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  • Comenius — Der Urvater der modernen Pädagogik
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  • „Geistesfolter“
  • Eine neue Lehrmethode
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  • Was motivierte ihn?
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Erwachet! 1999
g99 8. 5. S. 21-24

Comenius — Der Urvater der modernen Pädagogik

VON UNSEREM KORRESPONDENTEN IN DER TSCHECHISCHEN REPUBLIK

ALS Lehrer, der im 17. Jahrhundert unterrichtete, kannte Johann Comenius die Mängel des damaligen Schulsystems nur zu gut. Zwar hat es nie eine vollkommene Unterrichtsmethode gegeben, doch das Schulsystem im Europa des 17. Jahrhunderts war schlicht und einfach erbärmlich.

Statt den Beobachterposten zu beziehen und sich in Klagen oder Vorwürfen zu ergehen, beschloß Comenius, zur Tat zu schreiten. Was unternahm er, und warum? Und was können wir von dem Mann lernen, der als Urvater der modernen Pädagogik bezeichnet wird?

Kindheit und Ausbildung

Johann Amos Comenius (Jan Amos Komenský in Tschechisch, seiner Muttersprache) wurde am 28. März 1592 in Mähren, einer Region in der heutigen Tschechischen Republik, geboren. Er war das jüngste von fünf Kindern und der einzige Sohn einer recht gut situierten Bauernfamilie.

Seine Eltern gehörten der Brüderunität an (später als Böhmische Brüder oder Mährische Kirche bekannt), einer Glaubensgemeinschaft, die Mitte des 15. Jahrhunderts unter dem Einfluß der Waldenser und anderer Reformer wie Petr Chelčický entstand. Nach Abschluß seiner Ausbildung in Deutschland kehrte Comenius in seine Heimat zurück. Im Alter von 24 Jahren wurde er von den Böhmischen Brüdern zum Priester ordiniert.

Warum er ins Exil ging

Im Jahr 1618 übernahm Comenius eine kleine Gemeinde in Fulnek, ungefähr 250 Kilometer östlich von Prag. Damals war Europa von der katholischen Gegenreformation erfaßt. Die Spannungen zwischen Katholiken und Protestanten bauten sich auf und mündeten in den Dreißigjährigen Krieg (1618—1648).

Nach etwa 10 Jahren Krieg wurde die katholische Kirche zur einzigen rechtmäßigen Religion Mährens erklärt. Comenius und etliche Angehörige der oberen Stände wurden vor die Wahl gestellt, zum Katholizismus überzutreten oder das Land zu verlassen. Da Comenius nicht gewillt war zu konvertieren, zog er mit seiner Familie ins Ausland und ließ sich in dem Städtchen Lissa (polnisch: Leszno) nieder, einem Zentrum der Böhmischen Brüder in Polen. Dies kennzeichnete den Beginn eines Exils, das 42 Jahre dauern sollte. Er nahm nie wieder in seiner Heimat Wohnsitz.

„Geistesfolter“

Comenius fand eine Anstellung als Lateinlehrer am Gymnasium von Lissa. Schon nach kurzer Zeit war er allerdings mit den stümperhaften Lehrmethoden unzufrieden, und das mit gutem Grund.

Das Schulsystem zur Zeit des Comenius befand sich in einem beklagenswerten Zustand. Beispielsweise hielt man nur Jungen einer Bildung für würdig. Aber Jungen, die in Armut lebten, waren wiederum von Bildung ausgeschlossen. Der Unterricht bestand hauptsächlich darin, den Schülern lateinische Wörter, Sätze und Syntaxregeln einzutrichtern. Warum war das so? Die meisten Schulen im Mittelalter waren in der Hand der katholischen Kirche, die ja ihre Liturgie auf lateinisch abhielt. Der Lateinunterricht war folglich wichtig, um einen stetigen Nachschub an Anwärtern auf das Priesteramt sicherzustellen.

Zudem verschwendete man keinen Gedanken daran, bestimmte Lernziele festzulegen oder den Unterricht so zu gestalten, daß die Schüler von einfachen zu komplexeren Gedankengängen hingeführt wurden. Es herrschte strenge Disziplin, bisweilen war sie grausam, und die Moral war haarsträubend.

Da braucht es einen nicht zu wundern, daß der schottische Pädagoge Simon Laurie die Schulen des 17. Jahrhunderts einmal als „hoffnungslos ziel- und planlos“ und als „öde“ bezeichnete. Comenius war noch direkter. Er nannte die Schulen „Geistesfolter“.

Eine neue Lehrmethode

Comenius trat nicht als erster für eine Bildungsreform ein. In England hatte Francis Bacon die Überbetonung des Lateinischen kritisiert und eine Rückkehr zum Studium der Natur angeregt. Wolfgang Ratke und Johann Valentin Andreä aus Deutschland und noch andere hatten sich um Verbesserungen bemüht. Sie alle erhielten jedoch keine offizielle Unterstützung für ihre Ideen.

Comenius hatte eine Methode im Sinn, mit der das Lernen Spaß machen und kein stumpfsinniges Pauken sein sollte. Sein Lehrsystem nannte er pampaedia, was „Allerziehung“ bedeutet. Ihm schwebte eine fortschreitende Unterrichtsmethode vor, von der jeder profitieren könnte. Kinder sollten stufenweise unterrichtet werden, wobei Grundbegriffe ganz natürlich zu komplexeren Lerninhalten hinführen würden. Comenius setzte sich außerdem für muttersprachlichen statt lateinischen Unterricht in den ersten Schuljahren ein.

Die Bildung dürfte sich indes nicht auf die Kindheit und Jugend beschränken, sondern sollte sich auf das ganze Leben erstrecken. Comenius schrieb: „Am schönsten ... wird sich doch die ganz und gar praktische und angenehme Arbeitsmethode auswirken, durch die die Schule wahrhaftig ein Spiel wird, ein liebliches Vorspiel des ganzen Lebens.“ Weiter vertrat er die Ansicht, die Schule solle sich nicht nur auf die Bildung des Verstandes, sondern des ganzen Menschen konzentrieren, also auch sittliche und religiöse Bildung vermitteln.

Die Werke des Johann Comenius

Das erste Werk des Comenius zur Thematik des Unterrichtens hieß Informatorium der Mutterschul und wurde 1630 veröffentlicht.a Es war dazu gedacht, Müttern und Kindermädchen bei der häuslichen Belehrung der Kinder zu helfen. Darauf folgte 1631 das Werk Janua linguarum reserata (Eröffnete Sprachenpforte), das den Lateinunterricht quasi revolutionierte. Es enthielt parallel angeordnete Textspalten in Tschechisch und in Lateinisch. So ließen sich die beiden Sprachen mühelos vergleichen, was das Lernen erleichterte. Die überarbeitete Auflage dieses Lehrbuchs fand so großen Anklang, daß es mit der Zeit in 16 Sprachen übersetzt wurde.

Das berühmteste und vielleicht einfachste Werk des Comenius war Orbis sensualium pictus. Die sichtbare Welt, eine Bilderfibel für Kinder. Auch dieses Werk war ein Meilenstein in der Geschichte der Pädagogik. Ellwood Cubberley, Professor für Pädagogik im 20. Jahrhundert, sagte, daß es „in Europa 115 Jahre lang nicht seinesgleichen hatte und nahezu 200 Jahre als Grundschulbuch benutzt wurde“. Noch heute folgen viele illustrierte Lehrbücher dem allgemeinen Aufbau des Werkes von Comenius, das heißt, Bilder werden als Anschauungsmaterial hinzugenommen.

Es dauerte nicht lange, und Comenius wurde als Genie gefeiert. In ganz Europa blickten Gelehrte zu ihm als Leitfigur auf und suchten seinen Rat. Wie in dem Buch Magnalia Christi Americana zu lesen ist, erwarb Comenius so großen Ruhm, daß er 1654 die Einladung erhielt, der Harvarduniversität in Cambridge (Massachusetts) als Präsident vorzustehen. Comenius lehnte jedoch ab, denn ihm war nicht an Ruhm, Ehre und hohen Ämtern gelegen.

Was motivierte ihn?

Nachdem man sich den Lebenslauf des Comenius angesehen hat, drängt sich einem die Frage auf, was ihn eigentlich motivierte. Comenius betrachtete Bildung als eine die Menschheit einigende Kraft. Er behauptete, eine universelle Bildung könne den Weltfrieden wahren helfen.

Comenius stellte überdies einen Zusammenhang zwischen Wissen und Frömmigkeit her. Durch das Erlangen von Wissen, so glaubte er, werde die Menschheit letztlich zu Gott geführt. Und das könnte sein Hauptmotiv gewesen sein.

Die pädagogischen Erkenntnisse des Comenius sind noch heute von Wert. Seine systematischen Lehrmethoden, zu denen der Einsatz visueller Lernhilfen gehörte, werden weltweit in die Praxis umgesetzt. Das trifft auch auf die Publikationen der Watch Tower Bible and Tract Society zu. Und wir als einzelne können uns beim persönlichen Studium oder beim Familienbibelstudium seine Methoden zunutze machen. Wie?

„Man soll die Schüler nicht belasten mit Dingen, die ihrem Alter, ihrer Fassungskraft und ihren gegenwärtigen Lebensbedingungen fernliegen“, schrieb Comenius. Wenn man seine Kinder über die Bibel belehrt oder über irgendein anderes Thema, sollte man den Stoff auf sie abstimmen. Statt nach einer formellen Frage-und-Antwort-Methode vorzugehen, könnte man zum Beispiel Geschichten über biblische Personen erzählen. Es wäre gut, die Kinder mit einzubeziehen, etwa indem man sie biblische Geschehnisse malen läßt oder anregt, biblische Dramen zu spielen. Phantasie ist gefragt! Die Ergebnisse werden die Mühe wert sein (Sprüche 22:6).

Man sollte auch die illustrierten Publikationen gut nutzen, die speziell dafür gedacht sind, Kinder und Jugendliche fortschreitend zu belehren, wie zum Beispiel Mein Buch mit biblischen Geschichten und Fragen junger Leute — Praktische Antworten.b Und wenn man jemand, gleichgültig welchen Alters, biblisch unterweist, ist es wichtig, auf eine „ganz und gar praktische und angenehme Arbeitsmethode“ zu achten.

Ein bleibendes Vermächtnis

Als 1656 in Lissa ein Brand wütete, verlor Comenius fast seinen ganzen Besitz. Dankenswerterweise ließ er jedoch Reichtümer anderer Art zurück. In dem Buch A Brief History of Education wird gesagt: „Comenius ... verlagerte beim Unterrichten das Gewicht von Wörtern auf Dinge und machte das Weitergeben von wissenschaftlichen Kenntnissen und lehrreichen Weltinhalten zum Grundgedanken seiner Arbeit.“

Comenius kann für sich die Ehre verbuchen, mehr Methodik in den Unterricht gebracht zu haben. Seine Lehrmethoden revolutionierten den Unterricht regelrecht. Der amerikanische Pädagoge Nicholas Butler sagte: „Der Platz des Comenius in der Geschichte der Pädagogik ist von überragender Bedeutung. Die gesamte moderne Entwicklung auf dem Gebiet der elementaren und sekundären Bildung wurde von ihm eingeleitet und ist von ihm durchdrungen.“ Auch Jehovas Zeugen haben als leidenschaftliche Erforscher der Bibel allen Grund, dem Urvater der modernen Pädagogik zu danken.

[Fußnoten]

a Im Jahr 1657 veröffentlichte Comenius in Lateinisch die Böhmische Didaktik als Teil der Opera Didactica Omnia.

b Herausgegeben von der Wachtturm-Gesellschaft.

[Kasten/Bilder auf Seite 23]

EINIGE UNTERRICHTSPRINZIPIEN DES JOHANN COMENIUS

Über die Menge des Unterrichtsstoffs: „Der Lehrende lehre nicht, soviel er zu lehren versteht, sondern soviel der Lernende zu fassen vermag.“

Über Lehrmethoden: „Richtig lehren bedeutet bewirken, daß jemand schnell, angenehm und gründlich lerne.“

„Ein Didaktiker ... [verstehe] Unwissende geduldig zu ertragen sowie Unwissenheit tüchtig zu verscheuchen.“

„Eine Sache lehren bedeutet fast nichts anderes, als der Dinge Unterschied (durch ihre verschiedenen Zwecke, Formen und andere Ursachen) darlegen. ... Folgerung: Wer gut unterscheidet, lehrt gut.“

Über logische Zusammenhänge: „Was keinen Sinn hat, kann weder verstanden, beurteilt noch dem Gedächtnis übergeben werden.“

„Dinge, die keine Begleitumstände haben, lassen sich nur mit Mühe verstehen und beurteilen und können also auch nicht dem Gedächtnis übergeben werden.“

Über das Verstehen: „Das Verstehen der Dinge besteht ungefähr darin, daß man erkannt hat, wozu, wodurch und wie dieses oder jenes Ding mit jedem seiner Teile beschaffen ist und wie es sich von anderen verwandten in bezug auf diese unterscheidet.“

„Jemand [sagte] nicht übel: Man muß eine Sache zum ersten Male lesen, um zu wissen, was sie enthalte; zum zweiten Male, um sie zu verstehen; zum dritten Male, um sie sich einzuprägen; zum vierten Male muß man sie still wiederholen, um zu erproben, ob man sie sicher aufgefaßt hat.“

[Bild]

Eine Seite aus „Orbis sensualium pictus“, Ausgabe 1883

[Bild auf Seite 24]

Deutsche Bilderfibel von 1775, die nach den Unterrichtsprinzipien des Comenius aufgebaut ist

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