabe und der Versand der Literatur werden vom Verlagskomitee beaufsichtigt; dieses Komitee ist somit für die Druckereien zuständig sowie für die Rechts- und Geschäftsangelegenheiten. Und das Personalkomitee beaufsichtigt die Vorkehrungen, die zur persönlichen und geistigen Betreuung der Mitglieder der Bethelfamilien getroffen werden, und es ist verantwortlich dafür, weitere zum Dienst als Mitglieder der Bethelfamilien einzuladen, die es auf der ganzen Erde gibt.

      Weitere Komitees haben die Aufgabe, bei der Beaufsichtigung der mit der Weltzentrale verbundenen Druckereien, Bethelheime und Farmen mitzuhelfen. Bei diesen Komitees bedient sich die leitende Körperschaft uneingeschränkt der Fähigkeiten von Angehörigen der „großen Volksmenge“ (Offb. 7:9, 15).

      Änderungen erfolgten auch in der Aufsicht über die Zweigbüros der Gesellschaft. Seit 1. Februar 1976 wird jeder Zweig von einem Zweigkomitee beaufsichtigt, das je nach den Bedürfnissen und der Größe des Zweiges aus drei oder mehr Mitgliedern besteht. Diese nehmen sich unter der Leitung der leitenden Körperschaft des Königreichswerkes in ihrem Gebiet an.

      Im Jahre 1992 wurde dafür gesorgt, daß die leitende Körperschaft zusätzlichen Beistand erhielt, indem mehrere Gehilfen, die hauptsächlich aus den Reihen der großen Volksmenge kommen, beauftragt wurden, den Zusammenkünften des Schreib-, Lehr-, Dienst-, Verlags- und Personalkomitees beizuwohnen und sich an ihrer Arbeit zu beteiligen.e

      Die Verteilung der Verantwortung hat sich als sehr nützlich erwiesen. Sie hat zusammen mit den bereits erfolgten Änderungen in den Versammlungen dazu beigetragen, alles zu beseitigen, was jemand daran hindern könnte, zu erkennen, daß Christus das Haupt der Versammlung ist. Es hat sich als äußerst vorteilhaft erwiesen, daß sich mehrere Brüder über Angelegenheiten beraten, die das Königreichswerk berühren. Durch diese Reorganisation ist es auch möglich gewesen, in den vielen Gebieten während einer Zeit wahrhaft explosionsartigen Wachstums der Organisation die dringend benötigte Aufsicht auszuüben. Vor langem hatte Jehova durch den Propheten Jesaja vorausgesagt: „Der Kleine selbst wird zu einem Tausend werden und der Geringe zu einer mächtigen Nation. Ich selbst, Jehova, werde es beschleunigen zu seiner eigenen Zeit“ (Jes. 60:22). Er hat es nicht nur beschleunigt, sondern auch für die nötige Leitung gesorgt, damit sich seine sichtbare Organisation dieser Mehrung annehmen konnte.

      Jehovas Zeugen sind in erster Linie an dem Werk interessiert, das Jehova ihnen für die letzten Tage der alten Welt aufgetragen hat, und sie sind gut organisiert, es zu verrichten. Für sie gibt es unmißverständliche Beweise dafür, daß es sich bei der Organisation nicht um eine menschliche, sondern um Gottes Organisation handelt und daß sie von Gottes Sohn, Jesus Christus, geleitet wird. Als herrschender König wird Jesus seine treuen Untertanen in der bevorstehenden großen Drangsal bewahren und dafür sorgen, daß sie wirkungsvoll organisiert sind, damit sie im kommenden Millennium den Willen Gottes ausführen können.

      [Fußnoten]

      a 1894 sorgte Bruder Russell dafür, daß Zion’s Watch Tower Tract Society befähigte Brüder als Redner aussandte. Sie erhielten unterschriebene Bescheinigungen, mit denen sie sich den örtlichen Gruppen vorstellen konnten. Diese Bescheinigungen verliehen ihnen weder die Autorität, zu predigen, noch bedeuteten sie, daß die Äußerungen des Betreffenden ohne entsprechende Prüfung im Lichte des Wortes Gottes zu akzeptieren waren. Da jedoch einige Personen den Zweck der Bescheinigungen mißverstanden, ließ Bruder Russell sie innerhalb eines Jahres wieder einziehen. Er vermied gewissenhaft alles, was Beobachter auch nur entfernt an eine Geistlichenklasse erinnert hätte.

      b Zions Wacht-Turm von Oktober/November 1881 (engl.), Seite 8, 9.

      c Zuweilen bezeichnete man die örtlichen Gruppen als „Kirchen“, was der Ausdrucksweise in der King-James-Bibel entsprach. In Anlehnung an den im griechischen Text der Bibel gebrauchten Ausdruck nannte man sie auch „Ekklesias“. Die Bezeichnung „Klassen“ oder „Bibelklassen“ war ebenfalls gebräuchlich, da es sich praktisch um Gruppen von Studierenden handelte, die regelmäßig zum Studium zusammenkamen. Wie ihre spätere im englischen Sprachraum gebräuchliche Bezeichnung „Company“ (Kompanie) erkennen ließ, war ihnen bewußt, daß sie in einem geistigen Kriegszug standen. (Siehe Psalm 68:11, KJ, Randbemerkung.) Nach der Herausgabe der Neuen-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift im Jahre 1950 in Englisch wurde in den meisten Ländern allgemein der neuzeitliche biblische Ausdruck „Versammlung“ gebraucht.

      d Buchstäblich bedeutet das im griechischen Text der Bibel gebrauchte Wort (cheirotonéō) „die Hand ausstrecken“ und im erweiterten Sinne auch „durch Aufheben der Hand abstimmen, erwählen“, und zwar „für bestimmte Ämter u. Aufgaben“ (W. Pape, Griechisch-deutsches Handwörterbuch, 3. Auflage, 1954; W. Bauer, Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur, 6. Auflage, 1988).

      e Näheres ist in Kapitel 25 zu finden („Öffentlich und von Haus zu Haus predigen“).

      f Über den Dienstleiter sollte ab 1919 wöchentlich der Predigtdienst aller mit der Versammlung oder Klasse Verbundenen der Gesellschaft berichtet werden.

      g Wie in dem Faltblatt Organization Method erklärt wurde, sollte damals jede Versammlung einen stellvertretenden Dienstleiter und einen Lagerverwalter wählen. Diese bildeten zusammen mit dem von der Gesellschaft ernannten Dienstleiter das örtliche Dienstkomitee.

      h Der Wacht-Turm, September 1920, Seite 138—142.

      i Zum Dienstkomitee gehörten damals bis zu zehn Männer. Einer war der Dienstleiter, der nicht am Ort gewählt, sondern von der Gesellschaft ernannt worden war. Die anderen arbeiteten beim Organisieren und bei der Durchführung des Zeugniswerkes mit ihm zusammen.

      j Ab 1932 bezeichnete man sie mehrere Jahre lang als Jonadabe.

      k Wenn für das griechische Verb cheirotonéō nur die Bedeutung ‘durch Ausstrecken der Hand wählen’ angegeben wird, läßt man eine spätere Bedeutung des Wortes außer acht. In dem Werk A Greek-English Lexicon von Liddell und Scott, herausgegeben von Jones und McKenzie (Neuauflage 1968), wird folgende Bedeutung des Wortes genannt: „... die Hand ausstrecken zu dem Zweck, seine Stimme in der Versammlung abzugeben ... II. in Verbindung mit einer Person als Akkusativobjekt: wählen, richtigerweise durch Zeigen der Hände ... b. später, im allgemeinen, ernennen ... innerhalb der Kirche in ein Amt einsetzen, [presbyterous] Apostelgeschichte 14:23.“ Dieser spätere Gebrauch war in den Tagen der Apostel üblich; Josephus, der jüdische Historiker des ersten Jahrhunderts, verwendet den Ausdruck in diesem Sinne in seinem Werk Jüdische Altertümer, Buch VI, Kapitel 4, Absatz 2 und Kapitel 13, Absatz 9. Der grammatische Aufbau von Apostelgeschichte 14:23 in der griechischen Ursprache zeigt an sich schon, daß Paulus und Barnabas die beschriebene Handlung ausführten.

      l Später in jenem Jahr, 1938, wurden die Organisations-Anweisungen als 4seitiges Faltblatt mit weiteren Erläuterungen herausgegeben. Darin hieß es, die Ortsversammlung solle ein Komitee einsetzen, das an ihrer Stelle handlungsberechtigt sei. Dieses Komitee sollte die Brüder im Lichte der in der Heiligen Schrift festgesetzten Anforderungen betrachten und der Gesellschaft Empfehlungen unterbreiten. Als reisende Beauftragte der Gesellschaft die Versammlungen besuchten, überprüften sie, ob die Brüder am Ort befähigt waren und treu ihre Aufgaben erfüllten. Ihre Empfehlungen wurden von der Gesellschaft bei den Ernennungen ebenfalls berücksichtigt.

      a Von 1894 bis 1927 bezeichnete man die von der Gesellschaft ausgesandten reisenden Vortragsredner zunächst als Beauftragte der Watch Tower Tract Society, dann als Pilgerbrüder. Als von 1928 bis 1936 vermehrt Nachdruck auf den Predigtdienst gelegt wurde, nannte man sie Bezirksdienstleiter. Um ihr richtiges Verhältnis zu den Brüdern am Ort zu betonen, erhielten sie im Juli 1936 die Bezeichnung Bezirksdiener. In den Jahren 1938 bis 1941 wurden Zonendiener beauftragt, mit einer begrenzten Anzahl Versammlungen in einem gewissen Turnus zusammenzuarbeiten, so daß sie in regelmäßigen Abständen dieselben Gruppen wieder besuchten. Nach einer etwa einjährigen Unterbrechung wurde dieser Dienst 1942 wiederbelebt, und zwar mit den Dienern für die Brüder. Diese nannte man 1948 Kreisdiener, heute heißen sie Kreisaufseher.

      Von 1938 bis 1941 dienten Bezirksdiener in einer neuen Rolle regelmäßig auf regionalen Kongressen, zu denen Zeugen aus einem bestimmten Gebiet (einer Zone) zusammenkamen und bei denen ein besonderes Programm geboten wurde. Als diese Tätigkeit 1946 wiederbelebt wurde, bezeichnete man diese reisenden Aufseher als Bezirksdiener, heute heißen sie Bezirksaufseher.

      b Diese Regelung trat am 1. Oktober 1938 in Kraft. In den Kriegsjahren wurde es immer schwieriger, Kongresse zu veranstalten. Daher veranstaltete man ab Ende 1941 keine „Zonenversammlungen“ mehr. Die Einrichtung wurde jedoch 1946 durch die sogenannten Kreisversammlungen (Kreiskongresse) wiederbelebt, zu denen jeweils mehrere Versammlungen zusammenkamen, um besondere Unterweisung zu empfangen.

      c Das Wesentliche dieser Vorträge ist in der Wachtturm-Ausgabe vom Oktober 1945 (engl.: 15. Oktober und 1. November 1944) zu finden.

      d Später wählten sie weitere Mitglieder der Bethelfamilie dazu aus, sich ebenfalls dieser Aufgaben anzunehmen.

      e Der Wachtturm, 15. April 1992, Seite 7—17, 31.

      [Herausgestellter Text auf Seite 204]

      Eine Geistlichenklasse hatte unter ihnen keinen Platz

      [Herausgestellter Text auf Seite 205]

      Kein Versuch, eine „irdische Organisation“ zu gründen

      [Herausgestellter Text auf Seite 206]

      Wie wurden Älteste gewählt?

      [Herausgestellter Text auf Seite 212]

      Ein von der Gesellschaft ernannter Dienstleiter

      [Herausgestellter Text auf Seite 213]

      Einige Älteste wollten keinen Außenstehenden predigen

      [Herausgestellter Text auf Seite 214]

      Es lichteten sich zwar die Reihen, doch die Organisation wurde gestärkt

      [Herausgestellter Text auf Seite 218]

      Wie sollten Ernennungen vorgenommen werden?

      [Herausgestellter Text auf Seite 220]

      War Rutherford lediglich bemüht, größeren Einfluß auszuüben?

      [Herausgestellter Text auf Seite 222]

      Die Verbindung zu Gruppen, die aus zwei, drei oder mehr Personen bestanden, wurde aufrechterhalten

      [Herausgestellter Text auf Seite 223]

      Neue Aufgaben für reisende Aufseher

      [Herausgestellter Text auf Seite 234]

      Eine erweiterte leitende Körperschaft mit einem turnusgemäß wechselnden Vorsitzenden

      [Herausgestellter Text auf Seite 235]

      Die nötige Aufsicht in einer Zeit explosionsartigen Wachstums

      [Kasten auf Seite 207]

      Warum die Änderung?

      Als C. T. Russell gefragt wurde, warum er seine Ansicht über die Wahl der Ältesten in den verschiedenen Gruppen des Volkes des Herrn geändert habe, antwortete er wie folgt:

      „Zuallererst möchte ich versichern, daß ich niemals Unfehlbarkeit beansprucht habe. ... Wir leugnen nicht ab, daß wir in der Erkenntnis wachsen und den Willen des Herrn in bezug auf die Ältesten oder Leiter in den kleinen Gruppen seines Volkes heute in etwas anderem Licht sehen. Unser Fehler war, zuviel von den lieben Brüdern zu erwarten, die, nachdem sie früh in die Wahrheit gekommen waren, ganz automatisch die Leiter dieser kleinen Gruppen wurden. Unsere zu optimistische Idealvorstellung von ihnen lief darauf hinaus, daß die Erkenntnis der Wahrheit sie äußerst demütig stimmen und ihnen helfen würde, ihre eigene Bedeutungslosigkeit zu erkennen und sich in allem, was sie wußten und anderen vermitteln konnten, als ein von Gott benutztes Sprachrohr zu verstehen. Wir hatten den Idealfall angenommen, daß sie im wahrsten Sinne des Wortes Vorbilder für die Herde wären und daß — falls durch des Herrn Vorsehung ein oder mehr Brüder in die kleine Gruppe kämen, die ebenso befähigt oder noch befähigter wären, die Wahrheit darzulegen — der Geist der Liebe sie anleiten würde, einander Ehre zu erweisen und auf diese Weise sich gegenseitig beizustehen und einander anzuspornen, sich am Dienst der Kirche, des Leibes Christi, zu beteiligen.

      Mit diesem Gedanken im Sinn schlußfolgerten wir, daß es sich aufgrund des für heute vorgesehenen und von des Herrn geweihtem Volk geschätzten größeren Maßes an Gnade und Wahrheit erübrigt, der von den Aposteln aufgezeigten Methode der Urkirche zu folgen. Unser Fehler bestand darin, nicht zu erkennen, daß die von den Aposteln unter göttlicher Aufsicht umrissenen Vorkehrungen all dem weit überlegen waren, was andere formulieren konnten, und daß die ganze Kirche die von den Aposteln eingeführten Verordnungen so lange benötigt, bis wir alle durch die Umwandlung in der Auferstehung vollkommen gemacht worden sind und uns unmittelbar in Gemeinschaft mit dem Herrn befinden.

      Unser Fehler wurde uns allmählich bewußt, als wir unter lieben Brüdern einen gewissen Konkurrenzgeist feststellten und sich bei vielen der Wunsch zeigte, an der Leitung der Zusammenkünfte als an einem Amt statt einem Dienst festzuhalten und andere Brüder mit den gleichen natürlichen Fähigkeiten und derselben Erkenntnis der Wahrheit und Geschicklichkeit, das Schwert des Geistes zu schwingen, davon auszuschließen und daran zu hindern, Führungseigenschaften zu entwickeln“ („Zions Wacht-Turm“, 15. März 1906, engl., S. 90).

      [Kasten/Bilder auf Seite 208, 209]

      Gebäude, die die Gesellschaft vor etwa 100 Jahren im Raum Pittsburgh benutzte

      Das Bibelhaus, das hier zu sehen ist, diente 19 Jahre als Hauptbüro — von 1890 bis 1909f

      Hier betrieb Bruder Russell seine Studien

      Mitglieder der Familie des Bibelhauses, die 1902 hier dienten

      In dem Gebäude befanden sich die Setzerei (oben rechts), eine Versandabteilung (unten rechts), ein Literaturlager, Wohnräume für die Mitarbeiter sowie ein Versammlungssaal für etwa 300 Personen

      [Fußnote]

      f Im Jahre 1879 befand sich die Zentrale in der Fifth Avenue 101, Pittsburgh (Pennsylvanien). Die Büros wurden 1884 nach Allegheny (ein nördlicher Stadtteil von Pittsburgh) in die Federal Street 44 verlegt und später in demselben Jahr in die Federal Street 40 (1887 als Robinson Street 151 bezeichnet). Als mehr Platz benötigt wurde, ließ Bruder Russell 1889 in der Arch Street 56-60 in Allegheny das Bibelhaus (links) bauen. (Später wurde es umnumeriert in Arch Street 610-614.) Für eine kurze Zeit — 1918/19 — war die Zentrale dann wieder im 3. Stock der Federal Street 119 in Pittsburgh.

      [Kasten auf Seite 211]

      Wessen Werk ist es?

      Gegen Ende seines irdischen Lebens schrieb Charles Taze Russell: „Zu oft vergißt Gottes Volk, daß der Herr als Haupt selbst seinem Werk vorsteht. Zu oft denkt man: Wir verrichten ein Werk und machen Gott zum Mitarbeiter in unserem Werk. Wir sollten in dieser Sache zu der richtigen Ansicht gelangen und erfassen, daß sich Gott ein großes Werk vorgenommen hat und es ausführt; daß es völlig unabhängig von uns und unseren Anstrengungen erfolgreich getan wird; daß Gottes Volk das großartige Vorrecht gewährt worden ist, mit seinem Erschaffer zusammenzuarbeiten, während er seine Pläne, Vorsätze und Verheißungen auf seine Weise verwirklicht. Wenn wir die Angelegenheit von diesem Standpunkt aus betrachten, sollten sich unsere Gebete und Beobachtungen darum drehen, den Willen des Herrn zu erkennen und zu tun, zufrieden mit jeglicher Rolle, die uns übertragen wird, denn geleitet werden wir von unserem Gott. Die Watch Tower Bible and Tract Society ist bestrebt, sich an diese Ordnung zu halten“ („Der Wacht-Turm“, 1. Mai 1915, engl.).

      [Kasten/Bild auf Seite 215]

      V.-D.-M.-Fragen

      Die Buchstaben V. D. M. stehen für die lateinischen Wörter „Verbi Dei Minister“ oder Diener des Wortes Gottes.

      1916 stellte die Gesellschaft einen Fragebogen zu biblischen Themen zusammen. Alle, die die Gesellschaft als Vortragsredner vertreten sollten, wurden gebeten, jede Frage schriftlich zu beantworten. Dadurch war es der Gesellschaft möglich, herauszufinden, wie die Brüder dachten und empfanden und wie es um ihr Verständnis grundlegender biblischer Wahrheiten stand. Die schriftlichen Antworten wurden von einem Prüfungsausschuß im Büro der Gesellschaft sorgfältig durchgesehen. Wer als befähigter Redner anerkannt wurde, mußte mindestens 85 Prozent der Fragen richtig beantwortet haben.

      Später baten viele Älteste, Diakone und andere Bibelforscher um einen Fragebogen. Schließlich stellte man fest, daß es nützlich wäre, wenn die Bibelklassen als ihre Vertreter nur Personen auswählten, die sich als befähigte V. D. M. erwiesen.

      Wenn die Gesellschaft jemandem die Bezeichnung „Diener des Wortes Gottes“ verlieh, hieß das nicht, daß sie den Betreffenden ordinierte. Es besagte lediglich, daß sich der Prüfungsausschuß im Büro der Gesellschaft sowohl über sein Verständnis der biblischen Lehren als auch in vernünftigem Maße über seinen Ruf informiert hatte und zu dem Schluß gekommen war, daß der Betreffende würdig war, ein Diener des Wortes Gottes genannt zu werden.

      Die V.-D.-M.-Fragen lauteten wie folgt:

      1. Was war die erste schöpferische Tätigkeit Gottes?

      2. Was bedeutet das Wort „Logos“ in Verbindung mit dem Sohne Gottes, und was bezeichnen die Worte Vater und Sohn?

      3. Wann und wie kam die Sünde in die Welt?

      4. Welches ist die göttliche Strafe der Sünde für die Sünder, und wer sind die Sünder?

      5. Warum war es nötig, daß der „Logos“ Fleisch ward, und war er eine „Inkarnation“?

      6. Welche Natur hatte der Mensch Christus Jesus von seiner Kindheit an bis zu seinem Tode?

      7. Welche Natur hat Jesus seit seiner Auferstehung, und welches ist sein Amt bei Jehova?

      8. Welches ist das Werk Jesu während des Evangelium-Zeitalters, während der Zeit von Pfingsten bis jetzt?

      9. Was ist bis jetzt für die Welt von seiten Jehovas Gottes und was von seiten Jesu geschehen?

      10. Welches ist der göttliche Vorsatz hinsichtlich der Kirche, wenn sie vollendet ist?

      11. Welches ist der göttliche Vorsatz hinsichtlich der Welt?

      12. Was wird mit den schließlich Unverbesserlichen geschehen?

      13. Welches wird die Belohnung oder Segnung für die Welt für Gehorsam im Königreiche des Messias sein?

      14. Durch welche Schritte kann ein Sünder zu Christo und zu dem himmlischen Vater gelangen?

      15. Welchen Weg schreibt das Wort Gottes einem Christen vor, der die Zeugung aus dem Heiligen Geiste empfangen hat?

      16. Hast Du Dich von der Sünde abgewandt, um dem lebendigen Gott zu dienen?

      17. Hast Du Dein Leben, all Deine Kräfte und Talente dem Herrn und seinem Dienste geweiht?

      18. Hast Du diese Weihung durch die Wassertaufe symbolisiert?

      19. Hast Du das Gelübde der Heiligkeit des Lebens von der Internationalen Vereinigung Ernster Bibelforscher auf Dich genommen?

      20. Hast Du die sechs Bände Schriftstudien vollständig und sorgfältig gelesen?

      21. Hast Du dadurch viel Erleuchtung und Nutzen empfangen?

      22. Glaubst Du, so viel und gründliche Kenntnis der Bibel zu haben, daß sie Dich während des Restes Deines Lebens mehr geeignet macht, ein Diener Gottes zu sein, als es vorher sein konnte?

      [Kasten/Bilder auf Seite 216, 217]

      Gebäude aus der Anfangszeit in Brooklyn

      Bethelheim

      Columbia Heights 122-124

      Speisesaal im Bethelheim

      „Tabernacle“

      Büros, Literaturlager, Versandabteilung, Setzereieinrichtung und ein Versammlungssaal mit 800 Sitzplätzen — all das befand sich hier in der Hicks Street 17 (von 1909 bis 1918)

      Der Versammlungssaal

      Druckereien aus der Anfangszeit

      Mitglieder der Bethelfamilie, die 1920 in der Druckerei in der Myrtle Avenue arbeiteten (rechts)

      Myrtle Avenue 35 (1920 bis 1922)

      Concord Street 18 (1922—1927)

      Adams Street 117 (seit 1927)

      [Kasten/Bilder auf Seite 224, 225]

      Reisende Aufseher — Einige von Tausenden

      Kanada, 1905—1933

      England, 1920—1932

      Finnland, 1921 bis 1926, 1947 bis 1970

      Vereinigte Staaten, 1907—1915

      Reisen von einer Versammlung zur anderen

      Grönland

      Venezuela

      Lesotho

      Mexiko

      Peru

      Sierra Leone

      Bewegliche Unterkünfte in Namibia

      Beteiligung am Predigtdienst mit ortsansässigen Zeugen in Japan

      Bei einer Ältestenbesprechung in Deutschland

      Pionieren auf Hawaii wird praktischer Rat erteilt

      Unterweisung einer Versammlung in Frankreich

      [Kasten/Bild auf Seite 229]

      Die ersten rechtlichen Körperschaften

      Zion’s Watch Tower Tract Society. Gegründet 1881 und gesetzlich eingetragen am 15. Dezember 1884 im Staat Pennsylvanien. 1896 wurde ihr Name auf Watch Tower Bible and Tract Society abgeändert. Seit 1955 ist sie als Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania bekannt.

      Peoples Pulpit Association. Gegründet 1909 in Verbindung mit der Verlegung des Hauptsitzes der Gesellschaft nach Brooklyn (New York). 1939 wurde der Name auf Watchtower Bible and Tract Society, Inc. abgeändert. Seit 1956 ist sie als Watchtower Bible and Tract Society of New York, Inc. bekannt.

      International Bible Students Association. Eingetragen am 30. Juni 1914 in London (England).

      Jehovas Zeugen haben in vielen Gemeinwesen und Ländern weitere Körperschaften gegründet, um gesetzlichen Anforderungen zu genügen. Sie sind jedoch nicht in nationale oder regionale Organisationen unterteilt, sondern bilden eine geeinte weltweite Bruderschaft.

      [Kasten auf Seite 234]

      Wie die Urchristengemeinde

      In der religiösen Publikation „Interpretation“ hieß es im Juli 1956: „In ihrer Organisation und ihrem Zeugniswerk kommen sie [Jehovas Zeugen] der Urchristengemeinde so nahe wie keine andere Gruppe. ... Wenige Gruppen machen in ihren Botschaften so ausgiebig Gebrauch von der Bibel wie sie, und zwar in Wort und Schrift.“

      [Bild auf Seite 210]

      Zum Zweck einer umfassenderen Aufsicht wurden Zweigbüros gegründet. Das erste befand sich in diesem Gebäude in London (England).

      [Bild auf Seite 221]

      J. F. Rutherford 1941; die Zeugen wußten, daß er nicht ihr Führer war

      [Bild auf Seite 226]

      John Booth, reisender Aufseher in den USA von 1936 bis 1941

      [Bild auf Seite 227]

      Carey Barber, dessen Bezirk einen großen Teil der Vereinigten Staaten einschloß

      [Bild auf Seite 228]

      Bruder Knorr besuchte regelmäßig jeden Zweig und jedes Missionarheim

      [Bild auf Seite 230]

      Aufseher, die in der Zweigorganisation der Gesellschaft eine führende Stellung einnahmen, wurden zu besonderen Schulungen zusammengerufen (New York, 1958)

      [Bilder auf Seite 231]

      In der Königreichsdienstschule wird Aufsehern auf der ganzen Erde wertvolle Unterweisung erteilt

      Die Königreichsdienstschule in einem Flüchtlingslager in Thailand 1978; auf den Philippinen 1966 (oben links)

      [Bilder auf Seite 232]

      Ständig wurden Organisationsanweisungen herausgegeben (zunächst in Englisch, dann in anderen Sprachen), um die Tätigkeit der Zeugen zu koordinieren und alle über die Vorkehrungen zu unterrichten, die als Hilfe für ihren Predigtdienst getroffen wurden

  • Zusammenkünfte — zur Anbetung, Unterweisung und Ermunterung
    Jehovas Zeugen — Verkündiger des Königreiches Gottes
    • Kapitel 16

      Zusammenkünfte — zur Anbetung, Unterweisung und Ermunterung

      VERSAMMLUNGSZUSAMMENKÜNFTE spielen bei der Tätigkeit der Zeugen Jehovas eine wichtige Rolle. Selbst unter äußerst schwierigen Umständen bemühen sie sich, die Zusammenkünfte regelmäßig zu besuchen, und zwar im Einklang mit der biblischen Ermahnung: „Laßt uns aufeinander achten zur Anreizung zur Liebe und zu vortrefflichen Werken, indem wir unser Zusammenkommen nicht aufgeben, wie es bei einigen Brauch ist, sondern einander ermuntern, und das um so mehr, als ihr den Tag herannahen seht“ (Heb. 10:24, 25). Jede Versammlung hält, sofern möglich, dreimal in der Woche Zusammenkünfte ab, die alles in allem 4 Stunden und 45 Minuten dauern. Allerdings wechselte die Art und die Häufigkeit der Zusammenkünfte, je nachdem, was jeweils erforderlich war.

      Im ersten Jahrhundert waren Kundgebungen der Wundergaben des Geistes ein wichtiger Bestandteil der christlichen Zusammenkünfte. Weshalb? Durch diese Gaben bezeugte Gott, daß er sich nicht mehr des jüdischen religiösen Systems bediente, sondern daß sein Geist nun auf der neugegründeten Christenversammlung ruhte (Apg. 2:1-21; Heb. 2:2-4). Während der Zusammenkünfte der ersten Christen wurde gebetet, zum Lobpreis Gottes gesungen und besonderer Wert auf das Prophezeien (das heißt auf die Übermittlung des geoffenbarten göttlichen Willens und Vorsatzes) gelegt sowie darauf, die Zuhörer zu ihrer Erbauung zu unterweisen. Jene Christen lebten in einer Zeit herrlicher Entwicklungen in Verbindung mit dem Vorsatz Gottes. Sie mußten sie erkennen und mußten verstehen, wie sie im Einklang damit handeln konnten. Allerdings gestalteten manche die Zusammenkünfte nicht sehr ausgeglichen und benötigten, wie die Bibel sagt, Rat, damit alle den größtmöglichen Nutzen daraus ziehen konnten (1. Kor. 14:1-40).

      Waren die Grundzüge der Zusammenkünfte jener ersten Christen in den Zusammenkünften der Bibelforscher von den 1870er Jahren an wiederzuerkennen?

      Die geistigen Bedürfnisse der ersten Bibelforscher stillen

      Charles Taze Russell und eine kleine Gruppe Gefährten in Allegheny (Pennsylvanien) und Umgebung gründeten 1870 einen Bibelstudienkreis. Durch die Zusammenkünfte wuchs ihre Liebe zu Gott und zu seinem Wort immer mehr, und nach und nach lernten sie, was die Bibel selbst lehrt. Bei solchen Zusammenkünften sprach keiner auf wundersame Weise in Zungen. Warum nicht? Solche Wundergaben hatten ihren Zweck im ersten Jahrhundert erfüllt und hatten gemäß der Vorhersage der Bibel aufgehört. „Der nächste Schritt“, erklärte Bruder Russell, „bestand darin, die Früchte des Geistes zu offenbaren, wie St. Paulus deutlich hervorhob“ (1. Kor. 13:4-10). Außerdem galt es, wie im ersten Jahrhundert, ein dringendes Evangelisierungswerk zu verrichten, und dazu brauchten sie den nötigen Ansporn (Heb. 10:24, 25). Bald führten sie zwei wöchentliche Zusammenkünfte durch.

      Bruder Russell erkannte, daß es für Jehovas Diener wichtig war, ein vereintes Volk zu sein, ganz gleich, wo sie sich auf dem Erdenrund befanden. Daher ermunterte man 1879, kurz nachdem man mit der Herausgabe des Wacht-Turms begonnen hatte, alle Leser, um einen Besuch Bruder Russells oder eines seiner Gefährten zu bitten. Dabei wurde ausdrücklich erklärt, es würden „keine Gebühren und kein Geld verlangt“. Nachdem etliche Bitten eingegangen waren, begab sich Bruder Russell auf eine einmonatige Reise, die ihn bis nach Lynn (Massachusetts, USA) führte und auf der er täglich — bei jedem Aufenthalt — vier- bis sechsstündige Zusammenkünfte abhielt. Sein Thema lautete: „Dinge, die das Königreich Gottes betreffen“.

      Anfang 1881 drängte Bruder Russell alle Leser des Wacht-Turms, die bis dahin noch nicht regelmäßig Zusammenkünfte in ihrer Gegend abgehalten hatten: „Versammelt euch zu Hause mit eurer Familie oder sogar mit einigen, die interessiert sein mögen. Lest, studiert, singt und betet gemeinsam, und wo zwei oder drei versammelt sind in seinem Namen, da wird der Herr — euer Lehrer — mitten unter euch sein. Das zeichnete auch einige Zusammenkünfte der Kirche in den Tagen der Apostel aus. (Siehe Philemon 2.)“

      Schritt für Schritt wurde das Programm für die Zusammenkünfte entwickelt. Vorschläge wurden unterbreitet, wobei es jedoch der örtlichen Gruppe überlassen blieb, zu entscheiden, was ihren Umständen am ehesten gerecht wurde. Mitunter hielt ein Redner einen Vortrag, doch legte man größeren Wert auf Zusammenkünfte, an denen sich jeder freimütig beteiligen konnte. Manche Bibelforscherklassen verwandten anfangs kaum die Publikationen der Gesellschaft für die Zusammenkünfte, doch reisende Diener — Pilgerbrüder — führten den Brüdern vor Augen, wie wichtig das war.

      Nachdem einige Bände der Bücherserie Millennium-Tagesanbruch veröffentlicht worden waren, nahm man sie als Studiengrundlage. 1895 nannte man die Studiengruppen Tagesanbruch-Bibelstudien.a In Norwegen bezeichneten einige sie als „Lese- und Gesprächsversammlungen“ und erklärten dazu: „Es wurden Auszüge aus Bruder Russells Büchern vorgelesen, und wenn Personen Kommentare oder Fragen hatten, hoben sie die Hand.“ Bruder Russell riet den Anwesenden, bei einem solchen Studium verschiedene Bibelübersetzungen, Querverweise in der Bibel und Bibelkonkordanzen einzubeziehen. Die Gruppen waren meist nicht sehr groß und führten ihr Studium an einem für sie günstigen Abend in Privatwohnungen durch. Diese Zusammenkunft war der Vorläufer des heutigen Versammlungsbuchstudiums.

      Bruder Russell erkannte, daß es nicht reichte, lediglich Grundlehren zu studieren. Man mußte außerdem seiner Ergebenheit Ausdruck verleihen, so daß das Herz der Menschen von einer tiefen Wertschätzung für Gottes Liebe und von dem Wunsch, ihn zu ehren und ihm zu dienen, angetrieben würde. Die Klassen wurden aufgefordert, zu diesem Zweck einmal in der Woche eine besondere Zusammenkunft abzuhalten. Diese nannte man manchmal „Heimversammlung“, da sie in Privatwohnungen stattfand. Zu dem Programm gehörten Zeugnisse, die von den Anwesenden erzählt wurden, sowie Gebete und Lobgesänge.b Solche Zeugnisse waren manchmal anspornende Erfahrungen oder handelten von Prüfungen, Schwierigkeiten und Problemen, die sie in jenen Tagen bewältigen mußten. An einigen Orten verfehlten die Zusammenkünfte allerdings ihren Zweck, weil dabei zu sehr die Person in den Vordergrund gerückt wurde. Im Wacht-Turm wurden taktvolle Verbesserungsvorschläge gemacht.

      Edith Brenisen, die Frau eines der ersten Pilgerbrüder in den Vereinigten Staaten, erzählt von ihren Erinnerungen an solche Zusammenkünfte: „Es war ein Abend, an dem wir über Jehovas liebevolle Fürsorge nachdachten und an dem wir mit unseren Brüdern und Schwestern eng verbunden waren. Während wir ihren Erfahrungen lauschten, lernten wir sie immer besser kennen. Wenn wir ihre Treue beobachteten und sahen, wie sie ihre Schwierigkeiten überwanden, fiel es uns oft leichter, unsere eigenen Probleme zu lösen.“ Mit der Zeit zeigte sich jedoch, daß Zusammenkünfte, durch die der einzelne für das Evangelisierungswerk ausgerüstet wurde, nutzbringender waren.

      Die Gestaltung der Sonntagszusammenkunft an einigen Orten bereitete den Brüdern Kopfzerbrechen. Manche Klassen versuchten es mit einer Vers-für-Vers-Betrachtung der Bibel. Doch mitunter waren die Meinungsverschiedenheiten über die Bedeutung alles andere als erbauend. Um dem abzuhelfen, stellten einige aus der Versammlung in Los Angeles (Kalifornien) einen Entwurf für ein thematisches Bibelstudium mit Fragen und Quellenangaben zusammen, und jeder in der Klasse sollte sich vor der Zusammenkunft darauf vorbereiten. 1902 sorgte die Gesellschaft für eine Bibel mit den „Beröer-Bibelstudienhilfen“ in Englisch, wozu auch ein Sachverzeichnis gehörte.c Zur weiteren Vereinfachung veröffentlichte der Wacht-Turm vom 1. November 1905 an (engl.: 1. März 1905) als Grundlage für die Besprechungen in den Zusammenkünften und zum Nachforschen Fragen sowie Verweise auf die Bibel oder auf die Publikationen der Gesellschaft. Damit fuhr man bis 1914 fort, doch inzwischen wurden Studienfragen zu den Schriftstudien veröffentlicht, die als Grundlage für die Beröer-Studien dienten.

      Jeder Klasse stand derselbe Stoff zur Verfügung, aber die Zusammenkünfte wurden, je nachdem, was man am Ort festgelegt hatte, ein- bis viermal in der Woche oder noch öfter abgehalten. In Colombo (Ceylon, heute Sri Lanka) fanden die Zusammenkünfte ab 1914 sogar an sieben Tagen in der Woche statt.

      Die Bibelforscher wurden dazu angeregt nachzuforschen, ‘alles zu prüfen’ und Gedanken in eigene Worte zu kleiden (1. Thes. 5:21, EB). Bruder Russell legte allen ans Herz, sich an den Gesprächen über das Studienmaterial rege und freimütig zu beteiligen. Gleichzeitig schrieb er mahnend: „Laßt uns nie vergessen, daß die Bibel unser Maßstab ist und daß, wie Gott-gegeben unsere Hilfsmittel auch sein mögen, sie doch nur ‚Hilfsmittel‘ und kein Ersatz für die Bibel sind.“

      Feier zum Gedenken an den Tod des Herrn

      Etwa von 1876 an trafen die Bibelforscher jedes Jahr Vorkehrungen für die Gedächtnismahlfeier.d Anfangs traf sich die Gruppe aus Pittsburgh (Pennsylvanien) und Umgebung in der Wohnung eines Bruders. Bis 1883 war die Anwesendenzahl dort allerdings auf ungefähr 100 Personen angestiegen, weshalb man einen gemieteten Saal benutzte. 1905 beschlossen die Brüder, die geräumige Carnegie Hall zu mieten, um die große Zuhörerschaft, mit der man rechnete, in Pittsburgh unterbringen zu können.

      Die Bibelforscher verstanden, daß diese Feier jährlich und nicht wöchentlich begangen werden sollte. Der Tag, an dem sie die Feier abhielten, entsprach gemäß dem jüdischen Kalender dem Todestag Jesu, dem 14. Nisan. Im Laufe der Jahre wurde die Methode zur Errechnung dieses Datums vervollkommnet.e Doch am wichtigsten war die Bedeutung des Ereignisses selbst.

      Obwohl sich die Bibelforscher zu dieser Gedenkfeier in unterschiedlich großen Gruppen an zahlreichen Orten versammelten, war den Brüdern in Pittsburgh jeder, der sich ihnen anschließen konnte, willkommen. Zwischen 1886 und 1893 wurden die Leser des Wacht-Turms ganz besonders dazu eingeladen, wenn irgend möglich, nach Pittsburgh zu kommen, und sie kamen aus den verschiedensten Gegenden der Vereinigten Staaten und Kanadas. Dadurch konnten sie das Gedächtnismahl gemeinsam begehen und die Bande geistiger Einheit stärken. Als es allerdings in den Vereinigten Staaten und in anderen Ländern der Welt immer mehr Bibelklassen gab, war es nicht mehr praktisch, sich an e i n e m Ort zu versammeln, und man erkannte, daß es besser wäre, sich mit seinen Glaubensbrüdern in der Gegend zu versammeln, wo man zu Hause war.

      Wie im Wacht-Turm gezeigt wurde, beteuerten viele, an das Lösegeld zu glauben, und kein einziger von ihnen wurde bei der jährlichen Gedenkfeier abgewiesen. Von besonderer Bedeutung war dieser Anlaß aber für diejenigen, die wirklich zu Christi „kleiner Herde“ gehörten. Sie würden nämlich an dem himmlischen Königreich teilhaben. Denn zu Personen mit einer solchen Hoffnung sagte Christus am Abend vor seinem Tod, als er das Gedächtnismahl einsetzte: „Tut dies immer wieder zur Erinnerung an mich“ (Luk. 12:32; 22:19, 20, 28-30).

      In den 30er Jahren traten vermehrt die voraussichtlichen Glieder der „großen Schar“ oder „großen Volksmenge“ anderer Schafe in Erscheinung (Offb. 7:9, 10, Lu; Joh. 10:16). Man nannte sie damals Jonadabe. Sie wurden im Wachtturm vom 1. März 1938 zum erstenmal speziell zum Gedächtnismahl eingeladen. Es hieß dort: „Möge sich also jede Gruppe der Gesalbten am Freitag, den 15. April, nach 6 Uhr abends versammeln und die Gedächtnisfeier halten, und möchten ihre Gefährten, die Jonadabe, ebenfalls anwesend sein.“ Sie waren anwesend, nicht als Teilnehmer, sondern als Beobachter. Durch ihre Anwesenheit schnellte die Zahl derer, die die Feier zum Gedenken an den Tod Christi besuchten, in die Höhe. 1938 belief sich die Gesamtzahl der Anwesenden auf 73 420; 39 225 nahmen von den Symbolen — Brot und Wein. In den darauffolgenden Jahren waren unter den Beobachtern auch zahlreiche neuinteressierte Personen und andere, die noch keine tätigen Zeugen Jehovas waren. Obwohl 1992 eine Höchstzahl von 4 472 787 Personen im Predigtdienst tätig war und das Gedächtnismahl von 11 431 171 besucht wurde, nahmen nur 8 683 von den Symbolen. In manchen Ländern betrug die Anwesendenzahl sogar das Fünf- bis Sechsfache der Zahl tätiger Zeugen.

      Jehovas Zeugen feiern das Gedächtnismahl selbst unter äußerst widrigen Umständen, da sie dem Tod Christi große Bedeutung beimessen. Als in Rhodesien (dem heutigen Simbabwe) in den 70er Jahren während des Krieges Ausgangssperren verhängt wurden und man abends nicht weggehen konnte, versammelten sich in einigen Gegenden alle Brüder im Laufe des Tages in der Wohnung eines Zeugen Jehovas, wo sie abends das Gedächtnismahl feierten. Natürlich konnten sie nach der Zusammenkunft nicht heimgehen und mußten dort übernachten. Die verbleibenden Abendstunden nutzten sie, um Königreichslieder zu singen und Erfahrungen zu erzählen, wodurch sie zusätzlich gestärkt wurden.

      Auch in den Konzentrationslagern während des Zweiten Weltkriegs wurde das Gedächtnismahl gefeiert, obwohl es harte Strafen nach sich gezogen hätte, wenn die Wärter es entdeckt hätten. Harold King, der von 1958 bis 1963 wegen seines christlichen Glaubens im kommunistischen China in Einzelhaft war, feierte das Gedächtnismahl, so gut es ihm unter diesen Umständen eben möglich war. Später erzählte er: „Durch mein Zellenfenster beobachtete ich, wie der Mond gegen Frühlingsanfang voll wurde. Ich rechnete das Datum der Gedächtnisfeier so genau wie möglich aus.“ Bei den Symbolen mußte er improvisieren, indem er aus schwarzen Johannisbeeren etwas Wein machte und Reis, der ja ungesäuert ist, als Brot verwendete. Er erzählte weiter: „Ich sang und betete und hielt eine richtige Ansprache bei der Gedächtnisfeier, wie es in irgendeiner Versammlung des Volkes Jehovas sonst geschehen würde. So fühlte ich mich jedes Jahr mit meinen Brüdern in der ganzen Welt verbunden, als ich diese so wichtige Feier beging.“

      Ein Platz für junge Leute

      In den Anfangsjahren waren die Publikationen und die Zusammenkünfte der Bibelforscher nicht gerade auf junge Leute zugeschnitten. Sie durften die Zusammenkünfte besuchen, und einige taten das auch und hörten interessiert zu. Aber man bemühte sich nicht sonderlich darum, sie in das Versammlungsgeschehen einzubeziehen. Warum nicht?

      Damals dachten die Brüder, daß nur noch eine sehr kurze Zeit verbliebe, bis alle Glieder der Braut Christi mit Jesus in himmlischer Herrlichkeit vereint sein würden. Im Wacht-Turm von 1883 (engl.) wurde erklärt: „Wir, die wir für die himmlische Berufung geschult werden, können dem besonderen Werk dieser Zeitepoche nicht aus dem Weg gehen — dem Werk der Vorbereitung ‚der Braut, des Weibes des Lammes‘. Die Braut muß sich bereit machen; und gerade zum gegenwärtigen Zeitpunkt, wo die letzten Vorbereitungen dafür getroffen werden, die Braut für die Hochzeit zu schmücken, bedarf es des Dienstes jedes einzelnen in diesem so bedeutenden gegenwärtigen Werk.“

      Eltern wurde eingeschärft, ihrer von Gott gegebenen Verantwortung nachzukommen, für die geistige Belehrung ihrer Kinder zu sorgen. Sonntagsschulen für Jugendliche wurden nicht begrüßt. Es hatte sich gezeigt, daß die Christenheit mit ihren Sonntagsschulen viel Schaden angerichtet hatte. Eltern, die ihre Kinder in solche Schulen schickten, meinten nicht selten, dadurch von der Verantwortung, ihre Kinder religiös zu unterweisen, enthoben zu sein. Außerdem wurden die Kinder dabei nicht motiviert, ihre Eltern zu ehren und ihnen den gebührenden Gehorsam zu erweisen, da die Eltern für sie nicht die wichtigsten Bezugspersonen waren, was die Belehrung über Gott anging.

      Zwischen 1892 und 1927 räumte man im Wacht-Turm allerdings Platz für Kommentare zu Texten der „Internationalen Sonntagsschullektionen“ ein, die sich damals in vielen protestantischen Kirchen großer Beliebtheit erfreuten. Diese Texte wurden viele Jahre lang von einem kongregationalistischen Geistlichen, F. N. Peloubet, und seinen Gehilfen ausgesucht. Sie wurden im Wacht-Turm unter dem Gesichtspunkt der fortgeschrittenen biblischen Erkenntnis der Bibelforscher beleuchtet — frei von den Glaubenssätzen der Christenheit. Man hoffte so, mit dem Wacht-Turm Eingang in einige Kirchen zu finden und die Wahrheit verbreiten zu können, so daß manche Anhänger der Kirche sie annehmen würden. Natürlich war die unterschiedliche Erklärung augenfällig, und das ärgerte die protestantischen Geistlichen.

      Das Jahr 1918 brach an, und der Überrest oder die Übriggebliebenen der Gesalbten waren noch immer auf der Erde. Die Zahl der Kinder bei den Zusammenkünften war stark angestiegen. Meistens erlaubten die Eltern den Kindern zu spielen, während sie studierten. Aber auch junge Menschen mußten lernen, ‘Gerechtigkeit und Demut zu suchen’, wenn sie ‘am Tage des Zorns des Herrn verborgen werden’ sollten (Zeph. 2:3, Lu). Deshalb ermunterte die Gesellschaft die Versammlungen 1918 dazu, für Kinder im Alter von 8 bis 15 Jahren Jugendgruppen einzurichten. Manchenorts gab es sogar Gruppen für Kinder, die für die Jugendgruppen zu jung waren. Gleichzeitig wurde den Eltern erneut die Verantwortung, die sie gegenüber ihren Kindern haben, vor Augen geführt.

      Das führte zu weiteren Entwicklungen. 1920 gab es im Goldenen Zeitalter (engl.) eine Sparte „Jugendbibelstudium“ mit Fragen und dazugehörigen Bibeltexten, in denen die Antwort gefunden werden konnte. Im selben Jahr wurde die bebilderte Broschüre The Golden Age ABC (Das ABC des Goldenen Zeitalters) herausgegeben, die die Eltern dazu verwendeten, ihren Kindern grundlegende Wahrheiten der Bibel zu vermitteln und ihnen zu helfen, christliche Eigenschaften zu entwickeln. 1924 folgte das Buch Der Weg zum Paradiese, geschrieben von W. E. Van Amburgh. Es war „der Jugend zum Forschen in der Heiligen Schrift gewidmet“. Eine Zeitlang gebrauchte man es für die Zusammenkünfte mit den Jüngeren. Zudem hatten die „Juniorzeugen“ in Amerika ihre eigenen Predigtdienstvorkehrungen. In der Schweiz gründete eine Jugendgruppe die Vereinigung „Jehovas Jugend“, und zwar für 13 bis 25jährige. Sie hatten in Bern ein eigenes Sekretariat, und auf den Druckpressen der Gesellschaft wurde eine besondere Zeitschrift mit dem Titel Jehovas Jugend hergestellt. Die Jugendlichen hatten ihre eigenen Zusammenkünfte und führten sogar biblische Dramen auf, wie beispielsweise im Zürcher Volkshaus vor 1 500 Zuschauern.

      Jedoch entwickelte sich auf diese Weise eine Organisation innerhalb der Organisation der Diener Jehovas. Das diente nicht der Einheit und wurde deshalb 1936 abgeschafft. Im April 1938 stellte J. F. Rutherford, der Präsident der Gesellschaft, während seines Besuchs in Australien fest, daß neben dem Kongreß für die Erwachsenen auch eine Veranstaltung für die Kinder stattfand. Sofort sorgte er zum großen Nutzen der Kinder dafür, daß sie alle zu dem Hauptkongreß gebracht wurden.

      Im selben Jahr behandelte Der Wachtturm die Angelegenheit der gesonderten Jugendgruppen in der Versammlung. Erneut wurde betont, daß Eltern für die Belehrung ihrer Kinder verantwortlich sind (Eph. 6:4; vergleiche 5. Mose 4:9, 10; Jeremia 35:6-10). Außerdem wurde erklärt, daß es für das Absondern der Kinder in Juniorengruppen keinerlei Vorbild in der Bibel gibt. Statt dessen sollten die Kinder mit ihren Eltern gemeinsam das Wort Gottes hören (5. Mo. 31:12, 13; Jos. 8:34, 35). Falls weitere Erklärungen zu dem Studienmaterial erforderlich waren, konnten die Eltern sie zu Hause geben. Des weiteren hieß es in diesen Artikeln, daß die Einrichtungen von gesonderten Gruppen eigentlich vom Predigen der guten Botschaft von Haus zu Haus ablenken. Inwiefern? Die Lehrer gingen nicht in den Predigtdienst, weil sie den Unterricht vorbereiten und durchführen mußten. Daher wurden alle gesonderten Zusammenkünfte für Jugendliche abgeschafft.

      Bis heute ist es bei Jehovas Zeugen üblich, die Versammlungszusammenkünfte gemeinsam als Familie zu besuchen. Die Eltern helfen den Kindern bei der Vorbereitung, damit sie sich angemessen an den Zusammenkünften beteiligen können. Zudem stehen den Eltern vorzügliche Publikationen zur Verfügung, mit deren Hilfe sie ihre Kinder zu Hause belehren können. Dazu gehören die Bücher Kinder (1941); Auf den Großen Lehrer hören (1971); Mache deine Jugend zu einem Erfolg (1976); Mein Buch mit biblischen Geschichten (1978) und Fragen junger Leute — Praktische Antworten (1989).

      Alle ausrüsten, Evangeliumsverkündiger zu sein

      Seit der Veröffentlichung der ersten Ausgaben des Wacht-Turms sind dessen Leser regelmäßig an das Vorrecht und die Verantwortung aller wahren Christen erinnert worden, die gute Botschaft über den Vorsatz Gottes zu verkündigen. Durch die Versammlungszusammenkünfte wuchs ihre Liebe zu Jehova und ihre Erkenntnis über seinen Vorsatz, und so wurde ihr Herz und ihr Sinn auf diese Tätigkeit vorbereitet. Doch besonders nach dem Kongreß in Cedar Point (Ohio) 1922 wurde viel stärker hervorgehoben, was durch den Predigtdienst erreicht wurde und wie man ihn wirkungsvoll durchführen konnte.

      Das Bulletinf — ein Faltblatt mit Anregungen für den Predigtdienst — enthielt ein kurzes Zeugnis (damals die sogenannte Werbeaktion), das auswendig gelernt werden sollte, um anderen Menschen Zeugnis zu geben. Zum Ansporn für vereinte Bemühungen, das Königreich zu verkünden, widmete man 1923 nahezu an jedem ersten Mittwochabend des Monats die halbe Gebets-, Lobpreisungs- und Zeugnisversammlung den Predigtdiensterfahrungen.

      Spätestens 1926 nannte man die monatliche Zusammenkunft, bei der sich alles um den Predigtdienst drehte, Erntearbeiterversammlung. Diese Zusammenkunft wurde gewöhnlich von all denen besucht, die auch wirklich am Predigtdienst teilnahmen. Man besprach verschiedene Methoden, Zeugnis zu geben, und plante die künftige Tätigkeit. 1928 rief die Gesellschaft alle Versammlungen dazu auf, diese Zusammenkunft jede Woche abzuhalten. Vier Jahre später wurde die Zeugnisversammlung (oder Erfahrungsstunde) allmählich durch die sogenannte Dienstversammlung ersetzt, und die Gesellschaft ermunterte alle, sie zu besuchen. Seit über 60 Jahren wird diese wöchentliche Zusammenkunft in den Versammlungen abgehalten. Durch Ansprachen, Besprechungen mit Beteiligung der Zuhörerschaft, Demonstrationen und Interviews wird für jeden Aspekt des christlichen Dienstes Hilfe geboten.

      Diese Art Zusammenkunft war ganz sicher keine Erfindung des 20. Jahrhunderts. Jesus selbst gab seinen Jüngern ausführliche Anweisungen, bevor er sie zum Predigen aussandte (Mat. 10:5 bis 11:1; Luk. 10:1-16). Danach ermunterten sie sich gegenseitig, indem sie sich versammelten und Predigtdiensterfahrungen austauschten (Apg. 4:21-31; 15:3).

      In den Anfangsjahren wurde man bei den regulären Versammlungszusammenkünften nicht für das öffentliche Reden geschult. Aber spätestens 1916 wurde empfohlen, daß sich diejenigen, die das Gefühl hatten, sich als Vortragsredner zu eignen, gesondert versammelten, wobei ein Ältester als Vorsitzender sie anhören und Verbesserungsvorschläge zum Inhalt und zur Vortragsart machen könnte. Diese Zusammenkünfte, an denen nur Brüder der Versammlung teilnahmen, wurden später Prophetenschulen genannt. Grant Suiter erzählte zurückblickend auf die damaligen Ereignisse: „Die konstruktive Kritik, die ich in der Schule erhielt, war ... nichts im Vergleich zu dem, was ich später von meinem Vater zu hören bekam, nachdem er einer dieser Zusammenkünfte beigewohnt und gehört hatte, wie ich versuchte, eine Ansprache zu halten.“ Um denen zu helfen, die Fortschritte machen wollten, entwarfen und druckten Brüder auf privater Ebene ein Lehrbuch über öffentliches Reden, das auch Redepläne für verschiedene Vorträge enthielt. Mit der Zeit wurden die Prophetenschulen jedoch abgeschafft. Um die besonderen Bedürfnisse in jener Zeit zu stillen, konzentrierte man sich völlig darauf, jeden einzelnen in der Versammlung auszurüsten, einen vollen Anteil am Predigen von Haus zu Haus zu haben.

      War es möglich, jeden einzelnen in dieser wachsenden internationalen Organisation so auszurüsten, daß er nicht nur ein kurzes Zeugnis geben und biblische Literatur zurücklassen, sondern auch wirkungsvoll reden und ein Lehrer des Wortes Gottes sein konnte? Das war das Ziel einer besonderen Schule, die 1943 in jeder Versammlung der Zeugen Jehovas eingeführt wurde. Diese Schule gab es in der Weltzentrale der Zeugen Jehovas bereits seit Februar 1942. Jede Woche wurde Belehrung vermittelt, und die Studierenden hielten Ansprachen, zu denen ihnen Rat erteilt wurde. Anfangs hielten nur männliche Personen Ansprachen in der Schule, obwohl die ganze Versammlung ermuntert wurde, anwesend zu sein, die Lektionen vorzubereiten und sich an der Wiederholung zu beteiligen. 1959 durften sich auch Schwestern in die Schule eintragen lassen, so daß sie geschult wurden, indem sie im Zwiegespräch biblische Themen erörterten.

      Über den Erfolg dieser Schule berichtete der südafrikanische Zweig der Watch Tower Society: „Durch diese hervorragende Einrichtung war es möglich, in kurzer Zeit aus vielen Brüdern, die nie gedacht hätten, daß sie je öffentlich sprechen könnten, gute Redner zu machen, die auch wirkungsvolleren Predigtdienst durchführten. In ganz Südafrika hießen die Brüder diese neue Vorkehrung Jehovas willkommen und setzten sie begeistert in die Tat um, und das, obwohl einige wegen der Sprache und der mangelnden Bildung große Schwierigkeiten hatten.“

      Die Theokratische Predigtdienstschule ist bis heute eine wichtige Versammlungszusammenkunft der Zeugen Jehovas. Fast alle, die dazu in der Lage sind, haben sich in diese Schule eintragen lassen. Junge und alte, neue und erfahrene Zeugen nehmen daran teil. Es ist ein fortlaufendes Bildungsprogramm.

      Die Öffentlichkeit eingeladen, zu sehen und zu hören

      Jehovas Zeugen sind keineswegs ein Geheimbund. Ihre biblisch begründeten Glaubensansichten werden in ihren Publikationen, die jedem zugänglich sind, ausführlich erklärt. Außerdem bemühen sie sich besonders darum, Außenstehende zu ihren Zusammenkünften einzuladen, damit sie selbst hören und sehen, was dort vor sich geht.

      Jesus Christus unterwies seine Jünger privat, aber er sprach auch öffentlich — an Stränden, an Berghängen, in Synagogen, in der Tempelgegend in Jerusalem —, wo die Volksmengen ihn hören konnten (Mat. 5:1, 2; 13:1-9; Joh. 18:20). In Anlehnung daran begannen die Bibelforscher schon in den 1870er Jahren, Zusammenkünfte zu organisieren, bei denen Freunde, Nachbarn und andere, die daran interessiert waren, einen Vortrag über Gottes Vorsatz in Verbindung mit der Menschheit hören konnten.

      Man war besonders darum bemüht, die Vorträge an Orten zu halten, die für die Öffentlichkeit leicht erreichbar waren. Das nannte man das Klassen-Ausdehnungswerk. 1911 wurden die Versammlungen, die genügend talentierte Redner hatten, ermuntert, einige von ihnen in die umliegenden Städte und Dörfer zu senden, um dort in öffentlichen Sälen Zusammenkünfte zu organisieren. Wo es möglich war, begann man mit einer sechsteiligen Vortragsserie. Beim letzten dieser Vorträge erkundigte sich der Redner danach, wie viele der Anwesenden meinten, sich so sehr für ein Bibelstudium zu interessieren, daß sie sich regelmäßig versammeln würden. Über 3 000 solcher Vorträge wurden im ersten Jahr gehalten.

      Von 1914 an wurde auch das „Photo-Drama der Schöpfung“ öffentlich vorgeführt. Die Brüder verlangten keinen Eintritt. Seitdem hat es weitere Film- und Diavorführungen gegeben. In den 20er Jahren und danach konnte man sich außerdem zu Hause biblische Vorträge anhören, da die Watch Tower Society ausgiebigen Gebrauch vom Rundfunk machte. In den 30er Jahren wurden Aufnahmen von J. F. Rutherfords Vorträgen Tausende von Malen öffentlich abgespielt.

      Bis 1945 war eine große Anzahl Vortragsredner durch die Theokratische Predigtdienstschule ausgebildet worden. Im Januar jenes Jahres wurde ein gut organisierter Feldzug für öffentliche Zusammenkünfte in Gang gesetzt. Die Gesellschaft hatte Redepläne für eine zeitgemäße achtteilige Vortragsserie bereitgestellt. Die Vorträge wurden mit Handzetteln und manchmal auf Plakaten angekündigt. Die Brüder bemühten sich besonders darum, solche Zusammenkünfte für die Öffentlichkeit außer in den regulären Räumlichkeiten der Versammlung auch in Gebieten durchzuführen, wo es keine Versammlung gab. Jeder in der Versammlung konnte seinen Teil tun — indem er die Zusammenkünfte ankündigte, sie selbst unterstützte, Neue willkommen hieß und deren Fragen beantwortete. Während des ersten Jahres dieser besonderen Tätigkeit wurden in den Vereinigten Staaten 18 646 Zusammenkünfte für die Öffentlichkeit organisiert mit insgesamt 917 352 Anwesenden. Im folgenden Jahr stieg die Zahl der Zusammenkünfte für die Öffentlichkeit in Amerika auf 28 703 an. 1945 fanden in Kanada 2 552 solcher Zusammenkünfte statt, wohingegen es im Jahr darauf 4 645 waren.

      Für die meisten Versammlungen der Zeugen Jehovas ist die Zusammenkunft für die Öffentlichkeit heute ein fester Bestandteil der wöchentlichen Zusammenkünfte. Dabei handelt es sich um einen Vortrag, bei dem jeder angeregt wird, die gelesenen und besprochenen Schlüsseltexte in der Bibel mitzuverfolgen. Diese Zusammenkunft ist eine reiche Quelle geistiger Belehrung sowohl für die Versammlung als auch für Neuinteressierte.

      Wer die Zusammenkünfte der Zeugen Jehovas das erste Mal besucht, ist oft angenehm überrascht. Ein prominenter Politiker in Simbabwe ging zu einem Königreichssaal, um herauszufinden, was dort vor sich ging. Er neigte etwas zur Gewalttätigkeit und ging absichtlich unrasiert und ungekämmt dorthin. Er erwartete, daß die Zeugen ihn davonjagen würden. Statt dessen zeigten sie, daß sie ehrlich an ihm interessiert waren, und ermunterten ihn zu einem Heimbibelstudium. Heute ist er ein demütiger, friedfertiger christlicher Zeuge.

      Millionen von Menschen fühlten sich, nachdem sie die Zusammenkünfte der Zeugen Jehovas besucht hatten, bewogen zu sagen: „Gott ist wirklich unter euch“ (1. Kor. 14:25).

      Geeignete Zusammenkunftsstätten

      In den Tagen der Apostel Jesu Christi hielten die Christen ihre Zusammenkünfte oft in Privathäusern ab. An manchen Orten konnten sie in jüdischen Synagogen sprechen. In Ephesus hielt der Apostel Paulus zwei Jahre lang Vorträge im Hörsaal einer Schule (Apg. 19:8-10; 1. Kor. 16:19; Philem. 1, 2). Ebenso versammelten sich die Bibelforscher gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Privatwohnungen und hielten manchmal in kirchlichen Gebäuden oder gemieteten Sälen Ansprachen. In einigen Fällen erwarb man später Gebäude, die früher von anderen religiösen Gruppen benutzt worden waren, und versammelte sich regelmäßig dort. Beispiele hierfür sind das „Brooklyn Tabernacle“ und das „London Tabernacle“.

      Doch man brauchte und wollte keine prunkvollen Gebäude für die Zusammenkünfte. Ein paar Versammlungen kauften und renovierten geeignete Gebäude; andere bauten neue Säle. Nach 1935 setzte sich allmählich die Bezeichnung „Königreichssaal“ für die Zusammenkunftsstätten der Versammlungen durch. Diese Säle sehen im allgemeinen ansprechend aus, sind aber nicht pompös. Die Architektur ist vielleicht von Ort zu Ort verschieden, aber das Gebäude ist zweckmäßig.

      Ein und dasselbe Lehrprogramm

      Gegen Ende des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in bezug auf das geistige Wachstum und die Tätigkeit der einzelnen Versammlungen gewaltige Unterschiede. Sie hatten grundlegende Glaubensansichten gemeinsam, durch die sie sich von der Christenheit abhoben. Doch während einige Brüder die Art und Weise, wie Jehova sein Volk geistig versorgte, ungemein schätzten, ließen sich andere leicht von den Ansichten einzelner mitreißen, die in gewissen Angelegenheiten eine starke persönliche Meinung vertraten.

      Vor seinem Tod betete Jesus darum, daß seine Nachfolger „alle eins seien“ — in Einheit mit Gott und Christus sowie miteinander (Joh. 17:20, 21). Darunter verstand er nicht Gleichschaltung. Vielmehr ist es das Ergebnis ein und desselben Bildungsprogramms, für das willige Herzen empfänglich sind. Schon vor langer Zeit wurde vorhergesagt: „Alle deine Söhne werden von Jehova Belehrte sein, und der Frieden deiner Söhne wird überströmend sein“ (Jes. 54:13). Damit sich alle dieses Friedens völlig erfreuen könnten, mußte ihnen die fortschreitende Belehrung zugute kommen, die Jehova durch seinen sichtbaren Mitteilungskanal vermittelt.

      Viele Jahre lang benutzten die Bibelforscher die einzelnen Bände der Schriftstudien und die Bibel als Grundlage für ihre Besprechungen. Sie enthielten wirklich geistige „Speise zur rechten Zeit“ (Mat. 24:45). Ein fortlaufendes Studium der Heiligen Schrift unter dem Einfluß des Geistes Gottes offenbarte allerdings, daß es noch viel zu lernen gab und daß Jehovas Diener in vielen Dingen in geistiger Hinsicht geläutert werden mußten (Mal. 3:1-3; Jes. 6:1-8). Außerdem erfüllten sich nach der Aufrichtung des Königreiches im Jahre 1914 viele Prophezeiungen Schlag auf Schlag, durch die allen wahren Christen klar wurde, daß sie ein dringendes Werk zu verrichten hatten. Dieser zeitgemäße biblische Aufschluß wurde regelmäßig durch den Wacht-Turm vermittelt.

      Einige reisende Beauftragte der Gesellschaft schlugen dem Hauptbüro vor, daß alle Versammlungen jede Woche regelmäßig den Wacht-Turm studieren sollten, da ihnen aufgefallen war, daß nicht jeder in der Versammlung aus den Artikeln Nutzen zog. Diese Empfehlung wurde an die Versammlungen weitergeleitet, und mit der Ausgabe vom August 1922 (engl.: 15. Mai 1922) erschienen für das Studium der Hauptartikel im Wacht-Turm in steter Folge die „Beröerfragen“. Die meisten Versammlungen führten dieses Studium einmal oder mehrmals in der Woche durch, nur in welchem Maße sie wirklich den Inhalt der Zeitschrift studierten, war von Versammlung zu Versammlung verschieden. In einigen Versammlungen dauerte das Studium zwei Stunden und länger, weil der Leiter viel erzählte.

      Während der 30er Jahre löste die theokratische Organisation jedoch demokratische Vorgehensweisen ab. Das beeinflußte die Einstellung zum Wachtturm-Studiumg maßgeblich. Man konzentrierte sich mehr darauf, das Studienmaterial der Gesellschaft zu verstehen. Diejenigen, die in den Zusammenkünften nur eine Gelegenheit gesehen hatten, ihre persönlichen Ansichten wiederzugeben, und ihrer Verantwortung, am Predigtdienst teilzunehmen, nicht nachkommen wollten, zogen sich allmählich zurück. Dank geduldiger Hilfe lernten die Brüder, das Studium auf eine Stunde zu beschränken. Es wurden mehr Kommentare gegeben; die Zusammenkünfte wurden lebendiger. Außerdem wurden die Versammlungen dadurch, daß sie ein und dasselbe geistige Ernährungsprogramm hatten, bei dem das Wort Gottes der Maßstab für die Wahrheit war, von einem echten Geist der Einheit durchdrungen.

      Der Wachtturm wurde 1938 in ungefähr 20 Sprachen veröffentlicht. Alle Artikel erschienen zuerst in Englisch. Wegen der Zeit, die man für das Übersetzen und das Drucken benötigte, dauerte es in der Regel Monate, mitunter sogar ein Jahr, bis sie in anderen Sprachen verfügbar waren. Dank einer veränderten Druckmethode konnte man den Wachtturm in den 80er Jahren jedoch in vielen Sprachen simultan herausbringen. Im Jahre 1992 konnten Versammlungen in 66 Sprachen zur selben Zeit denselben Stoff studieren. Auf diese Weise nehmen die meisten Zeugen Jehovas weltweit Woche für Woche dieselbe geistige Speise zu sich. In ganz Nord- und Südamerika, fast überall in Europa, in etlichen Ländern Asiens, vielen Gegenden Afrikas und auf zahlreichen Inseln dieser Erde erhält Jehovas Volk zur selben Zeit dieselbe geistige Speise. Gemeinsam werden alle „in demselben Sinn und in demselben Gedankengang fest vereint“ (1. Kor. 1:10).

      Die Zahl der Anwesenden bei den Versammlungszusammenkünften der Zeugen Jehovas beweist, daß sie ihre Zusammenkünfte ernst nehmen. 1989 waren in Italien, wo es etwa 172 000 tätige Zeugen gibt, wöchentlich durchschnittlich 220 458 Personen bei den Zusammenkünften im Königreichssaal anwesend. Im Gegensatz dazu meldete eine katholische Presseagentur, daß 80 Prozent der Italiener zwar behaupteten, katholisch zu sein, daß aber bloß etwa 30 Prozent den Gottesdienst einigermaßen regelmäßig besuchten. Im Verhältnis gesehen ist es in Brasilien nicht anders. Die Staatskirche Dänemarks behauptete, 1989 hätten ihr 89,7 Prozent der Bevölkerung angehört, doch lediglich 2 Prozent gingen einmal in der Woche zur Kirche! Zu dieser Zeit hatten Jehovas Zeugen in Dänemark bei ihren wöchentlichen Zusammenkünften eine Besucherquote von 94,7 Prozent. In der Bundesrepublik Deutschland ergab 1989 eine Umfrage des Allensbacher Instituts für Demoskopie, daß 5 Prozent der Protestanten und 25 Prozent der Katholiken regelmäßig zum Gottesdienst gingen. In den Königreichssälen der Zeugen Jehovas überstieg die wöchentliche Zahl der Anwesenden jedoch die Zahl der Zeugen.

      Oftmals unternahmen die Besucher große Anstrengungen, um bei den Zusammenkünften zugegen zu sein. In den 80er Jahren mußte eine 70jährige Frau in Kenia jede Woche 10 Kilometer zu Fuß gehen und durch einen Fluß waten, um in die Zusammenkünfte zu kommen. Eine koreanische Zeugin in den Vereinigten Staaten brauchte für die Hin- beziehungsweise Rückfahrt zu den Zusammenkünften in ihrer Sprache jeweils drei Stunden, in denen sie mit dem Bus, dem Zug, einem Boot und zu Fuß unterwegs war. In Suriname wandte eine Familie mit geringem Einkommen jede Woche einen ganzen Tagesverdienst für die Buskosten auf, um die Zusammenkünfte zu besuchen. Eine Familie in Argentinien mußte regelmäßig 50 Kilometer zurücklegen und ein Viertel ihres Einkommens ausgeben, um den Zusammenkünften, in denen die Bibel studiert wird, beiwohnen zu können. Wenn jemand aufgrund seiner Krankheit die Versammlungszusammenkünfte überhaupt nicht besuchen kann, wird oft dafür gesorgt, daß er das Programm über Telefon mitverfolgen kann oder Kassettenaufnahmen davon erhält.

      Jehovas Zeugen nehmen den biblischen Rat ernst, ihr Zusammenkommen zur geistigen Erbauung nicht aufzugeben (Heb. 10:24, 25). Doch sie besuchen nicht nur die örtlichen Zusammenkünfte. Auch der Besuch von Kongressen gehört zu den Höhepunkten ihres jährlichen Programms.

      [Fußnoten]

      a In Anlehnung an den Bericht über die Beröer des ersten Jahrhunderts, die dafür gelobt wurden, daß sie „in den Schriften sorgfältig forschten“ (Apg. 17:11), nannte man diese Zusammenkünfte später Beröer-Bibelstudien.

      b Diese Zusammenkünfte nannte man wegen ihres Aufbaus auch Gebets-, Lobpreisungs- und Zeugnisversammlungen. Im Hinblick auf die Wichtigkeit des Gebets wurde im Laufe der Zeit vorgeschlagen, alle drei Monate eine Zusammenkunft ausschließlich dem Gebet zu widmen, bei der dann zwar Hymnen gesungen, aber keine Erfahrungen erzählt wurden.

      c Die Beröer-Studienhilfen wurden 1907 überarbeitet, umfangreich erweitert und auf den neuesten Stand gebracht. Die Ausgabe von 1908 (engl.) enthielt ungefähr 300 zusätzliche Seiten dieses hilfreichen Materials.

      d Zuweilen bezeichnete man sie als das gegenbildliche Passahfest, das heißt die Feier zum Gedenken an den Tod Jesu Christi, der durch das Passahlamm vorgeschattet und deshalb in 1. Korinther 5:7 „Christus, unser Passah“ genannt wurde. In Übereinstimmung mit 1. Korinther 11:20 (Lu) hieß es auch „des Herrn Abendmahl“. Manchmal nannte man es „jährliches Abendmahl“ und gab damit zu verstehen, daß es sich um eine alljährliche Gedenkfeier handelte.

      e Vergleiche folgende Wachtturm-Ausgaben: März 1891 (engl.), Seite 33, 34; 15. März 1907 (engl.), Seite 88; 15. Februar 1935, Seite 62, 63; 15. Februar 1948, Seite 57, 58.

      f Bereits vor 1900 wurde allen, die sich für den Kolporteurdienst meldeten, ein Traktat mit dem Titel Suggestive Hints to Colporteurs (Praktische Anregungen für Kolporteure) gesandt. 1919 wurde zunächst in Englisch das Bulletin veröffentlicht, um dem Predigtdienst Aufschwung zu geben; anfangs spornte es zur Verbreitung des Goldenen Zeitalters an, später zu all den verschiedenen Formen der Evangelisierungstätigkeit.

      g Der Name Zions Wacht-Turm und Verkünder der Gegenwart Christi wurde in der Ausgabe vom April 1909 (engl.: 1. Januar 1909) auf Der Wacht-Turm und Verkünder der Gegenwart Christi geändert. Ab der Ausgabe vom 1. November 1931 (engl.: 15. Oktober 1931) wurde der Name Der Wachtturm und Verkünder der Gegenwart Christi geschrieben.

      [Herausgestellter Text auf Seite 237]

      Zusammenkünfte, an denen sich jeder persönlich beteiligen konnte

      [Herausgestellter Text auf Seite 238]

      Nicht nur eine Sache des Verstandes — auch Äußerungen, die das Herz antreiben

      [Herausgestellter Text auf Seite 246]

      Die ganze Familie wird ermuntert, die Zusammenkünfte gemeinsam zu besuchen

      [Herausgestellter Text auf Seite 252]

      Ein und dasselbe geistige Ernährungsprogramm

      [Herausgestellter Text auf Seite 253]

      Die Zeugen nehmen ihre Zusammenkünfte ernst

      [Kasten/Bilder auf Seite 239]

      Versammlungen in der Anfangszeit

      1916 gab es weltweit etwa 1 200 Bibelforschergruppen

      Durban (Südafrika), 1915 (oben rechts); Britisch-Guayana (heute Guyana), 1915 (Mitte rechts); Drontheim (Norwegen), 1915 (unten rechts); Hamilton (Ontario, Kanada), 1912 (ganz unten); Ceylon (heute Sri Lanka), 1915 (unten links); Indien, 1915 (oben links)

      [Kasten/Bilder auf Seite 240, 241]

      Jehova mit Liedern preisen

      Wie die Israeliten in alter Zeit und wie Jesus selbst verwenden Jehovas Zeugen auch heute Lieder bei ihrer Anbetung (Neh. 12:46; Mar. 14:26). Durch den Gesang, mit dem Jehova gepriesen und Wertschätzung für seine Werke ausgedrückt wird, werden biblische Wahrheiten tief in Herz und Sinn verankert.

      Jehovas Zeugen haben im Laufe der Jahre viele Liedersammlungen verwendet. Der Text wurde jeweils in Übereinstimmung mit dem fortschreitenden Verständnis des Wortes Gottes auf den neusten Stand gebracht.

      1879: „Songs of the Bride“ (Brautgesänge)

      (144 Hymnen, in denen die Wünsche und Erwartungen der Braut Christi zum Ausdruck kamen)

      1890: „Poems and Hymns of Millennial Dawn“ (Gedichte und Millennium-Tagesanbruchshymnen)

      (151 Gedichte und 333 Hymnen, die ohne Noten veröffentlicht wurden. Die meisten stammten von berühmten Schriftstellern.)

      1896: Der „Wacht-Turm“ vom 1. Februar (engl.) war „Zion’s Glad Songs of the Morning“ (Zions frohen Morgenliedern) gewidmet

      (11 Liedertexte mit Noten; die Texte wurden von Bibelforschern verfaßt)

      1900: „Zionslieder“

      (82 Lieder, von denen etliche von einem Bibelforscher geschrieben wurden; sie ergänzten die vorherige Sammlung)

      1905: „Hymns of the Millennial Dawn“ (Millennium-Tagesanbruchshymnen)

      (Die 333 Lieder, die 1890 veröffentlicht wurden, diesmal mit Noten)

      1925: „Kingdom Hymns“ (Königreichshymnen)

      (80 Lieder mit Noten, besonders für Kinder)

      1928: „Gesänge zum Preise Jehovas“

      (337 Lieder; eine Mischung aus neuen Liedern, die von Bibelforschern geschrieben wurden, und älteren Hymnen. Bei den Texten hatte man sich besonders darum bemüht, sich von falschen religiösen Empfindungen und von der Verehrung von Geschöpfen zu lösen.)

      1944: „Königreichsdienst-Liederbuch“

      (62 Lieder. Den damaligen Bedürfnissen im Königreichsdienst angepaßt. Weder Textdichtern noch Komponisten wurde die Ehre gegeben.)

      1950: „Lieder zum Preise Jehovas“

      (91 Lieder. In diesem Liederbuch fanden sich mehr zeitgemäße Themen, und man verzichtete auf die altertümliche Sprache. Es wurde in 18 Sprachen übersetzt.)

      1966: „ ‚Singt und spielt dabei Jehova in euren Herzen‘ “

      (119 Lieder, die alle Bereiche der christlichen Lebensweise und Anbetung umfaßten. Musik, die bekanntermaßen ihren Ursprung in der falschen Religion hatte oder aus weltlichen Quellen stammte, wurde nicht übernommen. Von den Orchesteraufnahmen des gesamten Liederbuchs wurde in den Versammlungszusammenkünften als Musikbegleitung guter Gebrauch gemacht. Auch einige Gesangsaufnahmen wurden vorbereitet. Ab 1980 wurden konzertante Bearbeitungen der „Königreichsmelodien“ aufgenommen, so daß jeder zu Hause in den Genuß erbauender Musik kommen konnte.)

      1984: „Singt Jehova Loblieder“

      (225 Königreichslieder, deren Texte und Melodien einzig und allein von Jehova hingegebenen Dienern aus aller Welt verfaßt beziehungsweise komponiert wurden. Zur Gesangbegleitung wurden Schallplatten- und Kassettenaufnahmen hergestellt.)

      Lobgesänge gehörten schon zu den ersten Heimversammlungen der Bibelforscher. Bald sang man auch auf Kongressen. Manche sangen vor dem Frühstück in Verbindung mit ihrer morgendlichen Anbetung ein Lied, wie man es zum Beispiel viele Jahre lang im Bibelhaus tat. Zwar hatte man den Gesang in den einzelnen Versammlungen um das Jahr 1938 zum größten Teil abgeschafft, doch wurde er 1944 wiederbelebt und ist auch heute weiterhin ein wichtiger Bestandteil der Versammlungszusammenkünfte und der Kongresse der Zeugen Jehovas.

      [Bild]

      Karl Klein dirigiert 1947 ein Orchester auf einem Kongreß

      [Übersicht auf Seite 242]

      (Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

      Gedächtnismahlfeier

      Tätige Zeugen

      Zahl der Anwesenden

      11 000 000

      10 000 000

      9 000 000

      8 000 000

      7 000 000

      6 000 000

      5 000 000

      4 000 000

      3 000 000

      2 000 000

      1 000 000

      1935 1945 1955 1965 1975 1985 1992

      [Bild auf Seite 243]

      Obwohl Harold King in einem Gefängnis in China von der Außenwelt abgeschnitten war, feierte er regelmäßig das Gedächtnismahl

      [Bild auf Seite 244]

      Bibelunterricht für Jugendliche in Deutschland Anfang der 30er Jahre

      [Bilder auf Seite 244]

      In der Schweiz gaben jugendliche Zeugen Mitte der 30er Jahre diese Zeitschrift (unten) heraus und führten vor großem Publikum biblische Dramen auf (wie auf dem mittleren Bild unten zu sehen ist)

      [Bilder auf Seite 247]

      Das „Bulletin“ (1919—1935), der „Instruktor“ (1935/36), der „Informator“ (1936—1956) und „Unser Königreichsdienst“, der heute in 100 Sprachen erscheint: alle haben regelmäßig Anweisungen für den vereinten Predigtdienst der Zeugen Jehovas gegeben

      [Bild auf Seite 248]

      Demonstrationen in den Dienstzusammenkünften helfen den Zeugen, ihren persönlichen Predigtdienst zu verbessern (Schweden)

      [Bild auf Seite 249]

      Ein junger Zeuge aus Kenia übt sich, indem er seinem Vater in der Theokratischen Predigtdienstschule eine Ansprache hält

      [Bild auf Seite 250]

      1992 wurden für die Versammlungen der Zeugen Jehovas Bibelstudienhilfsmittel simultan in 66 Sprachen veröffentlicht, und weitere Sprachen kommen hinzu

  • Kongresse — ein Beweis, daß wir Brüder sind
    Jehovas Zeugen — Verkündiger des Königreiches Gottes
    • Kapitel 17

      Kongresse — ein Beweis, daß wir Brüder sind

      DIE neuzeitliche Organisation der Zeugen Jehovas veranstaltet regelmäßig Kongresse. Doch schon lange vor dem 20. Jahrhundert hatten Anbeter Jehovas nationale und internationale Zusammenkünfte.

      Jehova verlangte von allen Männern im alten Israel, sich jedes Jahr zu drei Festzeiten in Jerusalem einzufinden. Einige Männer brachten ihre ganze Familie mit. Tatsächlich forderte das mosaische Gesetz, daß bei bestimmten Anlässen alle Familienmitglieder anwesend waren — Männer, Frauen und Kinder (2. Mo. 23:14-17; 5. Mo. 31:10-13; Luk. 2:41-43). Anfangs stammten die Besucher aus dem Gebiet innerhalb der Grenzen Israels. Später dagegen, als die Juden weit verstreut lebten, kamen sie aus vielen Ländern (Apg. 2:1, 5-11). Sie fühlten sich nicht nur deswegen bewogen zusammenzukommen, weil Israel und Abraham ihre Vorväter waren, sondern auch, weil sie Jehova als ihren großen himmlischen Vater anerkannten (Jes. 63:16). Diese Feste waren freudige Anlässe. Auch halfen sie allen Anwesenden, Gottes Wort im Sinn zu behalten und sich nicht so sehr Alltagsdingen zu widmen, daß sie die wichtigeren geistigen Belange vergaßen.

      Die Kongresse der Zeugen Jehovas in der heutigen Zeit haben ebenfalls geistige Interessen zum Mittelpunkt. Aufrichtige Beobachter erhalten durch diese Kongresse den unleugbaren Beweis, daß Jehovas Zeugen in einer christlichen Bruderschaft fest zusammengeschweißt sind.

      Erste Kongresse der Bibelforscher

      Es kam ganz allmählich dazu, daß sich Bibelforscher aus verschiedenen Städten und Ländern versammelten. Durch ihre Kongresse oder Hauptversammlungen lernten sie im Gegensatz zu Gruppen der traditionellen Kirchen rasch Mitgläubige aus anderen Orten kennen. Zunächst wurden diese Kongresse in Verbindung mit der jährlichen Feier zum Gedenken an den Tod des Herrn in Allegheny (Pennsylvanien) abgehalten. 1891 wurde speziell eine „Hauptversammlung für das Bibelstudium und die Feier des Abendmahls des Herrn“ angekündigt. Im darauffolgenden Jahr stand im Wacht-Turm als auffällige Überschrift die Ankündigung: „HAUPTVERSAMMLUNG DER GLÄUBIGEN IN ALLEGHENY (PA.) ... 7. BIS EINSCHLIESSLICH 14. APRIL 1892“.

      Die Öffentlichkeit war zu diesen ersten Kongressen nicht eingeladen. Dennoch waren 1892 ungefähr 400 Personen anwesend, die Glauben an das Lösegeld und echtes Interesse am Werk des Herrn erkennen ließen. Zum Programm gehörte ein fünftägiges intensives Bibelstudium, und an zwei weiteren Tagen erhielten die Kolporteure hilfreiche Ratschläge.

      Ein Teilnehmer, der zum erstenmal dabei war, sagte: „Ich war schon auf vielen Tagungen, aber noch nie habe ich eine solche Hauptversammlung erlebt, wo vom Aufstehen bis zum Schlafengehen der Wille und Plan Gottes das einzige Thema ist — im Haus, auf der Straße, während der Zusammenkünfte, beim Mittagessen, ja überall.“ Über den Geist, der unter den Delegierten herrschte, sagte ein Besucher aus Wisconsin (USA): „Ich war sehr beeindruckt von dem Geist der Liebe und brüderlichen Freundlichkeit, der bei jeder Gelegenheit zu beobachten war.“

      Bei der Jahreshauptversammlung von 1893 trat eine Änderung ein. Um die Ermäßigungen im Eisenbahnverkehr auszunutzen, die wegen der Kolumbus-Ausstellung in jenem Sommer gewährt wurden, versammelten sich die Bibelforscher vom 20. bis 24. August in Chicago (Illinois). Das war ihr erster Kongreß außerhalb von Pittsburgh und Umgebung. Da man aber für das Werk des Herrn den bestmöglichen Gebrauch von Zeit und Geld machen wollte, fand danach für ein paar Jahre keine weitere allgemeine Hauptversammlung statt.

      Von 1898 an ergriffen die Bibelforscher in verschiedenen Orten die Initiative und planten Kongresse, zu denen jeweils Besucher aus einer bestimmten Region eingeladen wurden. Im Jahre 1900 gab es drei von der Gesellschaft organisierte allgemeine Hauptversammlungen, aber es fanden außerdem 13 regionale Kongresse in den Vereinigten Staaten und in Kanada statt, die zumeist nur einen Tag dauerten und oft in Verbindung mit dem Besuch eines Pilgerbruders abgehalten wurden. Die Zahl stieg weiter an. 1909 gab es in Nordamerika mindestens 45 regionale Kongresse, abgesehen von den Hauptversammlungen, auf denen Bruder Russell bei seinen besonderen Reisen in verschiedene Gegenden des Kontinents Ansprachen hielt. Ein wesentlicher Teil des Programms bei diesen eintägigen Kongressen sollte speziell das Interesse der Öffentlichkeit wecken. Die Besucherzahl konnte zwischen einhundert und mehreren Tausend liegen.

      Dagegen wurde auf den vorwiegend von Bibelforschern besuchten allgemeinen Hauptversammlungen Nachdruck auf die Belehrung derer gelegt, die auf dem Weg der Wahrheit bereits ziemlich gefestigt waren. Zu diesen Hauptversammlungen kamen aus Großstädten Sonderzüge mit Delegierten. Die Zahl der Anwesenden betrug bis zu 4 000, und es waren sogar einige Delegierte aus Europa dabei. Das waren Zeiten echter geistiger Erfrischung, die unter dem Volk Jehovas zu vermehrtem Eifer und größerer Liebe führten. Ein Bruder sagte 1903 am Ende eines solchen Kongresses: „Das Gute, das ich auf dieser Hauptversammlung erhalten habe, würde ich nicht einmal gegen tausend Dollar eintauschen — obwohl ich nur ein armer Mann bin.“

      Auf den regionalen Kongressen hielten Pilgerbrüder, die gerade in der Gegend waren, Ansprachen. Und Bruder Russell bemühte sich, sowohl die regionalen Kongresse als auch die größeren Hauptversammlungen in den Vereinigten Staaten und oft auch in Kanada zu besuchen und beim Programm mitzuwirken. Dazu mußte er viel reisen. Meistens war er am Wochenende unterwegs. Doch 1909 mietete ein Bruder in Chicago mehrere Eisenbahnwaggons für Delegierte, die mit Bruder Russell auf einer Kongreßtour von einer Hauptversammlung zur anderen reisten. 1911 und 1913 stellte derselbe Bruder ganze Züge zusammen, mit denen Hunderte von Delegierten für einen Monat oder länger auf Kongreßreisen in den Westen der Vereinigten Staaten und nach Kanada gingen.

      Die Reise mit einem solchen Kongreßzug war ein unvergeßliches Erlebnis. Malinda Keefer stieg 1913 in Chicago (Illinois) zu. Jahre später erzählte sie: „Es dauerte nicht lange, und wir erkannten, daß wir eine einzige große Familie waren. ... und der Zug war einen Monat lang unser Heim.“ Wenn der Zug aus dem Bahnhof rollte, sangen die Zurückbleibenden zum Abschied: „Gott mit dir, bis wir uns wiedersehn“ und winkten mit Hüten und Taschentüchern, bis der Zug nicht mehr zu sehen war. Schwester Keefer fuhr fort: „Überall dort, wo wir die Reise unterbrachen, wurde ein Kongreß abgehalten. Die meisten dauerten drei Tage, und wir hielten uns bei jedem Kongreß einen Tag auf. Bei jedem Aufenthalt hielt Bruder Russell zwei Vorträge, einen am Nachmittag für die Brüder und einen am Abend für die Öffentlichkeit, und zwar über das Thema ‚Jenseits des Grabes‘.“

      Auch in anderen Ländern stieg die Zahl der Kongresse. Oft waren sie ziemlich klein. 1905 kamen zum ersten Kongreß in Norwegen 15 Besucher; es war eben nur ein Anfang. Als Bruder Russell sechs Jahre später nach Norwegen reiste, bemühte man sich besonders, die Öffentlichkeit einzuladen, und die Besucherzahl wurde diesmal auf 1 200 geschätzt. 1909 besuchte er Kongresse in Schottland und sprach in Glasgow zu rund 2 000 und in Edinburgh zu 2 500 Anwesenden über das fesselnde Thema „Der Dieb im Paradies, der Reiche in der Hölle und Lazarus im Schoß Abrahams“.

      Bei den ersten Kongressen wurde nach Schluß das sogenannte Liebesmahl veranstaltet, das die christliche Brüderlichkeit, die unter den Anwesenden herrschte, widerspiegelte. Was geschah bei diesem „Liebesmahl“? Es konnte zum Beispiel sein, daß sich die Redner mit Tellern voll Brotwürfeln in einer Reihe aufstellten, worauf die Anwesenden nacheinander an ihnen vorbeigingen, von dem Brot nahmen, Hände schüttelten und das Lied sangen: „Gesegnet Band, das bind’t der Christen Herz“. Beim Singen liefen ihnen oft Freudentränen übers Gesicht. Als sie im Laufe der Zeit zahlreicher wurden, hörten sie mit dem Händeschütteln und Austeilen von Brot auf, beendeten aber die Hauptversammlungen mit Lied und Gebet, und häufig brachten sie ihre Dankbarkeit durch anhaltenden Applaus zum Ausdruck.

      Die Verkündigung des Königreiches weltweit in Gang gesetzt

      Der erste große Kongreß nach dem Ersten Weltkrieg fand vom 1. bis 8. September 1919 in Cedar Point (Ohio) statt (direkt am Eriesee, 100 Kilometer westlich von Cleveland). Nach Bruder Russells Tod waren einige abtrünnig geworden, die innerhalb der Organisation in hohem Ansehen gestanden hatten. Die Brüder hatten harte Prüfungen durchgemacht. Im Frühjahr 1919 waren der Präsident der Gesellschaft und seine Gefährten aus ihrer ungerechtfertigten Haft freigekommen. Es herrschte also gespannte Erwartung. Die Besucherzahl war am ersten Tag zwar ziemlich niedrig, aber noch am selben Tag trafen Sonderzüge mit weiteren Delegierten ein. Da waren die Hotels, die sich bereit erklärt hatten, den Kongreßteilnehmern Zimmer zu vermieten, plötzlich überlastet. R. J. Martin und A. H. Macmillan boten ihre Hilfe an. (Beide gehörten zu der Gruppe, die kurze Zeit vorher aus dem Gefängnis entlassen worden war.) Sie waren bis nach Mitternacht damit beschäftigt, Zimmer zuzuweisen, während es Bruder Rutherford und vielen anderen Spaß machte, in Vertretung der Hotelpagen Gepäck zu tragen und die Brüder in ihre Zimmer zu bringen. Unter ihnen allen herrschte eine ansteckende freudige Stimmung.

      Man rechnete mit 2 500 Besuchern. Doch der Kongreß überstieg alle Erwartungen. Am zweiten Tag war der Vortragssaal bereits überfüllt, weshalb noch weitere Säle benutzt wurden. Da der Platz immer noch nicht reichte, verlegte man den Versammlungsort in ein schönes Waldstück. Es waren rund 6 000 Bibelforscher aus den Vereinigten Staaten und aus Kanada anwesend.

      Zum Hauptvortrag am Sonntag kamen zudem mindestens 1 000 Außenstehende, so daß die Zuhörerschaft auf 7 000 anwuchs. Der Redner sprach zu ihnen im Freien ohne Lautsprecheranlage. In diesem Vortrag — „Die Hoffnung für die bedrängte Menschheit“ — machte J. F. Rutherford deutlich, daß die Probleme der Menschheit durch das messianische Königreich Gottes gelöst werden, und er erklärte, daß der Völkerbund (der damals gerade ins Leben gerufen wurde und den die Geistlichkeit bereits gutgeheißen hatte) keineswegs ein politischer Ausdruck des Reiches Gottes sei. Das in Sandusky erscheinende Lokalblatt Register brachte einen ausführlichen Bericht über diesen Vortrag und einen Überblick über die Tätigkeit der Bibelforscher. Man schickte Ausgaben des Blatts an Zeitungen in den Vereinigten Staaten und in Kanada. Aber die Hauptversammlung bewirkte noch viel mehr, was das Erreichen der Öffentlichkeit betraf.

      Der eigentliche Höhepunkt der gesamten Hauptversammlung war Bruder Rutherfords „Ansprache an die Mitarbeiter“, die später unter dem Thema „Die Verkündigung des Königreiches“ veröffentlicht wurde. Sie richtete sich direkt an die Bibelforscher. Während dieses Vortrags klärte sich die Bedeutung der Buchstaben G A, die auf dem Kongreßprogramm und an verschiedenen Stellen auf dem Gelände geschrieben standen. Es wurde eine neue Zeitschrift angekündigt — Das Goldene Zeitalter (engl.: The Golden Age, abgekürzt G A) —, durch die auf das messianische Königreich aufmerksam gemacht werden sollte. Nachdem Bruder Rutherford das zu verrichtende Werk umrissen hatte, sagte er zu den Anwesenden: „Die Tür der Gelegenheit öffnet sich vor dir, tritt schnell ein. Bedenke, wenn du in dieses Werk eintrittst, daß du nicht als ein Agent für eine Zeitschrift tätig bist, sondern daß du als ein Gesandter des Königs der Könige und Herrn der Herren dem Volke in dieser vornehmen Weise das Herannahen des Goldenen Zeitalters, des herrlichen Königreiches unseres Herrn und Meisters, verkündigst, für welches wahre Christen die vielen Jahrhunderte hindurch gebetet und auf das sie gehofft haben.“ (Siehe Offenbarung 3:8.) Als der Redner fragte, wie viele sich an diesem Werk beteiligen wollten, war eine enthusiastische Reaktion zu beobachten. Die 6 000 Anwesenden standen auf wie e i n Mann. Im Jahr darauf waren über 10 000 im Predigtdienst tätig. Die Hauptversammlung wirkte sich insgesamt einigend und stärkend auf die Besucher aus.

      Drei Jahre später, 1922, fand in Cedar Point ein weiterer unvergeßlicher Kongreß statt. Er dauerte neun Tage — vom 5. bis 13. September. Außer den Delegierten aus den Vereinigten Staaten und aus Kanada kam noch eine Anzahl aus Europa. Man hielt in zehn Sprachen Zusammenkünfte ab. Jeden Tag waren durchschnittlich 10 000 Personen zugegen, und bei der Ansprache „Millionen jetzt Lebender werden nie sterben“ waren so viele Außenstehende anwesend, daß sich die Besucherzahl fast verdoppelte.

      Die Bibelforscher versammelten sich auf diesem Kongreß nicht in der Absicht, auf der Erde ein Werk zu planen, das sich über Jahrzehnte erstrecken würde. Sie sagten, es könne durchaus sein, daß dies ihre letzte allgemeine Hauptversammlung sei vor der „Erlösung der Kirche ... hin zum himmlischen Stadium des Königreiches Gottes und zur eigentlichen Gegenwart unseres Herrn und unseres Gottes“. Aber sollte die Zeit auch noch so kurz sein, es war für sie doch von höchster Wichtigkeit, den Willen Gottes zu tun. Dies im Sinn, hielt Bruder Rutherford am Freitag, den 8. September den denkwürdigen Vortrag „Das Königreich“.

      Zuvor hatte man an verschiedenen Stellen auf dem Gelände große Transparente mit den Buchstaben A D V aufgehängt. Die Bedeutung dieser Buchstaben stellte sich im Verlauf der Ansprache heraus, als der Redner eindringlich sagte: „Seid treue und glaubensstarke Zeugen für den Herrn! Geht vorwärts in dem Kampfe, bis jede Spur Babylons wüst und öde gemacht ist! Verkündet die Botschaft weit und breit! Die Welt muß wissen, daß Jehova Gott ist und daß Jesus Christus König der Könige und Herr der Herren ist! Dies ist der Tag aller Tage. Seht, der König regiert! Ihr seid seine öffentlichen Verkündiger. Deshalb verkündet, verkündet, verkündet den König und sein Königreich.“ In diesem Moment wurde vor den Anwesenden ein großes Transparent von 11 Meter Länge entrollt. Darauf standen die anspornenden Worte: „Verkündet [engl.: „Advertise“, abgekürzt ADV] den König und das Königreich.“ Das war ein dramatischer Augenblick. Die Zuschauer klatschten stürmisch. Der alte Bruder Pfannebecker im Kongreßorchester schwenkte seine Geige über dem Kopf hin und her und rief mit seinem starken deutschen Akzent: „Ach ja! Und nau wi du it, no?“ Und sie taten es.

      Vier Tage später, während die Hauptversammlung noch im Gange war, schloß sich Bruder Rutherford persönlich den Kongreßbesuchern an, die das Königreich im Umkreis von 70 Kilometern vom Kongreßgelände von Haus zu Haus verkündigten. Damit war es aber nicht getan. Das Werk der Verkündigung des Königreiches hatte starken Auftrieb erhalten und sollte sich über die ganze Erde erstrecken. In jenem Jahr waren über 17 000 in 58 Ländern eifrig damit beschäftigt, Zeugnis abzulegen. Jahrzehnte später sagte George Gangas, der den Kongreß miterlebt hatte und später in die leitende Körperschaft aufgenommen wurde, über diesen Programmteil in Cedar Point: „Es war etwas, was sich meinem Herzen und meinem Sinn unauslöschlich einprägte, was ich mein ganzes Leben lang nicht vergessen werde.“

      Meilensteine im geistigen Wachstum

      Alle Kongresse sind Zeiten der Erfrischung und der Unterweisung in Gottes Wort gewesen. Aber einige haben sich für Jahrzehnte als geistige Meilensteine eingeprägt.

      Sieben dieser Kongresse fanden aufeinanderfolgend, Jahr um Jahr, von 1922 bis 1928 in den Vereinigten Staaten, in Kanada und in Großbritannien statt. Ein Grund für die Wichtigkeit dieser Kongresse waren die kraftvollen Resolutionen, die jeweils angenommen wurden; alle sieben werden in dem Kasten auf der nächsten Seite aufgeführt. Obwohl es relativ wenige Zeugen Jehovas gab, verbreiteten sie weltweit in vielen Sprachen von einer dieser Resolutionen 45 Millionen Exemplare und 50 Millionen von mehreren anderen. Einige wurden in internationalen Gemeinschaftssendungen des Rundfunks ausgestrahlt. Dadurch wurde ein enormes Zeugnis gegeben.

      Ein weiterer historischer Kongreß fand 1931 in Columbus (Ohio) statt. Am Sonntag, den 26. Juli nahmen die Bibelforscher einen neuen Namen an — Jehovas Zeugen —, nachdem biblische Argumente dafür unterbreitet worden waren. Wie passend dieser Name doch ist! Er lenkt in erster Linie die Aufmerksamkeit auf den Schöpfer selbst und weist eindeutig auf die Verantwortung seiner Anbeter hin (Jes. 43:10-12). Durch die Annahme dieses Namens wurden die Brüder mit größerem Eifer erfüllt denn je, während sie den Namen und das Königreich Gottes verkündigten. Im selben Jahr schrieb ein dänischer Zeuge in einem Brief: „Was für ein herrlicher Name: Jehovas Zeugen! Ja, das wollen wir alle sein.“

      Auch 1935 wurde ein unvergeßlicher Kongreß abgehalten, und zwar in Washington (D. C.). Am zweiten Kongreßtag, Freitag, den 31. Mai, sprach Bruder Rutherford über die in Offenbarung 7:9-17 erwähnte große Schar oder große Volksmenge. Mehr als ein halbes Jahrhundert lang hatten sich die Bibelforscher vergeblich bemüht, genau zu klären, wer diese Gruppe ist. Jetzt wurde zu der von Jehova bestimmten Zeit und im Licht des aktuellen Geschehens darauf hingewiesen, daß es sich um Menschen handelt, die die Aussicht haben, für immer hier auf der Erde zu leben. Dieses Verständnis verlieh dem Evangelisierungswerk eine neue Bedeutung, und es war die biblische Erklärung für eine sich anbahnende große Veränderung in der Zusammensetzung der neuzeitlichen Organisation der Zeugen Jehovas.

      Der Kongreß in St. Louis (Missouri) von 1941 ist vielen, die dabei waren, wegen der Ansprache „Lauterkeit“ in Erinnerung, die am ersten Tag gehalten wurde und in der Bruder Rutherford die große Streitfrage, vor der alle vernunftbegabten Geschöpfe stehen, in den Brennpunkt rückte. Seit der Ansprache „Ein Herrscher für das Volk“ (1928) wurde wiederholt auf die Streitfragen aufmerksam gemacht, die durch die Rebellion Satans aufkamen. Doch nun wurde folgendes hervorgehoben: „Die primäre Streitfrage, die sich durch Satans trotzige Herausforderung ergab, war und ist die der UNIVERSALHERRSCHAFT.“ Jehovas Diener haben starken Antrieb dadurch erhalten, daß sie diese Streitfrage erkannten und sich darüber im klaren waren, wie wichtig es ist, gegenüber Jehova als dem universellen Souverän die Lauterkeit zu bewahren.

      Bei dem Kongreß im Jahre 1942, mitten im Zweiten Weltkrieg, als sich einige fragten, ob das Predigtwerk kurz vor seinem Ende stehe, hielt N. H. Knorr, der neue Präsident der Watch Tower Society, den öffentlichen Vortrag „Weltfriede — ist er von Bestand?“ Als in diesem Vortrag die Bedeutung des symbolischen ‘scharlachfarbenen wilden Tieres’ aus Offenbarung, Kapitel 17 erklärt wurde, erkannten Jehovas Zeugen, daß auf den Zweiten Weltkrieg eine Zeit folgen würde, in der noch mehr Menschen zum Königreich Gottes hingeführt werden könnten. Dadurch wurde ein weltweites Werk angekurbelt, das sich im Laufe der Jahre auf über 235 Länder und Inselgebiete erstreckt hat und noch nicht abgeschlossen ist.

      Ein weiterer Meilenstein wurde am 2. August 1950 auf einem Kongreß im New Yorker Yankee-Stadion erreicht. Damals waren die Anwesenden überrascht und hoch erfreut, als sie die Neue-Welt-Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften erhielten. Der übrige Teil der Neuen-Welt-Übersetzung erschien nach und nach im darauffolgenden Jahrzehnt. Diese Übersetzung der Heiligen Schrift in moderner Sprache gab dem Eigennamen Gottes seinen rechtmäßigen Platz in Gottes Wort zurück. Durch ihre getreue Wiedergabe der biblischen Ursprachen ist sie für Jehovas Zeugen in ihrem persönlichen Studium der Bibel und ihrem Evangelisierungswerk ein großer Gewinn.

      Am vorletzten Tag des Kongresses sprach F. W. Franz, der damalige Vizepräsident der Watch Tower Society, zu den Anwesenden über das Thema „Neue Systeme der Dinge“. Viele Jahre lang hatten Jehovas Zeugen geglaubt, noch vor Harmagedon würden einige der vorchristlichen Diener Jehovas von den Toten auferstehen, um in Erfüllung von Psalm 45:16 Fürsten der neuen Welt zu sein. Man kann sich daher vorstellen, welche Wirkung es auf die riesige Zuhörerschaft hatte, als der Redner fragte: „Würde sich dieser internationale Kongreß freuen zu erfahren, daß sich heute abend hier, in unserer Mitte, eine Anzahl der voraussichtlichen Fürsten der neuen Erde befinden?“ Es folgte ein anhaltender Beifallssturm, begleitet von Freudenrufen. Dann erklärte der Redner, die biblische Verwendung des Wortes, das mit „Fürst“ übersetzt worden sei, und die Treue, die viele der „anderen Schafe“ in der heutigen Zeit unter Beweis gestellt hätten, berechtigten durchaus zu der Ansicht, daß einige, die heute am Leben seien, von Jesus Christus für den Dienst als Fürsten ausgewählt würden. Allerdings wies er auch darauf hin, daß diejenigen, die mit diesem Dienst betraut würden, keinen Titel erhielten. Er schloß seinen Vortrag mit der Aufforderung ab: „Vorwärts denn beständig, wir alle zusammen, als eine Neue-Welt-Gesellschaft!“

      Auf den Kongressen der Zeugen Jehovas wurden noch viele weitere hochbedeutsame Vorträge gehalten: 1953 wurde unter dem Thema „Neue-Welt-Gesellschaft angegriffen vom hohen Norden her“ eine fesselnde Erklärung darüber gegeben, was der in Hesekiel, Kapitel 38 und 39 beschriebene Angriff Gogs von Magog bedeutet. Im selben Jahr waren die Zuhörer von dem Vortrag „Das Haus mit Herrlichkeit füllen“ begeistert, da sie mit eigenen Augen den greifbaren Beweis dafür sahen, daß sich die Verheißung Jehovas aus Haggai 2:7 erfüllte, wonach die kostbaren, begehrenswerten Dinge aus allen Nationen in das Haus Jehovas gebracht wurden.

      Der herausragendste Kongreß der Gegenwart fand jedoch 1958 in New York statt, als über eine viertel Million Menschen die größten erhältlichen Gelände überfluteten, um den Vortrag „Gottes Königreich herrscht — ist das Ende der Welt nahe?“ zu hören. Es kamen Delegierte aus 123 Ländern, und die Berichte, die sie vor den Kongreßbesuchern gaben, trugen dazu bei, die internationale Bruderschaft zu festigen. Auf diesem außergewöhnlichen Kongreß wurden Veröffentlichungen in 54 Sprachen freigegeben, die dem geistigen Wachstum der Anwesenden zugute kommen sollten und mit denen sie andere unterweisen konnten.

      In einer Vortragsserie mit dem Thema „Unterordnung unter die obrigkeitlichen Gewalten“ wurde 1962 das Verständnis korrigiert, das Jehovas Zeugen von Römer 13:1-7 hatten. 1964 steigerten die Ansprachen „Aus dem Tod zum Leben hinübergehen“ und „Aus den Gedächtnisgrüften zu einer ‚Auferstehung des Lebens‘ “ ihre Wertschätzung für die große Barmherzigkeit Jehovas, wie sie durch die Auferstehung zum Ausdruck kommt. Und es könnten noch viele, viele weitere Kongreßhöhepunkte aufgezählt werden.

      Jedes Jahr sind Zehntausende, ja Hunderttausende Neue auf den Kongressen zugegen. Wenn die dargebotenen Informationen der Organisation als Ganzes auch zum Teil bereits bekannt sind, eröffnen sie neuen Besuchern doch oft ein Verständnis des göttlichen Willens, das für sie wirklich begeisternd ist. Sie erkennen vielleicht Möglichkeiten, wie sie ihren Dienst erweitern können, und werden angeregt, sie wahrzunehmen, wodurch ihr Leben in ganz andere Bahnen gelenkt wird.

      Auf vielen Kongressen hat man die Bedeutung bestimmter Bibelbücher in den Brennpunkt gerückt. Beispielsweise erschienen 1958 und 1977 gebundene Bücher, in denen Prophezeiungen des Propheten Daniel besprochen wurden, und zwar über Gottes Vorsatz, eine Weltregierung mit Christus als König zu schaffen. 1971 wurde das Buch Hesekiel beleuchtet, wobei im Vordergrund die göttliche Erklärung stand: „Die Nationen werden erkennen müssen, daß ich Jehova bin“ (Hes. 36:23). Die von Sacharja und Haggai aufgezeichneten Prophezeiungen wurden 1972 eingehend erörtert. 1963, 1969 und 1988 erschienen ausführliche Abhandlungen über faszinierende Prophezeiungen aus der Offenbarung, in denen der Fall Babylons der Großen sowie Gottes herrliche neue Himmel und seine neue Erde anschaulich vorhergesagt werden.

      Die Kongresse standen unter verschiedenen Mottos — „Mehrung der Theokratie“, „Reine Anbetung“, „Vereinte Anbeter“, „Mutige Diener Gottes“, „Frucht des Geistes“, „Macht Jünger“, „Gute Botschaft für alle Nationen“, „Göttlicher Name“, „Gottes Souveränität“, „Heiliger Dienst“, „Siegreicher Glaube“, „Loyale Unterstützer des Königreiches“, „Bewahrer der Lauterkeit“, „Vertraue auf Jehova“, „Gottergebenheit“, „Lichtträger“ und viele mehr. Alle diese Kongresse haben zum geistigen Wachstum der Organisation und ihrer einzelnen Glieder beigetragen.

      Ansporn für das Evangelisierungswerk

      Von großen und kleineren Kongressen geht starker Ansporn für das Predigen der guten Botschaft aus. In Vorträgen und durch Demonstrationen wird praktische Unterweisung vermittelt. Zum Programm gehören jeweils Erfahrungen aus dem Predigtdienst und Berichte von Personen, die noch nicht lange mit der biblischen Wahrheit vertraut sind. Außerdem wirkte sich der Predigtdienst, der jahrelang auf den Kongressen eingeplant war, sehr positiv aus. Dadurch wurde in den Kongreßstädten ein gutes Zeugnis abgelegt, und die Zeugen wurden auch selbst sehr ermuntert.

      Im Januar 1922 war auf der Hauptversammlung in Winnipeg (Manitoba, Kanada) Predigtdienst vorgesehen. Das traf auch auf die allgemeine Hauptversammlung in Cedar Point (Ohio) zu, die noch im selben Jahr stattfand. Danach gehörte es zum regulären Programm, daß die Delegierten gemeinsam einen ganzen Tag oder an einem oder mehreren Tagen ein paar Stunden in der Kongreßstadt und Umgebung in den Predigtdienst gingen. Dadurch konnten die Bewohner großer städtischer Regionen, die womöglich selten von Zeugen Jehovas angesprochen wurden, die gute Botschaft hören, daß Gott vorhat, gerechtigkeitsliebenden Menschen ewiges Leben zu schenken.

      In Dänemark war 1925 für den Kongreß in Nørrevold, zu dem 400 bis 500 Besucher kamen, zum erstenmal ein solcher Predigtdiensttag geplant. Auf dieser Hauptversammlung beteiligten sich 275 Personen am Predigtdienst, und für viele von ihnen war es das erstemal. Manche waren etwas ängstlich. Aber nachdem sie auf den Geschmack gekommen waren, wurden sie auch in ihren Heimatgebieten eifrige Evangeliumsverkündiger. Nach diesem Kongreß fanden in Dänemark bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges viele eintägige Dienstkongresse statt, zu denen Brüder aus umliegenden Orten eingeladen waren. Dadurch, daß sie sich gemeinsam am Predigtdienst beteiligten und sich dann versammelten, um Vorträge zu hören, wurde ihr Eifer offensichtlich verstärkt. Ähnliche Dienstkongresse — allerdings zweitägige — wurden in Großbritannien und in den Vereinigten Staaten abgehalten.

      Auf größeren Kongressen nahm die Predigttätigkeit der Delegierten oft ziemliche Ausmaße an. Von 1936 an wurde der öffentliche Vortrag des Kongresses durch friedliche Umzüge angekündigt, bei denen die Zeugen Plakate trugen und Handzettel verteilten. (Man sprach früher von „Sandwich-Plakaten“, weil sie auf der Brust und auf dem Rücken getragen wurden.) Bei manchen Kongressen nahmen mehr als tausend an diesen Umzügen teil. Andere beteiligten sich am regulären Haus-zu-Haus-Dienst und luden jeden ein, zu kommen und sich das Programm anzuhören. Für die einzelnen Zeugen war es sehr ermutigend, mit anderen zusammenzuarbeiten und zu beobachten, wie Hunderte, ja Tausende gemeinsam mit ihnen predigten. Gleichzeitig erfuhr die Öffentlichkeit in einem beträchtlichen Umkreis, daß Jehovas Zeugen in der Stadt waren; die Leute konnten hören, was die Zeugen predigen, und deren Verhalten selbst beobachten.

      Die Kongreßansprachen wurden oft nicht nur von den Anwesenden gehört. Als Bruder Rutherford 1927 auf einem Kongreß in Toronto (Kanada) den Vortrag „Freiheit für die Völker“ hielt, wurde dieser Vortrag durch eine epochemachende Gemeinschaftssendung, an der 53 Rundfunkstationen beteiligt waren, einer riesigen internationalen Zuhörerschaft übermittelt. Im Jahr darauf wurde von Detroit (Michigan, USA) aus die Ansprache „Ein Herrscher für das Volk“ von doppelt so vielen Stationen gesendet, und über Kurzwelle wurden sogar Zuhörer in Australien, Neuseeland und Südafrika erreicht.

      Im Jahre 1931 waren große Rundfunkanstalten nicht zur Kooperation bereit, als man plante, einen Kongreßvortrag von Bruder Rutherford auszustrahlen; daraufhin baute die Watch Tower Society in Zusammenarbeit mit der American Telephone and Telegraph Company ihr eigenes Netz von 163 Rundfunkstationen auf (die größte Zahl von Stationen, die je über Telefonleitungen miteinander verbunden waren), um die Botschaft „Das Königreich — die Hoffnung der Welt“ zu senden. Außerdem strahlten über 300 weitere Stationen in vielen Ländern der Welt das Programm mit Hilfe von Schallplatten aus.

      Auf dem Kongreß in Washington (D. C.) 1935 sprach Bruder Rutherford über das Thema „Regierung“ und wies nachdrücklich darauf hin, daß Jehovas Königreich in den Händen Christi bald alle menschlichen Regierungen ablösen wird. Im „Washington Auditorium“ hörten über 20 000 Anwesende diesen Vortrag. Er wurde auch durch den Rundfunk und über Telefonleitungen rund um die Erde übertragen — bis nach Mittel- und Südamerika, Europa, Südafrika, zu den Inseln des Pazifiks und nach Asien. Deshalb kann die Zahl der Zuhörer durchaus mehrere Millionen betragen haben. Zwei führende Washingtoner Zeitungen hatten zugesagt, die Ansprache abzudrucken, brachen dann aber den Vertrag. Die Brüder setzten jedoch an drei Stellen in der Stadt und an 40 weiteren Orten in der Umgebung von Washington Lautsprecherwagen ein, die den Vortrag nachträglich abspielten, so daß er schätzungsweise von 120 000 weiteren Personen gehört wurde.

      In England wurde 1938 der offene und eindringliche Vortrag „Schau den Tatsachen ins Auge“ von der Londoner Royal Albert Hall aus weltweit in etwa 50 Kongreßstädte übertragen, so daß er insgesamt von rund 200 000 Anwesenden gehört wurde. Außerdem verfolgte eine große Zuhörerschaft die Ansprache am Radio.

      Es gab zwar relativ wenige Zeugen Jehovas, aber ihre Kongresse spielten bei der öffentlichen Verkündigung der Königreichsbotschaft eine wichtige Rolle.

      Nachkriegskongresse in Europa

      Bestimmte Kongresse stellten für diejenigen, die sie miterlebt haben, alle anderen in den Schatten. Das trifft sicher auf die Kongresse in Europa zu, die direkt nach dem Zweiten Weltkrieg abgehalten wurden.

      In den Niederlanden fand einer dieser Kongresse am 5. August 1945 in Amsterdam statt — kaum vier Monate nachdem die Zeugen aus den deutschen Konzentrationslagern befreit worden waren. Man rechnete mit ungefähr 2 500 Besuchern; für 2 000 von ihnen mußten Unterkünfte beschafft werden. Um den Bedarf an Schlafgelegenheiten zu decken, breiteten die dortigen Zeugen in ihren Wohnungen auf dem Boden Stroh aus. Die Delegierten kamen aus allen Richtungen herbei und nutzten jede nur erdenkliche Beförderungsart — sie reisten mit Schiffen, auf Lastwagen, mit Fahrrädern und vereinzelt auch per Anhalter.

      Auf diesem Kongreß wurde gelacht und geweint, man sang Lieder und dankte Jehova für seine Güte. Ein Besucher sagte: „Sie lebten in der unbeschreiblichen Freude an einer theokratischen Organisation, die soeben von den Fesseln befreit worden war!“ Vor dem Krieg gab es in den Niederlanden weniger als 500 Zeugen Jehovas. Es wurden insgesamt 426 eingesperrt, und 117 von ihnen starben an den Folgen der Schikanen. Einige waren überglücklich, als sie auf dem Kongreß totgeglaubte Angehörige und Freunde entdeckten. Andere vergossen Tränen, weil sie vergeblich suchten. Abends hörten 4 000 Anwesende gespannt zu, als in dem öffentlichen Vortrag erklärt wurde, warum man Jehovas Zeugen so heftig verfolgt hatte. Trotz allem, was sie durchgemacht hatten, organisierten sie sich für die Fortsetzung des Werkes, mit dem Gott sie beauftragt hatte.

      Im darauffolgenden Jahr, 1946, planten die Brüder in Deutschland einen Kongreß in Nürnberg. Sie durften die Zeppelinwiese benutzen, die Hitlers Paradeplatz gewesen war. Am zweiten Kongreßtag hielt Erich Frost, der die Brutalität der Gestapo am eigenen Leib erfahren hatte und jahrelang im Konzentrationslager gewesen war, den öffentlichen Vortrag „Christen im Feuerofen“. Außer den 6 000 versammelten Zeugen Jehovas waren bei diesem Vortrag 3 000 Einwohner von Nürnberg zugegen.

      Der letzte Kongreßtag fiel mit dem Tag zusammen, an dem die Urteile der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse bekanntgegeben werden sollten. Das Militär verhängte an diesem Tag eine Ausgangssperre, doch nach langen Verhandlungen räumte man ein, daß es wegen der Haltung der Zeugen Jehovas angesichts der nationalsozialistischen Gegnerschaft unangebracht wäre, sie daran zu hindern, ihren Kongreß in Frieden zu beenden. So versammelten sich die Brüder an jenem letzten Tag, um den mitreißenden Vortrag „Furchtlos trotz Weltverschwörung“ zu hören.

      Sie erkannten das Wirken Jehovas bei dem, was geschah. Zur gleichen Zeit, als Vertreter eines Regimes, das versucht hatte, Jehovas Zeugen auszurotten, verurteilt wurden, versammelten sich an der Stelle, wo Hitler einige seiner imposantesten Demonstrationen nationalsozialistischer Macht zur Schau gestellt hatte, die Zeugen zur Anbetung Jehovas. Der Vorsitzende des Kongresses sagte: „Allein diesen Tag zu erleben, der ein Vorgeschmack von dem Triumph des Volkes Gottes über seine Feinde in der Schlacht von Harmagedon ist, war es wert, neun Jahre ins Konzentrationslager zu gehen.“

      Andere unvergeßliche Kongresse

      Da sich die Tätigkeit der Zeugen Jehovas ausdehnte, wurden in der ganzen Welt Kongresse abgehalten. Für die Anwesenden ist jeder Kongreß auf seine Art etwas Besonderes gewesen.

      In Kitwe in Nordrhodesien (heute Sambia), mitten im Kupfergürtel, war für 1952 ein Kongreß geplant, der während des Besuchs des Präsidenten der Watch Tower Society stattfinden sollte. Es war ein großes Gelände am Rand einer Bergarbeitersiedlung vorgesehen, in einer Gegend, die heute Chamboli heißt. Die Spitze eines verlassenen Termitenhügels wurde abgetragen, damit man eine Bühne hatte, und man baute ein Grasdach darüber. Lange Schlafhütten, einige mit Etagenbetten, umgaben den Hauptbesucherplatz mit einem Radius von 180 Metern wie die Speichen eines Rades. In einigen schliefen Männer und Jungen, in anderen Frauen und Mädchen. Manche Kongreßbesucher waren zwei Wochen mit dem Fahrrad unterwegs, um dabeisein zu können. Andere liefen tagelang zu Fuß und fuhren das letzte Stück in einem klapprigen Bus.

      Während des Programms waren die Zuhörer sehr aufmerksam, obwohl sie auf harten Bambusbänken unter freiem Himmel saßen. Sie waren zum Zuhören gekommen und wollten kein Wort verpassen. Der Gesang der 20 000 Anwesenden konnte einen zu Tränen rühren — so schön war er. Sie wurden nicht von Instrumenten begleitet, und doch war ihr mehrstimmiger Gesang hervorragend. Nicht nur beim Singen, sondern einfach in jeder Hinsicht ließen diese Zeugen Einheit erkennen, obwohl sie aus vielen verschiedenen Bevölkerungsschichten und Stämmen kamen.

      Und können wir uns vorstellen, was Jehovas Zeugen in Portugal empfanden, als sie nach fast 50jährigem Kampf für Religionsfreiheit am 18. Dezember 1974 rechtlich anerkannt wurden? Damals zählten sie nur etwa 14 000. Wenige Tage später war ein Sportpavillon in Porto mit 7 586 Zeugen zum Bersten voll. Am Tag darauf überfluteten weitere 39 284 ein Fußballstadion in Lissabon. Bruder Knorr und Bruder Franz waren bei diesem freudigen Anlaß zugegen, der für viele unvergeßlich ist.

      Internationale Kongresse organisiert

      Seit gut einem halben Jahrhundert halten Jehovas Zeugen in vielen Ländern große Kongresse ab, die in mehreren Städten gleichzeitig stattfinden. Bei diesen Gelegenheiten empfinden sie verstärkt, daß sie eine internationale Bruderschaft sind, da alle zur gleichen Zeit die in einer Schlüsselstadt gehaltenen Hauptvorträge hören.

      Doch erst 1946 versammelten sich in e i n e r Stadt Delegierte aus vielen Ländern der Erde zu einem großen internationalen Kongreß. Das war in Cleveland (Ohio). Obwohl in der Nachkriegszeit das Reisen immer noch schwierig war, kamen 80 000 Besucher, einschließlich 302 Delegierten aus 32 Ländern außerhalb der Vereinigten Staaten. Es wurden Vorträge in 20 Sprachen gehalten. Viele praktische Hinweise wurden gegeben, die darauf abzielten, das Evangelisierungswerk zu erweitern. Einer der Höhepunkte des Kongresses war Bruder Knorrs Ansprache über die Probleme des Wiederaufbaus und der Ausdehnung. Die Zuhörer klatschten stürmisch, als sie erfuhren, daß man plante, die Druckerei und die Bürogebäude des Hauptbüros der Gesellschaft sowie ihre Rundfunkeinrichtungen zu erweitern, in den großen Ländern der Welt Zweigbüros zu eröffnen und das Missionarwerk auszudehnen. Gleich nach dem Kongreß wurde alles im einzelnen ausgearbeitet, so daß Bruder Knorr und Bruder Henschel auf eine Reise um die Welt gehen konnten, um die Pläne in die Tat umzusetzen.

      In den folgenden Jahren wurden im New Yorker Yankee-Stadion epochemachende Kongresse abgehalten. Der erste fand vom 30. Juli bis 6. August 1950 statt, und es waren Delegierte aus 67 Ländern anwesend. Zum Programm gehörten kurze Berichte von Zweigdienern, Missionaren und anderen Delegierten. Dadurch wurden begeisternde Eindrücke von dem intensiven Evangelisierungswerk in all den Ländern, aus denen sie kamen, vermittelt. Am letzten Tag stieg die Besucherzahl bei dem Vortrag „Kannst du ewig in Glück auf Erden leben?“ auf 123 707. Der Kongreß stand unter dem Motto „Mehrung der Theokratie“. Es wurde auf die große zahlenmäßige Mehrung aufmerksam gemacht. Doch wie Grant Suiter, der Vorsitzende, betonte, wurde damit nicht bezweckt, irgendwelche fähigen Köpfe innerhalb der sichtbaren Organisation zu rühmen. Er erklärte vielmehr: „Die Ehre für die neue zahlenmäßige Stärke schreiben wir Jehova zu. So soll es sein, und anders möchten wir es gar nicht haben.“

      Im Jahre 1953 wurde ein weiterer Kongreß im New Yorker Yankee-Stadion abgehalten. Diesmal betrug die Besucherhöchstzahl 165 829. Wie beim ersten dortigen Kongreß bestand das Programm wieder aus vielen Besprechungen fesselnder Prophezeiungen aus der Bibel, praktischen Hinweisen für das Predigen der guten Botschaft und Berichten aus vielen Ländern. Das Programm begann etwa um 9.30 Uhr und endete meistens erst um 21 Uhr oder 21.30 Uhr. Der Kongreß war ein freudiges geistiges Festmahl, das sich über acht ganze Tage hinzog.

      Für den größten Kongreß der Zeugen Jehovas, der 1958 in New York stattfand, reichte das Yankee-Stadion nicht aus, und man mußte für die Menge außerdem die nahe gelegenen Polo Grounds benutzen sowie Bereiche außerhalb der Stadien. Am letzten Tag, als jeder Platz besetzt war, wurde sogar die Erlaubnis gegeben, auf dem Spielfeld des Yankee-Stadions zu sitzen, und es war ein herrlicher Anblick, wie Tausende hineinströmten, die Schuhe auszogen und sich auf den Rasen setzten. Die Zählung ergab 253 922 Anwesende beim öffentlichen Vortrag. Ein weiterer Beweis dafür, daß Jehova das Predigtwerk seiner Diener segnete, war zu erkennen, als auf diesem Kongreß 7 136 ihre Hingabe dadurch symbolisierten, daß sie sich im Wasser untertauchen ließen — weit mehr als doppelt so viele, wie bei dem historischen Anlaß zu Pfingsten 33 u. Z. getauft wurden, von dem die Bibel berichtet (Apg. 2:41).

      Der gesamte Ablauf dieser Kongresse zeugte von mehr als nur guter Organisation. Es war deutlich zu erkennen, wie Gottes Geist unter seinem Volk wirkt. Überall war brüderliche Liebe zu beobachten, deren Grundlage die Liebe zu Gott ist. Es gab keine hochbezahlten Organisatoren. In allen Abteilungen waren unbezahlte Freiwillige tätig. Christliche Brüder und Schwestern — oft ganze Familien — gaben an Ständen Imbisse und Getränke aus. Man bereitete auch warme Mahlzeiten zu, und in riesigen Zelten außerhalb des Stadions wurden bis zu tausend Essen pro Minute ausgeteilt. Zehntausende, die alle gern bei der Arbeit mitmachten, dienten als Ordner oder halfen beim Aufbau, Kochen, Essenausteilen, Reinigen und bei vielem mehr.

      Weitere Freiwillige setzten Hunderttausende von Stunden ein, um für die Delegierten Unterkünfte zu beschaffen. In manchen Jahren wurden, um wenigstens einen Teil der Kongreßbesucher unterzubringen, riesige Campingplätze angelegt. 1953 ernteten die Zeugen, ohne Bezahlung zu verlangen, 16 Hektar Getreide für einen Farmer in New Jersey, der ihnen sein Land für einen Campingplatz vermietete. Man stellte Toiletten, Duschen, Beleuchtungsanlagen, Waschküchen, Cafeterias und Lebensmittelgeschäfte für über 45 000 Camper bereit. Als sie eintrafen, entstand über Nacht eine Stadt. Etliche Tausend wurden in Hotels und Privatwohnungen in New York und Umgebung untergebracht. Es war ein Mammutunternehmen. Durch den Segen Jehovas war es von Erfolg gekrönt.

      Von einem Kongreß zum anderen

      Die einzelnen Angehörigen dieser internationalen Bruderschaft sind lebhaft an ihren Mitgläubigen in anderen Ländern interessiert. Deshalb besuchen sie, wenn sich ihnen die Gelegenheit bietet, Kongresse außerhalb ihres Heimatlandes.

      Als 1951 in England im Londoner Wembley-Stadion der erste Kongreß mit dem Motto „Reine Anbetung“ stattfand, waren Zeugen aus 40 Ländern dabei. Das Programm hob die praktische Seite der wahren Anbetung hervor, und es wurde dazu angespornt, sich den Predigtdienst zur Lebensaufgabe zu machen. Von England aus reisten viele Zeugen zum europäischen Festland, wo in den nächsten zwei Monaten neun weitere Kongresse stattfanden. Der größte davon wurde in Frankfurt am Main abgehalten mit 47 432 Besuchern aus 24 Ländern. Die Herzlichkeit der Brüder kam bei Programmschluß zum Ausdruck, als das Orchester zu spielen begann und die deutschen Brüder spontan ein Abschiedslied sangen, mit dem sie ihre Mitgläubigen, die aus dem Ausland zu ihnen gekommen waren, Gott anbefahlen. Taschentücher wurden geschwenkt, und Hunderte liefen über das Spielfeld, um ihre Dankbarkeit für dieses großartige theokratische Fest zu zeigen.

      Im Jahre 1955 planten noch mehr Zeugen, zur Kongreßzeit ihre christlichen Brüder im Ausland zu besuchen. Mit zwei gecharterten Schiffen (jeweils mit 700 Passagieren) und 42 Charterflugzeugen reisten Delegierte aus den Vereinigten Staaten und aus Kanada nach Europa. Die in Deutschland herausgegebene europäische Ausgabe der Zeitung The Stars and Stripes schrieb über den Zustrom von Zeugen Jehovas: „Wahrscheinlich ist dies der größte Massendurchzug von Amerikanern durch Europa seit der Invasion der Alliierten während des Zweiten Weltkrieges.“ Weitere Delegierte kamen aus Mittel- und Südamerika, Asien, Afrika und Australien. Obwohl die Geistlichkeit der Christenheit verhindern wollte, daß sich Jehovas Zeugen in Rom und Nürnberg versammelten, fanden in Europa während des Sommers diese beiden Kongresse und noch sechs weitere statt. Die Besucherzahl bewegte sich zwischen 4 351 in Rom und 107 423 in Nürnberg. Auch versammelten sich 17 729 in Westberlin in der Waldbühne, die für Brüder aus der DDR mit etwas geringerem Risiko zu erreichen war. Viele von ihnen waren wegen ihres Glaubens inhaftiert gewesen oder hatten Verwandte, die im Gefängnis saßen, aber sie waren nach wie vor glaubensstark. Wie passend war doch das Kongreßmotto „Triumphierendes Königreich“!

      Zwar hatte es schon vor 1963 viele internationale Kongresse gegeben, doch der Kongreß in jenem Jahr war der erste seiner Art. Es war ein Kongreß, der rund um die Welt ging. Er begann in den Vereinigten Staaten in Milwaukee (Wisconsin), dann ging es nach New York und als nächstes in vier europäische Großstädte, danach durch den Nahen Osten und weiter nach Indien, Birma (heute Myanmar), Thailand, Hongkong, Singapur, auf die Philippinen, nach Indonesien, Australien, Taiwan, Japan, Neuseeland, auf die Fidschiinseln, in die Republik Korea und nach Hawaii und schließlich zurück zum nordamerikanischen Festland. Insgesamt waren Delegierte aus 161 Ländern und Inselgebieten dabei. Die Gesamtbesucherzahl betrug mehr als 580 000. 583 Kongreßteilnehmer aus ungefähr 20 Ländern reisten rund um die Erde von einem Land zum anderen mit. Sie machten besondere Ausflüge zu Orten, die in Verbindung mit ihrem Glauben von Interesse waren, und beteiligten sich auch mit ihren einheimischen Brüdern und Schwestern am Predigtdienst von Haus zu Haus. Für die Reisekosten kamen sie selbst auf.

      Auf den meisten internationalen Kongressen waren Delegierte aus lateinamerikanischen Ländern gut vertreten. Aber 1966/67 waren sie an der Reihe, Gastgeber zu sein. Die Besucher werden nie das biblische Drama vergessen, das den Bericht über Jeremia zum Leben erweckte und allen erkennen half, was sie heute daraus lernen können.a Die gegenseitige christliche Liebe wurde dadurch vertieft, daß die Besucher mit eigenen Augen sahen, unter welchen Verhältnissen in Lateinamerika ein ausgedehntes biblisches Lehrwerk durchgeführt wird. Sie waren tief bewegt von dem starken Glauben ihrer Brüder, von denen viele enorme Hindernisse überwunden hatten, um dabeizusein — Gegnerschaft in der Familie, Überschwemmungen und Verlust von Hab und Gut. Durch die Erlebnisberichte wurden sie sehr ermuntert. Es wurde zum Beispiel eine kränkliche Sonderpionierin aus Uruguay interviewt, die mit vielen der 80 Personen auf der Bühne stand, denen sie auf dem Weg zur christlichen Taufe beigestanden hatte. (Bis 1992 hatte sie 105 Personen zur Taufe geführt. Sie war immer noch kränklich und stand immer noch im Sonderpionierdienst!) Es war auch bewegend, Missionare aus den ersten Gileadklassen kennenzulernen, die nach wie vor in den ihnen zugewiesenen Gebieten tätig waren. Die Kongresse gaben dem Werk in diesem Erdteil großen Auftrieb. In vielen der Länder gibt es heute 10-, 15- oder sogar 20mal so viele, die Jehova preisen, wie damals.

      Ein paar Jahre später, als 1970/71 internationale Kongresse in Afrika stattfanden, war es Zeugen aus dem Ausland möglich, mit ihren dortigen Brüdern Gemeinschaft zu pflegen. Der größte dieser Kongresse wurde in Lagos (Nigeria) abgehalten, wo alle Einrichtungen komplett aufgebaut werden mußten. Um die Besucher vor der heißen Sonne zu schützen, wurde eine Stadt aus Bambus errichtet mit Sitzgelegenheiten, Schlafsälen, Cafeterias und anderen Bereichen. Dazu wurden 100 000 Bambusrohre und 36 000 große geflochtene Matten gebraucht, die die Brüder und Schwestern alle herbeischafften beziehungsweise anfertigten. Das Programm wurde in 17 Sprachen gleichzeitig dargeboten. Man zählte 121 128 Besucher, und es wurden 3 775 neue Zeugen getauft. Zahlreiche Stammesgruppen waren vertreten; viele der Anwesenden hatten sich früher einmal bekriegt. Aber nun war es ein erfreulicher Anblick, wie sie als echte christliche Brüder vereint beisammen waren.

      Nach dem Kongreß reisten einige ausländische Delegierte mit dem Bus ins Iboland, um sich das Gebiet anzusehen, das vom Bürgerkrieg am schlimmsten betroffen war. In einem Ort nach dem anderen war es eine große Sensation, als die Besucher von den ansässigen Zeugen begrüßt und umarmt wurden. Die Leute rannten auf die Straße, um sich das anzuschauen. Eine solche Demonstration der Liebe und Einheit zwischen Schwarzen und Weißen hatten sie noch nie gesehen.

      In einer Reihe von Ländern gibt es so viele Zeugen Jehovas, daß es ihnen nicht möglich ist, sich alle an einem Ort zu versammeln. Von Zeit zu Zeit wurden jedoch gleichzeitig mehrere große Kongresse abgehalten, auf die dann Woche für Woche weitere folgten. 1969 wurde das Gefühl der Verbundenheit, das solche Kongresse vermitteln, dadurch verstärkt, daß einige der Hauptredner zwischen den Kongreßstädten hin und her flogen, so daß sie auf allen Kongressen Vorträge halten konnten. Als man 1983 und 1988 eine Anzahl großer Kongresse, auf denen die gleiche Sprache gesprochen wurde, durch Standleitungen verband, um Schlüsselvorträge von Mitgliedern der leitenden Körperschaft sogar grenzüberschreitend zu übertragen, wurde ein ähnliches Gefühl der Einheit vermittelt. Die wahre Grundlage der Einheit unter Jehovas Zeugen besteht jedoch darin, daß sie alle Jehova als den allein wahren Gott anbeten, sich an die Bibel als Richtschnur halten, sich das gleiche geistige Ernährungsprogramm zunutze machen, Jesus Christus als ihren Führer betrachten, sich bemühen, in ihrem Leben die Früchte des Geistes Gottes hervorzubringen, ihr Vertrauen auf Gottes Königreich setzen und sich daran beteiligen, anderen die gute Botschaft von diesem Königreich zu überbringen.

      Weltweit internationale Kongresse zum Lobpreis Jehovas

      Jehovas Zeugen haben so stark zugenommen, daß ihre Gesamtzahl die Bevölkerung vieler Staaten übersteigt. Damit ihre Kongresse von größtmöglichem Nutzen sind, müssen sie sorgfältig geplant werden. Um zu gewährleisten, daß alle Besucher Platz haben, reicht es jedoch meistens, einfach schriftlich mitzuteilen, welchen Kongreß die Zeugen aus den verschiedenen Gegenden besuchen sollten. Wenn heute internationale Kongresse geplant werden, muß sich die leitende Körperschaft oft nicht nur Gedanken darüber machen, wie viele Zeugen aus anderen Ländern dorthin gehen möchten und dazu in der Lage sind, sondern auch, wie groß die erhältlichen Kongreßgelände sind, wie viele einheimische Zeugen anwesend sein werden und wie viele Unterkünfte für die Delegierten zur Verfügung stehen; dann kann für jedes Land eine maximale Zahl festgelegt werden. So war es bei den drei Kongressen mit dem Motto „Gottergebenheit“, die 1989 in Polen stattfanden.

      Zu diesen Kongressen erwartete man rund 90 000 Zeugen Jehovas aus Polen und Tausende von neuinteressierten Personen. Außerdem waren viele aus Großbritannien, Kanada und den Vereinigten Staaten eingeladen. Große Delegationen aus Italien, Frankreich und Japan wurden willkommen geheißen. Auch aus Skandinavien und Griechenland kamen Besucher. Es waren mindestens 37 Länder vertreten. Bestimmte polnische oder englische Ansprachen mußten in 16 andere Sprachen übersetzt werden. Die Gesamtbesucherzahl betrug 166 518.

      Eine Menge Zeugen Jehovas aus der Sowjetunion und aus der Tschechoslowakei kamen zu diesen Kongressen; auch waren beachtliche Gruppen aus anderen osteuropäischen Ländern anwesend. Es konnten nicht alle in Hotels und Schulen untergebracht werden. Die gastfreundlichen polnischen Zeugen öffneten ihr Herz und ihre Wohnungstür und teilten das, was sie hatten, nur zu gern mit anderen. Eine Versammlung von 146 Zeugen nahm über 1 200 Delegierte auf. Für einige Besucher dieser Kongresse war es das erstemal, daß sie sich mit mehr als 15 bis 20 Dienern Jehovas versammelten. Ihr Herz floß vor Dankbarkeit über, als sie ihre Blicke über die Zehntausende in den Stadien schweifen ließen, sich mit ihnen im Gebet vereinigten und gemeinsam zum Lobpreis Jehovas sangen. In den Pausen mischten sich die Gruppen untereinander, und viele umarmten sich herzlich, obwohl sie wegen der Sprachbarriere oft nicht mit Worten sagen konnten, was sie im Innern empfanden.

      Als der Kongreß zu Ende ging, war ihr Herz voller Dankbarkeit gegenüber Jehova, der das alles ermöglicht hatte. In Warschau brach die Zuhörerschaft nach den Abschiedsworten des Vorsitzenden in einen mindestens zehnminütigen Beifall aus. Nach dem Schlußlied und dem Gebet ging der Applaus weiter, und die Besucher blieben noch lange an ihren Plätzen. Sie hatten viele Jahre auf dieses Ereignis gewartet und wollten nicht, daß es vorüberging.

      Im folgenden Jahr, 1990, nicht einmal fünf Monate nachdem das 40jährige Verbot der Zeugen Jehovas in der DDR aufgehoben worden war, fand in Berlin ein begeisternder internationaler Kongreß statt. Zu den 44 532 Anwesenden gehörten Delegierte aus 65 verschiedenen Ländern. Aus manchen Ländern waren nur wenige gekommen, aus Polen hingegen 4 500. Die tiefen Empfindungen derer, die das erstemal die Freiheit hatten, einen solchen Kongreß zu besuchen, können nicht mit Worten ausgedrückt werden, und als die gesamte Zuhörerschaft gemeinsam zum Lobpreis Jehovas sang, konnten sie die Freudentränen nicht zurückhalten.

      Noch im selben Jahr, als ein ähnlicher Kongreß in São Paulo (Brasilien) stattfand, wurden zwei große Stadien benötigt, um die internationale Menge von 134 406 Zuhörern unterzubringen. Darauf wurde ein Kongreß in Argentinien abgehalten, wo für die internationale Zuhörerschaft ebenfalls zwei Stadien gleichzeitig benutzt wurden. Als das Jahr 1991 begann, waren weitere internationale Kongresse auf den Philippinen, auf Taiwan und in Thailand im Gange. Im selben Jahr waren auch große Besucherströme aus vielen Ländern zu Kongressen in Osteuropa unterwegs, die in Ungarn, in der Tschechoslowakei und in Kroatien stattfanden. Und 1992 betrachteten es Delegierte aus 28 Ländern als besonderes Vorrecht, in St. Petersburg zu den 46 214 Anwesenden beim ersten richtigen internationalen Kongreß der Zeugen Jehovas in Rußland zu gehören.

      Gelegenheiten, sich regelmäßig geistig zu erfrischen

      Nicht alle Kongresse der Zeugen Jehovas sind international. Doch die leitende Körperschaft sorgt dafür, daß einmal jährlich größere Kongresse stattfinden, und dabei wird weltweit in vielen Sprachen das gleiche Programm gehört. Diese Kongresse können ziemlich groß sein, so daß man mit anderen Zeugen aus vielen Gegenden zusammensein kann, oder sie sind kleiner und werden in vielen Städten abgehalten, so daß sie von Neuen leichter besucht werden können und die Öffentlichkeit in Hunderten von kleineren Städten ein genaues Bild von einem Querschnitt der Zeugen Jehovas erhält.

      Zudem versammelt sich einmal im Jahr jeder Kreis (der vielleicht aus 20 Versammlungen besteht) zu einem zweitägigen Programm, bei dem Rat und Ermunterung zur Glaubensstärkung gegeben werden.b Seit September 1987 wird außerdem für jeden Kreis einmal jährlich ein Tagessonderkongreß geplant — ein eintägiges erbauendes Programm. Wenn möglich, wird ein Mitarbeiter vom Hauptbüro der Gesellschaft oder vom Zweigbüro in dem jeweiligen Land dorthin gesandt, um beim Programm mitzuwirken. Jehovas Zeugen schätzen diese Veranstaltungen sehr. In vielen Gegenden sind die Kongreßstätten nicht weit entfernt und nicht schwer zu erreichen. Das ist aber nicht immer der Fall. Ein reisender Aufseher erinnert sich an ein älteres Ehepaar in Simbabwe, das — mit Koffern und Decken beladen — 76 Kilometer zu Fuß ging, um einen Kreiskongreß zu besuchen.

      Der Predigtdienst ist nicht mehr Bestandteil all dieser Kongresse, aber das liegt keinesfalls daran, daß ihn die Zeugen als weniger wichtig betrachten. In den meisten Fällen werden die Leute, die in der Nähe der Kongreßstätten wohnen, von den dortigen Zeugen regelmäßig besucht — zum Teil alle paar Wochen. Die Kongreßteilnehmer achten auf Gelegenheiten, informell Zeugnis abzulegen, und geben schon allein durch ihr Verhalten ein wirkungsvolles Zeugnis.

      Ein Beweis, daß wir wirklich Brüder sind

      Die Brüderlichkeit unter Jehovas Zeugen, die auf ihren Kongressen offenbar wird, fällt Beobachtern ins Auge. Man kann erkennen, daß es unter ihnen keine Parteilichkeit gibt und daß sogar unter denen, die sich zum erstenmal begegnen, echte Herzlichkeit herrscht. Als 1958 in New York der internationale Kongreß „Göttlicher Wille“ stattfand, berichtete die New Yorker Zeitschrift Amsterdam News vom 2. August: „Neger, Weiße und Orientalen aller Stände und Länder freuten sich gemeinsam und verkehrten ungezwungen miteinander. ... Die Zeugen aus 120 Ländern haben friedlich und in Einheit Gott angebetet und den Amerikanern gezeigt, wie leicht es ist. ... Der Kongreß ist ein leuchtendes Beispiel dafür, daß die Menschen einträchtig leben und arbeiten können.“

      Als Jehovas Zeugen 1985 in Durban und in Johannesburg (Südafrika) gleichzeitig einen Kongreß hatten, waren unter den Delegierten alle Hauptrassen und -sprachen Südafrikas vertreten, und es kamen Besucher aus 23 anderen Ländern. Die herzliche Verbundenheit unter den 77 830 Anwesenden war auffallend. „Das ist wunderbar“, sagte eine junge Inderin. „Mischlinge, Inder, Weiße und Schwarze zusammen zu sehen hat meine Lebensauffassung von Grund auf geändert.“

      Das Gefühl der Brüderlichkeit geht darüber hinaus, daß man sich zulächelt, Hände schüttelt und sich gegenseitig „Bruder“ und „Schwester“ nennt. Als man zum Beispiel 1963 weltweit den Kongreß „Ewige gute Botschaft“ vorbereitete, wurden Jehovas Zeugen unterrichtet, daß sie, sofern sie es wünschten, anderen finanziell helfen könnten, einen Kongreß zu besuchen, und daß die Gesellschaft sich freuen würde, Brüdern überall in der Welt den Fonds zukommen zu lassen. Es wurde nicht zum Spenden gedrängt, und von dem Fonds wurden keinerlei Verwaltungsausgaben bestritten. Man gebrauchte ihn ausschließlich zu dem genannten Zweck. Dadurch wurde 8 179 Personen geholfen, dem Kongreß beizuwohnen. In jedem Land Mittel- und Südamerikas kam Delegierten die Hilfe zugute sowie Tausenden aus Afrika und vielen aus dem Nahen und Fernen Osten. Ein Großteil von ihnen waren Brüder und Schwestern, die bereits viele Jahre im Vollzeitdienst standen.

      Für Ende 1978 war ein Kongreß in Auckland (Neuseeland) geplant. Zeugen auf den Cookinseln wußten davon und wünschten sich sehnlichst dabeizusein. Gemessen an den wirtschaftlichen Verhältnissen auf den Inseln, hätte die Reise allerdings jeden von ihnen ein kleines Vermögen gekostet. Doch liebe Glaubensbrüder und -schwestern in Neuseeland bezahlten etwa 60 Inselbewohnern die Hin- und Rückreise. Diese waren überglücklich, mit ihren Brüdern an dem geistigen Festmahl teilzunehmen — mit Maoris, Samoanern, Einwohnern von Niue und Weißen.

      Typisch für den Geist, der unter Jehovas Zeugen herrscht, war das, was sich 1988 in Montreal (Kanada) gegen Schluß des Bezirkskongresses „Göttliches Recht“ abspielte. Vier Tage lang hatten arabische, englische, französische, griechische, italienische, portugiesische und spanische Delegierte dasselbe Programm gehört, allerdings in ihrer eigenen Sprache. Doch am Ende der Schlußansprache taten sich alle 45 000 im Olympiastadion zusammen. Gemeinsam sangen sie in einer bewegenden Geste der Brüderlichkeit und Einmütigkeit — jede Gruppe in ihrer eigenen Sprache —: „Stimmt doch mit ein ... ‚Jehova preist! Denn er regiert. O Erd’ und Himmel, triumphiert!‘ “

      [Fußnoten]

      a In den folgenden 25 Jahren wurden 70 weitere solche Dramen aufgeführt.

      b Von 1947 bis 1987 fanden die Kongresse zweimal jährlich statt. Bis 1972 waren es dreitägige Kongresse; dann wurde ein zweitägiges Programm eingeführt.

      [Herausgestellter Text auf Seite 255]

      „Ich war sehr beeindruckt von dem Geist der Liebe und brüderlichen Freundlichkeit“

      [Herausgestellter Text auf Seite 256]

      Kongreßzüge — bitte einsteigen!

      [Herausgestellter Text auf Seite 275]

      Keine hochbezahlten Kongreßorganisatoren, sondern unbezahlte Freiwillige

      [Herausgestellter Text auf Seite 278]

      Einheit zwischen Schwarzen und Weißen

      [Kasten/Bild auf Seite 261]

      Sieben bedeutsame Kongreßresolutionen

      1922 forderte die Resolution mit dem Titel „Ein Aufruf an die Führer der Welt!“ dazu auf, entweder den Beweis zu erbringen, daß die Menschen weise genug sind, unsere Erde zu regieren, oder sonst zuzugeben, daß nur Jehova durch Jesus Christus Frieden, Leben, Freiheit und ewiges Glück herbeiführen kann.

      1923 erging „Ein Warnruf an alle Christen“, der besagte, daß es dringend notwendig sei, aus Organisationen zu fliehen, die fälschlicherweise behaupteten, Gott und Christus zu vertreten.

      1924 stellte die „Offene Anklage gegen die Geistlichkeit“ die unbiblischen Lehren und Bräuche der Geistlichkeit der Christenheit bloß.

      1925 zeigte die „Botschaft der Hoffnung“, warum die angeblichen Leuchten der Welt darin versagt haben, die größten Bedürfnisse des Menschen zu befriedigen, und warum nur Gottes Königreich dazu in der Lage ist.

      1926 wurden die Machthaber durch „Ein Zeugnis an die Herrscher der Welt“ davon in Kenntnis gesetzt, daß Jehova der allein wahre Gott ist und daß Jesus Christus heute als rechtmäßiger König der Erde regiert. Die Herrscher wurden aufgefordert, ihren Einfluß geltend zu machen, um die Menschen zu dem wahren Gott hinzulenken, damit sie kein Unheil über sich bringen.

      1927 wurde durch die Resolution „An die Völker der Christenheit“ die Interessengemeinschaft aus Finanz, Politik und Religion entlarvt, die die Menschheit bedrückt. Die Menschen wurden aufgefordert, die Christenheit zu verlassen und ihr Vertrauen auf Jehova und sein Königreich in den Händen Christi zu setzen.

      1928 zeigte die „Öffentliche Erklärung gegen Satan und für Jehova“ deutlich, daß Jehovas gesalbter König, Jesus Christus, Satan bald unschädlich machen und dessen böse Organisation vernichten wird, und alle gerechtigkeitsliebenden Menschen wurden ermuntert, sich auf die Seite Jehovas zu stellen.

      [Kasten/Bilder auf Seite 272, 273]

      Was einige der großen Kongresse auszeichnete

      Hunderte von freudigen Delegierten kamen mit dem Schiff, Tausende mit dem Flugzeug und Zehntausende mit dem Auto oder mit dem Bus

      Es waren gute Organisation und eine Menge bereitwillige Mitarbeiter erforderlich, um genügend Unterkünfte ausfindig zu machen und sie zuzuweisen

      Bei diesen achttägigen Kongressen wurden an die Delegierten regelmäßig warme Mahlzeiten ausgegeben, ja Zehntausende von Essen

      1953 wurden für 45 000 Delegierte riesige Campingplätze angelegt

      1958 in New York ließen sich 7 136 taufen — die höchste Zahl seit Pfingsten 33 u. Z.

      1953 in New York wurden Schilder mit Grüßen aus vielen Ländern angebracht, und es wurden Ansprachen in 21 Sprachen gehalten

      [Bild auf Seite 256]

      Delegierte des IBSA-Kongresses in Winnipeg (Manitoba, Kanada) im Jahre 1917

      [Bilder auf Seite 258]

      J. F. Rutherford 1919 in Cedar Point (Ohio) bei einer Ansprache. Er forderte alle auf, sich mit dem „Goldenen Zeitalter“ eifrig an der Verkündigung des Königreiches Gottes zu beteiligen.

      [Bild auf Seite 259]

      Kongreß in Cedar Point 1922. Es erging der Aufruf: „Verkündet den König und das Königreich.“

      [Bild auf Seite 260]

      George Gangas war 1922 in Cedar Point. Seit damals hat er rund 70 Jahre eifrig das Königreich verkündigt.

      [Bild auf Seite 262, 263]

      Delegierte auf dem Kongreß 1931 in Columbus (Ohio), die freudig den Namen Jehovas Zeugen annahmen

      [Bild auf Seite 264]

      Die „Neue-Welt-Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften“ wurde 1950 von N. H. Knorr freigegeben

      [Bild auf Seite 264]

      Vorträge von F. W. Franz über die Erfüllung biblischer Prophezeiungen waren Kongreßhöhepunkte (New York, 1958)

      [Bilder auf Seite 265]

      Viele Jahre war der Predigtdienst ein auffallendes Merkmal jedes Kongresses;

      Los Angeles (USA), 1939 (unten); Stockholm (Schweden), 1963 (kleines Foto)

      [Bilder auf Seite 266]

      Als J. F. Rutherford 1935 in Washington (D. C.) eine Ansprache hielt, wurde sie durch den Rundfunk und über Telefonleitungen in sechs Erdteile übertragen

      [Bilder auf Seite 268]

      Erich Frost hielt 1946 in Nürnberg die zündende Ansprache „Christen im Feuerofen“

      [Bild auf Seite 269]

      Kongreß unter freiem Himmel in Kitwe (Nordrhodesien) beim Besuch von N. H. Knorr im Jahre 1952

      [Bilder auf Seite 270, 271]

      1958 hörten 253 922 Anwesende in zwei großen überfüllten Stadien von New York den Vortrag „Gottes Königreich herrscht — ist das Ende der Welt nahe?“

      Polo Grounds

      Yankee-Stadion

      [Bild auf Seite 274]

      Grant Suiter war 1950 im Yankee-Stadion Kongreßvorsitzender

      [Bild auf Seite 274]

      John Groh (sitzend), der 1958 mit George Couch die Organisierung eines Kongresses besprach

      [Bilder auf Seite 277]

      1963 fand ein Kongreß statt, der rund um die Welt ging, und Delegierte aus ungefähr 20 Ländern reisten mit

      Kyoto (Japan) war eine der 27 Kongreßstädte (unten links). Delegierte in der Republik Korea lernten sich kennen (Mitte). Begrüßung nach der Art der Maori in Neuseeland (unten rechts).

      [Bilder auf Seite 279]

      Ein Kongreß in einer extra erbauten Stadt aus Bambus, bei dem 17 Sprachgruppen gleichzeitig das Programm hörten (Lagos, Nigeria, 1970)

      [Bilder auf Seite 280]

      1989 wurden in Polen drei große Kongresse abgehalten mit Delegierten aus 37 Ländern

      T. Jaracz (rechts) sprach zu Delegierten in Poznań

      In Chorzów ließen sich Tausende taufen

      Die Zuhörerschaft in Warschau spendete anhaltenden Beifall

      Delegierte aus der UdSSR (unten)

      In Chorzów wurden Teile des Programms in 15 Sprachen übersetzt

  • ‘Zuerst das Königreich suchen’
    Jehovas Zeugen — Verkündiger des Königreiches Gottes
    • Kapitel 18

      ‘Zuerst das Königreich suchen’

      DAS Hauptthema der Bibel ist die Heiligung des Namens Jehovas durch das Königreich. Jesus Christus lehrte seine Nachfolger, zuerst das Königreich zu suchen und es anderen Interessen im Leben voranzustellen. Warum?

      Wie im Wachtturm wiederholt erklärt worden ist, ist Jehova als Schöpfer der universelle Souverän. Er verdient es, daß ihm seine Geschöpfe die höchste Achtung erweisen (Offb. 4:11). Doch sehr früh in der Menschheitsgeschichte focht ein Geistsohn Gottes, der sich selbst zu Satan, dem Teufel, machte, die Souveränität Jehovas auf herausfordernde Weise an (1. Mo. 3:1-5). Außerdem unterstellte er allen, die Jehova dienten, selbstsüchtige Motive (Hiob 1:9-11; 2:4, 5; Offb. 12:10). So wurde der Frieden im Universum gestört.

      Jehova hat dafür gesorgt, wie in den Wachtturm-Publikationen bereits seit Jahrzehnten gezeigt wird, daß die aufgeworfenen Streitfragen so geklärt werden, daß nicht nur seine Allmacht gepriesen wird, sondern auch seine große Weisheit, Gerechtigkeit und Liebe. Dabei spielt das messianische Königreich Gottes eine wesentliche Rolle. Es gibt den Menschen reichlich Gelegenheit, die Wege der Gerechtigkeit kennenzulernen. Durch dieses Königreich werden die Bösen vernichtet, wird Jehovas Souveränität gerechtfertigt und sein Vorsatz verwirklicht, auf der Erde ein Paradies zu schaffen, das mit Menschen bevölkert ist, die Gott und auch einander wirklich lieben und mit Leben in Vollkommenheit gesegnet werden.

      Wegen der Bedeutung des Königreiches gebot Jesus seinen Nachfolgern: „So fahrt denn fort, zuerst das Königreich ... zu suchen“ (Mat. 6:10, 33). Jehovas Zeugen haben in der Neuzeit zahlreiche Beweise dafür geliefert, daß sie diesem Gebot nachkommen.

      Um des Königreiches willen alles aufgegeben

      Schon früh befaßten sich die Bibelforscher mit der Frage, was es heißt, zuerst das Königreich zu suchen. Sie untersuchten Jesu Gleichnis, in dem er das Königreich mit einer Perle verglich, die von so hohem Wert war, daß ein Mann ‘sogleich alles verkaufte, was er hatte, und sie kaufte’ (Mat. 13:45, 46). Auch dachten sie über die Bedeutung der an einen reichen jungen Vorsteher gerichteten Worte Jesu nach, er solle alles verkaufen, den Erlös an die Armen verteilen und ihm nachfolgen (Mar. 10:17-30).a Sie erkannten, daß sie, wenn sie sich als würdig erweisen wollten, an Gottes Königreich teilzuhaben, dieses an die erste Stelle setzen mußten, indem sie ihr Leben, ihre Fähigkeiten und ihre Mittel gern in den Dienst des Königreiches stellten. Alles andere mußte in ihrem Leben zweitrangig sein.

      Charles Taze Russell handelte im Einklang damit. Er verkaufte sein florierendes Herrenkonfektionsgeschäft, baute allmählich andere Geschäftsinteressen ab und gebrauchte dann alle seine irdischen Besitztümer, um Menschen in geistiger Hinsicht zu helfen. (Vergleiche Matthäus 6:19-21.) Das tat er nicht nur ein paar Jahre. Bis zu seinem Tod setzte er alle seine Güter — seine geistigen Fähigkeiten, seine Gesundheit und seine Besitztümer — dafür ein, die großartige Botschaft vom messianischen Königreich zu verkündigen. Bei Russells Bestattung sagte Joseph F. Rutherford, einer seiner Gefährten: „Charles Taze Russell war Gott treu, er war Christus Jesus treu und treu der Sache des messianischen Königreiches.“

      Im April 1881 (als erst wenige hundert Personen die Zusammenkünfte der Bibelforscher besuchten) erschien in Englisch ein Wacht-Turm-Artikel, betitelt „1 000 Prediger gesucht“. Unter anderem wurden Männer und Frauen, die keine von ihnen abhängigen Familienangehörigen hatten, eingeladen, als Kolporteurverkündiger tätig zu sein. In der Sprache des Gleichnisses Jesu aus Matthäus 20:1-16 stellte der Wacht-Turm die Frage: „Wer hat den brennenden Wunsch, hinzugehen und im Weinberg zu arbeiten, und hat darum gebetet, daß der Herr die Möglichkeit dazu eröffne?“ Wer wenigstens die Hälfte seiner Zeit ausschließlich dem Werk des Herrn widmen konnte, wurde ermuntert, sich zu bewerben. Zion’s Watch Tower Tract Society versorgte die frühen Kolporteure mit biblischer Literatur, die sie verbreiten konnten. Um ihnen zu helfen, Reisekosten, Nahrung, Kleidung und Obdach zu bestreiten, setzte man einen bescheidenen Beitrag fest, der für die Literatur erbeten werden durfte, und bot den Kolporteuren an, einen Teil des Geldes zu behalten. Wer machte sich diese Vorkehrungen zunutze und nahm den Kolporteurdienst auf?

      Im Jahre 1885 arbeiteten rund 300 Kolporteure mit der Gesellschaft zusammen. 1914 wurde schließlich die Zahl von 1 000 überschritten. Es war keine leichte Tätigkeit. Ein Kolporteur, der in vier kleineren Ortschaften Hausbesuche gemacht und dabei nur drei oder vier Personen angetroffen hatte, die mehr oder weniger Interesse zeigten, schrieb: „Ich muß sagen, daß ich mich ziemlich einsam gefühlt habe, nachdem ich so weit gereist war, so viele angetroffen hatte, aber auf so wenig Interesse an Gottes Plan und Kirche gestoßen war. Unterstütze mich bitte durch Deine Gebete, damit ich die Wahrheit richtig und furchtlos darlege und im Gutestun nicht müde werde.“

      Sie boten sich willig dar

      Jene Kolporteure waren Wegbereiter im wahrsten Sinne des Wortes. Sie drangen in die unzugänglichsten Winkel des Landes vor, und das zu einer Zeit, als die Beförderungsmittel noch sehr primitiv waren und die meisten Straßen einem ausgefahrenen Feldweg glichen. Schwester Early aus Neuseeland war ein solcher Wegbereiter. Sie hatte schon vor dem Ersten Weltkrieg mit dem Vollzeitdienst begonnen und bis 1943 — ihr Todesjahr — 34 Jahre in diesem Dienst verbracht. Einen Großteil des Landes bearbeitete sie mit dem Fahrrad. Und als sie an einer schweren Gelenkentzündung litt und nicht mehr radfahren konnte, benutzte sie das Fahrrad als Bücherträger und um sich darauf zu stützen, wenn sie im Geschäftsviertel von Christchurch tätig war. Sie konnte zwar Treppen steigen, mußte sie aber wegen ihrer Behinderung rückwärts hinuntergehen. Doch solange sie noch etwas Kraft hatte, setzte sie sie im Dienst Jehovas ein.

      Diese Kolporteure nahmen ihre Tätigkeit nicht deshalb auf, weil sie recht selbstbewußt gewesen wären. Einige waren von Natur aus sehr schüchtern, aber sie liebten Jehova. Eine Schwester bat jedesmal, bevor sie im Geschäftsviertel tätig war, alle Bibelforscher in ihrer Gegend, für sie zu beten. Als sie im Laufe der Zeit Erfahrungen gesammelt hatte, war sie von dieser Tätigkeit sehr begeistert.

      Malinda Keefer unterhielt sich 1907 mit Bruder Russell über ihren Wunsch, den Vollzeitdienst aufzunehmen, und meinte, sie müsse zuerst mehr Erkenntnis erlangen. Tatsächlich war sie erst im Jahr zuvor auf die Literatur der Bibelforscher gestoßen. Bruder Russell sagte: „Wenn du warten willst, bis du alles weißt, dann wirst du nie damit beginnen; gehst du aber voran, so wirst du immer mehr lernen.“ Sie hielt sich nicht zurück und begann in Ohio in den Vereinigten Staaten unverzüglich mit ihrem Dienst. Oft kam ihr Psalm 110:3 in den Sinn: „Dein Volk wird sich willig darbieten.“ Die nächsten 76 Jahre tat sie genau das.b Als sie begann, war sie ledig. 15 Jahre diente sie als Verheiratete. Und als ihr Mann starb, gab sie mit der Hilfe Jehovas nicht auf. Rückblickend sagte sie: „Wie dankbar bin ich, daß ich mich als junges Mädchen willig als Pionier zur Verfügung gestellt und den Königreichsinteressen stets den ersten Platz eingeräumt habe!“

      In der Anfangszeit fanden bei allgemeinen Hauptversammlungen oft besondere Zusammenkünfte mit den Kolporteuren statt. Man beantwortete Fragen, neuere Kolporteure wurden geschult, und alle wurden ermuntert.

      Von 1919 an gab es viele Diener Jehovas, die Gottes Königreich so hoch einschätzten, daß sie es wirklich zum Mittelpunkt ihres Lebens machten. Einige konnten ihre weltliche Beschäftigung aufgeben und sich uneingeschränkt dem Predigtdienst widmen.

      Für materielle Bedürfnisse gesorgt

      Wie sorgten sie für ihre materiellen Bedürfnisse? Anna Petersen (später Rømer), eine Vollzeitverkündigerin der guten Botschaft in Dänemark, erinnerte sich: „Die Literaturabgabe war uns eine Hilfe, die täglichen Ausgaben zu bestreiten, und wir hatten keine großen Bedürfnisse. Wenn größere Ausgaben entstanden, wurden sie immer auf irgendeine Weise gedeckt. Die Schwestern gaben uns gewöhnlich Kleidung — Kleider oder Mäntel, die wir sofort tragen konnten. So waren wir immer gut gekleidet. Manchmal nahm ich in Wintermonaten Arbeit in einem Büro an. ... Dadurch, daß ich einkaufte, wenn die Preise herabgesetzt waren, konnte ich mich immer für ein ganzes Jahr mit Kleidung eindecken. Es ging alles gut. Wir kannten keine Not.“ Materielle Dinge waren für sie Nebensache. Ihre Liebe zu Jehova und seinen Wegen brannte in ihnen wie ein Feuer; sie mußten einfach darüber reden.

      Als Unterkunft konnten sie gewöhnlich ein bescheidenes Zimmer mieten, wenn sie in einer Gegend bei den Menschen vorsprachen. Einige hatten einen Wohnwagen — nichts besonders Komfortables, sondern nur eine Stätte zum Schlafen und Essen. Andere schliefen unterwegs in Zelten. An einigen Orten richteten Brüder „Pionierlager“ ein. Manchmal stellten Zeugen in einem Gebiet eine Wohnung zur Verfügung und übertrugen jemandem die Aufsicht. Die Pioniere, die in der betreffenden Gegend tätig waren, hatten so eine Unterkunft und bestritten gemeinsam die Kosten.

      Bei jenen Vollzeitdienern kam es nicht vor, daß schafähnliche Menschen, die kein Geld hatten, deshalb keine Literatur bekommen konnten. Oft tauschten die Pioniere Erzeugnisse dafür ein wie Kartoffeln, Butter, Eier, frisches und eingemachtes Obst, Hühnchen, Seife und beinahe alles, was es sonst noch gab. Sie wurden dadurch zwar nicht reich, doch sie konnten aufrichtigen Menschen helfen, die Königreichsbotschaft kennenzulernen, und gleichzeitig erhielten sie das zum Leben Notwendige, so daß sie ihren Predigtdienst fortsetzen konnten. Sie vertrauten auf Jesu Zusicherung, daß ihnen, wenn sie fortfahren würden, „zuerst das Königreich und SEINE Gerechtigkeit zu suchen“, die nötige Nahrung und Bedeckung hinzugefügt würden (Mat. 6:33).

      Bereit, dort zu dienen, wo Hilfe benötigt wurde

      Der aufrichtige Wunsch, das Werk zu verrichten, das Jesus seinen Jüngern aufgetragen hatte, führte die Vollzeitdiener in neue Gebiete, ja sogar in neue Länder. Als Frank Rice 1931 gebeten wurde, Australien zu verlassen und auf Java (heute ein Teil Indonesiens) mit dem Predigen der guten Botschaft zu beginnen, hatte er schon zehn Jahre Erfahrung im Vollzeitdienst gesammelt. Doch nun galt es für ihn, sich neuen Bräuchen anzupassen und neue Sprachen zu lernen. Auf englisch konnte er einigen Leuten in den Geschäften und Büros Zeugnis geben, aber er wollte ja auch anderen predigen. Er lernte also fleißig und konnte nach drei Monaten genug Niederländisch, um von Haus zu Haus gehen zu können. Dann lernte er Malaysisch.

      Frank war erst 26 Jahre, als er nach Java ging, und in den sechs Jahren, die er dort und auf Sumatra verbrachte, arbeitete er zumeist allein. (Ende 1931 kamen Clem Deschamp und Bill Hunter aus Australien, um bei der Arbeit mitzuhelfen. Die beiden unternahmen gemeinsam eine Predigttour ins Landesinnere, während Frank in der Hauptstadt von Java und ihrer Umgebung arbeitete. Später wurden Clem und Bill ebenfalls in unterschiedliche Gegenden gesandt.) Es gab keine Versammlungszusammenkünfte, die Frank besuchen konnte. Bisweilen fühlte er sich sehr einsam, und er kämpfte wiederholt mit dem Gedanken, aufzugeben und nach Australien zurückzukehren. Aber er machte weiter. Was half ihm dabei? Die geistige Speise aus dem Wachtturm stärkte ihn. 1937 trat er eine Zuteilung in Indochina an, wo er während der Ausschreitungen nach dem Zweiten Weltkrieg nur mit knapper Not mit dem Leben davonkam. Seine Bereitschaft zu dienen zeigte er auch noch in den 70er Jahren, als er schriftlich seiner Freude darüber Ausdruck gab, daß seine ganze Familie Jehova diente, und mitteilte, daß er und seine Frau sich erneut darauf vorbereiteten, an einen Ort in Australien zu ziehen, wo Hilfe benötigt wurde.

      ‘Mit ihrem ganzen Herzen auf Jehova vertraut’

      Claude Goodman war entschlossen, ‘mit seinem ganzen Herzen auf Jehova zu vertrauen und sich nicht auf seinen eigenen Verstand zu stützen’. Statt ein Geschäft zu gründen, entschied er sich für den Kolporteurdienst als christlicher Evangeliumsverkündiger (Spr. 3:5, 6). Zusammen mit Ronald Tippin, mit dessen Hilfe er die Wahrheit kennengelernt hatte, diente er über ein Jahr als Kolporteur in England. 1929 erklärten sich dann beide bereit, nach Indien zu gehen.c Da stand ihnen eine schwierige Aufgabe bevor!

      In den darauffolgenden Jahren waren sie nicht nur zu Fuß unterwegs, im Personenzug und im Bus, sondern auch im Güterzug, auf Ochsenkarren, auf Kamelen, in Rikschas, im Sampan und sogar mit dem Flugzeug und in einem Privatzug. Mitunter breiteten sie ihr Bettzeug in Wartesälen aus, in einem Viehstall, auf Dschungelgras oder auf einem Hüttenboden aus Kuhmist; aber sie schliefen auch in Luxushotels und im Palast eines Radschas. Wie der Apostel Paulus lernten sie das Geheimnis kennen, zufrieden zu sein, ganz gleich, ob sie Mangel oder Überfluß hatten (Phil. 4:12, 13). Gewöhnlich hatten sie sehr wenig, was materiell wertvoll war, doch mangelte es ihnen niemals an dem, was sie wirklich benötigten. Sie erlebten persönlich die Erfüllung der Zusage Jesu, daß für die lebensnotwendigen Dinge gesorgt wäre, wenn sie zuerst das Königreich und Gottes Gerechtigkeit suchten.

      Sie hatten schwere Denguefieberanfälle, erkrankten an Malaria und Typhus, doch andere Zeugen kümmerten sich liebevoll um sie. Sie verrichteten ihren Dienst in schmutzigen Städten wie Kalkutta und gaben auf den Teeplantagen in den Bergen Ceylons (heute Sri Lanka) Zeugnis. Um die geistigen Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen, boten sie Literatur an, spielten Schallplatten in den einheimischen Sprachen vor und hielten Vorträge. Als das Werk zunahm, lernte Claude, eine Druckmaschine zu bedienen und Arbeiten zu verrichten, die in den Zweigbüros der Gesellschaft anfallen.

      Im 87. Lebensjahr konnte er auf ein erfahrungsreiches Leben im Dienst Jehovas in England, Indien, Pakistan, auf Ceylon, in Birma (heute Myanmar), Malaya, Thailand und Australien zurückblicken. Nicht nur als junger Mann, sondern auch als Ehemann und Vater gab er dem Königreich in seinem Leben stets den Vorrang. Weniger als zwei Jahre nach seiner Taufe hatte er den Vollzeitdienst aufgenommen, und er betrachtete ihn als seine Laufbahn auf Lebenszeit.

      Gottes Kraft in Schwachheit vollkommen gemacht

      Auch Ben Brickell gehörte zu jenen eifrigen Zeugen. Er hatte dieselben Bedürfnisse und gesundheitlichen Probleme wie alle anderen Menschen, aber einen herausragenden Glauben. 1930 begann er in Neuseeland mit dem Kolporteurdienst und gab in Gebieten Zeugnis, die jahrzehntelang nicht wieder bearbeitet wurden. Zwei Jahre danach unternahm er in Australien eine fünfmonatige Predigtreise durch Wüstengebiet, wo noch nie Zeugnis gegeben worden war. Sein Fahrrad war mit Decken, Kleidung, Nahrung und gebundenen Büchern, die zum Verbreiten bestimmt waren, schwer beladen. Obwohl andere auf dem Weg durch dieses Gebiet umgekommen waren, machte er sich im Vertrauen auf Jehova auf die Reise. Anschließend diente er in Malaysia, wo sich bei ihm ernste Herzbeschwerden einstellten. Doch er gab nicht auf. Nach einer gewissen Erholungszeit setzte er den Vollzeitpredigtdienst in Australien fort. Etwa zehn Jahre später mußte er wegen eines schweren Leidens ins Krankenhaus, und bei seiner Entlassung sagte man ihm, er sei „zu 85 Prozent arbeitsunfähig“. Er konnte nicht einmal einkaufen gehen, ohne sich zwischendurch auszuruhen.

      Aber Ben Brickell war fest entschlossen weiterzumachen, und das tat er, wobei er sich immer wieder ausruhte, wenn es nötig war. Schon bald gab er wieder im rauhen Innern Australiens Zeugnis. Er sorgte, so gut er konnte, für seine Gesundheit, doch der Dienst Jehovas war für ihn bis zu seinem Tod, 30 Jahre später, im Alter von etwa 65 Jahren, das Wichtigste in seinem Leben.d Er wußte, daß das, woran es ihm zufolge seiner Schwäche mangelte, durch die Kraft Jehovas ausgeglichen werden konnte. Bei einem Kongreß 1969 in Melbourne diente er am Pioniertisch und trug an seinem Revers ein großes Abzeichen mit der Aufschrift: „Wenn du etwas über den Pionierdienst wissen möchtest, frage mich“. (Vergleiche 2. Korinther 12:7-10.)

      Dschungeldörfer und Bergwerkssiedlungen im Gebirge erreicht

      Eifer für den Dienst Jehovas bewog nicht nur Männer, sondern auch Frauen, unberührte Gebiete zu bearbeiten. Die zierliche Freida Johnson, die zu den Gesalbten gehörte, war bereits über 50, als sie ganz allein Teile Mittelamerikas zu Pferd bearbeitete, wie zum Beispiel die honduranische Nordküste. Es erforderte Glauben, in diesem Gebiet allein tätig zu sein und die verstreuten Bananenplantagen aufzusuchen oder die Städte La Ceiba, Tela und Trujillo oder die noch weiter entfernten einsamen Karibendörfer. Dort gab sie 1930/31 Zeugnis, dann wieder 1934 und in den Jahren 1940/41. Sie verbreitete Tausende von Veröffentlichungen, die die biblische Wahrheit enthielten.

      In jenen Jahren begann eine andere eifrige Erntearbeiterin ihre Laufbahn im Vollzeitdienst, nämlich Käthe Palm, die in Deutschland geboren war. Durch den Besuch des Kongresses in Columbus (Ohio) 1931, auf dem die Bibelforscher den Namen Jehovas Zeugen angenommen hatten, war sie zur Tat angespornt worden. Damals hatte sie sich entschlossen, zuerst das Königreich zu suchen, was sie 1992 im Alter von 89 Jahren immer noch tat.

      Mit dem Pionierdienst begann sie in New York. In Süddakota hatte sie später einige Monate lang eine Partnerin, setzte aber dann ihren Dienst allein fort und legte die Wege zu Pferd zurück. Als sie eingeladen wurde, in Kolumbien zu dienen, war sie sofort dazu bereit und traf dort Ende 1934 ein. Wieder hatte sie eine Zeitlang eine Partnerin. Als sie erneut allein war, dachte sie nicht etwa daran aufzugeben.

      Ein Ehepaar aus Chile lud sie ein, sich ihnen dort anzuschließen. Es war wiederum ein riesiges Gebiet — das Land erstreckt sich an der Westküste des südamerikanischen Kontinents über 4 265 Kilometer. Nachdem sie in den Bürohäusern der Hauptstadt gepredigt hatte, machte sie sich auf den Weg in den äußersten Norden. In jeder Bergwerksstadt oder -siedlung, ob klein oder groß, gab sie von Haus zu Haus Zeugnis. Die Arbeiter hoch oben in den Anden waren überrascht, daß eine Frau allein bei ihnen vorsprach, doch sie war entschlossen, niemand in dem Gebiet, das ihr zugeteilt war, zu übergehen. Später zog sie in den Süden um, wo es einige estancias (Schaffarmen) gab, die mitunter eine Größe von gut 100 000 Hektar hatten. Von den Leuten, die sich durch ihre Freundlichkeit und Gastlichkeit auszeichneten, wurde sie oft zu Mahlzeiten eingeladen. Auf diese und andere Weise sorgte Jehova dafür, daß sie das zum Leben Notwendige hatte.

      Die gute Botschaft von Gottes Königreich zu predigen war für sie die Erfüllung im Leben.e Auf die Jahre ihres Dienstes zurückblickend, sagte sie: „Meines Erachtens habe ich ein sehr reiches Leben gehabt. Jedes Jahr, wenn ich einen größeren Kongreß des Volkes Jehovas besuche, durchströmt mich ein warmes Gefühl des Glücks beim Anblick der vielen Menschen, mit denen ich Bibelstudien hatte und die jetzt die gute Botschaft verkündigen und andere an das Wasser des Lebens führen.“ Sie hat die Freude gehabt, die Zahl der Lobpreiser Jehovas in Chile von 50 auf über 44 000 ansteigen zu sehen.

      „Hier bin ich! Sende mich“

      Nachdem Martin Pötzinger aus Deutschland einen Vortrag über Jehovas Einladung zum Dienst aus Jesaja 6:8 und die positive Reaktion des Propheten: „Hier bin ich! Sende mich“ gehört hatte, ließ er sich taufen. Zwei Jahre danach, 1930, nahm er in Bayern den Vollzeitpredigtdienst auf.f Bald darauf war das Predigen verboten, die Versammlungsräume der Zeugen wurden versiegelt, und man beschlagnahmte ihre Literatur. Die gefürchtete Gestapo trat auf den Plan. Aber diese Entwicklungen im Jahre 1933 veranlaßten Bruder Pötzinger nicht, seinen Dienst einzustellen.

      Er erhielt die Einladung, in Bulgarien zu dienen. Dort benutzte man Zeugniskarten in der Landessprache, um biblische Literatur anzubieten. Aber viele Menschen waren Analphabeten. Bruder Pötzinger nahm daher Unterricht, um ihre Sprache zu lernen, die in kyrillischen Buchstaben geschrieben wird. Wenn man bei einer Familie Literatur zurückließ, mußten oft die Kinder ihren Eltern daraus vorlesen.

      Im ersten Jahr war Bruder Pötzinger überwiegend allein. Er schrieb: „Beim Gedächtnismahl hielt ich selbst die Ansprache, betete selbst und schloß die Zusammenkunft auch selbst ab.“ 1934 wurden Ausländer abgeschoben. Er ging daher nach Ungarn. Dort mußte er wieder eine neue Sprache erlernen, damit er die gute Botschaft verkündigen konnte. Von Ungarn ging er in die Tschechoslowakei und nach Jugoslawien.

      Er machte viele freudige Erfahrungen: Er fand wahrheitsliebende Menschen, während er mit der Literatur auf dem Rücken durch die Landgebiete und Dörfer zog; er verspürte die Fürsorge Jehovas, wenn ihm gastfreundliche Menschen Nahrung und sogar ein Bett für die Nacht anboten; bis spätabends sprach er mit Menschen, die ihn in seiner Unterkunft aufsuchten, um mehr über die tröstende Botschaft vom Königreich zu hören.

      Es gab auch schwere Glaubensprüfungen. Als er außerhalb seines Heimatlandes diente — und über keinerlei Mittel verfügte —, erkrankte er schwer. Kein Arzt wollte ihn besuchen. Aber Jehova sorgte für ihn. Wie? Man setzte sich schließlich mit dem Chefarzt des Krankenhauses am Ort in Verbindung, der ein bibelgläubiger Mann war und sich Bruder Pötzingers wie eines Sohnes annahm, ohne etwas dafür zu berechnen. Der Arzt war sehr beeindruckt von dem Geist der Selbstaufopferung, der durch die Arbeit des jungen Mannes zum Ausdruck kam, und nahm einen Satz Bücher der Gesellschaft als Geschenk entgegen.

      Eine weitere schwere Prüfung ergab sich für Bruder Pötzinger vier Monate nach seiner Heirat. Im Dezember 1936 wurde er verhaftet; man lieferte ihn in ein Konzentrationslager ein und verlegte ihn später in ein anderes, während sich seine Frau in noch einem anderen befand. Sie sahen sich neun Jahre nicht. Jehova verhinderte eine solch grausame Verfolgung zwar nicht, aber er stärkte Martin und Gertrud, wie er es auch mit Tausenden anderen tat, damit sie ausharren konnten.

      Nachdem Bruder Pötzinger und seine Frau wieder frei waren, diente er viele Jahre als reisender Aufseher in Deutschland. Er besuchte begeisternde Kongresse, die in der Nachkriegszeit auf Hitlers früherem Paradeplatz in Nürnberg stattfanden. Doch nun waren große Scharen loyaler Unterstützer des Königreiches Gottes auf diesem Gelände versammelt. Er wohnte auch unvergeßlichen Kongressen im New Yorker Yankee-Stadion bei und freute sich sehr über die Schulung, die er in der Wachtturm-Bibelschule Gilead erhielt. 1977 wurde er in die leitende Körperschaft der Zeugen Jehovas berufen. Die Einstellung, die er bis zum Ende seines irdischen Laufes im Jahre 1988 bewahrte, läßt sich am besten in die Worte kleiden: „Für mich zählt nur eins: zuerst das Königreich zu suchen.“

      Lernen, was es wirklich bedeutet

      Der Geist der Selbstaufopferung ist für Jehovas Zeugen natürlich nichts Neues. Schon im ersten Band der Bücherserie Millennium-Tagesanbruch, der 1886 erschien, wurde das Thema Weihung (oder Hingabe, wie wir heute sagen würden) ausführlich behandelt. Es wurde, gestützt auf die Heilige Schrift, gezeigt, daß wahre Christen alles Gott „weihen“, auch ihre Fähigkeiten, ihre materiellen Besitztümer und ihr Leben. Sie werden so zu Verwaltern dessen, was Gott „geweiht“ worden ist, und als Verwalter müssen sie Rechenschaft ablegen — nicht Menschen, sondern Gott.

      Immer mehr Bibelforscher widmeten sich ganz dem Dienst für Gott. Sie setzten all ihre Fähigkeiten und Besitztümer sowie ihre ganze Kraft ein, um seinen Willen zu tun. Es gab aber auch Personen, die dachten, am wichtigsten sei es, einen — wie sie es nannten — christlichen Charakter zu entwickeln, damit sie sich eignen würden, mit Christus am Königreich teilzuhaben.

      Bruder Russell hatte zwar oftmals auf die Verpflichtung jedes wahren Christen hingewiesen, über Gottes Königreich Zeugnis abzulegen, aber nach dem Ersten Weltkrieg wurde noch größerer Nachdruck darauf gelegt. Der Artikel „Charakter oder Bund?“ im Wacht-Turm vom 1. Juni 1926 ist ein auffallendes Beispiel dafür. Offen wurden die verhängnisvollen Folgen der sogenannten Charakterentwicklung erörtert, und dann wurde die Wichtigkeit betont, die Verpflichtung Gott gegenüber durch Taten zu erfüllen.

      Bereits im Wacht-Turm vom September 1920 war Jesu große Prophezeiung über ‘das Zeichen seiner Gegenwart und der Vollendung des Zeitalters’ untersucht worden (Mat. 24:3, EB). Die Aufmerksamkeit wurde auf das Predigtwerk gelenkt, das in Erfüllung von Matthäus 24:14 verrichtet werden muß, und es wurde gezeigt, welche Botschaft verkündigt werden sollte: „Die hier genannte gute Botschaft betrifft das Ende der alten Ordnung der Dinge und die Aufrichtung des messianischen Königreiches.“ Wie im Wacht-Turm erklärt wurde, muß dieses Werk aufgrund der Reihenfolge, in der Jesus es zusammen mit anderen Bestandteilen des Zeichens aufführte, „zwischen der Zeit des großen [Ersten] Weltkrieges und der Zeit der ‚großen Drangsal‘, die von dem Meister in Matthäus 24:21, 22 erwähnt wird“, getan werden. Dieses Werk war dringend. Wer würde es verrichten?

      Die Verantwortung ruhte eindeutig auf den Gliedern der „Kirche“, der wahren Christenversammlung. 1932 wurden sie durch die Wachtturm-Ausgabe vom 1. September aufgefordert, die „Jonadab-Klasse“ zu ermutigen, sich im Sinne von Offenbarung 22:17 mit ihnen an dem Werk zu beteiligen. Die Jonadab-Klasse, die die Hoffnung auf ewiges Leben auf der paradiesischen Erde hat, reagierte entsprechend — viele ihrer Glieder mit großem Eifer.

      Im Wacht-Turm wurde 1921 die überragende Bedeutung dieses Werkes betont, indem es hieß, „daß es geradeso wesentlich ist, am Dienste des Herrn teilzunehmen, wie es der Besuch einer Versammlung ist“. „Jeder muß ein Prediger des Evangeliums sein“, wurde 1922 erklärt. „Jehova hat das Predigen zur wichtigsten Arbeit gemacht, die jemand von uns in dieser Welt tun könnte“, war 1949 zu lesen. Häufig wurden die Worte des Apostels Paulus aus 1. Korinther 9:16 zitiert: „Eine Notwendigkeit ist mir auferlegt. Tatsächlich, wehe mir, wenn ich die gute Botschaft nicht verkündigte!“ Dieser Schrifttext wurde auf jeden Zeugen Jehovas angewandt.

      Wie viele predigen? In welchem Umfang? Warum?

      Sollte jemand gezwungen werden, gegen seinen Willen dieses Werk zu verrichten? „Nein“, lautete die Antwort im Wacht-Turm von Oktober/November 1919, „niemand ist gezwungen, irgend etwas zu tun. Es ist alles rein freiwilliger Dienst, der aus Liebe für den Herrn und seine Sache der Gerechtigkeit verrichtet wird. Jehova zwingt niemals irgend jemand.“ Was die Motivation für diesen Dienst angeht, wurde im Wacht-Turm vom 1. Juli 1923 (engl.: 1. September 1922) gesagt: „Jemand, dessen Herz wirklich von Dankgefühl durchdrungen ist, der es vollauf zu schätzen weiß, was Gott für ihn getan hat, wird das Verlangen haben, seine Erkenntlichkeit durch eine Gegenleistung zu beweisen, und je mehr seine Wertschätzung der ihm zuteil gewordenen Güte Gottes wächst, um so größer wird seine Liebe sein; und je größer seine Liebe ist, um so größer wird sein Wunsch sein, ihm zu dienen.“ Und Liebe zu Gott bekundet man dadurch, daß man, wie gezeigt wurde, seine Gebote hält, und eines dieser Gebote lautet, die frohe Nachricht vom Königreich Gottes zu predigen (Jes. 61:1, 2; 1. Joh. 5:3).

      Wer diese Tätigkeit aufnahm, wurde nicht durch irgendwelche weltlichen Ambitionen dazu veranlaßt. Es wurde den Betreffenden offen gesagt, wenn sie von Haus zu Haus gehen oder an Straßenecken Literatur anbieten würden, würde man sie als „töricht, schwach und niedrig“ ansehen, sie würden „verachtet, verfolgt“ und „vom weltlichen Standpunkt als unbedeutend“ betrachtet werden. Aber sie wußten, daß man Jesus und seine ersten Jünger genauso behandelt hatte (Joh. 15:18-20; 1. Kor. 1:18-31).

      Sind Jehovas Zeugen der Meinung, sie könnten sich durch ihre Predigttätigkeit die Rettung verdienen? Keineswegs. In dem Buch In der Anbetung des allein wahren Gottes vereint, durch das seit 1983 Studierenden geholfen worden ist, zur christlichen Reife zu gelangen, wird diese Frage behandelt. Es heißt darin: „Das Opfer Jesu hat uns auch die Gelegenheit eröffnet, ewiges Leben zu erlangen ... Dies ist keine Belohnung, die wir uns verdienen könnten. Ganz gleich, wieviel wir im Dienste Jehovas tun, können wir uns niemals ein solches Verdienst erwerben, daß Gott uns das Leben schulden würde. Das ewige Leben ist eine ‚Gabe ..., die Gott gibt, ... durch Christus Jesus, unseren Herrn‘ (Röm. 6:23; Eph. 2:8-10). Doch wenn wir an diese Gabe glauben und die Art und Weise, in der sie uns ermöglicht wurde, schätzen, werden wir dies zum Ausdruck bringen. Da wir erkennen, auf welch wunderbare Weise Jehova Jesus gebraucht hat, um seinen Willen durchzuführen, und wie wichtig es ist, daß wir alle den Fußstapfen Jesu genau nachfolgen, werden wir den christlichen Dienst zu einem der wichtigsten Dinge in unserem Leben machen.“

      Kann man sagen, daß alle Zeugen Jehovas Verkündiger des Königreiches Gottes sind? Ja. Das versteht man unter einem Zeugen Jehovas. Vor mehr als fünfzig Jahren gab es einige, die dachten, sie hätten es nicht nötig, sich am Predigtdienst zu beteiligen, in die Öffentlichkeit und von Haus zu Haus zu gehen. Doch heute möchte kein Zeuge Jehovas aufgrund seiner Stellung in der Ortsversammlung oder in der weltweiten Organisation von diesem Dienst befreit werden. Männer und Frauen, Jung und Alt nehmen daran teil. Sie betrachten ihn als ein kostbares Vorrecht, als einen heiligen Dienst. Nicht wenige verrichten ihn trotz schwerer Gebrechen. Und wer körperlich einfach nicht in der Lage ist, von Haus zu Haus zu gehen, sucht andere Möglichkeiten, Menschen zu erreichen und ihnen persönlich Zeugnis zu geben.

      Früher bestand bisweilen die Tendenz, daß man Neuen zu schnell erlaubte, sich am Predigtdienst zu beteiligen. Aber in den letzten Jahrzehnten hat man größeren Nachdruck darauf gelegt, daß sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen, bevor sie dazu eingeladen werden. Was heißt das? Es bedeutet nicht, daß sie in der Lage sein müssen, alles in der Bibel zu erklären. Doch sollten sie, wie in dem Buch Organisiert, unseren Dienst durchzuführen gezeigt wird, die Grundlehren der Bibel kennen und daran glauben. Auch sollten sie im Einklang mit biblischen Maßstäben ein reines Leben führen. Jeder sollte wirklich ein Zeuge Jehovas sein wollen.

      Es wird nicht erwartet, daß sich alle Zeugen Jehovas im gleichen Ausmaß am Predigen beteiligen. Die Verhältnisse der einzelnen sind unterschiedlich. Faktoren wie Alter, Gesundheit, familiäre Verpflichtungen und Tiefe der Wertschätzung spielen dabei eine Rolle. Darüber ist man sich immer im klaren gewesen. Das wurde auch in der Wachtturm-Ausgabe vom 1. April 1951 (engl.: 1. Dezember 1950) betont, wo der „gute Boden“ aus Jesu Gleichnis vom Sämann behandelt wurde, einem Gleichnis, das in Lukas 8:4-15 zu finden ist. In dem 1972 für die Ältesten veröffentlichten Buch Königreichsdienst-Schulkurs wurde das Erfordernis analysiert, ‘Jehova mit ganzer Seele zu lieben’, und erklärt, „daß nicht die Menge dessen, was jemand im Verhältnis zur Tätigkeit eines anderen tut, wesentlich ist, sondern daß man tut, was man kann“ (Mar. 14:6-8). Es wurde zu einer sachlichen Selbstprüfung ermuntert und in bezug auf diese Liebe gesagt, „daß jede Faser des Seins eines Menschen daran beteiligt ist, Gott liebevoll zu dienen; keine Funktion, keine Fähigkeit und kein Wunsch im Leben ist ausgenommen“. Wir müssen alle unsere Fähigkeiten einsetzen, unsere ganze Seele, um Gottes Willen zu tun. In dem Lehrbuch wurde betont: „Gott fordert nicht nur Beteiligung, sondern Dienst mit ganzer Seele“ (Mar. 12:30).

      Leider neigen unvollkommene Menschen zu Extremen, indem sie das eine betonen und das andere vernachlässigen. So fand es Bruder Russell 1906 für notwendig, warnend darauf hinzuweisen, daß Selbstaufopferung nicht auf Kosten anderer gehen dürfe. Es bedeutet nicht, daß man nicht mehr auf vernünftige Weise für seine Frau, seine abhängigen Kinder oder seine betagten Eltern sorgt, damit man frei ist, anderen zu predigen. Seither sind in den Wachtturm-Publikationen immer wieder ähnliche Ermahnungen erschienen.

      Die gesamte Organisation ist bestrebt gewesen — und mit der Hilfe des Wortes Gottes ist es ihr auch allmählich gelungen —, christliche Ausgeglichenheit zu erlangen, das heißt, Eifer für den Dienst Gottes zu offenbaren und gleichzeitig allem, was einen wahren Christen ausmacht, die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. Die „Charakterentwicklung“ beruhte zwar auf einem falschen Verständnis, doch wie im Wachtturm gezeigt wurde, sollte man die Früchte des Geistes und den christlichen Lebenswandel nicht geringschätzen. 1942 hieß es im Wachtturm sehr treffend: „Einige haben unklugerweise geschlußfolgert, wenn sie sich am Zeugniswerk von Haus zu Haus beteiligten, könnten sie straffrei alles tun, wonach es sie gelüsten würde. Man bedenke jedoch, daß nicht lediglich verlangt wird, sich am Zeugniswerk zu beteiligen“ (1. Kor. 9:27).

      Prioritäten setzen

      ‘Zuerst das Königreich und Gottes Gerechtigkeit zu suchen’ bedeutet, wie Jehovas Zeugen erkannt haben, Prioritäten zu setzen. Dazu zählt unter anderem, dem persönlichen Studium des Wortes Gottes und dem regelmäßigen Besuch der Zusammenkünfte den rechten Platz im Leben einzuräumen und nicht zuzulassen, daß andere Aktivitäten den Vorzug erhalten. Es bedeutet, Entscheidungen zu treffen, die den aufrichtigen Wunsch erkennen lassen, die in der Bibel enthaltenen Forderungen des Königreiches Gottes zu erfüllen. Das schließt ein, Entscheidungen, die das Familienleben, die Freizeitgestaltung, die Ausbildung, den Beruf, Geschäftspraktiken und das Verhältnis zum Nächsten betreffen, auf biblische Grundsätze zu stützen.

      Zuerst das Königreich zu suchen heißt nicht nur, jeden Monat einen gewissen Anteil daran zu haben, anderen etwas über Gottes Vorsatz zu erzählen. Es bedeutet, den Königreichsinteressen im ganzen Leben den ersten Platz einzuräumen und andere biblische Verpflichtungen angemessen zu erfüllen.

      Für ergebene Zeugen Jehovas gibt es viele Möglichkeiten, die Königreichsinteressen zu fördern.

      Das Vorrecht des Betheldienstes

      Einige dienen als Mitglieder der weltweiten Bethelfamilie. Dabei handelt es sich um Vollzeitdiener, die sich freiwillig bereit erklärt haben, jede Aufgabe zu erfüllen, die ihnen in Verbindung mit dem Verfassen und dem Veröffentlichen biblischer Literatur, dem Erledigen notwendiger Büroarbeiten und der Unterstützung dieser Tätigkeiten zugeteilt wird. Dadurch erlangen sie weder Berühmtheit noch materiellen Besitz. Sie möchten Jehova ehren und sind mit ihrer Nahrung und Unterkunft sowie ihrem bescheidenen Taschengeld zufrieden. Aufgrund der Lebensweise der Bethelfamilie betrachten zum Beispiel die staatlichen Behörden in den Vereinigten Staaten sie als Mitglieder eines religiösen Ordens, die ein Armutsgelübde abgelegt haben. Diejenigen, die im Bethel dienen, freuen sich, ihr Leben völlig in den Dienst Jehovas stellen zu können und eine Aufgabe zu erfüllen, die einer Vielzahl ihrer christlichen Brüder und neuinteressierter Personen zugute kommt — mitunter auch in anderen Ländern. Wie andere Zeugen Jehovas beteiligen auch sie sich regelmäßig am Predigtdienst.

      Die erste Bethelfamilie (oder Bibelhausfamilie, wie man sie damals nannte) gab es in Allegheny (Pennsylvanien). 1896 hatte sie 12 Mitarbeiter. 1992 gab es über 12 900 Mitglieder der Bethelfamilie, die in 99 Ländern dienten. Zusätzlich sind täglich Hunderte weitere Freiwillige, weil es nicht genügend Wohnraum in den Gebäuden der Gesellschaft gab, zu den Bethelheimen und Druckereien gefahren, um bei der Arbeit mitzuhelfen. Sie sehen es als ein Vorrecht an, sich an dem Werk zu beteiligen. Je nach Bedarf erklären sich Tausende weitere Zeugen bereit, ihre weltliche Arbeit oder andere Tätigkeiten für eine gewisse Zeit auszusetzen und beim Bau von Gebäuden mitzuhelfen, die die Gesellschaft in Verbindung mit dem weltweiten Predigen der guten Botschaft von Gottes Königreich benötigt.

      Viele Mitglieder der weltweiten Bethelfamilie haben ihre Arbeit zu ihrer Lebensaufgabe gemacht. Frederick W. Franz, der 1977 der vierte Präsident der Watch Tower Society wurde, hatte damals bereits 57 Jahre zur Bethelfamilie in New York gehört und diente bis zu seinem Tod 1992 noch weitere 15 Jahre im Bethel. Heinrich Dwenger begann seinen Betheldienst 1911 in Deutschland und diente anschließend bescheiden überall dort, wohin er zugeteilt wurde; in seinem Todesjahr, 1983, erfreute er sich immer noch als ein Mitglied der Bethelfamilie in Thun (Schweiz) an seinem Dienst. George Phillips aus Schottland nahm 1924 eine Zuteilung im Zweigbüro in Südafrika an (als von dort aus das Predigtwerk von Kapstadt bis Kenia beaufsichtigt wurde) und diente ununterbrochen in Südafrika bis zu seinem Tod 1982 (als es in jenem Gebiet sieben Zweigbüros der Gesellschaft gab und etwa 160 000 Zeugen tätig waren). Auch Glaubensschwestern wie Kathryn Bogard, Grace DeCecca, Irma Friend, Alice Berner und Mary Hannan widmeten ihr ganzes Leben als Erwachsene bis zu ihrem Tod dem Betheldienst. Viele weitere dienen ebenfalls schon 10, 30, 50, 70 und mehr Jahre als Mitglieder der Bethelfamilie.g

      Opferbereite reisende Aufseher

      Weltweit gibt es etwa 3 900 Kreis- und Bezirksaufseher, die in Begleitung ihrer Frauen überall dort ihre Aufgabe erfüllen, wo sie benötigt werden, gewöhnlich in ihrem Heimatland. Viele von ihnen haben ihr Zuhause aufgegeben und ziehen jetzt jede Woche oder alle paar Wochen um, damit sie allen ihnen zugeteilten Versammlungen dienen können. Sie werden dafür nicht bezahlt, sondern sind dankbar, eine bescheidene Zuwendung für persönliche Ausgaben zu erhalten und dort, wo sie dienen, Verpflegung und Unterkunft. In den Vereinigten Staaten, wo 1992 insgesamt 499 Kreis- und Bezirksaufseher dienten, sind diese reisenden Ältesten im Durchschnitt 54 Jahre alt, und einige von ihnen haben 30, 40 oder mehr Jahre in dieser Stellung gedient. In mehreren Ländern reisen diese Aufseher mit dem Auto. Wenn sie die Inselgebiete im Pazifischen Ozean besuchen, müssen sie häufig mit dem Flugzeug oder dem Schiff reisen. In manchen Regionen besuchen Kreisaufseher abgelegene Versammlungen zu Pferd oder zu Fuß.

      Pioniere decken einen dringenden Bedarf

      Damit die gute Botschaft an Orten gepredigt wird, wo es keine Zeugen gibt, oder damit in einem Gebiet dringend benötigte Hilfe geboten werden kann, mag die leitende Körperschaft dafür sorgen, daß Sonderpioniere eingesetzt werden. Das sind Vollzeitverkündiger des Evangeliums, die monatlich mindestens 140 Stunden im Predigtdienst verbringen. Sie stellen sich zur Verfügung, überall dort zu dienen, wo sie in ihrem Land oder in einigen Fällen in Nachbarländern gebraucht werden. Die Anforderungen ihres Dienstes lassen ihnen wenig oder gar keine Zeit, durch eine weltliche Arbeit für ihre materiellen Bedürfnisse zu sorgen. Deshalb erhalten sie eine bescheidene Zuwendung. 1992 gab es weltweit über 14 500 Sonderpioniere.

      Als 1937 die ersten Sonderpioniere ausgesandt wurden, gingen sie bahnbrechend darin voran, Wohnungsinhabern an der Tür biblische Schallplattenvorträge vorzuspielen und diese auch als Grundlage für biblische Gespräche bei Rückbesuchen zu verwenden. Diese Tätigkeit wurde in Großstädten verrichtet, wo bereits Versammlungen bestanden. Einige Jahre danach wurden die Sonderpioniere besonders in die Gebiete gesandt, wo es entweder noch keine Versammlungen gab oder solche, die dringend Hilfe benötigten. Als Ergebnis ihrer erfolgreichen Arbeit wurden Hunderte von neuen Versammlungen gegründet.

      Statt nach dem Durcharbeiten eines Gebiets in ein anderes zu gehen, bearbeiteten sie es wiederholt, gingen jedem vorgefundenen Interesse nach und führten Bibelstudien durch. Für interessierte Personen wurden Zusammenkünfte organisiert. So lud ein Sonderpionier in Lesotho (Südafrika) in der ersten Woche seines Aufenthalts in seiner neuen Zuteilung jeden, den er antraf, ein, sich einmal anzusehen, wie Jehovas Zeugen die Theokratische Predigtdienstschule durchführen. Er und seine Familie bestritten das gesamte Programm. Dann lud er alle zum Wachtturm-Studium ein. Nachdem die anfängliche Neugierde befriedigt war, wurde das Wachtturm-Studium weiterhin von 30 Personen besucht und die Schule von durchschnittlich 20. In Ländern, wo in der Gileadschule ausgebildete Missionare viel dazu beitrugen, das Predigen der guten Botschaft in Gang zu bringen, stellte sich mitunter ein schnelleres Wachstum ein, nachdem sich einheimische Zeugen für den Sonderpionierdienst eigneten, denn sie konnten unter den Einheimischen meist sogar noch wirkungsvoller tätig sein.

      Außer diesen eifrigen Erntearbeitern gibt es Hunderttausende weitere Zeugen Jehovas, die die Königreichsinteressen tatkräftig fördern. Zu ihnen gehören jüngere und ältere, männliche und weibliche, verheiratete und ledige Personen. Allgemeine Pioniere setzen jeden Monat mindestens 90 Stunden für den Predigtdienst ein, Hilfspioniere wenigstens 60 Stunden. Sie entscheiden selbst, wo sie predigen möchten. Die meisten von ihnen arbeiten mit Versammlungen zusammen; einige ziehen in abgelegene Gebiete. Sie sorgen selbst für ihre materiellen Bedürfnisse, indem sie einer weltlichen Arbeit nachgehen, oder vielleicht helfen ihre Angehörigen mit, den Lebensunterhalt zu bestreiten. 1992 dienten 914 500 entweder als allgemeine Pioniere oder zumindest einen Teil des Jahres als Hilfspioniere.

      Schulen mit bestimmten Zielen

      Durch besondere Schulung werden Freiwillige für bestimmte Dienstarten ausgerüstet. In der Gileadschule sind seit 1943 Tausende von erfahrenen Verkündigern für den Missionardienst ausgebildet worden, und die Absolventen wurden in alle Teile der Erde gesandt. 1987 wurde die Schule zur dienstamtlichen Weiterbildung eröffnet, um besonderen Bedürfnissen abzuhelfen, einschließlich der Betreuung von Versammlungen und der Übernahme anderer Verantwortlichkeiten. Da die Schule an mehreren Orten stattfindet, haben die Studenten keinen allzu weiten Weg (bis zu dem zentral gelegenen Ort, an dem sie abgehalten wird) und brauchen keine andere Sprache zu erlernen, um aus der Schulung Nutzen zu ziehen. Bei allen, die zum Besuch dieser Schule eingeladen werden, handelt es sich um Älteste oder Dienstamtgehilfen, die bewiesen haben, daß sie wirklich zuerst das Königreich suchen. Viele haben sich für den Dienst in anderen Ländern bereit erklärt. Sie sind ebenso eingestellt wie der Prophet Jesaja, der sagte: „Hier bin ich! Sende mich“ (Jes. 6:8).

      Im Jahre 1977 wurde mit der Pionierdienstschule begonnen, damit diejenigen, die bereits als allgemeine Pioniere und als Sonderpioniere dienten, noch erfolgreicher tätig sein konnten. Die Schule wurde weltweit möglichst in jedem Kreis eingerichtet. Alle Pioniere wurden eingeladen, aus dem zweiwöchigen Kurs Nutzen zu ziehen. Seither wird diese Schulung allen zuteil, die das erste Jahr des Pionierdienstes vollendet haben. In den Vereinigten Staaten allein sind bis 1992 etwa 100 000 Pioniere geschult worden, und jährlich kommen mehr als 10 000 hinzu. Weitere 55 000 wurden in Japan geschult, 38 000 in Mexiko, 25 000 in Brasilien und 25 000 in Italien. Die Pioniere besuchen nicht nur diese Schule, sondern ziehen auch Nutzen aus den regelmäßigen besonderen Zusammenkünften mit dem Kreisaufseher bei seinen halbjährlichen Besuchen in der Versammlung und aus einer speziellen Unterweisung durch den Kreis- und den Bezirksaufseher anläßlich des jährlichen Kreiskongresses. Die Königreichsverkündiger, die das große Heer der Pioniere bilden, sind somit nicht nur willige Arbeiter, sondern auch gut geschulte Diener Gottes.

      Dort dienen, wo mehr Hilfe benötigt wird

      Viele Tausende von Zeugen Jehovas — eine Anzahl davon sind Pioniere — sind nicht nur bereit, an ihrem Heimatort zu dienen, sondern stellen sich auch für Gegenden zur Verfügung, wo ein größerer Bedarf an Verkündigern der guten Botschaft besteht. Jedes Jahr verbringen Tausende mehrere Wochen oder Monate, je nachdem, wie sie es einrichten können, in einer von ihrer Heimat oft ziemlich weit entfernten Gegend und geben Menschen Zeugnis, die nicht regelmäßig von Zeugen Jehovas besucht werden. Tausende haben ihre Zelte abgebrochen und sind umgezogen, damit sie über eine längere Zeit mithelfen können. Vielfach handelt es sich dabei um Ehepaare oder Familien. Oft ist es kein Umzug an einen allzuweit entfernten Ort gewesen, doch einige haben im Laufe der Jahre mehrmals den Wohnort gewechselt. Viele dieser eifrigen Zeugen führen ihren Dienst sogar im Ausland durch — einige für ein paar Jahre, andere auf Dauer. Sie nehmen irgendeine Arbeit an, die ihnen hilft, für ihre Bedürfnisse zu sorgen, und bezahlen den Umzug aus eigener Tasche. Sie haben nur den einen Wunsch, im größtmöglichen Ausmaß die Königreichsbotschaft zu verkündigen.

      Ein Familienvater, der kein Zeuge Jehovas ist, zieht vielleicht mit seiner Familie wegen einer anderen Arbeit um. Das können die Familienmitglieder, die Zeugen sind, als eine Gelegenheit ansehen, die Königreichsbotschaft zu verbreiten. So verhielt es sich mit zwei Zeugen aus den Vereinigten Staaten, die sich Ende der 70er Jahre in einer Baustellensiedlung im Dschungel von Suriname befanden. An zwei Tagen in der Woche standen sie um 4 Uhr morgens auf, fuhren eine Stunde mit einem Bus der Baufirma auf einer holprigen Straße zu einem Dorf und predigten dort den ganzen Tag. Schon bald führten sie mit Menschen, die nach der Wahrheit hungerten, wöchentlich 30 Bibelstudien durch. Heute gibt es in diesem früher unberührten Teil des Regenwaldes eine Versammlung.

      Jede passende Gelegenheit ergreifen, Zeugnis zu geben

      Selbstverständlich wandern nicht alle Zeugen Jehovas in andere Länder aus oder ziehen in andere Städte, um ihren Dienst dort fortzusetzen. Ihre persönlichen Verhältnisse mögen es nicht zulassen, Pionier zu sein. Dennoch sind sich die Zeugen der biblischen Ermahnung bewußt, ‘all ihr ernsthaftes Bemühen beizutragen’ und ‘allezeit reichlich beschäftigt zu sein im Werk des Herrn’ (2. Pet. 1:5-8; 1. Kor. 15:58). Sie zeigen, daß sie zuerst das Königreich suchen, indem sie seine Interessen der weltlichen Arbeit und der Entspannung voranstellen. Alle, die ein Herz voller Wertschätzung für das Königreich haben, beteiligen sich regelmäßig in dem Ausmaß am Predigtdienst, wie es ihre Verhältnisse zulassen, und viele nehmen entsprechende Änderungen vor, damit sie einen größeren Anteil daran haben können. Zudem halten sie ständig nach passenden Gelegenheiten Ausschau, Zeugnis über das Königreich abzulegen.

      John Furgala, der in Guayaquil (Ecuador) eine Eisenwarenhandlung hatte, stellte zum Beispiel in seinem Geschäft auf ansprechende Weise biblische Literatur aus. Während sein Gehilfe den Auftrag eines Kunden erledigte, gab er dem betreffenden Kunden Zeugnis.

      Ein eifriger Zeuge aus Nigeria, der durch seine Arbeit als Elektriker für seine Familie sorgte, war ebenfalls fest entschlossen, seine geschäftlichen Kontakte zu nutzen, um Zeugnis zu geben. Als Geschäftsinhaber teilte er die Zeit ein. Jeden Morgen vor Arbeitsbeginn versammelte er seine Frau, seine Kinder, seine Angestellten und Lehrlinge zu einer Besprechung des Tagestextes, bei der auch Erfahrungen aus dem Jahrbuch der Zeugen Jehovas gelesen wurden. Zu Beginn jeden Jahres gab er seinen Kunden gewöhnlich einen Kalender der Watch Tower Society und zwei Zeitschriften. Das alles hat dazu geführt, daß sich ihm einige seiner Angestellten und Kunden in der Anbetung Jehovas angeschlossen haben.

      Es gibt viele Zeugen Jehovas, die genauso eingestellt sind. Ganz gleich, was sie tun, halten sie ständig nach Gelegenheiten Ausschau, mit anderen über die gute Botschaft zu sprechen.

      Ein großes Heer glücklicher Vollzeitverkündiger

      Im Laufe der Jahre hat der Eifer der Zeugen Jehovas für das Predigen der guten Botschaft nicht nachgelassen. Wenn ihnen auch zahlreiche Wohnungsinhaber ziemlich nachdrücklich erklären, sie seien nicht interessiert, gibt es doch viele, die dankbar dafür sind, daß ihnen die Zeugen helfen, die Bibel zu verstehen. Jehovas Zeugen sind entschlossen, so lange weiterzupredigen, bis Jehova selbst unmißverständlich zu erkennen gibt, daß dieses Werk vollendet ist.

      Statt nachzulassen, hat die weltweite Gemeinschaft der Zeugen Jehovas ihre Predigttätigkeit intensiviert. Wie aus dem weltweiten Bericht für 1982 hervorgeht, wurden damals 384 856 662 Stunden für den Predigtdienst eingesetzt. Zehn Jahre später (1992) widmete man diesem Werk 1 024 910 434 Stunden. Worauf war dieser Anstieg zurückzuführen?

      Es stimmt, daß Jehovas Zeugen zahlenmäßig zugenommen hatten, doch nicht in diesem Ausmaß. Während ihre Zahl in der betreffenden Zeitspanne um 80 Prozent zunahm, kletterte die Zahl der Pioniere um 250 Prozent in die Höhe. Durchschnittlich stand weltweit jeden Monat fast 1 von 7 Zeugen Jehovas in irgendeinem Zweig des Vollzeitpredigtdienstes.

      Wer zählte zu diesen Pionieren? In der Republik Korea zum Beispiel sind ein Großteil der Zeugen Hausfrauen. Familienpflichten gestatten nicht allen von ihnen, ständig als Pionier zu dienen, doch nicht wenige haben die langen Schulferien im Winter für den Hilfspionierdienst genutzt. So kam es, daß im Januar 1990 53 Prozent aller Zeugen in der Republik Korea in irgendeinem Zweig des Vollzeitdienstes standen.

      Eifer und Pioniergeist ermöglichten den ersten philippinischen Zeugen, auf Hunderten von bewohnten Inseln der Philippinen die Königreichsbotschaft zu predigen. Dieser Eifer ist seither noch deutlicher hervorgetreten. 1992 verrichteten auf den Philippinen jeden Monat durchschnittlich 22 205 Verkündiger ihren Predigtdienst als Pionier. Zu ihnen gehörten zahlreiche Jugendliche, die sich dafür entschieden hatten, ‘ihres Schöpfers zu gedenken’ und ihre Jugendkraft in seinen Dienst zu stellen (Pred. 12:1). Ein Bruder, der als Jugendlicher den Pionierdienst aufgenommen hatte, sagte nach zehn Jahren: „Ich habe gelernt, geduldig zu sein, ein einfaches Leben zu führen, mich auf Jehova zu verlassen und demütig zu sein. Es stimmt, ich habe auch Härten und Entmutigung erlebt, aber all das ist nichts im Vergleich zu den Segnungen, die der Pionierdienst mit sich gebracht hat.“

      Im April und Mai 1989 brachte Der Wachtturm eine Bloßstellung Babylons der Großen, das heißt der falschen Religion auf der ganzen Erde in ihren zahlreichen Formen. Die Artikel wurden simultan in 39 Sprachen veröffentlicht und weithin verbreitet. In Japan, wo oftmals über 40 Prozent der Zeugen im Pionierdienst stehen, ließen sich 41 055 Verkündiger als Hilfspioniere eintragen — eine neue Höchstzahl —, um das Werk im April jenes Jahres besonders zu unterstützen. Von den 77 getauften Verkündigern der Versammlung Otsuka in der Stadt Takatsuki (Präfektur Osaka) verrichteten in jenem Monat 73 irgendeine Art des Pionierdienstes. Am 8. April, nachdem alle Verkündiger in Japan ermuntert worden waren, sich an der Verbreitung dieser wichtigen Botschaft zu beteiligen, verrichteten Hunderte von Versammlungen wie die Versammlung Ushioda in Yokohama von 7 bis 20 Uhr einen ganzen Tag Straßen- und Haus-zu-Haus-Dienst, um möglichst jeden im Gebiet zu erreichen.

      Wie überall, so sorgen Jehovas Zeugen auch in Mexiko durch eine Arbeit für ihre materiellen Bedürfnisse. Dennoch haben 1992 jeden Monat durchschnittlich 50 095 von ihnen für den Pionierdienst Raum geschaffen, um wahrheitshungrigen Menschen zu helfen, etwas über Gottes Königreich zu erfahren. Oft arbeiten alle in einer Familie zusammen, damit die ganze Familie oder zumindest einige Angehörige im Pionierdienst stehen können. Sie verrichten einen erfolgreichen Dienst. 1992 führten Jehovas Zeugen in Mexiko mit Einzelpersonen und ganzen Familien regelmäßig insgesamt 502 017 Bibelstudien durch.

      Die Ältesten, die sich der Bedürfnisse der Versammlungen der Zeugen Jehovas annehmen, tragen eine schwere Verantwortung. In Nigeria haben wie in vielen anderen Ländern die meisten Ältesten eine Familie. Außer daß sie sich darauf vorbereiten, Versammlungszusammenkünfte zu leiten oder sich daran zu beteiligen, fällt ihnen auch die Aufgabe zu, die Herde Gottes zu hüten, und einige dieser Männer dienen darüber hinaus noch als Pionier. Wie ist ihnen das möglich? Gewissenhafte Zeiteinteilung und gute Zusammenarbeit in der Familie spielen meist eine bedeutende Rolle.

      Es steht einwandfrei fest, daß sich Jehovas Zeugen auf der ganzen Erde die Ermahnung Jesu zu Herzen nehmen, ‘zuerst das Königreich zu suchen’ (Mat. 6:33). Was sie tun, ist ein von Herzen kommender Ausdruck ihrer Liebe zu Jehova und ihrer Wertschätzung für seine Souveränität. Wie der Psalmist David sagen sie: „Ich will dich erheben, o mein Gott und König, und ich will deinen Namen segnen auf unabsehbare Zeit, ja für immer“ (Ps. 145:1).

      [Fußnoten]

      a Wacht-Turm, 15. August 1906 (engl.), Seite 267—271.

      b Siehe Wachtturm, 1. Mai 1967, Seite 284—288.

      c Siehe Wachtturm, 15. März 1974, Seite 184—189.

      d Siehe Wachtturm, 1. Dezember 1972, Seite 725—729.

      e Der Wachtturm, 1. Februar 1964, Seite 92—94.

      f Siehe Wachtturm, 1. März 1970, Seite 153—156; 15. September 1988, Seite 31.

      g Siehe Wachtturm, 1. Mai 1987, Seite 22 bis 30; 1. Juni 1964, Seite 348—351; 1. März 1957, Seite 136—143; 15. November 1970, Seite 699—702; 1. Dezember 1960, Seite 729—733; 15. September 1968, Seite 570—573; 1. Juli 1968, Seite 409 bis 414; 15. September 1959, Seite 565—568.

      [Herausgestellter Text auf Seite 292]

      Der Verantwortung, Zeugnis zu geben, wurde vermehrt Nachdruck verliehen

      [Herausgestellter Text auf Seite 293]

      Sie betrachten das Zeugnisgeben von Haus zu Haus als ein kostbares Vorrecht

      [Herausgestellter Text auf Seite 294]

      Das Verständnis darüber, was Dienst mit ganzer Seele ist

      [Herausgestellter Text auf Seite 295]

      Was es wirklich bedeutet, ‘zuerst das Königreich zu suchen’

      [Herausgestellter Text auf Seite 301]

      Eifrige Zeugen stellen die Königreichsinteressen der weltlichen Arbeit und der Entspannung voran

      [Kasten/Bild auf Seite 288]

      „Wo sind die neun?“

      Bei der Feier zum Gedenken an den Tod Christi wurde 1928 allen Anwesenden ein Traktat mit dem Titel „Wo sind die neun?“ überreicht. Es enthielt eine Besprechung von Lukas 17:11-19, die Claude Goodman im Innersten berührte und ihn bewog, den Dienst als Kolporteur oder Pionier aufzunehmen und darin auszuharren.

      [Kasten/Bilder auf Seite 296, 297]

      Der Betheldienst

      1992 gab es in 99 Ländern 12 974 Bethelmitarbeiter

      [Bilder]

      Für Mitglieder der Bethelfamilie ist das persönliche Studium wichtig

      Spanien

      In jedem Bethelheim beginnt der Tag mit der Besprechung eines Bibeltextes

      Finnland

      Wie Jehovas Zeugen überall beteiligen sich auch die Mitglieder der Bethelfamilie am Predigtdienst

      Schweiz

      An jedem Montagabend studiert die Bethelfamilie gemeinsam den „Wachtturm“

      Italien

      Es gibt unterschiedliche Arbeiten, aber alle dienen der Verkündigung des Königreiches Gottes

      Frankreich

      Papua-Neuguinea

      Vereinigte Staaten

      Deutschland

      Philippinen

      Mexiko

      Großbritannien

      Nigeria

      Niederlande

      Brasilien

      Japan

      Südafrika

      [Kasten/Bilder auf Seite 298]

      Einige langjährige Bethelmitarbeiter

      F. W. Franz — Vereinigte Staaten (1920—1992)

      Heinrich Dwenger — Deutschland (etwa 15 Jahre in der Zeit von 1911 bis 1933), Ungarn (1933—1935), Tschechoslowakei (1936—1939), Schweiz (1939—1983)

      George Phillips — Südafrika (1924—1966, 1976—1982)

      Leibliche Schwestern (Kathryn Bogard und Grace DeCecca), die zusammen insgesamt 136 Jahre im Betheldienst standen — Vereinigte Staaten

      [Übersicht auf Seite 303]

      (Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

      Die Pioniere nehmen zu!

      Pioniere

      Verkündiger

      Zunahme in Prozenten Seit 1982

      250 %

      200 %

      150 %

      100 %

      50 %

      1982 1984 1986 1988 1990 1992

      [Bild auf Seite 284]

      Schwester Early bereiste einen großen Teil Neuseelands mit dem Fahrrad, um die Königreichsbotschaft zu verkündigen

      [Bild auf Seite 285]

      76 Jahre verbrachte Malinda Keefer — als Ledige, als Ehefrau und schließlich als Witwe — im Vollzeitpredigtdienst

      [Bilder auf Seite 286]

      Einfache Wohnmobile boten einigen der ersten Pioniere Unterkunft, wenn sie von Ort zu Ort zogen

      Kanada

      Indien

      [Bild auf Seite 287]

      Frank Rice (rechts, stehend), Clem Deschamp (vor Frank sitzend, neben ihnen Clems Frau Jean) und eine Gruppe von Java, die aus Zeugen und Neuinteressierten bestand

      [Bilder auf Seite 288]

      Claude Goodman verbrachte sein Leben im Vollzeitpredigtdienst in Indien und sieben anderen Ländern

      [Bild auf Seite 289]

      Als sich Ben Brickell guter Gesundheit erfreute, setzte er sie im Dienst Jehovas ein; ernste gesundheitliche Probleme in späteren Jahren konnten ihn nicht zum Aufgeben bewegen

      [Bild auf Seite 290]

      Käthe Palm gab in Chile in allen möglichen Gebieten Zeugnis — vom Großstadt-Bürohaus bis zur entlegensten Bergwerkssiedlung und Schaffarm

      [Bild auf Seite 291]

      Die Entschlossenheit von Martin und Gertrud Pötzinger läßt sich in den Worten ausdrücken: „Für mich zählt nur eins: zuerst das Königreich zu suchen“

      [Bild auf Seite 300]

      Die Pionierdienstschule (wie hier in Japan) hat Zehntausenden von eifrigen Erntearbeitern eine besondere Schulung geboten

  • In Liebe zusammenwachsen
    Jehovas Zeugen — Verkündiger des Königreiches Gottes
    • Kapitel 19

      In Liebe zusammenwachsen

      DIE Apostel Jesu Christi betonten in ihren Briefen an ihre Mitchristen, daß es für jeden einzelnen erforderlich ist, nicht nur an genauer Erkenntnis zuzunehmen, sondern auch in der Liebe zu wachsen. Die Grundlage dafür bildete die Liebe, die Gott selbst erwiesen hatte, und die aufopferungsvolle Liebe Christi, in dessen Fußstapfen sie treten wollten (Joh. 13:34, 35; Eph. 4:15, 16; 5:1, 2; Phil. 1:9; 1. Joh. 4:7-10). Sie bildeten eine Bruderschaft, deren Bande der Liebe noch stärker wurden, wenn sie einander halfen.

      Als die Brüder in Judäa aufgrund einer Hungersnot finanziell in Not gerieten, halfen ihnen Christen aus Syrien und Griechenland, indem sie ihre Habe mit ihnen teilten (Apg. 11:27-30; Röm. 15:⁠26). Wenn einige verfolgt wurden, litten andere Christen mit ihnen und versuchten, ihnen beizustehen (1. Kor. 12:26; Heb. 13:3).

      Natürlich besitzen alle Menschen die Fähigkeit zu lieben, und nicht nur Christen verrichten wohltätige Werke. Dennoch fiel der römischen Welt auf, daß die von Christen erwiesene Liebe anders war. Tertullian, ein Jurist im alten Rom, zitierte wie folgt, was man in der römischen Welt über die Christen sagte: „ ‚Seht‘, sagen sie, ‚wie sie sich gegenseitig lieben ... und wie sie für einander zu sterben bereit sind‘ “ (Verteidigung des Christentums, XXXIX, 7). John Hurst berichtet in seinem Werk History of the Christian Church (Band I, Seite 146), daß man zur Zeit der Pest im alten Karthago und Alexandrien alle, die daran erkrankt waren, wegscheuchte und den Sterbenden alles entriß, was irgendwie von Wert war. Im Gegensatz dazu berichtet er, wie die dortigen Christen ihre Habe miteinander teilten, Kranke pflegten und Tote begruben.

      Sorgen sich Jehovas Zeugen heute ebenfalls aktiv um das Wohl anderer? Wenn ja, tun das dann lediglich ein paar Einzelpersonen, oder unterstützt und fördert die Organisation als Ganzes derlei Bemühungen?

      Liebevolle Hilfe in den Ortsversammlungen

      Jehovas Zeugen betrachten es als Teil ihrer Anbetung, sich um Waisen und Witwen in der Versammlung sowie um treue Personen, die mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, zu kümmern (Jak. 1:27; 2:15-17; 1. Joh. 3:17, 18). Weltliche Regierungen sorgen im allgemeinen für Krankenhäuser und Altenheime und bieten Arbeitslosen im Gemeinwesen Sozialleistungen an; Jehovas Zeugen unterstützen diese Einrichtungen, indem sie gewissenhaft Steuern zahlen. Da sie aber erkennen, daß nur Gottes Königreich die Probleme der Menschheit auf Dauer lösen kann, setzen sie sich selbst und ihre Mittel in erster Linie dafür ein, andere darüber zu unterrichten. Das ist ein lebenswichtiger Dienst, den keine menschliche Regierung leistet.

      Wenn jemand in den weltweit über 69 000 Versammlungen der Zeugen Jehovas alt und gebrechlich ist und daher besondere Bedürfnisse hat, kümmert man sich gewöhnlich auf privater Ebene um ihn. Wie 1. Timotheus 5:4, 8 zeigt, ist ein Christ für die Versorgung seines Haushalts in erster Linie selbst verantwortlich. Kinder, Enkelkinder oder andere nahe Verwandte bekunden christliche Liebe, wenn sie Älteren und Gebrechlichen gemäß ihren Bedürfnissen zur Seite stehen. Die Versammlungen der Zeugen Jehovas untergraben nicht das Verantwortungsgefühl der Familie, indem sie deren Pflichten übernehmen würden. Falls jedoch keine nahen Verwandten da sind oder diejenigen, die die Verantwortung tragen, einfach nicht allein mit der Belastung fertig werden, kommen ihnen andere aus der Versammlung liebevoll zu Hilfe. Nötigenfalls kann die ganze Versammlung dafür sorgen, daß bedürftigen Brüdern oder Schwestern beigestanden wird, die auf viele Jahre treuen Dienst zurückblicken können (1. Tim. 5:3-10).

      Es bleibt nicht dem Zufall überlassen, daß jemand sich dieser Notfälle annimmt. Auf den Königreichsdienstschulen, die die Ältesten von 1959 an wiederholte Male besuchten, wurde oft im besonderen ihre dahin gehende Verpflichtung vor Gott als Hirten der Herde zur Sprache gebracht (Heb. 13:1, 16). Nicht, daß sie solche Bedürfnisse vorher nicht sahen. Beispielsweise griff die Versammlung in Oldham (Lancashire, England) 1911 denen, die finanziell schwer zu kämpfen hatten, unter die Arme. Seitdem ist die Organisation allerdings weltweit gewachsen und die Zahl derer, die große Schwierigkeiten bewältigen müssen, gestiegen; zudem haben Jehovas Zeugen ein immer klareres Bild davon gewonnen, was die Bibel in solchen Situationen von ihnen erwartet. Vor allen Dingen in den letzten Jahren wurde in allen Versammlungen bei den Zusammenkünften über die Verantwortung jedes einzelnen Christen gegenüber denen, die besondere Hilfe brauchen — Ältere, Gebrechliche, Einelternfamilien und Notleidende —, gesprochen.a

      Die einzelnen Zeugen zeigen ihr Interesse an anderen nicht lediglich mit den Worten ‘Halte dich warm und wohlgenährt’, sondern gehen weit darüber hinaus. Sie bekunden liebevolles persönliches Interesse (Jak. 2:15, 16). Betrachten wir einige Beispiele.

      Als eine junge Zeugin Jehovas aus Schweden während eines Besuchs in Griechenland 1986 eine Hirnhautentzündung bekam, erfuhr sie am eigenen Leib, was es heißt, christliche Brüder und Schwestern in vielen Ländern zu haben. Ihr Vater in Schweden wurde informiert. Er nahm sofort über einen Ältesten aus der Ortsversammlung der Zeugen Jehovas in Schweden mit einem Zeugen in Griechenland Kontakt auf. Die neuen Freunde der jungen Zeugin in Griechenland wichen drei Wochen lang nicht von ihrer Seite, bis sie nach Schweden zurückkehren konnte.

      Nachdem ein älterer Zeuge und Witwer aus Wallaceburg (Ontario, Kanada) hilfsbedürftig geworden war, zeigte eine Familie, der er in geistiger Hinsicht geholfen hatte, ihre Dankbarkeit, indem sie ihn aufnahm. Ein paar Jahre später zogen sie nach Barry’s Bay, und er begleitete sie. Er wohnte bei ihnen und wurde 19 Jahre lang liebevoll von ihnen versorgt, bis er 1990 starb.

      In New York kümmerte sich ein Ehepaar, Zeugen Jehovas, um einen älteren Herrn, der die Zusammenkünfte in ihrem Königreichssaal besuchte. Sie sahen etwa 15 Jahre nach ihm, bis zu seinem Tod 1986. Nachdem er einen Schlaganfall erlitten hatte, kauften sie für ihn ein, putzten und kochten für ihn und wuschen seine Wäsche. Sie behandelten ihn wie ihren eigenen Vater.

      Auch anderer Bedürfnisse nimmt man sich liebevoll an. Ein Ehepaar, Zeugen Jehovas, verkauften ihr Haus in den Vereinigten Staaten und zogen nach Montana, um eine Versammlung zu unterstützen. Dann ging es jedoch mit ihrer Gesundheit bergab; der Bruder wurde entlassen, und ihre Ersparnisse waren aufgebraucht. Wie sollten sie die Situation meistern? Der Bruder betete zu Jehova um Hilfe. Als er sein Gebet beendet hatte, klopfte ein Glaubensbruder an die Tür. Sie gingen zusammen eine Tasse Kaffee trinken. Wieder zu Hause, entdeckte der Bruder einen großen Berg von Lebensmitteln auf dem Küchenbüfett. Dabei lag ein Umschlag mit Geld und eine Notiz, auf der zu lesen war: „Von Euren Brüdern und Schwestern, die Euch sehr lieben.“ Die Versammlung hatte ihre Notlage erkannt, und jeder hatte seinen Teil beigesteuert. Tief bewegt von der Liebe ihrer Brüder, konnten er und seine Frau die Tränen nicht zurückhalten; sie dankten Jehova, dessen beispiellose Liebe seine Diener motiviert.

      Es ist allseits bekannt, daß sich Jehovas Zeugen großzügig um ihre in Not geratenen Glaubensbrüder kümmern. Betrüger haben das mitunter ausgenutzt. Deshalb mußten Jehovas Zeugen lernen, auf der Hut zu sein, ohne den Wunsch unterdrücken zu müssen, denen zu helfen, die es wert sind.

      Wenn die Menschen durch Krieg in Not geraten

      In vielen Ländern der Erde sind Menschen durch Krieg in Not geraten. Hilfsorganisationen bemühen sich um Abhilfe, doch ihr System ist oft recht schwerfällig. Jehovas Zeugen meinen nicht, die Arbeit dieser Organisationen befreie sie von der Verantwortung gegenüber ihren christlichen Brüdern in solchen Gebieten. Wenn sie wissen, daß ihre Brüder in Not sind, verschließen sie ihnen gegenüber nicht ‘die Tür ihrer Gefühle innigen Erbarmens’, sondern tun sofort alles menschenmögliche, um ihnen zu helfen (1. Joh. 3:17, 18).

      Im Zweiten Weltkrieg teilten Zeugen, die auf dem Land wohnten, ihre noch vorhandenen Nahrungsvorräte — selbst in Ländern, in denen große Knappheit herrschte — mit ihren weniger begünstigten Brüdern in der Stadt. In den Niederlanden war das wegen der strengen Beschränkungen der Nazis ein gefährliches Unterfangen. Gerrit Böhmermann leitete bei einer solchen Hilfsaktion einmal eine Gruppe Brüder, deren Fahrräder mit Lebensmitteln — versteckt unter Planen — schwer beladen waren. Plötzlich kamen sie zu einem Kontrollpunkt in der Stadt Alkmaar. „Wir hatten keine andere Wahl, als uns völlig auf Jehova zu verlassen“, sagte Gerrit. Ohne bedeutend langsamer zu werden, rief er dem Beamten laut zu: „Wo ist Amsterdam?“ Der Beamte trat zur Seite, zeigte nach vorn und rief: „Geradeaus!“ „Danke schön!“ antwortete Gerrit, und die gesamte Fahrradgruppe fuhr unter den Blicken einer verdutzten Menschenmenge mit Höchstgeschwindigkeit weiter. Ein anderes Mal gelang es Zeugen, eine ganze Bootsladung Kartoffeln zu ihren Brüdern nach Amsterdam zu schaffen.

      Jehovas Zeugen erhielten sich diesen Geist sogar innerhalb der Konzentrationslager in Europa. Ein 17jähriger war während seiner Internierung im Lager bei Amersfoort (Niederlande) so sehr abgemagert, daß er nur noch ein wandelndes Skelett war. Aber eins hat er noch Jahre später nicht vergessen: Nachdem man ihn und andere gezwungen hatte, bis Mitternacht in strömendem Regen zu exerzieren, ohne ihnen danach ihre Essenration zu geben, gelang es einem Zeugen aus einem anderen Teil des Lagers, zu ihm vorzudringen und ihm ein Stück Brot in die Hand zu drücken. Im Mauthausener Konzentrationslager in Österreich riskierte ein Zeuge, der aufgrund seiner Arbeitszuteilung von einem Teil des Lagers zum anderen gehen mußte, oft sein Leben, indem er Lebensmittel, die einige Zeugen von ihrer ohnehin schon kargen Ration aufgespart hatten, zu anderen Zeugen brachte, die noch weniger hatten.

      Als Zeugen Jehovas nach dem Krieg aus den deutschen Gefängnissen und Konzentrationslagern kamen, besaßen sie außer der Sträflingskleidung nichts. Das Hab und Gut vieler Zeugen, die nicht inhaftiert worden waren, war zerstört worden. Fast in ganz Europa waren Nahrung, Kleidung und Brennstoff knapp. Umgehend richteten Jehovas Zeugen in diesen Ländern Versammlungszusammenkünfte ein und halfen anderen in geistiger Hinsicht, indem sie ihnen die gute Botschaft von Gottes Königreich überbrachten. Aber auf anderen Gebieten benötigten sie selbst Hilfe. Viele waren vor Hunger so schwach, daß sie des öfteren während der Zusammenkünfte umfielen.

      Zum ersten Mal hatten es die Zeugen in solch einem Umfang mit einer derartigen Situation zu tun. Trotzdem hielten sie bereits im selben Monat, in dem der Krieg im Pazifik offiziell endete, einen Sonderkongreß in Cleveland (Ohio) ab, auf dem besprochen wurde, womit und wie den christlichen Brüdern in den vom Krieg zerrissenen Ländern zu helfen sei. F. W. Franz gab in dem zu Herzen gehenden Vortrag mit dem Thema „Seine unaussprechliche Gabe“ biblischen Rat, der ganz auf die Notsituation zugeschnitten war.b

      Als man ein paar Wochen später nach Europa reisen durfte, machten sich N. H. Knorr, der Präsident der Watch Tower Society, und M. G. Henschel sofort auf, um sich von den Verhältnissen dort selbst ein Bild zu machen. Bereits vor ihrer Abreise wurden Hilfsmaßnahmen eingeleitet.

      Anfängliche Lieferungen kamen aus der Schweiz und Schweden; danach aus Kanada, den Vereinigten Staaten und anderen Ländern. Obwohl es in den Ländern, die solche Hilfe leisten konnten, nur etwa 85 000 Zeugen gab, erklärten sie sich bereit, den Glaubensbrüdern in Belgien, Bulgarien, China, Dänemark, Deutschland, England, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, auf den Philippinen, in Polen, Rumänien, der Tschechoslowakei und Ungarn Kleidung und Nahrung zu senden. Das war keine einmalige Aktion. Solche Hilfsgüter wurden zweieinhalb Jahre lang verschickt. Vom Januar 1946 bis zum August 1948 schenkten sie ihren Glaubensbrüdern 479 114 Kilo Kleidung, 124 110 Paar Schuhe und 326 081 Kilo Lebensmittel. Nichts von den Geldern wurde zur Deckung der Verwaltungskosten abgezweigt. Freiwillige Helfer sortierten und verpackten alles unentgeltlich. Sämtliche Spendengelder wurden zur Unterstützung der Menschen eingesetzt, für die sie gedacht waren.

      Natürlich war es mit der Hilfe für Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte nach den 40er Jahren nicht vorbei. Seit 1945 hat es Hunderte von Kriegen gegeben. Und Jehovas Zeugen haben stets liebevoll Anteil genommen. So war es zum Beispiel während des Biafrakrieges in Nigeria (von 1967 bis 1970) und danach. In Mosambik wurde in den 80er Jahren auf ähnliche Weise geholfen.

      In Liberia kam mit dem Krieg, der 1989 ausbrach, auch die Hungersnot. Wegen der damit verbundenen Flüchtlingswelle war das eingefriedete Grundstück der Watch Tower Society in Monrovia mit Hunderten von Flüchtlingen gedrängt voll. Man teilte sämtliche Nahrungsvorräte und das Wasser aus dem Brunnen außer mit Zeugen auch mit Nachbarn, die keine Zeugen waren. Sowie die Umstände es erlaubten, sandten Zeugen aus Sierra Leone und von der Côte d’Ivoire in Westafrika, aus den Niederlanden und Italien und aus den Vereinigten Staaten weitere Hilfsgüter.

      Nach dem Krieg im Libanon sah es in einigen Vierteln Beiruts aus wie nach einem Erdbeben; deshalb setzten Älteste der Zeugen Jehovas 1990 dort für die Brüder ein Notfallhilfskomitee ein. Sie mußten nicht um freiwillige Helfer betteln; tagtäglich boten etliche ihre Hilfe an.

      In einer Zeit großer politischer und wirtschaftlicher Umwälzungen in Europa haben Zeugen Jehovas aus Österreich, der Tschechoslowakei, Ungarn und Jugoslawien 1990 über 70 Tonnen Hilfsgüter an ihre christlichen Brüder in Rumänien gesandt.

      Weitere Hilfsaktionen für Osteuropa folgten. Die leitende Körperschaft bat das dänische Zweigbüro der Watch Tower Society, für notleidende Zeugen in der Ukraine Hilfe zu organisieren. Die davon in Kenntnis gesetzten Versammlungen waren mit Feuereifer dabei. Am 18. Dezember 1991 kamen in Lwiw fünf Lkws und zwei Lieferwagen, die von Zeugen gefahren wurden, mit 22 Tonnen Vorräten an — ein Ausdruck der liebevollen Anteilnahme an ihren christlichen Brüdern. Auch von den Zeugen aus Österreich kamen bis ins Jahr 1992 hinein Hilfssendungen mit über 100 Tonnen Nahrung und Kleidung. Weitere Vorräte schickten die Zeugen aus den Niederlanden — zuerst 26 Tonnen Lebensmittel, dann einen mit Kleidung beladenen Konvoi von 11 Lkws und schließlich erneut Lebensmittel, um die anhaltende Not zu lindern. Die Empfänger waren Gott dankbar und bauten auf seine Hilfe, wenn es darum ging, mit den Vorräten umsichtig umzugehen. Vor und nach dem Abladen der Lkws vereinten sie sich im Gebet. Weitere große Hilfslieferungen kamen von Zeugen aus Italien, Finnland, Schweden und der Schweiz. Parallel dazu entstand aufgrund der turbulenten Verhältnisse in den Republiken des ehemaligen Jugoslawiens eine weitere Notsituation. Auch in diese Gegend sandte man Lebensmittelvorräte, Kleidung und Arzneimittel. Unterdessen nahmen Zeugen Jehovas in den Städten diejenigen auf, deren Wohnungen zerstört worden waren.

      Manchmal weiß man über die Notlage anderer nur wenig, weil sie in einer abgelegenen Gegend wohnen. So erging es 35 Familien von Jehovas Zeugen in Guatemala. Kriegführende Gruppen waren in ihre Dörfer eingedrungen. Als sie 1989 endlich in ihre Dörfer zurückkehren konnten, benötigten sie beim Wiederaufbau Hilfe. Um die Zuschüsse der Regierung für Heimkehrende zu ergänzen und die Familien der Zeugen zu unterstützen, bildete das Zweigbüro der Watch Tower Society ein Notfallkomitee; daraufhin boten sich ungefähr 500 Zeugen aus 50 Versammlungen an, beim Wiederaufbau mit anzupacken.

      Es gibt noch andere Situationen, wo Menschen ohne eigenes Verschulden in eine schlimme Notlage geraten. Erdbeben, Orkane und Überschwemmungen sind keine Seltenheit. Die Welt soll jedes Jahr durchschnittlich von 25 schweren Katastrophen heimgesucht werden.

      Wenn Naturgewalten wüten

      Wenn Zeugen Jehovas durch Katastrophen in große Not geraten, wird auf der Stelle etwas unternommen, um ihnen zu helfen. Älteste haben gelernt, sich in solchen Situationen ernsthaft zu bemühen, mit jedem einzelnen aus der Versammlung Kontakt aufzunehmen. Das Zweigbüro der Watch Tower Society, das das Königreichswerk in der betreffenden Gegend beaufsichtigt, verschafft sich sofort einen Überblick über die Situation und unterrichtet dann die Weltzentrale. Falls die Hilfe, die vor Ort geleistet werden kann, nicht ausreicht, werden sorgfältig aufeinander abgestimmte und mitunter sogar internationale Einsätze in die Wege geleitet. Man strebt dabei nicht an, den Lebensstandard der Betroffenen anzuheben, sondern ihnen die zuvor gewohnten lebensnotwendigen Dinge zu verschaffen.

      Allein schon ein Fernsehbericht über die Katastrophe veranlaßt viele Zeugen, die verantwortlichen Ältesten im betroffenen Gebiet anzurufen und ihre Dienste anzubieten oder Geld und Materialien bereitzustellen. Andere senden dem Zweigbüro oder der Weltzentrale Spenden für Hilfszwecke. Sie wissen, daß Hilfe gefragt ist, und möchten ihren Teil tun. Falls irgendwo mehr Hilfe erforderlich ist, bittet die Watch Tower Society unter Umständen Brüder in einem bestimmten Umkreis, nach besten Kräften zu helfen. Ein Hilfskomitee wird gebildet, um die Angelegenheiten im Katastrophengebiet zu regeln.

      Als daher im Dezember 1972 fast ganz Managua (Nicaragua) durch ein starkes Erdbeben verwüstet wurde, trafen sich die Aufseher der dortigen Versammlungen der Zeugen Jehovas binnen Stunden, um ihre Einsätze miteinander abzusprechen. Man erkundigte sich sogleich nach dem Wohl jedes einzelnen Zeugen in der Stadt. Noch am selben Tag trafen aus Nachbarversammlungen Hilfsgüter ein; dann kam prompte Hilfe aus Costa Rica, Honduras und El Salvador. Rund um den Stadtrand von Managua wurden vierzehn Verteilungsstellen für Hilfsgüter eingerichtet. Geldmittel und Hilfsgüter von Zeugen aus vielen Ländern der Welt wurden über die Weltzentrale der Watch Tower Society nach Nicaragua weitergeleitet. Lebensmittel sowie andere Waren (unter anderem Kerzen, Streichhölzer und Seife) wurden je nach Größe des Haushalts verteilt; jede Familie erhielt einen Vorrat, der sieben Tage reichte. Als das Hilfsprogramm auf höchsten Touren lief, wurden etwa 5 000 Personen — Zeugen, deren Familien und Verwandte, bei denen sie untergekommen waren — mit Nahrung versorgt. Die Hilfsaktion dauerte zehn Monate. Die Regierung und das Rote Kreuz beobachteten das und stellten daraufhin ebenfalls Lebensmittel, Zelte und andere Dinge zur Verfügung.

      Wegen Vulkanausbrüchen mußten 1986 10 000 Menschen von der Insel Oshima (eine der Izuinseln nahe der japanischen Küste) evakuiert werden; daraufhin suchten Zeugen Jehovas die Flüchtlingsboote sorgfältig nach ihren Glaubensbrüdern ab. Ein Evakuierter erzählte: „Als wir Oshima verließen, wußten wir nicht, wohin.“ Alles war so schnell gegangen. „Doch als wir von Bord gingen, entdeckten wir ein Schild, auf dem stand: ‚Jehovas Zeugen‘. ... Meiner Frau standen die Tränen in den Augen; so erleichtert war sie, daß unsere Brüder uns am Pier abholten.“ Selbst Personen, die Jehovas Zeugen zuvor wie Luft behandelt hatten und nun beobachteten, wie man sich bei der Ankunft und danach um die evakuierten Zeugen kümmerte, sagten: „Gut, daß ihr an dieser Religion festgehalten habt.“

      Die Zeugen lassen nichts unversucht, um in Katastrophengebieten so schnell wie möglich Hilfe zu bieten. Als Peru 1970 von einem der verheerendsten Erdbeben seiner Geschichte heimgesucht wurde, kamen von der Weltzentrale in New York umgehend Hilfsgelder und 15 Tonnen Kleidung. Doch bereits bevor diese Lieferung eintraf, hatten Zeugen innerhalb von Stunden, nachdem die Straßen wieder freigegeben worden waren, eine Fahrzeugkolonne mit Hilfsgütern zu den zerstörten Städten und Dörfern im Katastrophengebiet gefahren. In den darauffolgenden Tagen und Wochen kümmerten sie sich zunehmend um die materiellen und geistigen Bedürfnisse der verschiedenen Gruppen hoch oben in den Anden. Als am Abend des 23. Novembers 1980 Italien von einem schweren Erdbeben erschüttert wurde, traf in dem betroffenen Gebiet bereits am nächsten Tag die erste Lkw-Ladung mit Hilfsgütern der Zeugen ein. Sie stellten sofort ihre eigene Küche auf und verteilten von dort aus jeden Tag die Mahlzeiten, die die Schwestern zubereiteten. Ein Beobachter der Hilfsaktionen auf einer karibischen Insel bemerkte: „Die Zeugen waren schneller als die Regierung.“ Das mag mitunter stimmen, aber Jehovas Zeugen sind Amtspersonen ausgesprochen dankbar, die ihnen ihre Bemühungen, auf schnellstem Weg in das Katastrophengebiet zu gelangen, sehr erleichtern.

      Während einer Hungersnot in Angola im Jahre 1990 erfuhr man, daß die Zeugen dort dringend Nahrung und Kleidung benötigten. Allerdings waren Jehovas Zeugen in diesem Land seit vielen Jahren verboten, und sie zu erreichen hätte schwierig werden können. Dennoch luden Glaubensbrüder in Südafrika 25 Tonnen Hilfsgüter auf einen Lkw. Unterwegs hielten sie beim angolanischen Konsulat und bekamen eine Einreiseerlaubnis. Um die Brüder zu erreichen, mußten sie 30 Straßensperren des Militärs passieren und einen Hochwasser führenden Fluß auf einer behelfsmäßigen Konstruktion überqueren, die eine gesprengte Brücke ersetzte. Trotz alledem kam die gesamte Lieferung sicher an.

      In Katastrophenfällen begnügt man sich jedoch nicht einfach damit, Hilfsgüter in das betroffene Gebiet zu senden. Als ein Gebiet am Stadtrand Mexikos 1984 durch Explosionen und Brände zerstört wurde, waren die Zeugen sofort zur Stelle, um zu helfen. Allerdings waren viele einheimische Brüder nicht aufzufinden; deshalb gingen die Ältesten ganz systematisch nach jedem einzelnen auf die Suche. Manche hatten sich in andere Gegenden zerstreut. Aber die Ältesten suchten hartnäckig weiter, bis sie alle ausfindig gemacht hatten. Die Hilfe richtete sich nach den jeweiligen Bedürfnissen. Im Fall einer Schwester, die ihren Mann und ihren Sohn verloren hatte, bedeutete das, sich um die Beerdigung zu kümmern und ihr mit ihren übrigen Kindern in finanzieller und geistiger Hinsicht eine echte Stütze zu sein.

      Medikamente, ein paar Mahlzeiten und etwas Kleidung reichen vielfach nicht aus. Ein Orkan zerstörte 1989 die Häuser von 177 Zeugen auf Guadeloupe und beschädigte die Häuser von 300 weiteren Brüdern. Schon rollte Hilfe von Jehovas Zeugen aus Martinique an; später griffen ihnen Zeugen aus Frankreich mit über 100 Tonnen Baumaterial unter die Arme. Als eine Zeugin, die ihr Haus auf der Insel St. Croix verloren hatte, ihren Arbeitskollegen erzählte, daß Glaubensbrüder aus Puerto Rico kommen würden, um zu helfen, meinten diese nur: „Für dich werden sie nichts tun. Du bist schwarz, kein ‚Latino‘ wie sie.“ Wie überrascht waren diese Arbeitskollegen, als die Zeugin bald ein vollständig neues Haus hatte! Nach einem Erdbeben in Costa Rica im Jahre 1991 halfen einheimische Zeugen und Freiwillige aus anderen Ländern gemeinsam ihren Glaubensbrüdern im Katastrophengebiet. Sie bauten 31 Häuser und fünf Königreichssäle wieder auf und setzten weitere instand, ohne etwas dafür haben zu wollen. Augenzeugen bemerkten: „Andere Gruppen reden über Liebe; ihr zeigt sie.“

      Immer wieder sind Beobachter verblüfft, wie erfolgreich Jehovas Zeugen ihre Hilfsaktionen durchführen. 1986 brach am Yuba River in Kalifornien (USA) ein Deich, und Zehntausende von Menschen mußten wegen des Hochwassers ihr Zuhause verlassen. Christliche Älteste aus der Gegend nahmen Kontakt mit dem Hauptbüro in New York auf, und ein Hilfskomitee wurde gebildet. Sobald das Wasser zurückging, waren Hunderte von freiwilligen Arbeitern zur Stelle. Bevor weltliche Hilfsorganisationen überhaupt handeln konnten, wurden die Wohnungen der Zeugen bereits renoviert. Wie war es ihnen möglich, so schnell in Aktion zu treten?

      Ein Hauptfaktor war die Bereitwilligkeit der Zeugen, kurzerhand unentgeltlich mitzuhelfen und benötigte Materialien zu spenden. Ein weiterer Faktor war, daß sie aufgrund ihrer regelmäßigen Kongresse und Königreichssaalbauten darin geübt waren, zu organisieren und zusammenzuarbeiten. Doch ein anderer bedeutender Faktor ist, daß sie über die Bedeutung der folgenden biblischen Worte viel nachgedacht haben: „Habt ... inbrünstige Liebe zueinander“ (1. Pet. 4:8).

      Oftmals kommen Spenden für solche Notfälle von Personen, die selbst nicht viel haben. In ihren Briefen liest man sinngemäß immer wieder: „Es ist nur eine kleine Gabe, aber wir fühlen mit unseren Brüdern und Schwestern mit.“ „Ich wünschte, es wäre mehr, doch was Jehova mir gewährt, möchte ich teilen.“ Wie die ersten Christen in Mazedonien bitten sie ernstlich um das Vorrecht, Notleidende ebenfalls mit den lebensnotwendigen Dingen versorgen zu dürfen (2. Kor. 8:1-4). Als 1984 über 200 000 Koreaner durch eine Überschwemmung obdachlos wurden, spendeten Jehovas Zeugen in der Republik Korea so großzügig, daß das Zweigbüro bekanntgeben mußte, es werde keine weitere Hilfe mehr benötigt.

      Beobachter können unschwer erkennen, daß Jehovas Zeugen nicht nur aus einem Verantwortungsgefühl heraus oder aus reiner Menschenfreundlichkeit handeln. Sie empfinden echte Liebe für ihre christlichen Brüder und Schwestern.

      Jehovas Zeugen kümmern sich außer um die materiellen auch besonders um die geistigen Bedürfnisse ihrer Brüder in den Katastrophengebieten. Mindestens ebenso schnell wird dafür gesorgt, daß wieder Versammlungszusammenkünfte durchgeführt werden können. 1986 mußte man zu diesem Zweck außerhalb der Stadt Kalamata in Griechenland ein großes Zelt aufstellen, das als Königreichssaal diente, und an verschiedenen Orten kleinere Zelte errichten für die Versammlungsbuchstudien während der Woche. Ebenso war es 1985 in Armero (Kolumbien). Nachdem man die Überlebenden einer verheerenden Schlammlawine materiell versorgt hatte, verwendete man die restlichen Gelder für den Bau neuer Königreichssäle für drei Versammlungen am Ort.

      Jehovas Zeugen machen anderen während der Wiederaufbauarbeiten außerdem immer wieder Mut, indem sie ihnen ihre Fragen nach dem Sinn des Lebens, nach der Ursache für Katastrophen und den Tod und nach den Zukunftsaussichten zufriedenstellend aus dem Wort Gottes beantworten.

      Die Hilfsmaßnahmen der Zeugen sind nicht dazu bestimmt, die materiellen Bedürfnisse aller im Katastrophengebiet abzudecken. In Übereinstimmung mit Galater 6:10 sind sie in erster Linie für diejenigen gedacht, ‘die ihnen im Glauben verwandt sind’. Gleichzeitig leisten sie anderen gern nach besten Kräften Beistand. Das taten sie beispielsweise, indem sie den Leidtragenden eines Erdbebens in Italien Lebensmittel lieferten. Während sie den von einer Überschwemmung und einem Orkan betroffenen Zeugen in den Vereinigten Staaten halfen, reinigten und reparierten sie außerdem die Häuser ihrer verstörten Nachbarn. Auf die Frage, weshalb sie mit Fremden so liebevoll verfahren, antworten sie schlicht, daß sie ihren Nächsten lieben (Mat. 22:39). Nachdem ein verheerender Hurrikan im Jahre 1992 über Südflorida (USA) hinweggefegt war, sprach es sich überall herum, daß die Zeugen ein gut organisiertes Hilfsprogramm durchführten, so daß einige Unternehmer und andere Personen, die keine Zeugen waren und erhebliche Mengen von Hilfsgütern spenden wollten, diese den Zeugen übergaben. Sie wußten, daß ihre Spende dann nicht lediglich irgendwo gelagert würde oder damit Geschäfte gemacht würden, sondern daß sie wirklich den vom Hurrikan Betroffenen — ob Zeugen oder nicht — zugute kommen würde. In Davao del Norte (Philippinen) verfaßten städtische Beamte sogar eine Resolution, in der sie ihre Dankbarkeit für die Bereitschaft der Zeugen, bei einer Katastrophe Außenstehenden zu helfen, zum Ausdruck brachten.

      Aber wahre Christen sind nicht überall beliebt. Oftmals werden sie auf brutale Weise verfolgt. Auch unter diesen Umständen stehen Mitchristen einander großzügig und liebevoll mit Rat und Tat zur Seite.

      Mit brutaler Verfolgung konfrontiert

      Der Apostel Paulus verglich die Christenversammlung mit einem menschlichen Körper und sagte: „Dessen Glieder [sollten] dieselbe Sorge füreinander tragen ... Und wenn e i n Glied leidet, leiden alle anderen Glieder mit“ (1. Kor. 12:25, 26). So reagieren Jehovas Zeugen auf Berichte über die Verfolgung ihrer christlichen Brüder.

      Während des NS-Regimes ging die deutsche Regierung aufs schärfste gegen Jehovas Zeugen vor. Damals gab es in Deutschland nur etwa 20 000 Zeugen, eine relativ kleine Gruppe, die von Hitler verachtet wurde. Es mußte geschlossen gehandelt werden. Am 7. Oktober 1934 versammelten sich in ganz Deutschland heimlich die einzelnen Versammlungen der Zeugen Jehovas, um gemeinsam zu beten und einen Brief an die Regierung zu senden, der ihre Entschlossenheit ausdrückte, Jehova weiterhin zu dienen. Danach gingen viele Anwesende furchtlos zu ihren Nachbarn, um ihnen über Jehovas Namen und sein Königreich Zeugnis zu geben. Am selben Tag versammelten sich zudem alle übrigen Versammlungen der Zeugen Jehovas weltweit und sandten nach einem gemeinsamen Gebet Telegramme an die Hitler-Regierung, um für ihre christlichen Brüder Fürsprache einzulegen.

      Sobald die von der Geistlichkeit angezettelte Verfolgung von Jehovas Zeugen in Griechenland 1948 ans Tageslicht kam, sandten Zeugen Jehovas dem Präsidenten von Griechenland und verschiedenen Ministern Tausende von Briefen zugunsten ihrer christlichen Brüder. Die Briefe kamen von den Philippinen, aus Australien, aus Nord- und Südamerika und aus anderen Gebieten.

      Als die Zeitschrift Erwachet! 1961 aufdeckte, daß man gegen die Zeugen in Spanien mit Methoden vorging, die an die Inquisition erinnerten, ergoß sich über die dortigen Behörden eine wahre Flut von Protestbriefen. Die Beamten waren darüber schockiert, daß Menschen aus aller Welt über ihre Taten bestens informiert waren, und obwohl die Zeugen weiter verfolgt wurden, hielten sich einige Polizisten danach etwas zurück. Auch in verschiedenen afrikanischen Ländern bekamen Regierungsvertreter Post von Zeugen aus vielen anderen Ländern, denen zu Ohren gekommen war, wie grausam ihre christlichen Brüder und Schwestern dort behandelt wurden.

      Doch auch wenn die Regierung nicht günstig reagiert, geraten die verfolgten Zeugen nicht in Vergessenheit. Einige Regierungen haben die Zeugen viele Jahre lang aus religiösen Gründen verfolgt und sind deshalb wiederholt mit Beschwerde- und Protestbriefen überschüttet worden. Argentinien ist hierfür ein Beispiel. 1959 führte der Minister für auswärtige und religiöse Angelegenheiten einmal einen unserer Brüder in ein Zimmer, wo mehrere Bücherregale mit Unmengen von Briefen aus aller Welt vollgestopft waren. Er war verblüfft, daß sogar jemand von den fernen Fidschiinseln um Religionsfreiheit in Argentinien ersucht hatte.

      Wenn man sich in Regierungskreisen darüber klar wurde, daß es weltweit bekannt und vielen Menschen ganz und gar nicht einerlei war, was sich bei ihnen abspielte, wurde in manchen Fällen mehr Freiheit gewährt. Das geschah 1963 in Liberia. Soldaten der Regierung behandelten Kongreßdelegierte in Gbarnga auf höchst skandalöse Weise. Den Präsidenten Liberias erreichte eine Flut von Protestbriefen aus aller Welt; da zudem ein US-Bürger davon betroffen war, schaltete sich das amerikanische Außenministerium ein. Schließlich telegrafierte Präsident Tubman dem Hauptbüro der Watch Tower Society, er sei bereit, eine Delegation von Zeugen Jehovas zu empfangen, um die ganze Angelegenheit durchzusprechen. Zwei der Delegation — Milton Henschel und John Charuk — waren in Gbarnga gewesen. Herr Tubman räumte ein, daß der Vorfall „empörend“ gewesen sei, und sagte: „Es tut mir leid, daß das geschehen ist.“

      Nach dem Gespräch wurde ein Regierungserlaß herausgegeben. Er unterrichtete „alle Menschen im ganzen Land, daß Jehovas Zeugen das Recht und Vorrecht des freien Zugangs in jeden Teil des Landes haben sollten, damit sie ihr Missionswerk und ihren Gottesdienst durchführen können, ohne von jemandem belästigt zu werden. Sie sollen den Schutz des Gesetzes sowohl hinsichtlich ihrer Person als auch hinsichtlich ihres Eigentums haben sowie das Recht auf die freie Ausübung ihres Gottesdienstes gemäß ihrem Gewissen, wobei sie die Gesetze der Republik halten, indem sie der Nationalfahne Respekt zollen, wenn sie bei einer Zeremonie gehißt oder gesenkt wird, indem sie still stehen.“ Doch wurde nicht von ihnen verlangt, die Fahne zu grüßen und dadurch gegen ihr Gewissen zu handeln.

      In Malawi ist allerdings bis zum Jahre 1992 noch keine derartige öffentliche Erklärung laut geworden, wenn auch längst nicht mehr so brutal gegen die Zeugen vorgegangen wird. Jehovas Zeugen sind dort Opfer einer der grausamsten religiösen Verfolgungen der Geschichte Afrikas gewesen. Eine solche Verfolgungswelle rollte 1967 über das Land; eine weitere begann Anfang der 70er Jahre. Aus aller Welt wurden Zehntausende von Briefen zugunsten der Brüder geschrieben. Man rief an. Man sandte Telegramme. Viele prominente Außenstehende setzten sich aus humanitären Gründen für die Zeugen ein.

      Die Verfolgung war so brutal, daß 1972 ungefähr 19 000 Zeugen Jehovas mit ihren Kindern über die Grenze nach Sambia flohen. Die nahe gelegenen Versammlungen der Zeugen in Sambia sammelten rasch Nahrungsmittel und Decken für ihre Brüder. In den Zweigbüros der Watch Tower Society gingen Unmengen von Geld- und Sachspenden von Zeugen Jehovas aus aller Welt ein, die über das New Yorker Hauptbüro an die Flüchtlinge weitergeleitet wurden. Es wurde mehr als genug gespendet, um die Bedürfnisse der Flüchtlinge im Lager in Sinda Misale abzudecken. Sowie sich im Lager herumsprach, daß Lkws mit Lebensmitteln, Kleidung und Zeltplanen eingetroffen waren, konnten die Brüder aus Malawi ihre Freudentränen über den Liebesbeweis ihrer Glaubensbrüder nicht verbergen.

      Jehovas Zeugen lassen jemand, der aus ihren Reihen inhaftiert wird, nicht im Stich, auch wenn sie dadurch selbst in Gefahr geraten. Während der Verbotszeit in Argentinien wurden einige Zeugen einmal 45 Stunden festgehalten; vier andere Zeugen brachten ihnen Nahrung und Kleidung, wurden daraufhin aber selbst eingesperrt. 1989 versuchte die Frau eines Kreisaufsehers in Burundi, ihren Brüdern im Gefängnis etwas zu essen zu bringen, da sie von ihrer mißlichen Lage gehört hatte. Doch sie wurde selbst verhaftet und zwei Wochen lang als Geisel gehalten, da die Polizei an ihren Mann herankommen wollte.

      Aus Liebe zu ihren christlichen Brüdern schöpfen Jehovas Zeugen all diese Möglichkeiten, so gut sie können, aus; zusätzlich beten sie für ihre Brüder zu Gott. Sie bitten Gott nicht, Kriegen und Lebensmittelknappheit abrupt ein Ende zu machen, denn solche Dinge hat Jesus Christus für unsere Zeit vorausgesagt (Mat. 24:7). Auch bitten sie Gott nicht, Verfolgung ganz und gar zu unterbinden, da die Bibel unmißverständlich zeigt, daß wahre Christen verfolgt werden (Joh. 15:20; 2. Tim. 3:12). Aber sie bitten flehentlich um Kraft für ihre christlichen Brüder und Schwestern, damit sie trotz irgendwelcher Prüfungen, die auf sie zukommen mögen, fest im Glauben bleiben. (Vergleiche Kolosser 4:12.) Die Tatsache, daß sie geistig stark geblieben sind, ist ein überwältigender Beweis dafür, daß solche Gebete erhört wurden.

      [Fußnoten]

      a Siehe Wachtturm vom 15. Dezember 1980, Seite 21—27; 15. Oktober 1986, Seite 10—21; 1. Juni 1987, Seite 4—18; 15. Juli 1988, Seite 21—23; 1. März 1990, Seite 20—22.

      b Siehe Wachtturm vom 1. Februar 1946, Seite 35—44.

      [Herausgestellter Text auf Seite 305]

      Es bleibt nicht dem Zufall überlassen, daß jemand sich besonderer Notfälle annimmt

      [Herausgestellter Text auf Seite 307]

      Aus liebevoller Anteilnahme Hilfe leisten

      [Herausgestellter Text auf Seite 308]

      In Notsituationen für Abhilfe gesorgt

      [Herausgestellter Text auf Seite 312]

      Ganz systematisch ging man auf die Suche nach jedem einzelnen Zeugen im Katastrophengebiet

      [Herausgestellter Text auf Seite 315]

      Auch Nichtzeugen wird viel Gutes getan

      [Herausgestellter Text auf Seite 317]

      Freudentränen wegen der Liebe ihrer Glaubensbrüder

      [Kasten auf Seite 309]

      „Unter euch herrscht wirklich Liebe“

      Als die Nachbarn einer Zeugin im vom Krieg zerrissenen Libanon sahen, wie Zeugen freiwillig das stark beschädigte Haus der Schwester wieder völlig herrichteten, fühlten sie sich gedrängt zu fragen: „Wie ist so eine Liebe möglich? Was seid ihr für Leute?“ Und eine muslimische Frau, die beobachtete, daß das Haus einer Zeugin gereinigt und repariert wurde, sagte: „Unter euch herrscht wirklich Liebe. Ihr habt die wahre Religion.“

      [Kasten auf Seite 316]

      Wahre Brüder und Schwestern

      In der Zeitung „Arkansas Gazette“ hieß es über Zeugen im Fort Chaffee (Arkansas), die aus Kuba geflüchtet waren: „Sie waren die ersten, die eine Wohnung bekamen, weil ihre amerikanischen ‚Brüder und Schwestern‘ — Zeugen Jehovas — sie ausfindig machten. ... Wenn Zeugen ihre Glaubensbrüder in einem anderen Land mit ‚Bruder‘ oder ‚Schwester‘ anreden, dann meinen sie es auch so“ (Ausgabe vom 19. April 1981).

      [Bilder auf Seite 306]

      Nach dem Zweiten Weltkrieg sandten Jehovas Zeugen ihren hilfsbedürftigen Glaubensbrüdern in 18 Ländern Lebensmittel und Kleidung

      Vereinigte Staaten

      Schweiz

      [Bilder auf Seite 310]

      1990 halfen Zeugen aus den umliegenden Ländern gemeinsam ihren Glaubensbrüdern in Rumänien

      [Bilder auf Seite 311]

      Zeugen, die ein Erdbeben in Peru überlebten, errichteten ihr eigenes Flüchtlingslager und halfen sich gegenseitig

      Die Hilfsgüter der Zeugen (unten) waren mit die ersten, die im Gebiet eintrafen

      [Bilder auf Seite 313]

      Hilfsmaßnahmen schließen oftmals ein, Materialien bereitzustellen und freiwillige Helfer einzusetzen, die ihren Glaubensbrüdern beim Wiederaufbau der Häuser helfen

      Guatemala

      Panama

      Mexiko

      [Bild auf Seite 314]

      Zu der Hilfeleistung der Zeugen gehört auch die geistige Erbauung. Sowohl in Kalamata (Griechenland) als auch außerhalb der Stadt wurden rasch Zelte für Zusammenkünfte aufgestellt.

  • Gemeinsame Bautätigkeit auf der ganzen Erde
    Jehovas Zeugen — Verkündiger des Königreiches Gottes
    • Kapitel 20

      Gemeinsame Bautätigkeit auf der ganzen Erde

      DASS unter Jehovas Zeugen ein Geist echter Brüderlichkeit herrscht, zeigt sich auf vielerlei Weise. Anwesende bei ihren Zusammenkünften können es beobachten. Auf ihren Kongressen kommt Brüderlichkeit in noch größerem Maße zum Ausdruck. Dieser Geist wird auch offenkundig, wenn sie geeignete Zusammenkunftsstätten für ihre Versammlungen errichten.

      Zu Beginn der 90er Jahre gab es weltweit mehr als 60 000 Versammlungen der Zeugen Jehovas. Während des Jahrzehnts davor waren jedes Jahr im Durchschnitt 1 759 neue Versammlungen hinzugekommen. Anfang der 90er Jahre hatte sich diese Zahl auf über 3 000 pro Jahr erhöht. Geeignete Zusammenkunftsstätten für sie alle zu beschaffen war eine gewaltige Aufgabe.

      Königreichssäle

      Wie die Christen des ersten Jahrhunderts, so führten viele Versammlungen der Zeugen Jehovas ursprünglich die meisten ihrer Zusammenkünfte in Privatwohnungen durch. Die ersten wenigen Personen, die in Stockholm (Schweden) regelmäßig Zusammenkünfte abhielten, trafen sich in einer Tischlerei, die man für die Zeit, wenn die Tagesarbeit dort beendet war, gemietet hatte. Wegen Verfolgung benutzte eine kleine Gruppe in der Provinz La Coruña (Spanien) für ihre ersten Zusammenkünfte einen Getreidespeicher.

      Wurde mehr Platz benötigt, mieteten die Ortsversammlungen der Zeugen Jehovas in Ländern, wo man dazu die Freiheit hatte, einen Zusammenkunftsraum. War es jedoch ein Saal, der auch von anderen Organisationen benutzt wurde, dann mußten für jede Zusammenkunft Einrichtungsgegenstände herbeigeschafft oder aufgestellt werden, und oft roch es noch nach Tabakrauch. Wenn möglich, mieteten die Brüder einen unbenutzten Geschäftsraum oder einen Raum in einem Obergeschoß, der dann ausschließlich der Versammlung zur Verfügung stand. Aber wegen hoher Mieten und weil es an geeigneten Räumlichkeiten fehlte, wurde es mit der Zeit an vielen Orten notwendig, für andere Möglichkeiten zu sorgen. In einigen Fällen kaufte man Gebäude und renovierte sie.

      Vor dem Zweiten Weltkrieg gab es einige wenige Versammlungen, die speziell für ihren Gebrauch Zusammenkunftsstätten bauten. Bereits 1890 errichtete eine Bibelforschergruppe in den Vereinigten Staaten in Mount Lookout (West Virginia) ihre eigene Versammlungsstätte.a Die Errichtung von Königreichssälen an vielen Orten kam indessen erst in den 50er Jahren in Gang.

      Die Bezeichnung Königreichssaal wurde 1935 von J. F. Rutherford, dem damaligen Präsidenten der Watch Tower Society, vorgeschlagen. Er veranlaßte, daß die Brüder in Verbindung mit den Zweigeinrichtungen der Gesellschaft in Honolulu (Hawaii) einen Saal bauten, in dem Zusammenkünfte stattfinden konnten. Als James Harrub fragte, wie Bruder Rutherford das Gebäude nennen werde, erwiderte er: „Meinst du nicht auch, wir sollten es ‚Königreichssaal‘ nennen, da wir doch die gute Botschaft vom Königreich verkündigen?“ Danach begann man allmählich, an Sälen, die regelmäßig von den Zeugen benutzt wurden, Schilder mit der Aufschrift „Königreichssaal“ anzubringen, sofern dies möglich war. So wurde zum Beispiel das „London Tabernacle“ bei der Renovierung 1937/38 in Königreichssaal umbenannt. Mit der Zeit wurde die hauptsächliche örtliche Zusammenkunftsstätte von Versammlungen auf der ganzen Erde als Königreichssaal der Zeugen Jehovas bekannt.

      Mehr als e i n e Bauweise

      Ob Königreichssäle gemietet oder gebaut werden, entscheiden die jeweiligen Ortsversammlungen. Sie übernehmen auch Bau- und Instandhaltungskosten. Um Mittel einzusparen, sind die meisten Versammlungen bestrebt, die Bauarbeiten soweit wie möglich ohne die Hilfe von Baufirmen durchzuführen.

      Die Säle können aus Backstein, Naturstein, Holz oder anderen Materialien gebaut sein, je nachdem, wie hoch die Preise sind und was in dem betreffenden Gebiet vorhanden ist. In Katima Mulilo (Namibia) formte man Wände und Fußboden aus dem Schlamm von Termitenhügeln (der beim Trocknen sehr hart wird) und deckte das Dach mit langem Gras. Zeugen in Segovia (Kolumbien) stellten selbst Zementbausteine her. In Colfax (Kalifornien) verwendete man unbehauene Lava vom Mount Lassen.

      Als 1972 in Maseru (Lesotho) oft mehr als 200 Personen die Zusammenkünfte besuchten, war der Versammlung klar, daß ein geeigneter Königreichssaal gebaut werden mußte. Bei dem Projekt halfen alle mit. Ältere Brüder gingen bis zu 30 Kilometer zu Fuß, um sich an den Arbeiten beteiligen zu können. Kinder rollten Wasserfässer zur Baustelle. Die Schwestern sorgten für die Mahlzeiten, und während sie ein Königreichslied nach dem anderen sangen, stampften sie im Takt den Untergrund fest, damit der Betonfußboden gegossen werden konnte. Die Mauern wurden aus Sandstein errichtet, den man in den nahe gelegenen Bergen nur zu holen brauchte. Das Ergebnis war ein Königreichssaal, der ungefähr 250 Personen Platz bot.

      Manchmal haben Zeugen aus Nachbarversammlungen die Bauarbeiten unterstützt. Als Jehovas Zeugen in Imbali, einer Township in Südafrika, 1985 einen Königreichssaal bauten, in dem 400 Personen bequem Platz finden, kamen Glaubensbrüder aus dem nahen Pietermaritzburg und aus Durban, um zu helfen. Man stelle sich vor, wie erstaunt die Nachbarn waren, als sie während einer Zeit der Rassenunruhen in Südafrika Scharen von weißen, farbigen und indischen Zeugen in die Township strömen und Schulter an Schulter mit ihren schwarzen afrikanischen Brüdern arbeiten sahen! Der Bürgermeister von Imbali erklärte treffend: „Es konnte nur aus Liebe geschehen.“

      Trotz des willigen Geistes der Brüder stellten die Versammlungen fest, daß ihre Möglichkeiten durch die örtliche Situation eingeschränkt waren. Männer in den Versammlungen mußten für ihre Familien sorgen und konnten normalerweise nur an Wochenenden und vielleicht ein wenig an den Abenden bei einem solchen Projekt mitarbeiten. In vielen Versammlungen gab es — wenn überhaupt — nur wenige, die im Baufach Erfahrung hatten. Dennoch brauchte man für die Errichtung einer relativ einfachen, etwas offenen, aber für die Tropen zweckmäßigen Konstruktion nur ein paar Tage oder vielleicht ein paar Wochen. Stabilere Gebäude konnten mit der Hilfe von Zeugen aus benachbarten Versammlungen in fünf oder sechs Monaten fertiggestellt werden. Mitunter dauerte es auch ein bis zwei Jahre.

      Als Jehovas Zeugen jedoch in die 70er Jahre eintraten, hatten sie eine weltweite Mehrung von zwei bis drei neuen Versammlungen täglich. Anfang der 90er Jahre betrug die Zunahme bis zu neun Versammlungen pro Tag. Konnte ihr dringender Bedarf an neuen Königreichssälen gedeckt werden?

      Schnellbauweise entwickelt

      Zu Beginn der 70er Jahre packten über 50 Zeugen aus Nachbarversammlungen mit an, als in Carterville (Missouri, USA) für die Gruppe, die ihre Zusammenkünfte in Webb City gehabt hatte, ein neuer Königreichssaal gebaut wurde. An nur einem Wochenende errichteten sie den Hauptteil der Rahmenkonstruktion und einen Großteil des Daches. Es blieb noch viel zu tun, und erst nach Monaten war die Arbeit abgeschlossen; doch einen wichtigen Bauabschnitt hatte man in ganz kurzer Zeit bewältigt.

      Während des nächsten Jahrzehnts arbeiteten die Brüder gemeinsam an etwa 60 Sälen, wobei sie Hindernisse überwanden und rationellere Verfahren entwickelten. Mit der Zeit erschien es ihnen möglich, sobald die Arbeit am Fundament beendet war, einen Königreichssaal an einem einzigen Wochenende fast völlig fertigzustellen.

      Mehrere Versammlungsaufseher — alle aus dem Mittleren Westen der Vereinigten Staaten — begannen auf dieses Ziel hinzuarbeiten. Wenn Versammlungen einen Königreichssaalbau betreffend um Hilfe baten, besprach einer oder mehrere dieser Brüder das Projekt mit ihnen und erklärte genau die Vorbereitungen, die eine Versammlung treffen mußte, ehe man ans Werk gehen konnte. Unter anderem mußten Baugenehmigungen eingeholt werden, das Fundament und der Betonfußboden mußten gegossen werden, die Stromversorgung mußte funktionieren, Wasser- und Abwasserleitungen mußten bereits in der Erde sein, und es mußten zuverlässige Vereinbarungen für die Lieferung von Baumaterial getroffen werden. Hierauf konnte man für die Errichtung des Königreichssaals ein Datum festlegen. Man würde keine vorgefertigten Teile verwenden, sondern alles an Ort und Stelle bauen.

      Von wem wurden die eigentlichen Bauarbeiten ausgeführt? Von freiwilligen, unbezahlten Helfern, soweit dies möglich war. Oft beteiligten sich ganze Familien. Diejenigen, die das Projekt organisierten, wandten sich an Zeugen, die Handwerker waren und die sich bereit erklärt hatten, bei solchen Unternehmungen mitzuhelfen. Viele von ihnen freuten sich auf jedes neue Bauvorhaben. Andere Zeugen, die von den Projekten erfuhren, wollten ebenfalls dabeisein; in dem Wunsch, sich auf jede ihnen mögliche Weise nützlich zu machen, strömten Hunderte aus der Umgebung — und von weiter her — zu den Baustellen. Die meisten waren keine gelernten Bauhandwerker, aber offensichtlich entsprachen sie der Beschreibung aus Psalm 110:3, wo es von den Unterstützern des messianischen Königs Jehovas heißt: „Dein Volk wird sich willig darbieten.“

      Am Donnerstagabend vor Beginn der großen Aktion kamen die Brüder, die das Projekt beaufsichtigten, zusammen, um die letzten Einzelheiten zu klären. Am folgenden Abend wurde den Helfern anhand von Dias verständlich gemacht, wie die Arbeit vonstatten gehen sollte. Der Wert gottgefälliger Eigenschaften wurde hervorgehoben. Die Brüder wurden ermuntert, in Liebe zusammenzuarbeiten, freundlich, geduldig und rücksichtsvoll zu sein. Allen galt der Rat, ein bestimmtes Arbeitstempo beizubehalten, sich aber nicht abzuhetzen und sich auch nicht zu scheuen, für ein paar Minuten jemand eine nette Erfahrung zu erzählen. Am nächsten Morgen fing man in aller Frühe an zu bauen.

      Zu einer festgesetzten Zeit am Samstagmorgen unterbrach jeder seine Tätigkeit, um einer Betrachtung des Bibeltextes für den betreffenden Tag zuzuhören. Es wurde ein Gebet gesprochen, denn man war sich dessen wohl bewußt, daß der Erfolg des gesamten Unternehmens vom Segen Jehovas abhing (Ps. 127:1).

      Sobald die Arbeit begonnen hatte, ging es zügig voran. Schon nach einer Stunde stand die Rahmenkonstruktion für die Wände. Dann wurden die Dachbinder darauf gesetzt. Die Wandverkleidung wurde angenagelt. Die Elektriker begannen Leitungen zu legen. Luftkanäle für die Klimaanlage und Heizungsrohre wurden installiert, und Schränke wurden eingebaut. Bisweilen regnete es das ganze Wochenende, oder es wurde bitter kalt, oder es war extrem heiß, doch die Tätigkeit lief weiter. Es gab keinen Konkurrenzgeist, keine Rivalität unter den Handwerkern.

      Oft waren der Königreichssaal, eine hübsche Innenausstattung und vielleicht sogar Außenanlagen am zweiten Tag vor Sonnenuntergang fertig. Wenn es zweckmäßiger erschien, wurden die Arbeiten auf drei Tage oder auch auf zwei Wochenenden verteilt. Nach Beendigung des Projekts blieben viele von den müden, aber überglücklichen Arbeitern noch da, um die erste reguläre Versammlungszusammenkunft, ein Studium des Wachtturms, mitzuerleben.

      Mehrere Einwohner von Guymon (Oklahoma, USA), die bezweifelten, daß Qualitätsarbeit in so kurzer Zeit möglich ist, riefen den Inspektor der Bauaufsichtsbehörde an. „Ich sagte ihnen, wenn sie einmal sehen wollten, wie man es richtig macht, brauchten sie nur zum Saal zu kommen“, erklärte der Inspektor, als er den Zeugen davon berichtete. „Sogar an Stellen, die später verdeckt und nicht sichtbar sind, arbeiten Sie korrekt.“

      Während der Bedarf an Königreichssälen zunahm, schulten die Brüder, die viele Schnellbaumethoden entwickelt hatten, weitere Helfer. Berichte über das, was sich auf diesem Gebiet tat, erreichten andere Länder. Konnten solche Bauverfahren dort ebenfalls angewandt werden?

      Die Schnellbauweise wird international

      In Kanada war man mit dem Bau von Königreichssälen weit hinter den Bedürfnissen der Versammlungen zurück. Die Zeugen in Kanada baten diejenigen, die Schnellbauprojekte in den Vereinigten Staaten organisierten, ihnen zu erklären, wie sie dabei vorgingen. Zunächst dachten die Kanadier, solche Projekte würden sich in Kanada wohl kaum verwirklichen lassen, aber sie beschlossen, es zu versuchen. Der erste Königreichssaal in Kanada, der in Schnellbauweise errichtet wurde, entstand 1982 in Elmira (Ontario). 1992 gab es in Kanada schon 306 Königreichssäle, die nach diesem Verfahren gebaut worden waren.

      Auch die Zeugen in Northampton (England) wagten sich 1983 an ein solches Projekt. Es war das erste dieser Art in Europa. Brüder, die mit der Schnellbauweise Erfahrung hatten, kamen aus den Vereinigten Staaten und aus Kanada angereist, um das Vorhaben zu beaufsichtigen und den einheimischen Zeugen praktischen Rat für die Ausführung zu geben. Auch freiwillige Helfer aus fernen Ländern wie Japan, Indien, Frankreich und Deutschland waren da. Sie stellten ihre Dienste unentgeltlich zur Verfügung. Wie war das alles möglich? Der Aufseher eines Teams irischer Zeugen, die an einem solchen Projekt arbeiteten, meinte, der Erfolg sei darauf zurückzuführen, daß alle Brüder und Schwestern unter dem Einfluß des Geistes Jehovas zusammenarbeiteten.

      Selbst wenn solche Projekte wegen örtlicher Bauvorschriften undurchführbar erscheinen, stellen die Zeugen häufig fest, daß städtische Beamte gern mit ihnen zusammenarbeiten, sobald ihnen die Einzelheiten unterbreitet werden.

      Nach Abschluß eines Schnellbauprojekts nördlich des Polarkreises in Norwegen schrieb die Zeitung Finnmarken: „Phantastisch! Kein anderes Wort beschreibt treffender, was Jehovas Zeugen am vergangenen Wochenende geleistet haben.“ Ähnlich war das Echo, als Zeugen auf der Nordinsel Neuseelands einen schönen Königreichssaal in zweieinhalb Tagen bauten. Auf der Titelseite der Lokalzeitung erschien die Schlagzeile: „Ein Bauprojekt, das an ein Wunder grenzt“. In dem Artikel hieß es dann: „Das Umwerfendste an der ganzen Sache war wohl der gut organisierte und geradezu ruhige Arbeitsablauf.“

      Wird ein Königreichssaal an einem abgelegenen Ort benötigt, so stellt die Entfernung kein unüberwindliches Hindernis dar. In Belize realisierte man ein Schnellbauprojekt, bei dem alle Materialteile auf eine 60 Kilometer von der Hafenstadt Belize entfernte Insel geschafft werden mußten. Ein klimatisierter Königreichssaal wurde in Port Hedland (Westaustralien) an e i n e m Wochenende mit Materialien und von Arbeitskräften gebaut, die fast durchweg aus einer Entfernung von 1 600 Kilometern oder von noch weiter her kamen. Die Arbeiter bezahlten die Reise aus eigener Tasche. Den meisten, die bei dem Projekt mithalfen, waren die Zeugen der Versammlung Port Hedland nicht persönlich bekannt, und wahrscheinlich würden nur ganz wenige von den Helfern Gelegenheit haben, dort Zusammenkünfte zu besuchen. Das konnte sie jedoch nicht davon abhalten, ihre Liebe auf die erwähnte Weise zum Ausdruck zu bringen.

      Sogar in Gebieten, wo es nur wenige Zeugen gibt, werden Säle in Schnellbauweise errichtet. Etwa 800 Zeugen von Trinidad waren 1985 bereit, nach Tobago zu reisen und dort ihre 84 Glaubensbrüder und -schwestern beim Bau eines Saals in Scarborough zu unterstützen. Die 17 Zeugen (meist Frauen und Kinder) in Goose Bay (Labrador) brauchten unbedingt Hilfe, wollten sie einmal einen Königreichssaal ihr eigen nennen. 1985 flogen 450 Zeugen aus anderen Gegenden Kanadas mit drei Charterflugzeugen nach Goose Bay und machten sich ans Werk. Nach zwei Tagen harter Arbeit fand am Sonntagabend in dem fertigen Saal die Bestimmungsübergabe statt.

      Damit soll nicht gesagt werden, daß man Königreichssäle jetzt nur noch im Schnellbauverfahren baut. Aber auf immer mehr Säle trifft dies zu.

      Regionale Baukomitees

      Mitte 1986 war die Zahl der benötigten neuen Königreichssäle bereits stark angestiegen. Damals waren innerhalb eines Jahres weltweit 2 461 neue Versammlungen entstanden, 207 allein in den Vereinigten Staaten. Manche Königreichssäle wurden von drei, vier oder sogar fünf Versammlungen benutzt. Wie in der Bibel vorhergesagt, beschleunigte Jehova das Einsammlungswerk tatsächlich (Jes. 60:22).

      Um zu gewährleisten, daß die Arbeitskräfte auf bestmögliche Weise eingesetzt werden, und um die gewonnene Erfahrung allen, die Königreichssäle bauen, zugute kommen zu lassen, begann die Gesellschaft, die Tätigkeit zu koordinieren. Zunächst, im Jahre 1987, wurden die Vereinigten Staaten in 60 Bereiche mit je einem zuständigen regionalen Baukomitee aufgeteilt. Alle diese Komitees hatten reichlich zu tun; einige waren bald für ein Jahr oder mehr mit Projekten eingedeckt. Die Männer, die dazu ernannt wurden, in den Komitees zu dienen, waren hauptsächlich in geistiger Hinsicht qualifiziert, sie waren Älteste in den Versammlungen und Vorbilder im Hervorbringen der Frucht des Geistes Gottes (Gal. 5:22, 23). Viele von ihnen hatten aber auch Erfahrung auf Gebieten wie Umgang mit Grundbesitz, Planung, Bauen, Geschäftsführung und Sicherheitsvorkehrungen.

      Die Versammlungen wurden dazu ermuntert, sich mit dem regionalen Baukomitee zu beraten, ehe man ein Grundstück für einen neuen Königreichssaal auswählte. Falls es in einer Stadt mehrere Versammlungen gab, sollten sie außerdem den (die) Kreisaufseher, den Stadtaufseher und die Ältesten von den Nachbarversammlungen zu Rate ziehen. Den Versammlungen, die beabsichtigten, eine größere Renovierung vorzunehmen oder einen neuen Königreichssaal zu bauen, wurde empfohlen, sich die Erfahrung der Brüder vom regionalen Baukomitee in ihrer Gegend sowie die Richtlinien, die das Komitee von der Gesellschaft erhalten hatte, zunutze zu machen. Das Komitee würde die Bemühungen koordinieren, aus Brüdern und Schwestern, die ungefähr 65 Berufe ausübten und bereits als freiwillige Helfer bei solchen Projekten mitgewirkt hatten, die erforderlichen Fachkräfte auszuwählen und zusammenzubringen.

      Durch eine verbesserte Verfahrensweise konnte die Zahl der jeweils an einem Projekt Beteiligten eingeschränkt werden. Nun waren es nicht mehr Tausende, die auf der Baustelle entweder zuschauten oder Dienste leisteten, sondern es waren selten mehr als 200 Personen zur gleichen Zeit da. Sie blieben nicht mehr ein ganzes Wochenende, sondern nur noch so lange, wie ihre speziellen Fertigkeiten gebraucht wurden. So konnten sie ihren Familien und der Tätigkeit mit der Heimatversammlung mehr Zeit widmen. Wenn einheimische Brüder in der Lage waren, bestimmte Arbeiten in einer angemessenen Zeit zu erledigen, erwies es sich oft als zweckmäßig, das Schnellbauteam nur für Arbeitsgänge in Anspruch zu nehmen, für die es dringend benötigt wurde.

      Der gesamte Ablauf ging zwar erstaunlich schnell vonstatten, aber das Tempo hatte nicht den Vorrang. Wichtiger war es, daß bescheidene, den örtlichen Bedürfnissen entsprechende Königreichssäle gebaut wurden und man dabei Qualitätsarbeit leistete. Um dieses Ziel verwirklichen zu können und gleichzeitig die Kosten so gering wie möglich zu halten, wurde sorgfältig geplant. Man sorgte dafür, daß größter Wert auf Sicherheit gelegt wurde — auf die Sicherheit der Arbeiter, der Nachbarn, der Passanten und der künftigen Benutzer des Königreichssaals.

      Nachdem Berichte über diese Vorkehrungen zum Bau von Königreichssälen andere Länder erreicht hatten, wurden die nötigen Informationen an diejenigen Zweigbüros der Gesellschaft weitergeleitet, die es für vorteilhaft hielten, in ihrem Gebiet auf dieselbe Weise zu verfahren. 1992 leisteten von der Gesellschaft ernannte regionale Baukomitees in Ländern wie Argentinien, Australien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Japan, Kanada, Mexiko, Spanien und Südafrika Hilfe beim Bau von Königreichssälen. Die Baumethoden wurden den örtlichen Verhältnissen angepaßt. Wenn für den Bau eines Königreichssaals der Beistand eines anderen Zweiges gebraucht wurde, unternahm das Hauptbüro der Gesellschaft entsprechende Schritte. In einigen Ländern der Erde entstanden neue Säle in Tagen, woanders in Wochen oder vielleicht in wenigen Monaten. Durch sorgfältige Planung und koordiniertes Vorgehen konnte die Zeit, die das Errichten eines Königreichssaals beanspruchte, deutlich verkürzt werden.

      Die Bautätigkeit der Zeugen Jehovas beschränkt sich allerdings nicht auf Königreichssäle. Wenn Gruppen von Versammlungen zu ihren jährlichen Kreis- und Tagessonderkongressen zusammenkommen, werden größere Gebäude benötigt.

      Den Bedarf an Kongreßsälen decken

      Im Laufe der Jahre sind Kreiskongresse in den verschiedensten Gebäuden durchgeführt worden. Jehovas Zeugen haben zum Beispiel öffentliche Säle, Schulen, Theater, Exerzierhallen, Sporthallen und Messegelände gemietet. An einigen Orten standen ausgezeichnete Räumlichkeiten zu einem erschwinglichen Preis zur Verfügung. Häufiger aber kostete es viel Zeit und Mühe, den Saal zu reinigen, eine Lautsprecheranlage zu installieren, eine Bühne aufzubauen und Stühle herbeizuschaffen. Manchmal kam in letzter Minute eine Absage. Während die Zahl der Versammlungen stieg, wurde es immer schwieriger, genügend passende Säle zu finden. Was war zu tun?

      Wiederum bestand für Jehovas Zeugen die Lösung in eigenen Sälen. Das bedeutete, daß brauchbare Gebäude renoviert oder neue Gebäude errichtet werden mußten. Der erste eigene Kongreßsaal in den Vereinigten Staaten war ein Theater in Long Island City (New York), das in der zweiten Hälfte des Jahres 1965 von Jehovas Zeugen renoviert und in Gebrauch genommen wurde.

      Etwa zur selben Zeit entwarfen Zeugen auf der karibischen Insel Guadeloupe einen Kongreßsaal für die dortigen Bedürfnisse. Sie dachten, daß es günstig wäre, wenn Kreiskongresse an vielen verschiedenen Orten stattfinden könnten. In den meisten Städten gab es indessen keine ausreichenden Räumlichkeiten. So bauten die Zeugen eine transportable Konstruktion (aus Stahlrohren und mit einem Aluminiumdach), die 700 Personen Platz bot und auf jedem verfügbaren, einigermaßen ebenen Grundstück aufgestellt werden konnte. Immer wieder mußte der Saal vergrößert werden, bis er schließlich 5 000 Personen faßte. Man stelle sich vor: Transport, Aufbau und Abbau von 30 Tonnen Material für jeden Kongreß! Dieser bewegliche Kongreßsaal wurde mehrmals im Jahr zusammengefügt und wieder auseinandergenommen, und das 13 Jahre lang, bis die Suche nach Grundstücken für den Saal schwierig wurde und man sich gezwungen sah, Land zu kaufen und einen Kongreßsaal auf Dauer zu bauen; dort werden nun Kreis- und Bezirkskongresse abgehalten.

      Nicht selten wurden schon vorhandene Gebäude in Kongreßsaalprojekte einbezogen. In Hays Bridge (Surrey, England) erwarb und renovierte man ein 50 Jahre altes Schulgebäude. Es steht auf einem 11 Hektar großen Gelände, inmitten einer reizvollen Landschaft. Umgebaut und in Gebrauch genommen wurden außerdem ehemalige Kinos und eine Lagerhalle in Spanien, eine nicht mehr betriebene Textilfabrik in Australien, ein Tanzsaal in Quebec (Kanada), eine Kegelbahn in Japan und ein Lagerhaus in der Republik Korea. Aus all diesen Bauten entstanden ansprechende Kongreßsäle, die sich gut als große Zentren für biblische Unterweisung eignen.

      Andere Kongreßsäle wurden von Grund auf neu gebaut. Die einzigartige Architektur des achteckigen Saals in Hellaby (South Yorkshire, England) sowie die Tatsache, daß die Bauarbeiten großenteils von freiwilligen Kräften ausgeführt wurden, waren der Anlaß für die Veröffentlichung eines Artikels in der Zeitschrift der Institution of Structural Engineers (einer Bautechnikerorganisation). Den Kongreßsaal in Saskatoon (Saskatchewan, Kanada) konstruierte man für 1 200 Personen, doch mit Hilfe von ausziehbaren Innenwänden kann das Gebäude in vier nebeneinanderliegende Königreichssäle umfunktioniert werden. Haitis Kongreßsaal (aus Fertigteilen, die in den Vereinigten Staaten hergestellt und von dort eingeführt worden waren) war nach zwei Seiten hin offen, so daß der ständig wehende Wind den Anwesenden Kühlung bringen konnte — eine willkommene Erleichterung angesichts der heißen haitischen Sonne. Der Saal in Port Moresby (Papua-Neuguinea) wurde so gebaut, daß sich bestimmte Wandabschnitte wie Türen öffnen ließen, wodurch Menschenmengen Platz finden konnten, für die der Saal selbst zu klein gewesen wäre.

      Über den Bau eines Kongreßsaals entscheidet nicht eine kleine Gruppe von Aufsehern, die dann erwartet, daß alle anderen ihren Beschluß unterstützen. Bevor ein Kongreßsaal gebaut wird, forscht die Gesellschaft nach, inwieweit man ihn benötigt und in welchem Ausmaß er benutzt werden wird. Sie achtet nicht lediglich auf die von Brüdern in der Umgebung bekundete Begeisterung für das Projekt, sondern auch auf die Bedürfnisse der Bruderschaft insgesamt. Mit allen Versammlungen, die an dem Projekt beteiligt sein werden, wird darüber gesprochen, um festzustellen, in welchem Umfang die Brüder es fördern möchten und können.

      Sobald dann die Arbeit ihren Lauf nimmt, geschieht dies mit der vollen Unterstützung der Zeugen Jehovas in dem jeweiligen Gebiet. Alle Projekte werden von den Zeugen selbst finanziert. Zwar wird erklärt, welche finanziellen Mittel erforderlich sind, aber das Geben von Spenden ist freiwillig und bleibt anonym. Es wird sorgfältig vorausgeplant, und die Erfahrung, die beim Bau von Königreichssälen und häufig auch bei Kongreßsaalprojekten an anderen Orten gewonnen wurde, kommt dem Vorhaben zugute. Wenn nötig, werden einzelne Arbeiten auch an Baufirmen vergeben, doch gewöhnlich leisten begeisterte Zeugen die Hauptarbeit. Dadurch lassen sich die Kosten bis auf die Hälfte reduzieren.

      Mit einer Mannschaft aus Fachkräften und anderen, die ihre Zeit und ihre Talente bereitwillig zur Verfügung stellen, macht das gesamte Projekt in der Regel schnell Fortschritte. Manchmal dauern solche Projekte über ein Jahr. Auf Vancouver Island in Kanada hingegen vollendeten 1985 etwa 4 500 freiwillige Helfer einen 2 300 Quadratmeter großen Kongreßsaal in nur neun Tagen. In dem Gebäude befindet sich unter anderem ein Königreichssaal für die Versammlungen am Ort mit 200 Sitzplätzen. Wegen politischer Unruhen verhängte die Regierung in Neukaledonien 1984 ein Ausgangsverbot; dennoch arbeiteten dort bis zu 400 Freiwillige auf einmal an einem Kongreßsaal, und nach nur vier Monaten war er fertig. Bei Stockholm (Schweden) wurde ein ansprechender und zweckmäßiger Kongreßsaal mit 900 gepolsterten Eichenstühlen in sieben Monaten fertiggestellt.

      Die Genehmigung für den Bau eines Kongreßsaals mußte mitunter vor Gericht erkämpft werden. Das war in Surrey (Britisch-Kolumbien, Kanada) der Fall. Zu der Zeit, als das Grundstück gekauft wurde, hätte die Errichtung einer solchen Anbetungsstätte den Bebauungsvorschriften entsprochen. Nachdem man jedoch Baupläne eingereicht hatte, verabschiedete der Rat des Distrikts Surrey 1974 eine Verordnung, wonach Kirchen und Kongreßsäle nur in der sogenannten Zone P⁠3 gebaut werden durften — eine Zone, die überhaupt nicht existierte. Dessenungeachtet waren vorher ohne Schwierigkeiten 79 Kirchen in der Stadt gebaut worden. Man brachte die Angelegenheit vor Gericht. Es kam zu mehreren Entscheidungen zugunsten von Jehovas Zeugen. Die Behinderung durch voreingenommene Beamte konnte schließlich überwunden werden, und nun arbeiteten die freiwilligen Helfer mit einer solchen Begeisterung an dem Projekt, daß es schon nach ungefähr sieben Monaten abgeschlossen war. Wie einst Nehemia bei seinen Bemühungen, die Mauern Jerusalems wieder aufzubauen, empfanden die Helfer, daß die ‘Hand Gottes über ihnen war’, um das Werk zu vollenden (Neh. 2:18).

      Als Jehovas Zeugen in den Vereinigten Staaten das Stanley-Theater in Jersey City (New Jersey) kauften, war das Gebäude in dem staatlichen Verzeichnis historischer Stätten eingetragen. Abgesehen von dem äußerst renovierungsbedürftigen Zustand des Theaters, bot es ausgezeichnete Möglichkeiten für die Verwendung als Kongreßsaal. Aber als die Zeugen Ausbesserungsarbeiten vornehmen wollten, verweigerten städtische Beamte die Genehmigung dafür. Der Bürgermeister wünschte Jehovas Zeugen nicht in dem betreffenden Gebiet; er hatte mit dem Gebäude und dem Grundstück etwas anderes vor. Damit dem rechtswidrigen Gebrauch der Amtsgewalt Einhalt geboten werden konnte, mußte man den Rechtsweg beschreiten. Das Gericht entschied zugunsten der Zeugen. Bald darauf wurde der Bürgermeister von den Stadtbewohnern abgewählt. Die Arbeiten an dem Gebäude gingen zügig voran. So wurde ein wunderschöner Kongreßsaal mit über 4 000 Plätzen geschaffen. Es ist ein Bauwerk, auf das Geschäftsleute und andere Einwohner der Stadt gleicherweise stolz sind.

      Während der vergangenen 27 Jahre haben Jehovas Zeugen in zahlreichen Gebieten der Erde hübsche, zweckmäßige Kongreßsäle gebaut, die als Zentren für biblische Unterweisung dienen. Immer mehr solche Säle findet man heute in Nord- und Südamerika, Europa, Afrika und Asien sowie auf vielen Inseln. In einigen Ländern — beispielsweise Nigeria, Italien und Dänemark — haben Jehovas Zeugen auch größere Freiluftstätten errichtet, wo sie regelmäßig ihre Bezirkskongresse abhalten können.

      Kongreßsäle und Königreichssäle sind jedoch nicht die einzigen Bauprojekte, mit denen Jehovas Zeugen die Verkündigung des Königreiches Gottes fördern.

      Weltweit Büros, Druckereien und Bethelheime

      Im Jahre 1992 gab es rund um die Erde 99 Zweigbüros der Watch Tower Society, und jedes diente dem Zweck, die Tätigkeit der Zeugen Jehovas in dem betreffenden Gebiet zu koordinieren. In mehr als der Hälfte der Zweige wurde zur Förderung des biblischen Lehrwerks gedruckt. Diejenigen, die in den Zweigbüros arbeiten, sind meist wie eine große Familie in Heimen untergebracht, die Bethel genannt werden, was „Haus Gottes“ bedeutet. Wegen der zunehmenden Zahl der Zeugen Jehovas und wegen der Ausdehnung ihrer Predigttätigkeit wurde es notwendig, diese Einrichtungen zu vergrößern und neue zu bauen.

      Die Organisation wächst so schnell, daß häufig 20 bis 40 solcher Zweigerweiterungsprogramme gleichzeitig im Gange waren. Ein umfangreiches internationales Bauprogramm war erforderlich.

      Wegen der gewaltigen Menge an Bauarbeiten, die weltweit durchgeführt werden, hat die Watch Tower Society in ihrer Zentrale in New York ein eigenes Planungsbüro eingerichtet. Ingenieure mit vielen Jahren Erfahrung haben ihre Arbeitsstelle aufgegeben und sich für die Mitarbeit an Bauprojekten, die in direkter Beziehung zum Königreichswerk stehen, als Vollzeitdiener zur Verfügung gestellt. Erfahrene Kräfte haben außerdem weitere Männer und Frauen in der Ingenieurarbeit, im Entwerfen und im Zeichnen geschult. Dadurch, daß diese Abteilung die Arbeit koordiniert, kann die Erfahrung, die irgendwo auf der Erde beim Errichten von Zweiggebäuden gewonnen wird, denen zugute kommen, die in anderen Ländern mit ähnlichen Projekten beschäftigt sind.

      Mit der Zeit hielt man es angesichts des Ausmaßes der Bautätigkeit für nützlich, in Japan ein regionales Planungsbüro zu eröffnen, das Baupläne für Projekte in Asien anfertigt. Andere regionale Planungsbüros mit Mitarbeitern aus den verschiedensten Ländern sind in Europa und in Australien tätig. Die Büros arbeiten mit dem Büro in der Zentrale eng zusammen, und dank ihrer durch Computer erleichterten Dienste kommt man bei den einzelnen Baustellen mit weniger Bauzeichnern aus.

      Manche Projekte sind von relativ bescheidenem Umfang. Ein Beispiel hierfür war 1983 der Bau des Zweigbüros auf Tahiti. Es umfaßte Büro- und Lagerräume sowie Wohnraum für 8 freiwillige Mitarbeiter. Auch das vierstöckige Zweiggebäude, das auf der karibischen Insel Martinique in den Jahren 1982 bis 1984 errichtet wurde, war relativ klein. Obwohl Großstadtmenschen aus anderen Ländern nichts Besonderes an diesen Gebäuden finden würden, erregten sie das Interesse der Öffentlichkeit. Die Zeitung France-Antilles bezeichnete das Zweiggebäude auf Martinique als „ein architektonisches Meisterstück“, das von „großer Liebe zu guter Arbeit“ zeugt.

      Völlig andere Dimensionen hatten die 1981 in Kanada vollendeten Gebäude, zu denen eine Druckerei von über 9 300 Quadratmetern Nutzfläche und ein Wohngebäude für 250 freiwillige Mitarbeiter gehörten. Der Watch-Tower-Gebäudekomplex, der im selben Jahr in Cesario Lange (Brasilien) fertig wurde, bestand aus acht Gebäuden mit einer Nutzfläche von insgesamt 46 000 Quadratmetern. 10 000 Lkw-Ladungen Zement, Steine und Sand hatte man dafür benötigt und so viele Betonpfeiler, daß sie aufeinandergestellt den Mount Everest um seine eigene Höhe überragt hätten. Als man 1991 auf den Philippinen eine große Druckerei fertigstellte, mußte auch ein elfstöckiges Wohngebäude errichtet werden.

      Um den Bedürfnissen der wachsenden Zahl der Königreichsverkündiger in Nigeria gerecht werden zu können, wurde 1984 in Igieduma ein stattliches Bauprojekt in Angriff genommen. Es sollte eine Druckerei, ein geräumiges Bürogebäude, vier miteinander verbundene Wohngebäude und andere wichtige Anlagen einschließen. Man plante, die gesamte Druckerei aus Fertigteilen zu bauen, die aus den Vereinigten Staaten geliefert werden sollten. Doch dann wurden den Brüdern im Zusammenhang mit der Einfuhr scheinbar unerfüllbare Bedingungen gestellt. Als aber die Bedingungen eingehalten werden konnten und alle Teile unversehrt am Bauort ankamen, betrachteten die Zeugen dies nicht als ihr eigenes Verdienst, sondern sie dankten Jehova für seinen Segen.

      Rasche Ausdehnung rund um die Erde

      Das Werk der Königreichsverkündigung ist indessen so schnell gewachsen, daß oft schon ziemlich bald nach einer drastischen Erweiterung der Zweiggebäude in einem Land wieder gebaut werden muß. Betrachten wir einige Beispiele.

      Ende 1984 wurde in Peru ein schönes neues Zweigbüro fertiggestellt — mit Büroräumen, 22 Schlafräumen, anderen Einrichtungen für die Mitglieder der Bethelfamilie sowie einem Königreichssaal. Die Zahl derer, die in dem südamerikanischen Land positiv auf die Königreichsbotschaft reagierten, übertraf jedoch alle Erwartungen. Schon nach vier Jahren war es notwendig, den bestehenden Komplex zu verdoppeln; diesmal baute man erdbebensicher.

      Ein geräumiger neuer Zweigkomplex wurde 1979 in Kolumbien vollendet. Es hatte den Anschein, als ob er für viele Jahre reichlich Platz bieten würde. Aber sieben Jahre später hatte sich die Zahl der Zeugen in Kolumbien fast verdoppelt, und der Zweig druckte nun die Zeitschriften La Atalaya und ¡Despertad! nicht nur für Kolumbien, sondern auch für vier Nachbarländer. 1987 war es an der Zeit, mit einem Neubau zu beginnen — diesmal auf einem Gelände mit mehr Erweiterungsmöglichkeiten.

      Während des Jahres 1980 widmeten Jehovas Zeugen in Brasilien dem öffentlichen Predigen der Königreichsbotschaft ungefähr 14 000 000 Stunden. 1989 waren es jedoch annähernd 50 000 000 Stunden. Immer mehr Menschen hatten den Wunsch, ihren geistigen Hunger zu stillen. Die großzügig angelegten Zweiggebäude, die 1981 der Bestimmung übergeben worden waren, reichten nicht mehr aus. Bereits im September 1988 waren Erdarbeiten für eine neue Druckerei im Gange. Sie sollte 80 Prozent mehr Nutzfläche haben als die vorhandene Druckerei, und natürlich würde man auch Wohngebäude für die größer werdende Bethelfamilie benötigen.

      In Selters/Taunus wurde 1984 der zweitgrößte Druckereikomplex der Watch Tower Society der Bestimmung übergeben. Wegen des Wachstums und wegen der Möglichkeit einer Ausweitung des Zeugniswerks in Ländern, für die der deutsche Zweig Literatur druckt, machte man nur fünf Jahre später Pläne für eine Vergrößerung der Druckerei um 85 Prozent sowie für zusätzliche Gebäude, die den Bedürfnissen der Mitarbeiter dienen sollten.

      Im Jahre 1972 war das japanische Zweigbüro von Tokio in große neue Gebäude in Numasu verlegt worden. Eine bedeutende Erweiterung folgte 1975. Schon 1978 war man im Besitz eines anderen Grundstücks in Ebina, und binnen kurzem wurde an einer Druckerei gearbeitet, die über dreimal so groß werden sollte wie die in Numasu. Das Projekt war 1982 abgeschlossen. Aber auch damit kam man nicht aus; bis 1989 wurden weitere Gebäude hinzugefügt. Wäre es denn nicht möglich gewesen, nur einmal zu bauen und gleich in der richtigen Größe? Nein. Die Anzahl der Königreichsverkündiger in Japan verdoppelte sich immer wieder so schnell, wie kein Mensch es vorausahnen konnte. Von 14 199 im Jahre 1972 wuchsen ihre Reihen auf 137 941 im Jahre 1989 an, und ziemlich viele setzten ihre ganze Zeit im Dienst für Gott ein.

      In anderen Ländern der Erde ergibt sich ein ganz ähnliches Bild. Ein Jahrzehnt (oder manchmal nur wenige Jahre) nach dem Bau großer Zweigbüros mit Druckereianlagen mußten beträchtliche Erweiterungen vorgenommen werden. Das war unter anderem in Mexiko, Kanada, Südafrika und in der Republik Korea der Fall.

      Wer verrichtet die eigentlichen Bauarbeiten? Und wie schafft man das alles?

      Viele Tausende helfen gern mit

      Beim Bau eines Zweigbüros in Arboga (Schweden) dienten von den damals 17 000 Zeugen in Schweden etwa 5 000 als freiwillige Helfer. Die meisten waren lediglich willige Hilfskräfte, aber es gab auch genügend fähige Fachkräfte, die dafür sorgten, daß die Arbeit richtig gemacht wurde. Was war ihr Beweggrund? Liebe zu Jehova.

      Als ein Beamter von einem Vermessungsamt in Dänemark davon hörte, daß die Arbeiten an einem neuen Zweigbüro in Holbæk ausschließlich von Zeugen Jehovas ausgeführt werden sollten, hatte er Bedenken. Zeugen, die dort als freiwillige Helfer dienten, verfügten jedoch über das gesamte erforderliche Know-how. Wäre es trotzdem vorteilhafter gewesen, ein Bauunternehmen zu beauftragen? Experten von der städtischen Baubehörde besichtigten die Gebäude, als das Projekt beendet war, und äußerten sich lobend über die geleistete Qualitätsarbeit — etwas, was heute kaum noch anzutreffen sei, wenn für Geld gearbeitet werde. Der Beamte, der sich vorher besorgt gezeigt hatte, sagte lächelnd: „Wissen Sie, damals wußte ich nicht, was für eine Organisation Sie haben.“

      In Australien liegen die Städte weit über das Land verstreut; daher mußten die meisten der 3 000 Freiwilligen, die zwischen 1978 und 1983 an den Zweiggebäuden in Ingleburn arbeiteten, mindestens 1 600 Kilometer zurücklegen. Man organisierte jedoch Busreisen für Gruppen von Freiwilligen, und unterwegs erwiesen Versammlungen den Brüdern Gastfreundschaft, indem sie an den Rastorten für Mahlzeiten sorgten und den Reisenden Gesellschaft leisteten. Um mitarbeiten zu können, verkauften einige Brüder ihr Haus, gaben ihr Geschäft auf, nahmen Urlaub oder brachten andere Opfer. Erfahrene Handwerkerteams trafen ein — manche kamen mehrmals — und gossen Beton, hängten Decken ab oder errichteten Zäune. Andere Zeugen spendeten Material.

      Bei denen, die als freiwillige Helfer an diesen Projekten beteiligt waren, handelte es sich überwiegend um ungelernte Kräfte, aber mit etwas Schulung konnten etliche von ihnen wichtige Aufgaben übernehmen und leisteten vorzügliche Arbeit. Sie lernten, wie man Fenster baut, Baumaschinen bedient, Beton mischt oder Maurerarbeiten ausführt. Gegenüber Personen, die keine Zeugen Jehovas sind und von Berufs wegen dieselbe Arbeit verrichten, genossen sie deutliche Vorteile. Welche? Die Brüder, die Erfahrung hatten, gaben ihre Kenntnisse bereitwillig weiter. Niemand brauchte zu befürchten, daß ein anderer ihm die Arbeit wegnehmen würde; es gab für alle reichlich zu tun. Außerdem fühlte man sich angespornt, Qualitätsarbeit zu leisten, da die Tätigkeit ein Ausdruck der Liebe zu Gott war.

      Auf allen Baustellen bilden einige Zeugen den Kern der sogenannten Baufamilie. Als von 1979 bis 1984 in Selters/Taunus gebaut wurde, bestand dieser Kern in der Regel aus mehreren hundert Arbeitern. Weitere Tausende schlossen sich ihnen für verschieden lange Zeitspannen an, viele davon an Wochenenden. Dank guter Planung fanden freiwillige Helfer bei ihrer Ankunft reichlich Arbeit vor.

      Solange Menschen unvollkommen sind, entstehen Probleme; doch die Zeugen, die mit Bauvorhaben wie den hier erwähnten beschäftigt sind, bemühen sich, ihre Probleme durch die Anwendung biblischer Grundsätze zu lösen. Ihnen ist bewußt, daß christliches Verhalten wichtiger ist als rationelle Arbeitsmethoden. Daran erinnerten auf der Baustelle in Ebina (Japan) große Schilder mit Darstellungen von Arbeitern, auf deren Schutzhelmen in japanischen Schriftzeichen jeweils eine der Früchte des Geistes Gottes stand: Liebe, Freude, Frieden, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Glauben, Milde, Selbstbeherrschung (Gal. 5:22, 23). Besucher sehen und hören, wie sich ein solches Verhalten auswirkt. Ein Reporter, der das brasilianische Zweigbüro während der Bauzeit besichtigt hatte, beschrieb seine Eindrücke wie folgt: „Kein ungehobeltes Benehmen, kein Mangel an Zusammenarbeit ... Die christliche Atmosphäre hier ist ganz anders als das, was man im brasilianischen Baugewerbe gewohnt ist.“

      Ständige Erweiterung der Weltzentrale

      Während die Zweigbüros der Watch Tower Society größer wurden, mußten auch die Räumlichkeiten der Weltzentrale erweitert werden. Die Druckerei- und Bürobereiche in Brooklyn und an anderen Orten im Bundesstaat New York wurden seit dem Zweiten Weltkrieg insgesamt mehr als 10mal drastisch erweitert. Um Wohnraum für Mitarbeiter zu schaffen, mußten zahlreiche größere und kleinere Gebäude neu gebaut oder gekauft und renoviert werden. Im August 1990 und im Januar 1991 wurden wieder bedeutende Erweiterungen in Brooklyn angekündigt, und das, obwohl man erst 1989 nördlich von New York City mit der Errichtung eines umfangreichen Wachtturm-Schulungszentrums — mit Wohnraum für insgesamt 1 200 Mitarbeiter und Studierende — begonnen hatte und die Arbeit dort noch andauerte.

      Seit 1972 wurde in der Weltzentrale in Brooklyn sowie in den angegliederten Einrichtungen in anderen Teilen von New York und in New Jersey ununterbrochen gebaut. Mit der Zeit erkannte man, daß die reguläre Baumannschaft, wenngleich ihre Zahl in die Hunderte ging, nicht mehr alle anfallenden Arbeiten bewältigen konnte. Aus diesem Grund wurde 1984 ein Programm in die Wege geleitet, das es von da an vielen ermöglichen sollte, zeitweilig mitzuhelfen. Man sandte Briefe an die damals 8 000 Versammlungen in den Vereinigten Staaten und lud befähigte Brüder ein, für eine Woche oder länger zur Aushilfe zu kommen. (In einigen Zweigen war schon vorher ein ähnliches Programm erfolgreich verlaufen, unter anderem in Australien, wo als freiwillige Helfer diejenigen eingeladen wurden, die zwei Wochen bleiben konnten.) Die Helfer würden Unterkunft und Verpflegung erhalten, ihre Reise aber selbst bezahlen und unentgeltlich arbeiten. Wer würde der Einladung folgen?

      Bis 1992 wurden weit über 24 000 Bewerbungen bearbeitet. Mindestens 3 900 davon betrafen Personen, die 2mal, 3mal, ja sogar 10mal oder 20mal kamen. Die meisten Bewerber waren Älteste, Dienstamtgehilfen oder Pioniere — Menschen mit guten geistigen Eigenschaften. Alle waren bereit, Hand anzulegen, wo immer sie benötigt wurden, ganz gleich, ob ihre Berufserfahrung dabei zum Tragen kam oder nicht. Die Arbeit war oft schwer und schmutzig. Dennoch betrachteten die Helfer es als ein Vorrecht, auf diese Weise zur Förderung der Königreichsinteressen beizutragen. Manche stellten fest, daß sie aufgrund dieser Tätigkeit den Geist der Selbstaufopferung noch mehr schätzten, der für die Arbeit, die in der Weltzentrale geleistet wird, bezeichnend ist. Durch die Anwesenheit bei der morgendlichen Anbetung und beim wöchentlichen Familien-Wachtturm-Studium der Bethelfamilie fühlten sich alle reich belohnt.

      Freiwillige, die im Ausland dienen

      Als immer mehr Einrichtungen dringend einer Erweiterung bedurften, traf man 1985 Vorkehrungen, um freiwillige Helfer ins Ausland zu senden. Nicht, daß man damals erst begonnen hätte, auf dem Bausektor international zusammenzuarbeiten, aber nun wurde eine besondere Art der Zusammenarbeit vom Hauptbüro aus sorgfältig koordiniert. Alle Teilnehmer sind Zeugen, die sich freiwillig für die Bautätigkeit außerhalb ihres eigenen Landes zur Verfügung stellen. Es sind Fachleute sowie Ehefrauen, die ihre Männer begleiten und mit anpacken, wo sie können. Die meisten bestreiten ihre Reisekosten selbst; niemand bekommt seine Arbeit bezahlt. Manche dienen für kürzere Zeit, gewöhnlich zwei Wochen bis drei Monate. Andere sind Langzeithelfer und bleiben mindestens ein Jahr, vielleicht sogar bis zum Abschluß des Projekts. Während der ersten fünf Jahre beteiligten sich über 3 000 Zeugen Jehovas aus 30 verschiedenen Ländern an diesem Programm, und weitere brannten darauf, je nach Bedarf ihre Fähigkeiten einsetzen zu dürfen. Sie sehen es als ein Vorrecht an, auf diese Weise etwas von sich selbst und von ihren Mitteln zu geben, um die Interessen des Königreiches Gottes zu fördern.

      Helfer, die im Ausland dienen, erhalten eine Unterkunft und werden mit Mahlzeiten versorgt. Oft müssen sie auf viele Annehmlichkeiten verzichten. Die einheimischen Zeugen sind für die Dienste dieser Brüder überaus dankbar und teilen, wenn möglich, ihre Wohnung mit ihnen, mag sie noch so bescheiden sein. Die Mahlzeiten werden meist auf der Baustelle eingenommen.

      Die Brüder, die aus fremden Ländern gekommen sind, sollen nicht die ganze Arbeit tun. Sie sind da, um gemeinsam mit der einheimischen Baumannschaft zu arbeiten. Darüber hinaus helfen womöglich Hunderte oder sogar Tausende aus dem Inland mit, sei es an den Wochenenden oder für jeweils eine Woche und mehr. In Argentinien arbeiteten 259 Freiwillige aus anderen Ländern mit mehreren tausend einheimischen Brüdern zusammen, von denen einige jeden Tag, andere für ein paar Wochen und viele weitere an den Wochenenden da waren. In Kolumbien half eine internationale Schar von über 830 Freiwilligen teils für längere, teils für kürzere Zeit. Dazu kamen noch über 200 einheimische Freiwillige, die das Projekt ständig unterstützten, sowie wenigstens 250 weitere Helfer an jedem Wochenende. Insgesamt beteiligten sich mehr als 3 600 verschiedene Personen.

      Sprachunterschiede können hinderlich sein, doch das hält diese internationalen Gruppen nicht davon ab zusammenzuarbeiten. Mit Zeichensprache, Mimik, gesundem Humor und dem Wunsch, eine Aufgabe zu erfüllen, die Jehova ehrt, kommt etwas zustande.

      Ein starkes Wachstum innerhalb der Organisation — und infolgedessen ein Bedarf an neuen Zweiggebäuden — ist manchmal in Ländern zu beobachten, wo es relativ wenige Bauhandwerker gibt. Für Jehovas Zeugen, die einander gern beistehen, ist das jedoch kein Hindernis. Sie arbeiten zusammen als Mitglieder einer weltweiten Familie, die nicht wegen Unterschieden in bezug auf Nationalität, Hautfarbe oder Sprache entzweit ist.

      In Papua-Neuguinea schulten freiwillige Helfer, die aus Australien und Neuseeland gekommen waren, je einen Einheimischen in ihrem Handwerk, so wie das Arbeitsministerium es verlangte. Dadurch wurden einheimische Zeugen, während sie mit Hingabe arbeiteten, in einem Beruf ausgebildet, der ihnen die Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und ihre Familien erleichtern konnte.

      Als man in El Salvador ein neues Zweigbüro benötigte, schlossen sich den Brüdern dort 326 Freiwillige aus anderen Ländern an. Bei dem Projekt in Ecuador arbeiteten 270 Zeugen aus 14 Ländern an der Seite ihrer ecuadorianischen Brüder und Schwestern. Einige im Ausland tätige Helfer hatten einen Anteil an mehreren Bauprojekten, an denen zur selben Zeit gearbeitet wurde. Sie dienten abwechselnd auf Baustellen in Europa und in Afrika, je nachdem, wo ihre handwerklichen Fähigkeiten gerade benötigt wurden.

      Bis 1992 waren freiwillige Helfer bereits in 49 Zweige ausgesandt worden, um dort die einheimischen Baumannschaften zu unterstützen. In manchen Fällen waren diejenigen, denen dieses Programm zugute kam, in der Lage, wiederum anderen beizustehen. So leisteten etliche Filipinos bei Bauvorhaben in verschiedenen südostasiatischen Gebieten Hilfe, nachdem sie aus der mühevollen Arbeit von Freiwilligen aus dem Ausland Nutzen gezogen hatten; beim Bau des Zweigbüros auf den Philippinen hatten etwa 60 sogenannte International Servants längere Zeit und mehr als 230 sogenannte International Volunteers kürzere Zeit mitgewirkt.

      Die derzeitigen Bedürfnisse in Verbindung mit dem Predigen der guten Botschaft veranlassen Jehovas Zeugen zu bauen. Mit der Hilfe des Geistes Jehovas möchten sie in der Zeit, die bis Harmagedon noch verbleibt, ein möglichst großes Zeugnis geben. Sie sind davon überzeugt, daß Gottes neue Welt sehr nahe ist, und sie glauben, daß sie als organisiertes Volk in diese neue Welt unter der Herrschaft des messianischen Königreiches Gottes hinüberleben werden. Ferner hoffen sie, daß möglicherweise viele der ausgezeichneten Gebäude, die sie errichtet und Jehova übergeben haben, nach Harmagedon weiterhin als Zentren für die Verbreitung der Erkenntnis über den allein wahren Gott dienen werden, bis die Erde tatsächlich mit der Erkenntnis Gottes erfüllt sein wird (Jes. 11:9).

      [Fußnote]

      a Diese war als „Neues-Licht-Kirche“ bekannt, weil die Personen, die sich dort trafen, der Ansicht waren, daß ihnen das Lesen der Wachtturm-Publikationen ein neues Verständnis der Bibel vermittelte.

      [Herausgestellter Text auf Seite 322]

      Zeugen aus Nachbarversammlungen halfen bei der Arbeit

      [Herausgestellter Text auf Seite 323]

      Die Bauarbeiten wurden von freiwilligen, unbezahlten Helfern ausgeführt

      [Herausgestellter Text auf Seite 324]

      Auf geistige Eigenschaften wurde besonders Wert gelegt

      [Herausgestellter Text auf Seite 326]

      Qualitätsarbeit, Sicherheit, niedrige Kosten, Schnelligkeit

      [Herausgestellter Text auf Seite 328]

      Ein transportabler Kongreßsaal!

      [Herausgestellter Text auf Seite 331]

      Gerichte werden angerufen

      [Herausgestellter Text auf Seite 332]

      Umfangreiches internationales Erweiterungsprogramm

      [Herausgestellter Text auf Seite 333]

      Bauhelfer schrieben Erfolg nicht sich selbst, sondern Jehova zu

      [Herausgestellter Text auf Seite 334]

      Ein Wachstum, das kein Mensch hätte vorhersagen können

      [Herausgestellter Text auf Seite 336]

      Sie betrachteten es als ein Vorrecht, bei der Erweiterung des Hauptbüros zu helfen

      [Herausgestellter Text auf Seite 339]

      Sie arbeiten als eine weltweite Familie, die nicht wegen Unterschieden in bezug auf Nationalität, Hautfarbe oder Sprache entzweit ist

      [Kasten/Bilder auf Seite 320, 321]

      Gemeinsame Errichtung von Königreichssälen in Schnellbauweise

      Jedes Jahr werden Tausende neue Versammlungen gegründet. Die Zeugen bauen die meisten Königreichssäle selbst. Diese Aufnahmen wurden 1991 bei einem Königreichssaalbau in Connecticut (USA) gemacht.

      Freitag, 7.40 Uhr

      Freitag, 12 Uhr

      Samstag, 19.41 Uhr

      Hauptarbeit beendet: Sonntag, 18.10 Uhr

      Sie vertrauen auf den Segen Jehovas, und sie nehmen sich die Zeit, Ratschläge aus seinem Wort zu besprechen

      Alles unbezahlte Freiwillige, die gern Seite an Seite arbeiten

      [Kasten/Bilder auf Seite 327]

      Königreichssäle in verschiedenen Ländern

      Die Zusammenkunftsstätten der Zeugen Jehovas sind meist schlicht. Sie sind sauber, behaglich und fügen sich angenehm in ihre Umgebung ein.

      Peru

      Philippinen

      Frankreich

      Republik Korea

      Japan

      Papua-Neuguinea

      Irland

      Kolumbien

      Norwegen

      Lesotho

      [Kasten/Bilder auf Seite 330]

      Kongreßsäle der Zeugen Jehovas

      In manchen Gebieten halten Jehovas Zeugen es für zweckmäßig, eigene Kongreßsäle für ihre regelmäßig stattfindenden Kongresse zu bauen. Ein Großteil der Bauarbeiten wird von Zeugen aus dem Umkreis verrichtet. Hier sind einige solche Säle abgebildet, die Anfang der 90er Jahre in Gebrauch waren.

      Großbritannien

      Venezuela

      Italien

      Deutschland

      Kanada

      Japan

      [Kasten/Bilder auf Seite 338]

      Internationales Bauprogramm entspricht dringenden Bedürfnissen

      Wegen des raschen Wachstums der Organisation müssen auf der ganzen Erde ständig Bürogebäude, Druckereien und Bethelheime erweitert oder neu gebaut werden

      Freiwillige aus anderen Ländern helfen einheimischen Zeugen

      Spanien

      Die angewandten Baumethoden ermöglichen es vielen Freiwilligen mit begrenzter Erfahrung, wertvolle Arbeit zu leisten

      Puerto Rico

      Fachleute stellen sich gern zur Verfügung

      Neuseeland

      Griechenland

      Brasilien

      Haltbare Materialien senken auf lange Sicht die Instandhaltungskosten

      Großbritannien

      Persönliches Interesse an der Tätigkeit bewirkt, daß man Qualitätsarbeit leistet; es ist ein Ausdruck der Liebe zu Jehova

      Kanada

      Solche Projekte sind freudige Anlässe; viele bleibende Freundschaften werden geschlossen

      Kolumbien

      Ein Schild erinnerte Bauarbeiter in Japan an Sicherheitsvorkehrungen sowie an die Notwendigkeit, die Früchte des Geistes Gottes hervorzubringen

      [Bild auf Seite 318]

      Das erste als Königreichssaal bezeichnete Gebäude (auf Hawaii)

      [Bilder auf Seite 319]

      Viele der ersten Königreichssäle waren gemietete Gebäude oder einfach über Kaufläden gelegene Räume; nur wenige wurden von den Zeugen selbst gebaut

      [Bilder auf Seite 329]

      Zwei der ersten Kongreßsäle

      New York City

      Guadeloupe

      [Bilder auf Seite 337]

      Gerade eingetroffene zeitweilige Bauhelfer in der Weltzentrale in New York

      Jede Gruppe wird daran erinnert, daß es wichtiger ist, ein Geistesmensch zu sein und Qualitätsarbeit zu leisten, als schnell zu arbeiten

  • Wie wird alles finanziert?
    Jehovas Zeugen — Verkündiger des Königreiches Gottes
    • Kapitel 21

      Wie wird alles finanziert?

      ES LIEGT auf der Hand, daß für das Werk, das Jehovas Zeugen durchführen, Geld erforderlich ist. Königreichssäle, Kongreßsäle, Zweigbüros, Druckereien und Bethelheime zu bauen ist mit Kosten verbunden, und sie instand zu halten, ebenfalls. Auch durch die Herausgabe und Verbreitung der Literatur für das Bibelstudium entstehen Ausgaben. Wie wird all das finanziert?

      Darüber haben Gegner des Werkes der Zeugen Jehovas Spekulationen öffentlich geäußert, die jeder Grundlage entbehren. Aber durch eine Überprüfung der Beweise erhärtet sich die Antwort, die die Zeugen selbst geben. Wie lautet sie? Die meiste Arbeit wird von freiwilligen Mitarbeitern verrichtet, die für ihre Dienste eine finanzielle Gegenleistung weder erwarten noch wünschen, und organisatorische Unkosten werden durch freiwillige Spenden gedeckt.

      „Eintritt frei. Keine Kollekte“

      Bereits in der zweiten Ausgabe des Wacht-Turms (August 1879, engl.) erklärte Bruder Russell: „Die Zeitschrift ‚Zions Wacht-Turm‘ wird, wie wir glauben, von JEHOVA unterstützt und braucht deshalb nie bei Menschen um Unterstützung zu bitten oder zu betteln. Wenn er, der sagt: ‚All das Gold und Silber der Berge ist mein‘, nicht mehr die nötigen Mittel zur Verfügung stellt, nehmen wir an, daß es Zeit ist, ihr Erscheinen einzustellen.“ Damit in Übereinstimmung wird in der Literatur der Zeugen Jehovas nicht um Geld gebettelt.

      Was auf ihre Literatur zutrifft, gilt genauso für ihre Zusammenkünfte. Es gibt weder in ihren Versammlungen noch bei ihren Kongressen gefühlvolle Spendenaufrufe. Es werden keine Klingelbeutel herumgereicht; es werden keine Umschläge verteilt, in die man Geld tun soll, und es werden keine Briefe, in denen um Geld gebeten wird, an Versammlungsglieder geschickt. Die Versammlungen haben niemals auf Bingo oder Tombolas zurückgegriffen, um Geld zu beschaffen. Schon 1894, als die Watch Tower Society reisende Vortragsredner aussandte, veröffentlichte sie im Interesse aller folgende Notiz: „Von Anfang an sollte klar sein, daß Kollekten oder Spendenappelle von der Gesellschaft weder erlaubt noch gutgeheißen werden.“

      Seit den frühesten Anfängen ihrer neuzeitlichen Geschichte stand daher auf Handzetteln und anderen an die Öffentlichkeit gerichteten Einladungen zu Zusammenkünften der Zeugen Jehovas: „Eintritt frei. Keine Kollekte“.

      Ab Anfang 1914 mieteten die Bibelforscher Theater und andere Vortragssäle und luden die Öffentlichkeit ein, sich das „Photo-Drama der Schöpfung“ anzusehen. Bei dieser vierteiligen Vorführung von insgesamt acht Stunden Dauer wurden Lichtbilder und Filme gezeigt, die mit Ton synchronisiert waren. Allein im ersten Jahr sahen sie Millionen in Nordamerika, Europa, Australien und Neuseeland. Einige Theaterbesitzer verlangten zwar Geld für Platzreservierungen, aber die Bibelforscher verlangten nie Eintrittsgeld. Und es wurden keine Kollekten durchgeführt.

      Später betrieb die Watch Tower Society über 30 Jahre lang den Rundfunksender WBBR in New York. Jehovas Zeugen bedienten sich auch Hunderter anderer Sender, um Programme zur biblischen Bildung auszustrahlen. Doch sie benutzten solche Übertragungen nie, um Geld zu erbetteln.

      Wie erhalten sie dann die Spenden, mit denen ihre Tätigkeit finanziert wird?

      Von freiwilligen Spenden getragen

      Die Bibel dient als Muster. Unter dem mosaischen Gesetz gab es bestimmte Beiträge, die freiwillig waren. Andere wurden vom Volk verlangt. Zu den letzteren gehörte die Abgabe des Zehnten (2. Mo. 25:2; 30:11-16; 4. Mo. 15:17-21; 18:25-32). Die Bibel zeigt aber auch, daß Christus das Gesetz erfüllte und Gott es außer Kraft setzte; Christen müssen also dessen Bestimmungen nicht befolgen. Weder geben sie den Zehnten, noch sind sie zu irgendeiner anderen Abgabe in einer bestimmten Höhe oder zu einer bestimmten Zeit verpflichtet (Mat. 5:17; Röm. 7:6; Kol. 2:13, 14).

      Sie werden vielmehr ermuntert, in Nachahmung des wunderbaren Beispiels, das Jehova selbst und sein Sohn, Jesus Christus, gegeben haben, eine großzügige und freigebige Einstellung zu entwickeln (2. Kor. 8:7, 9; 9:8-15; 1. Joh. 3:16-18). Mit Bezug auf das Geben schrieb daher der Apostel Paulus an die Christenversammlung in Korinth: „Jeder tue so, wie er es in seinem Herzen beschlossen hat, nicht widerwillig oder aus Zwang, denn Gott liebt einen fröhlichen Geber.“ Wenn Christen von einer Notlage erfuhren, wurde, wie Paulus erklärte, ‘die Echtheit ihrer Liebe’ geprüft. Er sagte auch: „Wenn vorerst die Bereitschaft da ist, so ist sie besonders annehmbar gemäß dem, was jemand hat, nicht gemäß dem, was jemand nicht hat“ (2. Kor. 8:8, 12; 9:7).

      Angesichts dessen ist interessant, wie Tertullian (ca. 155 bis nach 220 u. Z.) Zusammenkünfte einiger seiner Zeitgenossen kommentierte, die bemüht waren, das Christentum zu praktizieren. Er schrieb: „Auch wenn es eine Art Kasse gibt, wird sie nicht aus Antrittsgeldern zusammengebracht, so als wäre die Religion käuflich. Ein bescheidenes Scherflein steuert jeder einzelne bei an einem bestimmten Tag im Monat oder wenn er will und falls er überhaupt will und falls er überhaupt kann. Denn niemand wird gezwungen, sondern man zahlt aus freien Stücken“ (Verteidigung des Christentums, XXXIX, 5). In den Jahrhunderten danach haben sich die Kirchen der Christenheit auf jedes nur denkbare Vorhaben eingelassen, um für ihre Unternehmungen Geld zu beschaffen.

      Charles Taze Russell lehnte es ab, die Kirchen nachzuahmen. Er schrieb: „Nach unserer Beurteilung ist Geld, das auf verschiedene Weise im Namen des Herrn erbettelt wurde, für ihn anstößig und unannehmbar, und es bringt weder dem Geber noch dem vollbrachten Werk Segen ein.“

      Bruder Russell versuchte nicht, sich bei Wohlhabenden einzuschmeicheln, sondern erklärte vielmehr deutlich, daß in Übereinstimmung mit der Schrift die meisten Diener des Herrn arm an weltlichen Gütern, aber reich an Glauben seien (Mat. 19:23, 24; 1. Kor. 1:26-29; Jak. 2:5). Statt hervorzuheben, daß für die Verbreitung der biblischen Wahrheit Geld benötigt werde, betonte er, wie wichtig es sei, den Geist der Liebe zu entwickeln, den Wunsch zu geben und den Wunsch, anderen besonders dadurch zu helfen, daß man mit ihnen über die Wahrheit spreche. Guten Verdienern, die vorschlugen, sich hauptsächlich ihren Geschäften zu widmen, um finanziell mehr beitragen zu können, sagte er, daß es besser sei, diese Tätigkeit einzuschränken und die Wahrheit zu verbreiten, indem sie von sich selbst und ihrer Zeit gäben. Das ist immer noch der Standpunkt, den die leitende Körperschaft der Zeugen Jehovas einnimmt.a

      Wieviel geben die Leute tatsächlich in der Praxis? Was sie tun, ist eine persönliche Entscheidung. Jedoch sollte man beachten, daß Jehovas Zeugen, was das Geben betrifft, nicht bloß in materiellen Kategorien denken. Auf ihren Bezirkskongressen 1985/86 wurde das Thema besprochen: „Jehova mit unseren wertvollen Dingen ehren“ (Spr. 3:9). Es wurde betont, daß nicht nur Besitz, sondern auch unsere Körper- und Verstandeskraft sowie geistige Güter zu diesen wertvollen Dingen gehören.

      Bruder Russell machte bereits 1904 darauf aufmerksam, daß jemand, der sich Gott völlig geweiht (oder, wie wir heute sagen, hingegeben) hat, „dem Herrn schon alles gegeben“ hat. Er solle sich daher „als bloßer Verwalter seiner Zeit, seines Einflusses, seines Geldes betrachten und darauf bedacht sein ..., dies alles nach Kräften zur Ehre des Herrn zu verwenden“. Er fügte hinzu, der Betreffende werde „unter der Leitung der Weisheit von oben“ durch die Liebe zum Herrn, die täglich „durch die Kenntnis der Wahrheit und die Erfüllung mit seinem Geiste“ wachse, „mehr und mehr Zeit, mehr und mehr Einfluß, mehr und mehr andere Mittel zum Dienste an der Wahrheit verfügbar finden“ (Schriftstudien, „Die Neue Schöpfung“, S. 348, 349).

      In jenen Anfangsjahren hatte die Watch Tower Society eine sogenannte Wacht-Turm-Traktat-Kasse. Was war das? Folgende interessante Einzelheiten waren auf der Rückseite von Briefbogen dargelegt, die Bruder Russell manchmal benutzte: „Diese Kasse besteht aus freiwilligen Gaben derer, die gespeist und gekräftigt wurden durch ‚Speise zur rechten Zeit‘, die in den obigen Publikationen [von der Watch Tower Society bereitgestellt] als Gottes Werkzeugen den geweihten Heiligen überall in der Welt nun vorliegt.

      Diese Kasse wird fortwährend dazu verwendet, Tausende von Exemplaren der Zeitschrift ZIONS WACHT-TURM und der Traktate DIE ALTE THEOLOGIE, die für neue Leser äußerst geeignet sind, gratis zu versenden. Auch die Verbreitung der broschierten Ausgaben der TAGESANBRUCH-Serie wird damit gefördert, indem denen geholfen wird, die sie gern in Umlauf setzen — Kolporteure und andere. Sie dient auch als ‚Armenkasse‘, durch die Kinder des Herrn, die wegen Alter, Krankheit oder aus anderen Gründen nicht in der Lage sind, den WACHT-TURM zu abonnieren, ihn kostenlos erhalten, wenn sie jeweils Anfang des Jahres durch einen Brief oder eine Karte ihren Wunsch und ihre Mittellosigkeit erklären.

      Niemand ist jemals aufgefordert worden, etwas zu dieser Kasse beizusteuern: alle Spenden müssen freiwillig sein. Wir erinnern unsere Leser an die Worte des Apostels Paulus (1. Kor. 16:1, 2) und bekräftigen sie, indem wir sagen, daß denen, die geben können und es auch tun, um die Wahrheit zu verbreiten, gewiß mit geistigen Gaben vergolten wird.“

      Die weltumspannende Tätigkeit der Zeugen Jehovas, nämlich die gute Botschaft von Gottes Königreich zu verkündigen, wird weiterhin von freiwilligen Spenden getragen. Außer den Zeugen selbst schätzen viele Interessierte es als ein Vorrecht, dieses christliche Werk mit ihren freiwilligen Spenden zu unterstützen.

      Örtliche Versammlungsstätten finanzieren

      Jede Versammlung der Zeugen Jehovas hat geeignete Spendenkästen, in die jemand das hineintun kann, was er möchte — wenn er es wünscht und dazu in der Lage ist. Das geschieht nicht vor aller Augen und bleibt daher gewöhnlich von anderen unbemerkt. Es ist eine Sache zwischen dem einzelnen und Gott.

      Gehälter brauchen nicht gezahlt zu werden, aber es kostet Geld, eine Versammlungsstätte instand zu halten. Um diesem Bedürfnis entsprechen zu können, muß die Versammlung informiert werden. Vor über 70 Jahren wurde im Wacht-Turm allerdings deutlich gemacht, daß zum Spenden nicht aufgefordert oder gedrängt werden sollte, sondern daß lediglich die Tatsachen offen und ehrlich geschildert werden sollten. In Übereinstimmung mit diesem Standpunkt wird in den Versammlungszusammenkünften nicht häufig über Geldangelegenheiten gesprochen.

      Manchmal treten jedoch besondere Bedürfnisse auf. Man plant vielleicht, den Königreichssaal zu renovieren, zu erweitern oder einen neuen zu bauen. Um festzustellen, welche Geldmittel vorhanden sein werden, bitten die Ältesten die Glieder der Versammlung womöglich, auf einen Zettel zu schreiben, was sie als einzelne voraussichtlich für das Projekt spenden oder unter Umständen einige Jahre zur Verfügung stellen können. Außerdem könnten die Ältesten einzelne oder Familien bitten aufzuschreiben, was sie nach eigener Einschätzung pro Woche oder Monat mit dem Segen Jehovas beitragen können. Die Zettel tragen keine Namen. Es handelt sich nicht um Zahlungsverpflichtungen, vielmehr wird dadurch eine vernünftige Planung ermöglicht (Luk. 14:28-30).

      Die Versammlung in Tarma (Liberia) erhielt die nötigen finanziellen Mittel auf ganz andere Weise. Einige aus der Versammlung bauten für einen ihrer Brüder auf dessen Feld Reis an, während er ein ganzes Jahr lang Bäume fällte und von Hand Bretter sägte, die dann verkauft wurden, um Geld für das Bauprojekt zu bekommen. In Paramaribo (Suriname) mußten zwar Materialien gekauft werden, aber es wurde kein Geld für das Grundstück benötigt, denn eine Zeugin gab ihr Land als Schenkung für den Königreichssaal und bat lediglich darum, daß ihr Haus in den hinteren Teil des Grundstücks versetzt würde. Die extrem hohen Grundstückspreise in Tokio (Japan) erschwerten es den Versammlungen dort, für den Bau von Königreichssälen Land zu erwerben. Um diesem Problem abzuhelfen, haben mehrere Familien das Land, auf dem ihr eigenes Haus stand, zur Verfügung gestellt. Sie baten nur darum, ihnen, nachdem ihr Haus dem neuen Königreichssaal gewichen wäre, im oberen Stock eine Wohnung zu geben.

      Da die Versammlungen wuchsen und geteilt wurden, versuchte man oft, sich innerhalb einer bestimmten Region gegenseitig zu helfen, geeignete Königreichssäle zu beschaffen. Mit dieser großzügigen Einstellung war es allerdings nicht getan. Die Grundstückspreise und Baukosten schnellten in die Höhe, und einzelne Versammlungen sahen sich oft außerstande, die Mittel dafür aufzubringen. Da war guter Rat teuer.

      Auf den Kongressen „Königreichseinheit“ im Jahre 1983 legte die leitende Körperschaft ein Verfahren dar, bei dem der Grundsatz aus 2. Korinther 8:14, 15 angewendet würde, nämlich, daß der Überfluß der einen dem Mangel der anderen abhelfen sollte, so daß „es zu einem Ausgleich komme“. Dadurch hätten die Minderbemittelten nicht so wenig, daß sie in ihren Bemühungen, Jehova zu dienen, behindert wären.

      Die Versammlungen wurden gebeten, für einen Kasten mit der Aufschrift „Spenden für den Königreichssaal-Fonds der Gesellschaft“ zu sorgen. Alles, was in diesen Kasten getan würde, sollte nur für diesen Zweck verwendet werden. So würde Geld aus dem ganzen Land bereitgestellt, um den Mangel der Versammlungen auszugleichen, die zwar dringend einen Königreichssaal brauchten, aber wegen der Bedingungen der Banken am Ort nichts in die Wege leiten konnten. Nachdem man durch sorgfältige Untersuchungen ermittelt hatte, wo die Not am größten war, begann die Gesellschaft, dieses Geld Versammlungen zur Verfügung zu stellen, die bauen oder auf andere Weise einen neuen Königreichssaal erwerben mußten. In dem Maße, wie weitere Spenden eingingen und (in Ländern, wo man so vorgehen konnte) Darlehen zurückgezahlt wurden, konnte noch mehr Versammlungen geholfen werden.

      Dieses Verfahren wurde zunächst in den Vereinigten Staaten und in Kanada angewendet und danach in über 30 Ländern Europas, Afrikas, Lateinamerikas und des Fernen Ostens. Bis 1992 war in nur acht dieser Länder schon Geld bereitgestellt worden, das zum Erwerb von 2 737 Königreichssälen für 3 840 Versammlungen beitrug.

      In Ländern, in denen man dieses Verfahren nicht praktizierte, wo aber Königreichssäle dringend benötigt wurden, jedoch nicht mit eigenen Mitteln finanziert werden konnten, bemühte sich die leitende Körperschaft, auf andere Weise für Hilfe zu sorgen. So wurde ein Ausgleich geschaffen, damit diejenigen, die wenig hatten, nicht zu wenig hatten.

      Die Erweiterung der Weltzentrale

      Auch für die Tätigkeiten in der Weltzentrale ist Geld erforderlich. Nach dem Ersten Weltkrieg, als die Watch Tower Bible and Tract Society es für vorteilhaft hielt, Bücher selbst zu drucken und zu binden, wurde eine Abmachung getroffen, die notwendigen Maschinen zu kaufen, und zwar im Namen von Privatpersonen — ebenfalls Diener Jehovas. Statt eine Firma für die Herstellung von Büchern zu bezahlen und sie Gewinne erzielen zu lassen, verwendete die Gesellschaft dieses Geld, um Monat für Monat die Schulden für die Maschinen abzuzahlen. Sobald das erreicht war, reduzierte man die Kostenbeiträge für einen Großteil der Literatur um fast die Hälfte. Was getan wurde, sollte das Predigen der guten Botschaft fördern, nicht die Watch Tower Society bereichern.

      Schon nach wenigen Jahren war offensichtlich, daß die Weltzentrale vergrößert werden müßte, um für das weltweite Königreichspredigtwerk sorgen zu können. Immer wieder mußten die Einrichtungen erweitert werden, da die Organisation gewachsen und die Predigttätigkeit intensiviert worden war. Statt sich an Banken zu wenden wegen der Geldmittel, die zur Vergrößerung und Ausstattung der Büros und Druckereien sowie anderer Gebäude zur Unterbringung und Versorgung der Mitarbeiter in New York und Umgebung benötigt wurden, hat die Gesellschaft den Brüdern die Bedürfnisse erklärt. Das ist nicht häufig geschehen, sondern nur 12mal in 65 Jahren.

      Niemals wurde zu Spenden aufgerufen. Jedem stand es frei, etwas von sich aus zu spenden. Darlehensgebern wurde zugesagt, ihnen im Falle einer unvorhergesehenen Notlage ihr Darlehen sofort bei Eingang ihres Antrags auf Rückerstattung zurückzuzahlen. Somit bemühte sich die Gesellschaft, so vorzugehen, daß für einzelne oder Versammlungen, die freundlicherweise Darlehen gewährten, Härten vermieden wurden. Die Unterstützung, die Jehovas Zeugen der Gesellschaft durch ihre Spenden gegeben haben, hat sie immer in die Lage versetzt, alle Darlehen zurückzuzahlen. Spenden, die die Gesellschaft erhält, werden nicht als selbstverständlich betrachtet. Soweit möglich, werden sie durch Briefe oder andere Dankesbezeigungen bestätigt.

      Das Werk der Organisation wird nicht durch Beiträge einer Gruppe wohlhabender Spender unterhalten. Die meisten Spenden kommen von Personen, die nur über bescheidene Mittel verfügen — viele haben nur sehr wenig von den Gütern dieser Welt. Zu den Spendern gehören auch kleine Kinder, die auf diese Weise das Königreichswerk unterstützen wollen. Das Herz all dieser Spender wird von tiefer Wertschätzung für Jehovas Güte und von dem Wunsch angetrieben, anderen zu helfen, seine gütigen Vorkehrungen kennenzulernen. (Vergleiche Markus 12:42-44.)

      Die Erweiterung von Zweiggebäuden finanzieren

      Da das Königreichspredigtwerk in verschiedenen Teilen der Erde größere Ausmaße angenommen hat, ist es nötig geworden, die Zweiggebäude der Organisation zu erweitern. Dies geschieht auf Anregung der leitenden Körperschaft.

      So wurde 1978, nachdem die Vorschläge des deutschen Zweiges überprüft worden waren, ein passendes Grundstück gesucht, um einen vollständig neuen Komplex bauen zu können. Wären die Zeugen in Deutschland in der Lage, für die entstehenden Kosten aufzukommen? Dazu wurde ihnen Gelegenheit geboten. Als das Projekt in Selters am Westrand des Taunus 1984 fertiggestellt war, berichtete das Zweigbüro: „Zehntausende von Zeugen Jehovas — reiche und arme, junge und alte — spendeten Millionen, um die neuen Gebäude zu finanzieren. Dank ihrer Großzügigkeit konnte das gesamte Projekt abgeschlossen werden, ohne bei weltlichen Kreditgebern Geld aufnehmen oder Schulden machen zu müssen.“ Außerdem war etwa jeder siebte Zeuge in der Bundesrepublik direkt an der Bautätigkeit in Selters beteiligt.

      In einigen anderen Ländern war es wegen der dortigen Wirtschaftslage oder der finanziellen Situation der Zeugen Jehovas für sie sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich, die notwendigen Bürogebäude für die Beaufsichtigung des Werkes oder Druckereien zur Herstellung biblischer Literatur in den einheimischen Sprachen zu bauen. Die Zeugen des jeweiligen Landes erhielten die Gelegenheit, das ihnen Mögliche zu tun (2. Kor. 8:11, 12). Doch es wird nicht zugelassen, daß die Verbreitung der Königreichsbotschaft in einem Land wegen mangelnden Kapitals behindert wird, wenn die notwendigen Geldmittel woanders zur Verfügung stehen.

      Obwohl die einheimischen Zeugen ihr möglichstes tun, werden in einem großen Teil der Welt die für Zweiggebäude benötigten Mittel weitgehend durch Spenden der Zeugen Jehovas in anderen Ländern bereitgestellt. So war es bei den großen Komplexen, die 1987 in Südafrika, 1990 in Nigeria und 1991 auf den Philippinen vollendet wurden. Das galt auch für Sambia, wo sich das Druckereigebäude 1992 noch im Bau befand. Ebenso verhielt es sich bei vielen kleineren Projekten, die 1985 in Indien, 1986 in Chile, 1987 in Costa Rica, Ecuador, Guyana, auf Haiti und in Papua-Neuguinea, 1988 in Ghana und 1989 in Honduras fertiggestellt wurden.

      In einigen Ländern waren die Brüder jedoch erstaunt darüber, was sie selbst mit vereinten Kräften und dem Segen Jehovas zustande bringen konnten. Anfang der 80er Jahre unternahm zum Beispiel der spanische Zweig Schritte, um seine Einrichtungen bedeutend zu vergrößern. Der Zweig bat die leitende Körperschaft, die notwendigen Gelder zur Verfügung zu stellen. Doch wegen großer Ausgaben auf anderen Gebieten konnte diese Hilfe damals nicht gewährt werden. Könnten die Zeugen in Spanien mit ihrem verhältnismäßig niedrigen Einkommen für ein solches Unternehmen genügend Geld zusammenbringen, wenn sie die Gelegenheit hätten?

      Die Situation wurde ihnen erklärt. Gern brachten sie ihre Edelsteine, Ringe und Armbänder, damit diese zu Geld gemacht werden konnten. Als eine ältere Schwester, die ein schweres goldenes Armband hergab, gefragt wurde, ob sie es wirklich spenden wolle, antwortete sie: „Bruder, es wird als Beitrag für das neue Bethel viel mehr Gutes bewirken, als wenn ich es an meinem Handgelenk trage.“ Eine betagte Schwester zog ein Bündel modriger Geldscheine hervor, das sie jahrelang unter dem Fußboden ihres Hauses versteckt hatte. Ehepaare steuerten das Geld bei, das sie für Reisen gespart hatten. Kinder schickten ihre Ersparnisse. Ein Jugendlicher, der für eine Gitarre gespart hatte, spendete das Geld für das Zweigprojekt. Wie die Israeliten zu der Zeit, als die Stiftshütte in der Wildnis erstellt wurde, so erwiesen sich auch die spanischen Zeugen als großzügig und willigen Herzens; sie spendeten alles, was in materieller Hinsicht benötigt wurde (2. Mo. 35:4-9, 21, 22). Außerdem legten sie bei der Arbeit selbst mit Hand an — die ganze Zeit über, im Urlaub oder an den Wochenenden. Tausende kamen aus ganz Spanien. Andere Zeugen aus Deutschland, Schweden, Großbritannien, Griechenland und den Vereinigten Staaten, um nur einige Länder zu nennen, vollendeten gemeinsam mit ihnen die Arbeit, die anfangs als eine nicht zu bewältigende Aufgabe erschien.

      Wird an der Literatur verdient?

      Im Jahre 1992 wurde in der Weltzentrale und in 32 Zweigen überall auf der Welt biblische Literatur herausgegeben. Riesige Mengen davon wurden für die Verbreitung durch Zeugen Jehovas bereitgestellt. Aber all das geschah nicht, um Gewinne zu erzielen. Die Entscheidungen, in welchen Sprachen Literatur gedruckt und in welche Länder sie versandt werden sollte, wurden nicht nach kommerziellen Nützlichkeitserwägungen getroffen, sondern ausschließlich in der Absicht, das Werk durchzuführen, das Jesus seinen Nachfolgern aufgetragen hat.

      Wie es schon in der allerersten Ausgabe des Wacht-Turms (Juli 1879, engl.) hieß, konnte, wer zu arm war, ein Abonnement zu bezahlen (damals nur 50 Cent pro Jahr), es gratis erhalten, wenn er einfach schriftlich darum bat. Das Hauptziel war, Menschen zu helfen, Jehovas wunderbaren Vorsatz kennenzulernen.

      Zu diesem Zweck sind seit 1879 ungeheure Mengen biblischer Literatur kostenlos an die Öffentlichkeit abgegeben worden. Ab 1881 wurden etwa 1 200 000 Exemplare der Publikation Speise für denkende Christen gratis verbreitet, viele davon in Form eines 162seitigen Buches, andere in Zeitungsformat. In den folgenden Jahren wurde eine große Zahl von Traktaten unterschiedlicher Größe veröffentlicht. Der weitaus größte Teil davon (buchstäblich Hunderte von Millionen) wurde kostenlos verbreitet. Die Anzahl der Traktate und anderen Publikationen, die herausgegeben wurden, wuchs ständig. Allein 1915 wurden, wie der Bericht zeigte, 50 000 000 Traktate in ungefähr 30 Sprachen kostenlos für die weltweite Verbreitung bereitgestellt. Woher kam all das Geld dafür? Größtenteils waren es freiwillige Spenden für die Traktatkasse der Gesellschaft.

      Es gab in den ersten Jahrzehnten der Geschichte der Gesellschaft auch Literatur, die gegen einen Beitrag angeboten wurde, aber der empfohlene Beitrag wurde so niedrig wie möglich gehalten. Zu dieser Literatur gehörten gebundene Bücher mit 350 bis 744 Seiten. Wenn die Kolporteure der Gesellschaft (wie Vollzeitprediger damals genannt wurden) diese der Öffentlichkeit anboten, gaben sie den empfohlenen Betrag an. Ihr Ziel war jedoch nicht, Geld zu verdienen, sondern den Menschen grundlegende biblische Wahrheiten zu überbringen. Sie wollten, daß die Menschen die Literatur lasen und daraus Nutzen zogen.

      Mittellosen Personen gaben sie bereitwillig Literatur (und zahlten dafür selbst einen Beitrag). Aber es wurde beobachtet, daß viele eher geneigt waren, eine Publikation zu lesen, wenn sie etwas dafür gegeben hatten, und ihr Beitrag konnte natürlich verwendet werden, um mehr Literatur zu drucken. Doch um zu betonen, daß die Bibelforscher nicht auf finanziellen Gewinn aus waren, hieß es im Dienstanweisungsblatt der Gesellschaft, im Bulletin vom 1. Oktober 1920 (engl.): „Sprecht, zehn Tage nachdem ihr die Broschüre [128seitig] ausgehändigt habt, bei den Personen wieder vor, und stellt fest, ob sie sie gelesen haben. Wenn nicht, bittet sie, das Buch zurückzugeben, und erstattet ihnen ihr Geld. Sagt ihnen, daß ihr keine Bücherverkäufer seid, sondern daß ihr allen diese Botschaft des Trostes und der Ermunterung zu übermitteln wünscht, und daß ihr, wenn sie an etwas, was sie so unmittelbar betrifft, nicht genügend interessiert sind, ... das Buch jemandem in die Hände legen möchtet, der sich dafür interessiert.“ Jehovas Zeugen haben dieses Vorgehen nicht beibehalten, denn sie haben festgestellt, daß manchmal andere Familienmitglieder die Literatur zur Hand nehmen und daraus Nutzen ziehen; aber was damals getan wurde, macht das tatsächliche Ziel der Zeugen deutlich.

      Viele Jahre haben sie das Verbreiten ihrer Literatur als „Verkaufen“ bezeichnet. Aber dieser Ausdruck stiftete einige Verwirrung, und daher benutzten sie ihn ab 1929 immer seltener. Er paßte eigentlich nicht zu ihrer Tätigkeit, denn ihr Werk war nicht kommerziell. Ihr Ziel war nicht, Geld zu verdienen. Ihr ganzes Interesse bestand darin, die gute Botschaft von Gottes Königreich zu predigen. Deshalb entschied das Oberste Bundesgericht der Vereinigten Staaten 1943, daß von Jehovas Zeugen nicht verlangt werden konnte, sich einen Gewerbeschein zu besorgen, um ihre Literatur verbreiten zu können. Und die kanadische Judikative bezog sich später anerkennend auf die Argumentation, die das Oberste Bundesgericht der USA in diesem Urteil dargelegt hatte.b

      In vielen Ländern haben Jehovas Zeugen ihre Literatur regulär gegen einen Beitrag angeboten. Der empfohlene Beitrag war im Vergleich zum Preis anderer Bücher und Zeitschriften so niedrig, daß viele Leute angeboten haben, mehr zu geben. Aber die Organisation hat große Anstrengungen unternommen, den empfohlenen Beitrag niedrig zu halten, damit die vielen Millionen weniger begüterten Menschen ihn aufbringen konnten, die für eine Bibel oder biblische Literatur dankbar sind. Wenn also Beiträge erhoben wurden, geschah das nicht, damit sich die Organisation der Zeugen Jehovas bereichert.

      Dort, wo es nach dem Gesetz als kommerziell ausgelegt wird, wenn beim Verbreiten biblischer Literatur ein Betrag genannt wird, überlassen Jehovas Zeugen die Publikationen gern den Personen, die ernsthaftes Interesse zeigen und versprechen, sie zu lesen. Wer etwas spenden will, um das biblische Lehrwerk zu fördern, kann geben, was er möchte. So ist es zum Beispiel in Japan. In der Schweiz wurden bis vor kurzem Spenden für Literatur angenommen, aber nur bis zu einer festgesetzten Summe; wenn Wohnungsinhaber mehr geben wollten, gaben die Zeugen den Differenzbetrag einfach zurück oder überließen ihnen zusätzliche Literatur. Ihr Wunsch war nicht, Geld zu sammeln, sondern die gute Botschaft von Gottes Königreich zu predigen.

      Wegen der allgemein bekanntgewordenen Finanzskandale in einigen Kirchen der Christenheit und der zunehmenden Tendenz von seiten der Regierungen, religiöse Tätigkeiten als kommerzielle Unternehmen einzugruppieren, haben Jehovas Zeugen — um jegliches Mißverständnis zu vermeiden — 1990 eine Umstellung in bezug auf ihre Tätigkeit vorgenommen. Die leitende Körperschaft hat bestimmt, daß in den Vereinigten Staaten die ganze Literatur, die die Zeugen verbreiten — Bibeln und bibelerklärende Traktate, Broschüren, Zeitschriften und gebundene Bücher —, den Menschen allein unter der Bedingung zur Verfügung gestellt wird, daß sie sie lesen; es wird kein Beitrag genannt. Die Tätigkeit der Zeugen Jehovas ist keineswegs kommerziell, und dieses Vorgehen hat dazu gedient, sie noch stärker von religiösen Gruppen abzugrenzen, die die Religion kommerzialisieren. Natürlich sind sich die meisten darüber im klaren, daß es Geld kostet, solche Literatur zu drucken, und wer die Dienste der Zeugen schätzt, wird wahrscheinlich etwas spenden wollen, um das Werk zu unterstützen. Ihm wird erklärt, daß das weltweite biblische Lehrwerk der Zeugen Jehovas durch freiwillige Spenden getragen wird. Spenden werden gern angenommen, aber es wird nicht zum Spenden aufgefordert.

      Wer am Predigtdienst teilnimmt, tut das nicht, um sich finanziell zu bereichern. Er setzt seine Zeit ein und bezahlt die Fahrtkosten aus eigener Tasche. Wenn jemand Interesse zeigt, werden wöchentliche Besuche vereinbart, um ihm persönlich Bibelunterricht zu geben, und zwar völlig kostenlos. Nur die Liebe zu Gott und zum Mitmenschen kann einen dazu motivieren, sich fortgesetzt an diesem Werk zu beteiligen, bei dem man oft mit Gleichgültigkeit und offener Gegnerschaft konfrontiert wird.

      Finanzielle Mittel, die die Weltzentrale der Zeugen Jehovas oder die Zweigbüros erhalten, werden nicht zur Bereicherung der Organisation oder einer Einzelperson verwendet, sondern um das Predigen der guten Botschaft zu fördern. 1923 berichtete Der Wacht-Turm (engl.: 1922), daß wegen der Wirtschaftslage in Europa die Bücher, die dort für die Gesellschaft gedruckt wurden, größtenteils von dem amerikanischen Büro bezahlt und bei den Menschen unter dem Selbstkostenpreis zurückgelassen wurden. Jehovas Zeugen betreiben jetzt zwar in vielen Ländern Druckereien, aber manche Länder, in die Literatur versandt wird, können kein Geld zur Deckung der Kosten außer Landes bringen. Die großzügigen freiwilligen Spenden der Zeugen Jehovas in Ländern, wo ausreichend Mittel zur Verfügung stehen, gleichen den Mangel in den Ländern aus, wo nur wenig vorhanden ist.

      Die Watch Tower Society hat sich immer bemüht, alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um das Predigen der guten Botschaft zu fördern. Ihr erster Präsident, Charles Taze Russell, sagte 1915: „Unsere Gesellschaft hat nicht danach getrachtet, irdische Reichtümer anzusammeln, sondern ist vielmehr eine Institution, die Geld ausgegeben hat. Wir haben uns bemüht, alles, was uns durch Gottes Fügung ohne Aufforderung gesandt wurde, so weise wie möglich und in Übereinstimmung mit dem Wort und dem Geist des Herrn einzusetzen. Wenn die Geldmittel zu Ende gingen — so haben wir vor langer Zeit angekündigt —, würden auch entsprechend die Tätigkeiten der Gesellschaft eingestellt werden, und mit der Zunahme von Geldmitteln würden auch die Tätigkeiten der Gesellschaft zunehmen.“ Genau das hat die Gesellschaft weiterhin getan.

      Bis heute verwendet die Organisation die zur Verfügung stehenden Geldmittel, um reisende Aufseher auszusenden, damit diese die Versammlungen stärken und sie im Predigtdienst ermuntern. Die Gesellschaft sendet weiterhin Missionare und Absolventen der Schule zur dienstamtlichen Weiterbildung in Länder, wo besonderer Bedarf besteht. Auch verwendet sie die verfügbaren Geldmittel, um Sonderpioniere in Gebiete zu senden, wo die Königreichsbotschaft bisher wenig oder gar nicht gepredigt worden ist. Wie im Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1993 nachzulesen ist, wurden dafür im vorhergehenden Dienstjahr 45 218 257,56 Dollar ausgegeben.

      Kein Dienst aus Gewinnsucht

      Niemand schlägt Profit aus der Arbeit der Zeugen Jehovas, weder irgendein Mitglied der leitenden Körperschaft noch die geschäftsführenden Vorstandsmitglieder ihrer gesetzlichen Organe, noch andere angesehene mit der Organisation verbundene Personen.

      Über C. T. Russell, der über 30 Jahre als Präsident der Watch Tower Society diente, schrieb einer seiner Gefährten: „Um sich darüber klar zu werden, ob sein Vorhaben in Harmonie mit der Schrift stehe, und um einen Beweis seiner eigenen Aufrichtigkeit zu geben, beschloß er, in folgender Weise des Herrn Billigung zu suchen: 1. Sein ganzes Leben der Sache zu weihen; 2. sein Vermögen für die Verkündigung des Werkes anzulegen; 3. das Sammeln von Beiträgen in allen Versammlungen zu verbieten; 4. nachdem sein Vermögen erschöpft wäre, das Werk, nur von freiwilligen Beiträgen getragen, weiterzuführen.“

      Statt durch seine religiöse Tätigkeit reich zu werden, verbrauchte Bruder Russell alle seine Mittel für das Werk des Herrn. Nach seinem Tod berichtete Der Wacht-Turm: „Er opferte sein Privatvermögen völlig der Sache, der er auch sein Leben weihte. Er erhielt für seine Privatausgaben monatlich die Summe von 11 Dollar. Er starb, ohne irgendwelche Besitztümer zu hinterlassen.“

      Im Hinblick auf diejenigen, die das Werk der Gesellschaft weiterführen sollten, legte Bruder Russell in seinem Testament folgendes fest: „Ich halte es für weise, in bezug auf die Entschädigung die Gepflogenheit der Gesellschaft in der Vergangenheit aufrechtzuerhalten, nämlich die, daß kein Gehalt gezahlt wird, sondern daß nur vernünftige Ausgaben für diejenigen zulässig sind, die der Gesellschaft oder ihrem Werke in irgendeiner Weise dienen.“ Diejenigen, die im Bethel dienten, sei es im Heim, in den Büros oder Druckereien, sowie die reisenden Beauftragten der Gesellschaft sollten lediglich mit Nahrung und Unterkunft versorgt werden und einen geringen Betrag für die Unkosten erhalten — er sollte für unmittelbare Bedürfnisse ausreichen, jedoch „nicht so hoch sein, daß von dem Gelde zurückgelegt werden kann“. Derselbe Standard gilt heute.

      Alle, die im Sondervollzeitdienst in der Weltzentrale der Zeugen Jehovas stehen, legen ein Armutsgelübde ab, wie es sowohl alle Mitglieder der leitenden Körperschaft als auch alle anderen Mitglieder der Bethelfamilie dort getan haben. Das bedeutet nicht, daß sie ein tristes Dasein führen, ohne jeglichen Komfort. Vielmehr bedeutet es, daß die bescheidenen Vorkehrungen für Nahrung, Unterkunft und Taschengeld unterschiedslos allen, die in diesem Dienst stehen, gewährt werden.

      Somit führt die Organisation ihr Werk in vollständiger Abhängigkeit von Gottes Hilfe durch. Als eine echte geistige Bruderschaft, die sich über die ganze Erde erstreckt, verwenden Jehovas Zeugen — ohne Zwang — gern ihre Mittel, um das Werk zu vollbringen, das Jehova, ihr großer himmlischer Vater, ihnen aufgetragen hat.

      [Fußnoten]

      a Siehe Wachtturm, August 1945, Seite 14, 15; 15. Dezember 1987, Seite 19, 20.

      b Murdock gegen Pennsylvanien, 319 U.S. 105 (1943); Odell gegen Trepanier, 95 C.C.C. 241 (1949).

      [Herausgestellter Text auf Seite 340]

      „Spendenappelle [werden] von der Gesellschaft weder erlaubt noch gutgeheißen“

      [Herausgestellter Text auf Seite 342]

      Die Wahrheit anderen zu übermitteln ist das Wertvollste, und darauf liegt das Hauptgewicht

      [Herausgestellter Text auf Seite 343]

      Die Tatsachen werden offen und ehrlich geschildert

      [Herausgestellter Text auf Seite 344]

      Versammlungen helfen sich gegenseitig, die benötigten Königreichssäle zu erwerben

      [Herausgestellter Text auf Seite 345]

      Die meisten Spenden kommen von Personen, die nur über bescheidene Mittel verfügen

      [Herausgestellter Text auf Seite 348]

      Viel Literatur wird kostenlos verbreitet — Wer bezahlt dafür?

      [Herausgestellter Text auf Seite 349]

      Sie überlassen Literatur gern den Personen, die ernsthaftes Interesse zeigen und versprechen, sie zu lesen

      [Herausgestellter Text auf Seite 350]

      Was geschieht mit dem Geld, das gespendet wird?

      [Herausgestellter Text auf Seite 351]

      „Er opferte sein Privatvermögen völlig der Sache, der er auch sein Leben weihte“

      [Kasten auf Seite 341]

      Gott bettelt nicht

      „Derjenige, der gesagt hat: ‚Wenn mich hungerte, ich würde es dir nicht sagen: denn mein ist der Erdkreis und seine Fülle. ... Nicht werde ich Farren nehmen aus deinem Hause, noch Böcke aus deinen Hürden. Denn mein ist alles Getier des Waldes, das Vieh auf tausend Bergen‘ (Ps. 50:12, 9, 10), ist in der Lage, sein großes Werk fortzuführen, ohne von der Welt oder von seinen Kindern Geld zu erbetteln. Er wird seine Kinder weder zwingen, irgend etwas in seinem Dienst zu opfern, noch wird er irgend etwas von ihnen annehmen, ausgenommen eine freudige, freiwillige Gabe“ („Zions Wacht-Turm“, September 1886, engl., S. 6).

      [Kasten auf Seite 347]

      Nicht immer wurde in Form von Geld gespendet

      Hoch im Norden von Queensland (Australien) fällten Zeugen Jehovas Bäume, zersägten die Stämme und ließen das erstklassige Holz mit vier Sattelzügen nach Sydney transportieren, wo das neue Zweigbüro gebaut wurde. Das Holz hatte einen Schätzwert von 60 000 bis 70 000 australischen Dollar.

      Als die Druckerei in Elandsfontein (Südafrika) vergrößert wurde, rief ein indischer Bruder an und bat darum, daß die Brüder 500 gespendete Säcke Zement (je 50 Kilo) abholten, und das zu einer Zeit, als Zement in diesem Land sehr knapp war. Andere boten der Gesellschaft an, daß sie ihre Lastwagen benutzen könnte. Eine afrikanische Schwester bezahlte eine Firma dafür, daß sie 15 Kubikmeter Bausand auslieferte.

      Während des Baus der neuen Zweiggebäude in Emmen (Niederlande) wurden Unmengen von Werkzeug und Arbeitskleidung gespendet. Eine Schwester strickte trotz schwerer Krankheit für jeden Mitarbeiter ein Paar Wollsocken für den Winter.

      Für ein neues Zweigbüro mit Druckerei in Lusaka (Sambia) stellten Zeugen aus anderen Ländern finanzielle Mittel zum Kauf von Baustoffen bereit. Materialien und Ausrüstungsgegenstände, die am Ort nicht erhältlich waren, wurden als Spende mit Lastwagen nach Sambia gefahren.

      Ein Zeuge in Ecuador spendete 1977 ein 34 Hektar großes Stück Land. Dort wurden ein Kongreßsaal und neue Zweiggebäude errichtet.

      In Panama beherbergten einheimische Brüder freiwillige Helfer in ihrer Wohnung; einige, die Busse besaßen, sorgten für Fahrgelegenheiten; andere beteiligten sich an der Zubereitung der 30 000 Mahlzeiten, die auf der Baustelle ausgegeben wurden.

      Eine Versammlung in Schweden backte 4 500 Brötchen für die Arbeiter auf der Baustelle in Arboga. Andere schickten Honig, Früchte und Marmelade. Obwohl selbst kein Zeuge, spendete ein Landwirt, der in der Nähe der Baustelle wohnte, zwei Tonnen Karotten.

  • Aufnahmen von der Weltzentrale der Zeugen Jehovas und von Zweigbüros
    Jehovas Zeugen — Verkündiger des Königreiches Gottes
    • Aufnahmen von der Weltzentrale der Zeugen Jehovas und von Zweigbüros

      WELTZENTRALE DER ZEUGEN JEHOVAS

      [Bild auf Seite 352, 353]

      Die weltweite Tätigkeit der Zeugen Jehovas wird seit 1909 von Brooklyn (New York, USA) aus geleitet. In diesen Gebäuden sind seit 1980 die Büros der Zentrale untergebracht.

      [Bild auf Seite 352]

      Wachtturm-Schulungszentrum bei Patterson (New York) (1992 im Bau)

      [Bilder auf Seite 353]

      Einige der Wohngebäude für die Tausende, die in der Weltzentrale tätig sind

      [Bilder auf Seite 354]

      Renovierte ehemalige Hotels in Brooklyn, die weiteren 1 476 Mitarbeitern Wohnraum bieten

      [Bilder auf Seite 354]

      Wohngebäude für die Bethelfamilie bei Wallkill (New York)

      [Bilder auf Seite 354, 355]

      In diesen Druckereigebäuden in Brooklyn (New York) werden Bibeln, Bücher und Broschüren in 180 Sprachen für die weltweite Verbreitung hergestellt

      [Bilder auf Seite 356]

      In diesem Gebäude in Brooklyn werden jedes Jahr Millionen von Kassetten biblischen Inhalts hergestellt. Von hier aus wird auch der Versand abgewickelt. Jedes Jahr werden über 15 000 Tonnen biblische Literatur und andere Dinge in die ganze Welt versandt.

      [Bilder auf Seite 356]

      In dieser Druckerei auf der Wachtturm-Farm in der Nähe von Wallkill (New York) werden jährlich Hunderte von Millionen Exemplare der Zeitschriften „Der Wachtturm“ und „Erwachet!“ in 14 Sprachen gedruckt

      Jehovas Zeugen und ihre gesetzlichen Körperschaften haben Büros und Druckereien in etlichen Ländern. Auf den folgenden Seiten sind viele, doch nicht alle dieser Anlagen abgebildet. Von neuen Gebäuden, die 1992 im Bau waren, sind Modellaufnahmen zu sehen. Die statistischen Angaben beziehen sich auf 1992.

      NORDAMERIKA UND WESTINDISCHE INSELN

      ALASKA

      [Bild auf Seite 357]

      Besucher des Zweigbüros der Gesellschaft werden herzlich begrüßt. Wie überall predigen Jehovas Zeugen auch in Alaska von Haus zu Haus, und das trotz Temperaturen, die manchmal auf 50 Grad unter Null sinken.

      [Bild auf Seite 357]

      Ein Flugzeug, mit dem die Königreichsverkündiger in entlegene Teile des Gebiets gelangen

      BAHAMAS

      [Bild auf Seite 357]

      Die ersten Wachtturm-Publikationen erreichten die Bahamas 1901. Mit dem regulären Zeugnisgeben wurde hier 1926 begonnen. Seither sind auf den Inseln, die von diesem Zweigbüro aus beaufsichtigt werden, weit über 4 600 000 Exemplare biblischer Literatur verbreitet worden.

      BARBADOS

      [Bilder auf Seite 358]

      Auf Barbados gibt es mehr als 140 Religionsgemeinschaften, die sich als christlich bezeichnen. Seit 1905 helfen Jehovas Zeugen hier den Menschen, selbst herauszufinden, was die Bibel sagt.

      BELIZE

      [Bilder auf Seite 358]

      Etwa die Hälfte der Bevölkerung von Belize lebt auf dem Land. Um gewisse Dörfer im Landesinneren zu erreichen, unternehmen Jehovas Zeugen jährlich Touren, bei denen sie weite Strecken mit Rucksack und Büchertasche zu Fuß zurücklegen.

      COSTA RICA

      [Bild auf Seite 358]

      In Costa Rica richtete die Gesellschaft 1944 ein Zweigbüro ein. Seit den 50er Jahren geht die Zahl der Costaricaner, die die wahre Anbetung ausüben, in die Tausende.

      DOMINIKANISCHE REPUBLIK

      [Bilder auf Seite 359]

      Hier wurden schon 1932 Wachtturm-Publikationen verbreitet. Aber erst nachdem 1945 Missionare (links) eingetroffen waren, wurden interessierte Personen direkt unterwiesen. In den letzten Jahren, als Zehntausende den Wunsch hatten, mit den Zeugen die Bibel zu studieren, wurden diese Zweiggebäude notwendig.

      EL SALVADOR

      [Bilder auf Seite 359]

      Hier wurde schon 1916 Zeugnis gegeben. Aber erst 1945 war zumindest e i n Salvadorianer bereit, sich der christlichen Wassertaufe zu unterziehen (siehe Bild). Seither sind Tausende Diener Jehovas geworden.

      GUADELOUPE

      [Bilder auf Seite 359]

      In dem von diesem Zweigbüro aus betreuten Gebiet ist das Verkündiger-Einwohner-Verhältnis eines der besten in der Welt. Viele nehmen die gute Botschaft dankbar an.

      KANADA

      [Bilder auf Seite 360, 361]

      Das Büro der Gesellschaft in Kanada beaufsichtigt die Verkündigung der guten Botschaft im zweitgrößten Land der Erde. Weit über 100 000 Königreichsverkündiger sind in diesem Land eifrig tätig.

      Verwaltungsgebäude (das teilweise überdeckte Foto zeigt den gegenwärtigen Zweiggebäudekomplex)

      [Bild auf Seite 360]

      Gebiet im Nordwesten

      [Bild auf Seite 360]

      Holzfällerlager in Britisch-Kolumbien

      [Bild auf Seite 360]

      Viehfarm in Alberta

      [Bild auf Seite 361]

      Im französischsprachigen Quebec

      [Bild auf Seite 361]

      Küstenprovinz

      GUATEMALA

      [Bilder auf Seite 360]

      Spanisch ist in Guatemala zwar Amtssprache, aber es werden auch verschiedene komplizierte Indianersprachen gesprochen. Im Büro der Gesellschaft ist man darauf bedacht, einem jeden Gelegenheit zu geben, etwas von Gottes Königreich zu erfahren.

      HAITI

      [Bilder auf Seite 361]

      Der Dienst für Jehova bereitet Jehovas Zeugen auf Haiti große Freude — trotz der oft schwierigen Verhältnisse, unter denen sie leben.

      HONDURAS

      [Bilder auf Seite 362]

      Seit 1916 sind weit über 23 000 000 Stunden darauf verwendet worden, die Bewohner dieses Landes über die Bibel zu belehren. Manchen mußten Jehovas Zeugen erst das Lesen und Schreiben beibringen (wie auf diesem Bild zu sehen ist), damit sie sich mit Gottes Wort befassen konnten.

      JAMAIKA

      [Bilder auf Seite 362]

      Hunderte von Jamaikanern sind in der Zeit, in der noch voraussichtliche Erben des himmlischen Königreiches eingesammelt wurden, ergebene Diener Jehovas geworden. Seit 1935 haben sich ihnen Tausende im Predigen der Königreichsbotschaft angeschlossen. Damit für ihre geistigen Bedürfnisse gesorgt werden kann, wird dieses Zweigbüro gebaut.

      LEEWARD ISLANDS (ANTIGUA)

      [Bild auf Seite 362]

      Schon 1914 wurde die gute Botschaft auf den Inseln gepredigt, die jetzt von diesem Büro aus betreut werden. Seither sind die Menschen in diesem Teil der Erde immer wieder eingeladen worden, „Wasser des Lebens kostenfrei“ zu nehmen (Offb. 22:17].

      MEXIKO

      [Bild auf Seite 363]

      Das neue Zentrum für biblische Schulung, das Jehovas Zeugen in Mexiko errichten

      [Bild auf Seite 363]

      Bürogebäude, das 1992 benutzt wurde

      [Bilder auf Seite 363]

      Mit der hier hergestellten Literatur werden über 410 000 eifrige Zeugen in Mexiko und anderen in der Nähe gelegenen spanischsprachigen Ländern versorgt

      [Bild auf Seite 363]

      Zwischen 1986 und 1992 entfielen weit über 10 Prozent der Heimbibelstudien, die die Zeugen in der ganzen Welt durchführten, auf Mexiko — oft studieren ganze Familien

      [Übersicht auf Seite 363]

      (Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

      Bibelstudien in Mexiko

      500 000

      250 000

      1950 1960 1970 1980 1992

      MARTINIQUE

      [Bilder auf Seite 364]

      Schon 1946 wurde hier Samen der Wahrheit ausgestreut. Als aber Xavier und Sara Noll (hier zu sehen) 1954 aus Frankreich kamen, konnten sie bleiben und das vorgefundene Interesse fördern. 1992 beteiligten sich über 3 200 Personen mit ihnen an der Verkündigung der Königreichsbotschaft.

      NIEDERLÄNDISCHE ANTILLEN (CURAÇAO)

      [Bilder auf Seite 364]

      Im Gebiet dieses Zweigbüros haben 23 Missionare gedient. Zwei aus der ersten Gruppe (siehe Foto), die 1946 hierherkam, waren 1992 immer noch tätig.

      NICARAGUA

      [Bild auf Seite 364]

      Nach der Ankunft von Missionaren im Jahre 1945 nahm die Zahl der Zeugen Jehovas in Nicaragua zu. 1992 waren es über 9 700. Die Zahl derer, die von den Zeugen über die Bibel belehrt werden möchten, ist weit größer als die der einheimischen Zeugen.

      PANAMA

      [Bilder auf Seite 365]

      Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts haben die Bewohner Panamas Gelegenheit gehabt, Gottes Erfordernisse zum Erlangen des ewigen Lebens kennenzulernen.

      PUERTO RICO

      [Bild auf Seite 365]

      Seit 1930 sind in Puerto Rico über 83 000 000 Exemplare biblischer Literatur verbreitet worden, und 25 000 000 Rückbesuche wurden durchgeführt, um interessierten Personen weiterzuhelfen. Die hier geleistete Übersetzungsarbeit ermöglicht es, etwa 350 000 000 Spanisch sprechende Personen in der ganzen Welt mit biblischer Literatur zu versorgen.

      TRINIDAD

      [Bilder auf Seite 365]

      Schon 1912 wurde die gute Botschaft auf Trinidad rege verkündigt. Viele Zeugen (so auch diese drei in der Gileadschule ausgebildeten Missionarinnen) widmen ihre ganze Zeit diesem Werk.

      SÜDAMERIKA

      ARGENTINIEN

      [Bilder auf Seite 366]

      Der erste Königreichsverkündiger wurde 1924 in dieses Land gesandt. Eine große Hilfe waren später Missionare der Gileadschule, unter anderem Charles Eisenhower (siehe Bild), der mit seiner Frau 1948 einreiste. Im Jahre 1992 wurden von diesen Gebäuden aus die über 96 000 Zeugen Jehovas in Argentinien betreut und mit biblischer Literatur versorgt. Außerdem erhalten die über 44 000 Zeugen in Chile Literatur von hier.

      BOLIVIEN

      [Bilder auf Seite 367]

      In Bolivien ist die Königreichsbotschaft schon seit 1924 zu hören. Tausende nehmen die biblischen Schriften dankbar an und ziehen Nutzen aus einem regelmäßigen Heimbibelstudium.

      CHILE

      [Bilder auf Seite 367]

      Um das Jahr 1919 kamen die ersten Wachtturm-Publikationen nach Chile. Das Predigtwerk, das jetzt der Aufsicht dieses Büros untersteht, erstreckt sich von den ständig dem Wind ausgesetzten Schaffarmen im Süden bis zu den entlegenen Bergarbeiterlagern im Norden und von den Anden bis zum Ozean.

      ECUADOR

      [Bilder auf Seite 367]

      Einen wesentlichen Anteil am Predigen der guten Botschaft in Ecuador hatten die über 870 Zeugen (wie die beiden, die hier zu sehen sind), die ihre Heimat verließen, um dort zu dienen, wo der Bedarf an Verkündigern größer war. Zur Zeit leistet dieser Zweig mehr als 22 000 eifrigen Lobpreisern Jehovas Hilfe.

      BRASILIEN

      [Bilder auf Seite 368, 369]

      Als 1992 das Zweigbüro der Gesellschaft, die Druckerei und das Bethelheim auf diese Größe erweitert wurden, gab es in Brasilien über 335 000 Zeugen Jehovas; zur Zeit lassen sich jedes Jahr mehr als 27 000 Jünger taufen. Die Druckerei hier versorgt auch Bolivien, Paraguay und Uruguay mit Schriften zur Verbreitung.

      [Bild auf Seite 369]

      Zwei große Stadien in São Paulo, in denen Jehovas Zeugen 1990 einen internationalen Kongreß abhielten; außerdem fanden mehr als 100 weitere Kongresse statt

      [Übersicht auf Seite 369]

      (Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

      Königreichsverkündiger in Brasilien

      300 000

      200 000

      100 000

      1950 1960 1970 1980 1992

      GUYANA

      [Bilder auf Seite 368]

      Die Gesellschaft hat in Guyana seit 1914 ein Zweigbüro. Die Zeugen sind tief ins Landesinnere vorgedrungen und haben sich bemüht, jedem Bewohner Gelegenheit zu geben, die gute Botschaft zu hören. Das Land zählt gegenwärtig zwar nur knapp eine Million Einwohner, aber die Zeugen haben der Predigt- und Lehrtätigkeit hier über 10 000 000 Stunden gewidmet.

      PARAGUAY

      [Bilder auf Seite 369]

      In Paraguay wurde die gute Botschaft schon Mitte der 20er Jahre gepredigt. Seit 1946 haben 112 Missionare der Gileadschule die Zeugnistätigkeit unterstützt. Um außer der Spanisch oder Guaraní sprechenden Bevölkerung auch andere Sprachgruppen zu erreichen, waren Zeugen aus verschiedenen Ländern bereit hierherzuziehen.

      Aus Deutschland

      Aus Korea

      Aus Japan

      KOLUMBIEN

      [Karte/Bilder auf Seite 370, 371]

      Bereits 1915 erhielt ein interessierter Kolumbianer eine Wachtturm-Publikation durch die Post. 1992 wurden in diesen Gebäuden biblische Schriften gedruckt und versandt, um die über 184 000 Evangeliumsverkündiger in Kolumbien, Ecuador, Panama, Peru und Venezuela zu versorgen.

      [Karte]

      (Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

      KOLUMBIEN

      PERU

      ECUADOR

      PANAMA

      VENEZUELA

      PERU

      [Bild auf Seite 370]

      Ein Bibelforscher der Peru besuchte, verbreitete hier bereits 1924 biblische Literatur. 21 Jahre später wurde die erste Versammlung gegründet. Jetzt gibt es in Peru über 43 000 Verkündiger des Königreiches Gottes.

      [Bild auf Seite 370]

      Pioniere predigen hoch oben in den Anden

      SURINAME

      [Bilder auf Seite 371]

      Ungefähr 1903 wurde hier die erste Studiengruppe gebildet. Heute sind diese Zweiggebäude nötig, um die Versammlungen im ganzen Land — in unterentwickelten Gebieten, in Distrikten und in der Stadt — zu beaufsichtigen.

      URUGUAY

      [Bilder auf Seite 372]

      Seit 1945 haben über 80 Missionare geholfen, in Uruguay das Königreich zu verkündigen. Die hier Abgebildeten dienen schon seit den 50er Jahren in Uruguay. Mit ihnen zusammen waren 1992 über 8 600 einheimische Zeugen tätig.

      VENEZUELA

      [Bild auf Seite 372]

      Mitte der 20er Jahre wurden in Venezuela einige Wachtturm-Publikationen verbreitet. Als zehn Jahre später zwei Pioniere (Mutter und Tochter) aus den Vereinigten Staaten hierherkamen, begann eine Zeit eifriger Predigttätigkeit; die beiden arbeiteten die Hauptstadt mehrmals durch und machten Predigttouren in andere Städte im ganzen Land. Jetzt sind in Venezuela über 60 000 Zeugen tätig.

      [Bild auf Seite 372]

      Die Stierkampfarena in Valencia, wo sich 1988 zu einem Sonderkongreß 74 600 Personen versammelten

      EUROPA UND MITTELMEER

      ÖSTERREICH

      [Bild auf Seite 373]

      Schon in den 1890er Jahren hatten einige Personen in Österreich Gelegenheit, aus der guten Botschaft Nutzen zu ziehen. Von den 20er Jahren an nahm die Zahl der Lobpreiser Jehovas in diesem Land langsam, aber stetig zu.

      [Bild auf Seite 373]

      In Österreich kommen über 270 Versammlungen in Königreichssälen zusammen

      BELGIEN

      [Bilder auf Seite 373]

      Belgien ist zu einem Schmelztiegel der verschiedensten Völker geworden. Um die buntgemischte Bevölkerung hier zu versorgen, liefert der belgische Zweig biblische Literatur in über 100 Sprachen.

      GROSSBRITANNIEN

      [Bilder auf Seite 374]

      Die Tätigkeit der über 125 000 Zeugen Jehovas in Großbritannien untersteht der Aufsicht dieses Zweigbüros. Zeugen aus Großbritannien waren auch bereit, in andere europäische Länder oder nach Afrika, Südamerika, Australien, Asien und auf Inseln zu ziehen, um die Königreichsbotschaft zu verbreiten.

      IBSA House

      Watch Tower House

      [Bilder auf Seite 374]

      Hier wird biblische Literatur in Englisch, Maltesisch, Gudscharati und Suaheli gedruckt

      [Bild auf Seite 374]

      Die Dienstabteilung nimmt sich der mehr als 1 300 Versammlungen in Großbritannien an

      [Bilder auf Seite 374]

      Literatursendungen gehen in alle Teile Englands, nach Schottland, Wales, Irland und Malta sowie nach Afrika und auf die Karibischen Inseln

      FRANKREICH

      [Bilder auf Seite 375]

      In diesem Zweigbüro werden die Übersetzungs- und Fotosatzarbeiten für französische Wachtturm-Publikationen ausgeführt, die in verschiedenen Ländern gedruckt werden. (Über 120 000 000 sprechen Französisch.) Hier wird ständig Literatur in mehreren Sprachen gedruckt und in verschiedene Länder Europas, Afrikas und des Nahen Ostens sowie auf Inseln des Indischen und des Pazifischen Ozeans versandt.

      Druckerei- und Bürogebäude in Louviers

      Übersetzungsabteilung

      Fotosatzabteilung

      [Bild auf Seite 375]

      Büro- und Wohngebäude in Boulogne-Billancourt

      [Bild auf Seite 375]

      Wohngebäude in Incarville für die Bethelfamilie

      DEUTSCHLAND

      [Bilder auf Seite 376, 377]

      Obwohl man in der Ära des Nationalsozialismus mit den grausamsten Mitteln versuchte, Jehovas Zeugen in Deutschland auszurotten, gaben sie ihren Glauben nicht auf. Seit 1946 haben sie der Verbreitung der biblischen Wahrheit in ganz Deutschland über 646 000 000 Stunden gewidmet.

      Der erweiterte Zweiggebäudekomplex in Selters/Taunus

      [Bild auf Seite 376]

      In Selters/Taunus wird biblische Literatur ins Deutsche übersetzt, und gedruckt wird in mehr als 40 Sprachen

      [Bild auf Seite 377]

      Große Mengen der hier hergestellten Literatur werden regelmäßig in über 20 Länder versandt; Zeitschriften werden in vielen Sprachen gedruckt und in über 30 Länder verschickt

      [Bild auf Seite 377]

      Die Literatur wird mit den Lastwagen der Gesellschaft in ganz Deutschland ausgefahren

      ZYPERN

      [Bild auf Seite 376]

      Kurz nach dem Tod Jesu Christi wurde die gute Botschaft den Bewohnern von Zypern gepredigt (Apg. 4:32-37; 11:19; 13:1-12). In der Neuzeit ist diese Predigttätigkeit wiederaufgenommen worden, und unter der Leitung dieses Zweigbüros wird nach wie vor gründlich Zeugnis gegeben.

      DÄNEMARK

      [Bilder auf Seite 377]

      Seit den 1890er Jahren wird in Dänemark in großem Umfang Zeugnis gegeben. Biblische Literatur wurde hier nicht nur in Dänisch, sondern auch in Färöisch, Grönländisch und Isländisch gedruckt.

      Luftaufnahme des Zweigbüros (kleines Bild: Eingang)

      ITALIEN

      [Bilder auf Seite 378, 379]

      Hier werden biblische Schriften ins Italienische übersetzt und auch gedruckt. In diesem Zweig druckt und bindet man Bücher, die vor allem für Italien, aber auch für einige Nachbarländer bestimmt sind.

      Aufnahmen der Zweiggebäude unweit von Rom

      [Bild auf Seite 379]

      Zehntausende, die erkannt haben, was die Bibel wirklich sagt, versammeln sich jetzt mit Jehovas Zeugen

      [Bild auf Seite 379]

      Trotz ständiger Angriffe der katholischen Kirche haben Jehovas Zeugen in Italien seit 1946 mehr als 550 000 000 Stunden darauf verwandt, ihre Mitmenschen zu besuchen und mit ihnen über die Bibel zu sprechen. Das hat dazu geführt, daß jetzt in Italien 194 000 Anbeter Jehovas tätig sind.

      FINNLAND

      [Bild auf Seite 378]

      Die biblische Wahrheit gelangte 1906 von Schweden aus nach Finnland. Seither ist sie in jeden Winkel des Landes gedrungen — sogar weit über den nördlichen Polarkreis hinaus. Dutzende von Finnländern haben die Gileadschule besucht, um in einem Land zu dienen, wo sie benötigt wurden. Andere sind von sich aus weggezogen, um zu dienen, wo Hilfe gebraucht wurde.

      ISLAND

      [Bild auf Seite 379]

      Auf Island, das nur etwa 260 000 Einwohner hat, sind über 1 620 000 Exemplare biblischer Literatur verbreitet worden, um den Menschen zu helfen, das Leben zu wählen. Zur Zeit dienen hier über 260 Personen Jehova, dem wahren Gott.

      [Bild auf Seite 379]

      Georg Lindal, der hier von 1929 bis 1953 als Pionier tätig war; die meiste Zeit davon war er der einzige Zeuge Jehovas im Land

      GRIECHENLAND

      [Bild auf Seite 380]

      Der Apostel Paulus war einer der ersten, die die gute Botschaft in Griechenland verkündigten (Apg. 16:9-14; 17:15; 18:1; 20:2]. Obwohl die griechisch-orthodoxe Kirche Jehovas Zeugen schon jahrelang heftig verfolgt, gibt es in diesem Land heute über 24 000 treue Diener Jehovas. Das hier abgebildete Zweigbüro liegt etwa 65 Kilometer nördlich von Athen.

      [Bild auf Seite 380]

      Predigttätigkeit in Athen

      [Bild auf Seite 380]

      Aufnahme, die 1990 während einer von Geistlichen angeführten Demonstration gegen Jehovas Zeugen gemacht wurde

      IRLAND

      [Bild auf Seite 380]

      Jahrelang wurde die biblische Botschaft in Irland nicht gerade günstig aufgenommen. Die Geistlichkeit leistete großen Widerstand. Doch nach 100 Jahren beharrlicher Predigttätigkeit kann jetzt eine reiche geistige Ernte eingebracht werden.

      Das Zweigbüro in Dublin

      [Bild auf Seite 380]

      Zwei langjährige Pionierinnen im Predigtdienst

      POLEN

      [Bild auf Seite 381]

      Von diesen Gebäuden aus wird den mehr als 100 000 Zeugen Jehovas in Polen Hilfe geleistet. Zwischen 1939 und 1945 war ihre gottesdienstliche Tätigkeit verboten, aber ihre Zahl stieg von 1 039 im Jahre 1939 auf 6 994 im Jahre 1946. Als sie 1950 wieder verboten wurden, zählten sie 18 116, doch kurz nach der Aufhebung dieses Verbots im Jahre 1989 gab es gemäß Berichten über 91 000 Zeugen.

      [Bilder auf Seite 381]

      Jahrelang hielten sie kleine Kongresse in Wäldern ab; jetzt füllen sie bei ihren Kongressen die größten Stadien des Landes — und zwar mehrere Stadien gleichzeitig

      Poznań (1985)

      LUXEMBURG

      [Bild auf Seite 382]

      Luxemburg ist eines der kleinsten Länder Europas. Aber auch hier wird die Königreichsbotschaft schon seit ungefähr 70 Jahren gepredigt. Besonders vor dem Zweiten Weltkrieg kamen Zeugen aus Frankreich, Deutschland und der Schweiz, um zu helfen.

      NIEDERLANDE

      [Bilder auf Seite 382]

      Das Zweigbüro in Emmen beaufsichtigt die Tätigkeit der über 32 000 eifrigen Zeugen in den Niederlanden. Hier werden alle in Niederländisch erscheinenden Publikationen übersetzt. Außerdem wird die Vervielfältigung von Videokassetten biblischen Inhalts in europäischen Sprachen großenteils von hier aus erledigt.

      NORWEGEN

      [Bilder auf Seite 383]

      Vor hundert Jahren nahm ein Norweger, der nach Amerika ausgewandert war und dort die biblische Wahrheit kennengelernt hatte, die gute Botschaft mit in seine Heimatstadt zurück. Seither haben Jehovas Zeugen die Bewohner ganz Norwegens immer wieder besucht, um mit ihnen über Gottes Königreich zu sprechen.

      PORTUGAL

      [Bild auf Seite 383]

      Nachdem die Regierung ein Konkordat mit dem Vatikan unterzeichnet hatte, nahm die Polizei Zeugen fest und wies Missionare aus. Aber die übriggebliebenen Zeugen versammelten sich weiterhin, setzten ihre Predigttätigkeit fort und nahmen an Zahl ständig zu. 1974 wurden sie schließlich gesetzlich anerkannt.

      Dieses Büro beaufsichtigt die Tätigkeit von mehr als 40 000 Zeugen in Portugal. Es hat außerdem afrikanischen Ländern, die mit Portugal eng verbunden waren, viel Hilfe geleistet.

      [Bild auf Seite 383]

      Internationaler Kongreß 1978 in Lissabon

      SCHWEDEN

      [Bild auf Seite 383]

      In Schweden predigen Jehovas Zeugen schon mehr als 100 Jahre. In den letzten zehn Jahren haben sie dieser Tätigkeit über 38 000 000 Stunden gewidmet. Heute gibt es hier viele fremdsprachige Versammlungen (12 verschiedene Sprachen).

      [Bild auf Seite 383]

      Um allen Arten von Menschen in Schweden zu helfen, hat man hier Literatur in 70 Sprachen auf Lager

      SPANIEN

      [Bild auf Seite 384]

      Dieser Zweig kümmert sich um über 92 000 Zeugen in Spanien. Hier werden „Der Wachtturm“ und „Erwachet!“ für Spanien und Portugal gedruckt. Obwohl die katholische Geistlichkeit den Staat immer wieder dazu bringen wollte, das Werk der Zeugen Jehovas zu unterbinden, sprechen die Zeugen schon seit 1916 mit Spaniern über die biblischen Wahrheiten. 1970, als es in Spanien über 11 000 Zeugen Jehovas gab, wurden sie schließlich gesetzlich anerkannt. Seither hat sich ihre Zahl ungefähr auf das Achtfache erhöht.

      [Bild auf Seite 384]

      Jetzt können mehr als 1 100 Versammlungen ungehindert in ihren Königreichssälen im ganzen Land zusammenkommen

      SCHWEIZ

      [Bild auf Seite 384]

      In der Schweiz hatte die Watch Tower Society schon 1903 ein Büro. Eine der ersten Druckereien der Gesellschaft in Europa befand sich in diesem Land. Viele Jahre wurden hier im Zweigbüro in Thun Zeitschriften gedruckt, die für Dutzende andere Länder bestimmt waren.

      AFRIKA

      BENIN

      [Bild auf Seite 385]

      Die Bevölkerung Benins setzt sich aus etwa 60 ethnischen Gruppen zusammen, die 50 verschiedene Dialekte sprechen. Als Tausende von Eingeborenen ihre frühere Religion aufgaben, gerieten Fetischpriester und Geistliche der Christenheit in Wut. Wiederholte Verfolgungswellen konnten die Ausbreitung der wahren Anbetung in diesem Land jedoch nicht aufhalten.

      [Bild auf Seite 385]

      Ein Kongreß, der 1990 stattfand

      ZENTRALAFRIKANISCHE REPUBLIK

      [Bild auf Seite 385]

      Bereits 1947 war die Königreichsbotschaft hier zu hören. Ein Mann, der schon woanders Zusammenkünfte der Zeugen besucht hatte, sprach mit seinen Mitmenschen über das, was er gelernt hatte. Bald wurde eine Studiengruppe gebildet, die bereits nach kurzer Zeit Zeugnis abzulegen begann, und die Zahl der Anbeter Jehovas nahm zu.

      CÔTE D’IVOIRE

      [Bilder auf Seite 386]

      Gileadmissionare halfen 1949 mit, in diesem westafrikanischen Land die wahre Anbetung einzuführen. Mehr als hundert solche Missionare haben hier gedient. Jetzt setzen die Zeugen jedes Jahr weit über eine Million Stunden ein, um in dem Gebiet, das von diesem Zweigbüro aus betreut wird, nach wahrheitshungrigen Menschen zu suchen.

      GHANA

      [Bild auf Seite 386, 387]

      Mit dem Predigen der guten Botschaft wurde in Ghana 1924 begonnen. Jetzt beaufsichtigt man von diesem Büro in Accra aus mehr als 640 Versammlungen in Ghana. Hier wird auch biblische Literatur in die Sprachen Ewe, Ga und Twi übersetzt und in diesen Sprachen gedruckt.

      [Bild auf Seite 387]

      Zusammenkunft im Königreichssaal neben dem Zweigbüro

      KENIA

      [Karte/Bilder auf Seite 387]

      Im Jahre 1931 machten zwei Zeugen Jehovas eine Reise von Südafrika nach Kenia, um dort zu predigen. Seit 1963 hat sich das Büro der Gesellschaft in Kenia zeitweilig auch des Evangelisierungswerkes in anderen ostafrikanischen Ländern (siehe unten) angenommen. Ein zusätzliches Zeugnis wurde durch die internationalen Kongresse gegeben, die 1973, 1978 und 1985 in Kenia stattfanden.

      [Karte]

      (Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

      KENIA

      UGANDA

      SUDAN

      ÄTHIOPIEN

      DSCHIBUTI

      SOMALIA

      JEMEN

      SESCHELLEN

      TANSANIA

      BURUNDI

      RUANDA

      [Bilder auf Seite 387]

      Kongreß in Nairobi (1973)

      NIGERIA

      [Bilder auf Seite 388, 389]

      Die gute Botschaft wird in diesem Land schon seit Anfang der 20er Jahre gepredigt. Von Nigeria aus sind Evangeliumsverkündiger auch in andere Teile Westafrikas geschickt worden, und es werden Nachbarländer mit biblischer Literatur versorgt, die hier gedruckt wird. In Nigeria selbst haben Jehovas Zeugen mehr als 28 000 000 Schriften in die Hände der Menschen gelegt, um ihnen Gottes Wort näherzubringen.

      [Bild auf Seite 388]

      Weit über 160 000 Königreichsverkündiger in Nigeria unterstehen der Aufsicht der Dienstabteilung

      [Bild auf Seite 389]

      Kongreß in Calabar in Nigeria (1990)

      LIBERIA

      [Bild auf Seite 388]

      Liberianer, die Zeugen Jehovas wurden, sahen sich zahlreichen Glaubensprüfungen gegenüber — wenn sie einheimische abergläubische Bräuche aufgaben, die Polygamie ablehnten, von Beamten aufgrund von Verleumdung verfolgt wurden und wenn sie von kriegführenden politischen und ethnischen Gruppen umgeben waren. Doch durch die wahre Anbetung werden in diesem Land weiterhin alle Arten von Menschen vereint.

      MAURITIUS

      [Bilder auf Seite 389]

      Schon 1933 besuchten eifrige Zeugen Jehovas aus Südafrika diese Insel im Indischen Ozean. Jetzt gibt es auf Mauritius über tausend Zeugen, die ihre Mitmenschen auffordern, Jehova zu suchen, damit sie seine Gunst genießen, wenn er das gegenwärtige böse System vernichtet (Zeph. 2:3).

      SÜDAFRIKA

      [Bild auf Seite 390]

      In Südafrika gibt es seit über 80 Jahren ein Zweigbüro der Watch Tower Society. Eifrige Evangeliumsverkündiger aus diesem Land haben viel getan, um die Königreichsbotschaft in anderen Ländern Süd- und Ostafrikas zu verbreiten. In dem Gebiet, das früher diesem Zweig unterstellt war (1945 gab es dort 14 674 Königreichsverkündiger), sind jetzt mehr als 300 000 Zeugen Jehovas tätig.

      [Bilder auf Seite 391]

      Mehr als 110 Übersetzer sind unter der Leitung dieses Zweiges damit beschäftigt, biblische Literatur in 16 afrikanischen Sprachen vorzubereiten

      [Bild auf Seite 391]

      Gedruckt wird hier in über 40 Sprachen

      SENEGAL

      [Bilder auf Seite 390]

      Die Zahl der Zeugen ist hier zwar gering, aber das Zweigbüro ist darauf bedacht, daß jede Stadt, jede ethnische Gruppe und die Angehörigen jeder Glaubensgemeinschaft nicht nur in Senegal, sondern auch in umliegenden Ländern Gelegenheit erhalten, die herzerfreuende Botschaft der Bibel zu hören.

      SIERRA LEONE

      [Bild auf Seite 391]

      In Sierra Leone wurde mit dem Predigen der guten Botschaft schon 1915 begonnen. Zeitweise war die Zunahme gering. Als aber diejenigen, die Jehovas hohe Maßstäbe nicht beachteten, entfernt wurden und sich alle, die nicht aus den richtigen Beweggründen dienten, zurückzogen, machten die, die Jehova gegenüber loyal gesinnt waren, im Glauben Fortschritte.

      SAMBIA

      [Bild auf Seite 392]

      Von diesem Zweigbüro aus wird die Tätigkeit von mehr als 110 000 Zeugen im südlichen Zentralafrika beaufsichtigt. Das erste Büro der Gesellschaft wurde hier 1936 gegründet. Seither haben Jehovas Zeugen in Sambia über 186 000 000 Rückbesuche gemacht, um interessierten Personen weiterzuhelfen. Sie haben auch vielen das Lesen beigebracht, damit sie sich mit der Bibel befassen und mit anderen darüber sprechen können.

      [Bild auf Seite 392]

      Bei Kongressen, die 1992 in Sambia stattfanden, waren 289 643 Personen anwesend

      SIMBABWE

      [Bilder auf Seite 392]

      Jehovas Zeugen sind in Simbabwe schon seit den 20er Jahren tätig. In den darauffolgenden Jahren wurden ihre Schriften verboten, ihre Kongresse untersagt, und den Missionaren verweigerte man die Genehmigung, der afrikanischen Bevölkerung zu predigen. Doch nach und nach wurden die Hindernisse überwunden, und gegenwärtig betreut dieses Büro die mehr als 20 000 Zeugen.

      ASIEN

      HONGKONG

      [Bilder auf Seite 393]

      Wachtturm-Publikationen werden hier ins Chinesische übersetzt, das in seinen vielen Dialekten von mehr als einer Milliarde Menschen gesprochen wird. In Hongkong selbst wurde die gute Botschaft zum erstenmal im Jahre 1912 gepredigt, als C. T. Russell im Rathaus Vorträge hielt.

      INDIEN

      [Bild auf Seite 393]

      Dieser Zweig beaufsichtigt die Verkündigung der Königreichsbotschaft in Gebieten, in denen über ein Sechstel der Weltbevölkerung lebt. Gegenwärtig wird unter der Leitung dieses Zweigbüros in 18 Sprachen übersetzt und in 19 gedruckt. Dazu gehören Hindi (von 367 Millionen gesprochen), Assamesisch, Bengali, Gudscharati, Kannada, Malajalam, Marathi, Nepali, Orija, Pandschabi, Tamil, Telugu und Urdu (Sprachen, die von mehreren Millionen gesprochen werden).

      [Bilder auf Seite 393]

      Zeugen, die in Malajalam predigen

      ... in Nepali

      ... in Gudscharati

      JAPAN

      [Bilder auf Seite 394]

      Jehovas Zeugen in Japan sind wie überall eifrige Verkündiger des Königreiches Gottes. Allein 1992 widmeten sie dem Predigen der guten Botschaft über 85 000 000 Stunden. Im Durchschnitt stehen jeden Monat etwa 45 Prozent der japanischen Zeugen Jehovas im Pionierdienst.

      [Bild auf Seite 394]

      Hier wird biblische Literatur in vielen Sprachen veröffentlicht, darunter Japanisch, Chinesisch und einige philippinische Sprachen

      [Bild auf Seite 394]

      Ein regionales Planungsbüro unterstützt die Arbeit an Zweiggebäuden in verschiedenen Ländern

      [Übersicht auf Seite 394]

      (Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

      Pioniere in Japan

      75 000

      50 000

      25 000

      1975 1980 1985 1992

      REPUBLIK KOREA

      [Bilder auf Seite 395]

      Außer Traktaten werden hier jedes Jahr ungefähr 16 Millionen Exemplare biblischer Literatur hergestellt, um die mehr als 70 000 Zeugen Jehovas in der Republik Korea zu versorgen. Rund 40 Prozent der koreanischen Zeugen stehen im Pionierdienst.

      MYANMAR

      [Bilder auf Seite 395]

      Als die Watch Tower Society 1947 hier ein Zweigbüro gründete, gab es in diesem Land nur 24 Zeugen Jehovas. Die mehr als 2 000 Zeugen, die heute in Myanmar tätig sind, bemühen sich, nicht nur die Bewohner der Städte, sondern auch die zahlreichere Landbevölkerung zu erreichen.

      PHILIPPINEN

      [Bild auf Seite 396]

      Im Jahre 1912 sprach C. T. Russell im Großen Opernhaus von Manila über das Thema „Wo sind die Toten?“ Seither haben Jehovas Zeugen hier über 483 000 000 Stunden darauf verwandt, den Menschen auf den rund 900 bewohnten Inseln der Philippinen Zeugnis zu geben. Mehr als 110 000 Zeugen in 3 200 Versammlungen unterstehen der Aufsicht dieses Zweigbüros. Um den örtlichen Bedürfnissen zu entsprechen, wird hier in acht Sprachen gedruckt.

      [Bilder auf Seite 396]

      Zeugen, die einigen der großen Sprachgruppen auf den Philippinen angehören

      SRI LANKA

      [Bilder auf Seite 397]

      Die gute Botschaft wurde auf der südlich von Indien gelegenen Insel Ceylon (heute Sri Lanka) schon vor dem Ersten Weltkrieg gepredigt. Rasch wurde eine Studiengruppe organisiert. Seit 1953 unterhält die Gesellschaft in der Hauptstadt ein Zweigbüro, um Singhalesen, Tamilen und den anderen ethnischen Gruppen in diesem Land Gelegenheit zu geben, die Königreichsbotschaft zu hören.

      TAIWAN

      [Bild auf Seite 397]

      Hier wurde schon in den 20er Jahren Zeugnis gegeben, aber erst in den 50er Jahren systematisch. Jetzt werden diese Zweiggebäude gebaut, die als Zentrum der zunehmenden Tätigkeit in diesem Teil der Erde dienen werden.

      [Bild auf Seite 397]

      Versammlung in Taipeh

      THAILAND

      [Bild auf Seite 397]

      In den 30er Jahren kamen Pioniere aus Großbritannien, Deutschland, Australien und Neuseeland, um die Bewohner Thailands (damals Siam) mit der biblischen Wahrheit bekannt zu machen. 1963, 1978, 1985 und 1991 besuchten Delegierte aus vielen Ländern die dortigen internationalen Kongresse, um die einheimischen Zeugen zu ermuntern und die Ausbreitung der Königreichsbotschaft zu fördern.

      [Bild auf Seite 397]

      Kongreß 1963

      [Bild auf Seite 397]

      Delegierte aus dem Ausland (1991)

      PAZIFISCHE INSELN

      FIDSCHI

      [Bild auf Seite 398]

      Das Büro auf den Fidschiinseln wurde 1958 gegründet. Eine Zeitlang unterstand diesem Zweigbüro das Werk der Verkündigung des Königreiches in 12 Ländern mit 13 Sprachen. Jetzt konzentriert es seine Aufmerksamkeit auf die ungefähr hundert bewohnten Inseln von Fidschi.

      [Bild auf Seite 398]

      Durch die internationalen Kongresse, die 1963, 1969, 1973 und 1978 hier abgehalten wurden, kamen sich einheimische und ausländische Zeugen näher

      GUAM

      [Bild auf Seite 398]

      Unter der Leitung des Büros auf Guam wird die gute Botschaft auf pazifischen Inseln gepredigt, die über eine Fläche von fast 8 000 000 km2 verstreut liegen. Seiner Aufsicht untersteht auch die Übersetzung biblischer Schriften in 9 Sprachen.

      [Bild auf Seite 398]

      Der Kreisaufseher reist oft mit dem Flugzeug von Insel zu Insel

      [Bild auf Seite 398]

      Einheimische Zeugen (wie diese hier aus Mikronesien) fahren manchmal mit Booten in ihr Gebiet

      HAWAII

      [Bild auf Seite 399]

      Die Gesellschaft hat seit 1934 in Honolulu ein Zweigbüro. Einige Zeugen von Hawaii haben sich nicht nur hier am Evangelisierungswerk beteiligt, sondern auch in Japan, auf Taiwan, Guam und anderen Inseln Mikronesiens.

      NEUKALEDONIEN

      [Bild auf Seite 399]

      Trotz Behinderung durch religiöse Gegner brachten Jehovas Zeugen die Botschaft von Gottes Königreich nach Neukaledonien. Viele Menschen zeigten Interesse. 1956 wurde die erste Versammlung gegründet. Jetzt gibt es hier über 1 300 Lobpreiser Jehovas.

      NEUSEELAND

      [Bild auf Seite 399]

      Im Jahre 1947 richtete die Watch Tower Society in Neuseeland ein Zweigbüro ein, um das Predigen der guten Botschaft in diesem Land besser koordinieren zu können.

      [Bild auf Seite 399]

      Die in diesem Zweigbüro angefertigten Übersetzungen helfen den Bewohnern von Samoa, Rarotonga und Niue, ihren Glauben fortlaufend zu stärken

      [Bild auf Seite 399]

      Übersetzer und Korrektoren arbeiten Hand in Hand, um Publikationen von erstklassiger Qualität zu erzeugen

      AUSTRALIEN

      [Bilder auf Seite 400]

      Schon 1904 hatte die Watch Tower Society ein Zweigbüro in Australien. Früher beaufsichtigte dieser Zweig das Königreichswerk in einem Gebiet, das sich über nahezu ein Viertel der Erdoberfläche erstreckte und das China, Südostasien und Südseeinseln einschloß.

      [Bild auf Seite 400]

      Das regionale Planungsbüro unterstützt den Bau von Zweiggebäuden im Südpazifik und in Südostasien

      [Bild auf Seite 400]

      Gegenwärtig wird in diesem Zweigbüro biblische Literatur in über 25 Sprachen gedruckt. Es werden etwa 78 000 Zeugen Jehovas in Gebieten, die acht Zweigbüros im Südpazifik unterstehen, mit Literatur versorgt.

      [Karte/Bild auf Seite 400]

      Inselgebiete, die vom australischen Zweig mit Literatur beliefert werden

      [Karte]

      (Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

      AUSTRALIEN

      PAPUA-NEUGUINEA

      NEUKALEDONIEN

      SALOMONEN

      FIDSCHI

      WESTSAMOA

      TAHITI

      NEUSEELAND

      PAPUA-NEUGUINEA

      [Bilder auf Seite 400]

      Jehovas Zeugen haben es in diesem Land nicht leicht, da etwa 700 verschiedene Sprachen gesprochen werden. Zeugen aus mindestens zehn anderen Ländern sind hierhergezogen, um das Werk zu unterstützen. Mit viel Mühe haben sie einheimische Sprachen gelernt. Interessierte übersetzen für die, die eine andere Sprache sprechen. Auch Bilder werden mit Erfolg zum Lehren verwendet.

      SALOMONEN

      [Bilder auf Seite 401]

      Anfang der 50er Jahre gelangte die Königreichsbotschaft durch ein Bibelstudium, das brieflich über Landesgrenzen hinweg durchgeführt wurde, auf die Salomonen. Trotz großer Hindernisse breitete sich die biblische Wahrheit aus. Das Zweigbüro und der geräumige Kongreßsaal entstanden durch die Findigkeit einheimischer Brüder, internationale Zusammenarbeit und den Geist Jehovas.

      TAHITI

      [Bilder auf Seite 401]

      Anfang der 30er Jahre kamen Jehovas Zeugen mit der Königreichsbotschaft nach Tahiti. Mitten im Pazifik wird hier ein gründliches Zeugnis gegeben. Dabei wurden allein in den letzten vier Jahren durchschnittlich für jeden Mann, jede Frau und jedes Kind auf der Insel mehr als fünf Stunden eingesetzt.

      WESTSAMOA

      [Bild auf Seite 401]

      Auch in Westsamoa, einem der kleinsten Staaten der Welt, haben Jehovas Zeugen ein Zweigbüro. Von diesem 1992 entstandenen Gebäude aus wird das Werk auf diesen und umliegenden Inseln einschließlich Amerikanisch-Samoas betreut.

Deutsche Publikationen (1950-2025)
Abmelden
Anmelden
  • Deutsch
  • Teilen
  • Einstellungen
  • Copyright © 2025 Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania
  • Nutzungsbedingungen
  • Datenschutzerklärung
  • Datenschutzeinstellungen
  • JW.ORG
  • Anmelden
Teilen