Wachtturm ONLINE-BIBLIOTHEK
Wachtturm
ONLINE-BIBLIOTHEK
Deutsch
  • BIBEL
  • PUBLIKATIONEN
  • ZUSAMMENKÜNFTE
  • g85 8. 2. S. 14-15
  • Ein Blick in Kanadas neue Verfassung

Kein Video für diese Auswahl verfügbar.

Beim Laden des Videos ist ein Fehler aufgetreten.

  • Ein Blick in Kanadas neue Verfassung
  • Erwachet! 1985
  • Zwischentitel
  • Ähnliches Material
  • Warum war eine Verfassung nötig?
  • Die kanadische Bill of Rights
  • Der Inhalt der Verfassungsurkunde
  • Weitreichende Konsequenzen
  • Jehovas Zeugen und die Verfassung der Vereinigten Staaten
    Erwachet! 1987
  • Die Bill of Rights — Warum benötigt?
    Erwachet! 1991
  • Die Verteidigung der Freiheit
    Erwachet! 1972
  • Ist die Freiheit erhalten geblieben?
    Erwachet! 1976
Hier mehr
Erwachet! 1985
g85 8. 2. S. 14-15

Ein Blick in Kanadas neue Verfassung

Vom „Awake!“-Korrespondenten in Kanada

„ENDLICH rein kanadisch“, sagte die Sprecherin. 30 000 Zuhörer reagierten darauf mit großem Jubel. Wer hatte die Ansprache gehalten? Königin Elisabeth II. von England. Wer waren die Zuhörer? Es waren Personen, die sich am 17. April 1982 in Ottawa, der Hauptstadt von Kanada, versammelt hatten, um der Proklamation der „Verfassungsurkunde von 1982“ zuzuhören. Ja, Kanada hatte endlich seine eigenständige Verfassung!

Ist Kanada denn nicht seit mehr als einem Jahrhundert ein eigenständiger Staat? Warum wird erst jetzt, nach so langer Zeit, eine Verfassung verkündet? Die Fragen sind berechtigt. Um die Sache zu verstehen, müssen wir einen kurzen Blick in die Geschichte Kanadas werfen, und wir werden erfahren, wie Kanada eine Zeitlang (in gewisser Hinsicht) ein Land ohne eigenständige Verfassung wurde.

Warum war eine Verfassung nötig?

Der kanadische Staat entstand, als 1867 mehrere nördlich der USA gelegene britische Kolonien eine Föderation bildeten und das britische Parlament ersuchten, die Gründung des Staates gesetzlich zu verankern. Das erfolgte durch die British North America Act (BNA Act). Da es sich um eine Urkunde des britischen Parlaments handelte, mußte man sich wegen jeder zukünftig notwendig werdenden Veränderung an das britische Unter- und Oberhaus wenden.

Einigen Kanadiern war es jedoch im Laufe der Zeit „nicht mehr gut genug“, daß die Gründungsurkunde das Parlamentsgesetz eines „fremden“ Landes war, wenn auch Gesetzesänderungen ohne Schwierigkeiten genehmigt wurden. Ihrer Ansicht nach sollte die BNA Act kanadisch werden und in Kanada geändert werden können. Man strebte aber auch noch aus anderen Gründen danach, die BNA Act unter die eigene Rechtsgewalt zu stellen.

Die Verfassung, die Kanada bisher hatte, bestand aus einem Katalog von vielen tausend Gesetzen und Konventionen, die im Laufe der Jahre zusätzlich zu der umfangreichen, von England übernommenen Gesetzessammlung entstanden sind. Bestandteil der letzteren sind die Magna Charta aus dem Jahre 1215 u. Z., das erste geschriebene englische Gesetz und Einschränkungen der Autorität der Krone. Als die Gründer der USA ihre Verfassung aufstellten, griffen sie, um darin Grundrechte zum Schutz aller Bürger aufzunehmen, auf die Magna Charta zurück. Die Gerichtshöfe waren daher in der Lage, ihre Entscheidungen auf den weitgesteckten Grundsätzen ihrer Bill of Rights (Freiheitsurkunde) zu stützen. Kanada besaß keine genau definierten Garantien.

Die kanadische Bill of Rights

Daß die Kanadier den Wunsch nach einem solchen Dokument hegten, stellte sich heraus, als Jehovas Zeugen 1949 Unterschriften für eine Petition sammelten, in der dringend nach einer Bill of Rights verlangt wurde. In jenem Jahr wurden dem Parlament über 625 000 Unterschriften von Personen vorgelegt, die eine Gefahr für die Freiheit aller Kanadier witterten, als sie beobachteten, wie ungerecht Jehovas Zeugen in der Provinz Quebec behandelt wurden. Sie meinten, eine Lösung könne dadurch gefunden werden, daß die Grundrechte aller Bürger verfassungsmäßig garantiert würden.

Am 10. August 1960 trat die kanadische Bill of Rights in Kraft. Für viele Kanadier war sie nicht so weitreichend, wie sie gehofft hatten. (Siehe Erwachet! vom 22. April 1961.) Damals bemerkte Professor Bora Laskin (später Vorsitzender des Obersten Bundesgerichts von Kanada), diese Bill enttäusche „durch ihren Standpunkt, die unnötige Beschränkung ihrer Anwendung und durch ihre Unwirksamkeit in wesentlichen Dingen“. Somit konnten die Kanadier damals nicht nur ihre Verfassung nicht abändern, sondern sie waren auch mit Recht über den Fortbestand ihrer Bürgerrechte besorgt.

Das soll nicht heißen, daß sie keine Freiheit besaßen. Tatsächlich hatte der Bundesgerichtshof über Jahre hinweg in Fällen, die zwar hauptsächlich die Freiheiten der Zeugen Jehovas betrafen, doch auch die aller Bürger berührten, auf geschickte Weise zugunsten der Religions-, der Versammlungs-, der Rede- und der Pressefreiheit entschieden. In einem der Fälle von Jehovas Zeugen, z. B. Saumur gegen Quebec, sagte Richter Rand in der Urteilsverkündung: „Die Rede- und Religionsfreiheit und die Unverletzlichkeit der Person sind grundlegende Freiheiten, die unbedingt notwendige Voraussetzungen sind für ein menschenwürdiges Dasein und die Grundbedingung des Zusammenlebens der Menschen innerhalb einer Rechtsordnung.“

Um sicherzustellen, daß kein Gesetz in Kraft treten kann, das im Widerspruch zu solchen Grundrechten steht, hielt man es für nötig, sie in der Verfassung zu „verankern“. Der frühere Premierminister Pierre Trudeau betonte: „Als eine verfassungsrechtliche Einrichtung wäre es nicht lediglich ein Gesetz in herkömmlichem Sinne, sondern ... eine Norm, nach der sich die Gesetzgebung ausrichtet. Dadurch, daß die Unantastbarkeit bestimmter Rechte garantiert würde, würde die Gewalt der Regierungen begrenzt und ordentliche Maßnahmen der Regierung — sogar ordnungsgemäß in Kraft getretene Gesetze —, die auf jene Rechte übergreifen, aufgehoben.“

Der Inhalt der Verfassungsurkunde

Was enthält die Verfassungsurkunde? Die Überschrift der ersten 34 Artikel lautet: „Kanadische Rechts- und Freiheitsurkunde“. Sie umfaßt grundlegende Freiheitsrechte wie „a) Gewissens- und Religionsfreiheit; b) Gedankenfreiheit, Glaubensfreiheit, Meinungs- und Redefreiheit einschließlich der Pressefreiheit und der anderer Kommunikationsmedien; c) Versammlungsfreiheit und d) Vereinsfreiheit“. Die übrigen Artikel handeln von dem Status der Ureinwohner, dem Ausgleich regionaler Unterschiede und von Verfassungsänderungen.

Mit Sorge betrachten einige die Einschränkungsklauseln, durch die Freiheiten bis zu gewissen Grenzen beschnitten werden oder die einigen Provinzen Gesetze gestatten, die mit der Verfassungsurkunde nicht übereinstimmen. Die „American Bill of Rights“ kennt keine solche Einschränkungen. Welche Wirkung diese Klauseln auf die Grundrechte und Grundfreiheiten haben, kann nur die Zukunft zeigen.

Weitreichende Konsequenzen

Die Verfassungsproklamation von 1982 hat sich in den darauffolgenden Jahren bereits weitreichend ausgewirkt. In den unteren Instanzen sind mehr als tausend Urteile gefällt worden, die sich auf die Verfassung stützen. Dabei handelte es sich hauptsächlich um technische Einzelheiten des Strafrechts und um einige Verfahrensangelegenheiten. Aufgrund der Zeit, die Berufungsverfahren benötigen, um die Instanzen zu durchlaufen, hat bisher nur ein Fall das Oberste Bundesgericht erreicht, bei dem es nicht einmal um eine bedeutende Frage ging.

Den Kanadiern gebührt ein Lob für ihr Bestreben, ihre Gesellschaft auf Rechtsgrundsätzen aufzubauen, „in denen die Oberhoheit Gottes anerkannt wird“. Es ist zu hoffen, daß sie dem Geist, der den Bestimmungen ihrer Verfassung zugrunde liegt, folgen. Ein kanadischer Rechtsanwalt und Experte auf dem Gebiet der Bürgerrechte sagte in einem Interview: „Ein Gesetz ist nur so stark wie das Mittel zu seiner Durchsetzung, und das Mittel zu seiner Durchsetzung ist nur so stark, wie das Volk es erlaubt.“ Folglich liegt es bei den Kanadiern, über die Anwendung der Grundrechte zu wachen, die in der neuen kanadischen Verfassung verankert sind.

[Herausgestellter Text auf Seite 15]

„Ein Gesetz ist nur so stark wie das Mittel zu seiner Durchsetzung, und das Mittel zu seiner Durchsetzung ist nur so stark, wie das Volk es erlaubt“

    Deutsche Publikationen (1950-2025)
    Abmelden
    Anmelden
    • Deutsch
    • Teilen
    • Einstellungen
    • Copyright © 2025 Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania
    • Nutzungsbedingungen
    • Datenschutzerklärung
    • Datenschutzeinstellungen
    • JW.ORG
    • Anmelden
    Teilen