Zunehmende Spaltungen in der Kirche
DIE gegensätzliche Einstellung der Geistlichen der katholischen Kirche zur Sittlichkeit und zur Politik erfaßt auch andere Gebiete. Die französischen Fernsehteilnehmer erhielten auch in diese Verhältnisse Einblick.
Ein Punkt, der berührt wurde, war eine interkonfessionelle Gemeinschaftsmesse, die in einer protestantischen Kirche in Amsterdam abgehalten wurde. Ein katholischer Priester hielt die Predigt. Solche „ökumenischen Gottesdienste“ werden in den Niederlanden jeden Sonntag abgehalten. Doch ist dies gegen die Anweisungen der Hierarchie des Landes und gegen Rom.
Die Fernsehteilnehmer lernten auch die „Studentengemeinde“ von Amsterdam kennen. Sie wird von vier katholischen Priestern betreut, von denen einer verheiratet ist. Obwohl er verheiratet ist, zelebriert er jeden Sonntag die Messe. Der Fernsehinterviewer brachte seine Überraschung darüber zum Ausdruck, daß von der Hierarchie des Landes und von Rom keine disziplinarischen Maßnahmen gegen diesen Priester ergriffen worden sind.
Hierauf erwiderte einer der vier Priester: „Rom fürchtet sich, etwas zu tun.“ Auf eine diesbezügliche Frage erwiderte ein Bischof ausweichend: „Es erscheint nicht ratsam, disziplinarische Maßnahmen zu ergreifen.“ Doch in den Vereinigten Staaten wurde vor kurzem ein Priester exkommuniziert, als man erfuhr, daß er seit Jahren verheiratet war und ein Kind hatte!
Eine Nonne wurde gefragt, ob sie glaube, daß es den Priestern überlassen bleiben sollte, zu heiraten oder im Zölibat zu leben. Die Nonne gab folgende freimütige Antwort: „Ich wollte, sie könnten heiraten. Manchmal bin ich über die Entrüstung des Papstes selbst entrüstet. In Italien, in Spanien und in Südamerika gibt es Tausende und aber Tausende unehelicher Kinder, die von Priestern gezeugt worden sind. Darüber sagt der Papst nichts, und diese Priester dürfen die Messe zelebrieren und die Beichte abnehmen.“
Ein Priester sprach von Rassentrennung unter den Katholiken in den Vereinigten Staaten. Er sagte, die Situation werde sehr gut durch das Musical „Westside story“ veranschaulicht. Er erwähnte, daß sich die beiden Banden, von denen die eine aus europäischen Einwanderern und die andere aus puertoricanischen Einwanderern in Amerika bestehe, aus Katholiken zusammensetzten, die Kreuze um den Hals trügen. Dies hinderte sie aber nicht daran, einander zu hassen und zu bekämpfen. Und ein schwarzer katholischer Priester in Baltimore erwähnte besonders den Rassenunterschied innerhalb der katholischen Kirche in Amerika.
Daß innerhalb des Katholizismus in Frankreich Spaltungen bestehen, wurde während eines Interviews mit einem konservativen französischen Katholiken deutlich. Er gehörte einer streng konservativen katholischen Organisation an, die gegen andere Katholiken, die von ihr als zu „fortschrittlich“ angesehen werden, gewalttätig vorgeht. Diese konservative Bewegung hat sogar katholische Gottesdienste abgebrochen, weil die Messe auf französisch statt auf lateinisch gelesen wurde!
Eines der Programme endete mit dem Zeugnis dreier französischer Bischöfe. Einer von ihnen gab zu, daß die katholische Kirche gespalten ist. Aber inzwischen hatten die Fernsehteilnehmer das selbst sehen können. Auch gab derselbe Bischof zu, daß er manchmal „Schwierigkeiten“ mit seinem Glauben hätte und daß er „einfache Leute, die ihren Glauben“ an Jesus Christus „ausleben“, beneide.
Für Katholiken ergaben all diese Enthüllungen kein sehr beruhigendes Bild von der Zukunft des Katholizismus. Und viele Fernsehteilnehmer brachten sogleich ihre bittere Enttäuschung zum Ausdruck.